5+1 / 5 Tage / 4 Flüge / 3 Airlines / 2 Städte -> Ukraine

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Oliigel

Erfahrenes Mitglied
02.03.2019
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Hallo zusammen,

nachdem ich aufgrund der momentanen Situation in`s Home-Office verfrachtet wurde - somit etwas mehr Zeit zur Verfügung habe - und schon länger passiver Trip-Report-Leser bin, dachte ich mir, dass ich nun auch für mein erstes Mal bereit sei:

Prolog:

Da ich als Erzieher in den Sommerferien immer zwei Wochen Urlaub nehmen muss und +1 nur drei Tage fern bleiben durfte, schafften wir im letzten Sommer nur einen Kurztrip nach Pisa, also war mich schon früh klar, dass ich theoretisch noch über eine Woche Zeit alleine hatte.
Normalerweise spiele ich in Skyscanner immer solange rum, bis ich ein interessantes Reiseziel zu einem guten Preis finde und kümmere ich mich erst später in diversen Whatsappgruppen oder in Instagram darum, wer überhaupt mitreist. Diese Methodik der Mitreisendensuche in Hobbygruppen/sozialen Netzwerken kann ich übrigens nur empfehlen, hab dadurch schon einige Leute besser kennengelernt, mit denen ich mittlerweile schon öfter unterwegs war.

In meiner Freiwilligen Feuerwehr wurde ich Anfang Mai fündig: Insgesamt waren wir nun zu fünft, alle im Alter zwischen 19 und 25. Klar war aufgrund des studentischen Lebens einiger und meiner Ausbildung, dass wir versuchen, das Budget im unteren Rahmen zu halten.
So buchte ich für uns folgende Flüge + Flixbus:

FRA-KBP und return / 100€ / (Ukraine International), KBP-ODS / 10€ / (SkyUp), ODS-IEV / 60€ / (Motor Sich),Flixbus Nürnberg-FRA und return / 20€ / Gesamtpreis: 190€

Für das AirBnB in Kiew, in Odessa und Zatoka wurden für fünf Nachte insgesamt 60€ pro Person fällig, die Chernobyl-Tour kostete nochmal 80€.

Das Abenteuer beginnt:

Sonntagabend trafen wir uns bei der Feuerwehr, ein weiterer Kamerad fuhr uns zum ZOB in Nürnberg. Dort entstand auch das dämliche Foto mit unseren Fischerhüten ;)



Da wir noch etwas Zeit hatten, gingen wir noch in den naheliegenden Hauptbahnhof, um uns mit belegten Brötchen und Getränken zu versorgen.
Der Flixbus kam pünktlich und drei Stunden später waren wir am Busterminal des Frankfurter Flughafens. Es war mittlerweile ein Uhr, unser Flug sollte um fünf Uhr starten und wir verbrachten die Zeit bis zur Öffnung der SiKo mit 1€ Kaffe bei McDonald, dem Pendeln mit der Bahn zu Terminal 1 und der Dinosaurier-Ausstellung in "unserem" Terminal 2.

Die Siko verlief schnell und ereignislos und PS404 startete pünktlich in die Morgendämmerung. Wir hatten keine Sitzplätze reserviert und es waren sogar zwei verschiedene Buchungen, die ich tätigte, trotzdem saßen wir gemeinsam in der letzten Reihe. Der Flug war, soweit ich das überlicken konnte, ausverkauft, hauptsächlich ukrainische Familien, ein paar Geschäftsleute. Offensichtliche Touristen sah ich keine. Zwei Stunden später wurde ich wieder wach, als wir die Landebahn berührten. Die Einreise dauerte etwa eine halbe Stunde, an der Passkontrolle war ordentlich was los. Das WLAN funktionierte leider nicht wie erhofft, dafür gab es direkt am Ausgang zwei SIM-Karten-Anbieter. Ich entschied mich für Kyivstar und bezahlte für einen Monat unlimited Daten und 100min/SMS in die EU umgerechnet etwa zehn Euro. Geld konnte ich problemlos am Automaten ziehen. Nun war es allerdings höchste Eisenbahn, da wir unbedingt um zehn Uhr an der Revolution-Tour, einer Free-Walking-Tour, teilnehmen wollten. Ausser uns nahmen noch drei US-Amerikaner und ein italienisches Pärchen teil.

Im "Hotel Europa" waren die meisten Journalisten während der Maidan-Proteste untergebracht. Gleichzeitig wurden in der Lobby angeschossende Demonstranten versorgt.



Diesen Ausblick hatten die Scharfschützen, welche ziellos in die Menge schossen (Eine politische Diskussion möchte ich vermeiden, deswegen gibt es kein weiteres Statement von mir)



Das Denkmal für die "100 gefallenen Engel" neben dem "Hotel Europa". Sehr eindrucksvoller Moment. Die Toten waren haupstächlich junge Leute, aber auch einige um die 60, 70. Das waren ehemalige Militärs, die "ihr" ukrainisches Volk, also die Demonstranten, vor den ukrainischen Spezialkräften, genannt "Berkut", schützen wollten. Noch immer liegen überall frische Blumen und Kerzen.



Die Tour endete am Stadioneingang des FC Dynamo Kiew. Ultras/Hooligans des Vereins haben während der Proteste die Demonstranten vor den Schlagstöcken der Polizei beschützt.



Nach der Tour empfahl uns die Führerin das Restaurant "The last Barricade". Dieses befindet sich im zweiten Stock des Euro-Einkaufszentrums unter dem Maidanplatz und aus deren Küche wurden während der Proteste die Demonstranten versorgt. Wenn man das EKZ betritt, muss man den Aufzug in das zweite Stockwerk nehmen. Das Passwort, um Zutritt zu gelanden lautet "Boritsa ta poborete - боріца та поборете - Kämpfen und Erobern"
Das Bortsch und anschließende Chicken Kiev sollte das Beste in dieser Woche gewesen sein, weswegen wir auch an unserem letzten Tag nochmal dorthin gingen.
Abends sollte man dort unbedingt reservieren!


Nach der Stärkung liefen wir nur gute fünf Minuten zu unserem AirBnb. Wir hatten vorher Instruktionen bekommen, wie wir an unserem Schlüssel kamen, dieser war nämlich an der Rezeption eines Hostels nebenan abzuholen. Als wir die 2-Zimmer-Wohnung betraten waren wir jedoch nicht allein: Die Nachbarin die unsere Unterkunft reinigte und pflegte, war gerade noch beschäftigt. Ihr war es sichtlich peinlich, noch nicht fertig zu sein, was jedoch kein Problem war. So spazierten wir nochmal eine Runde um den Block, es war Zeit für Kaffee. An den U-Bahn-Stationen gab es diesen überall in kleinen Kiosks. Als ich einen "Coffee americano with milk and sweetener" bestellte und der Verkäuferin meinen To-Go-Becher aus Deutschland hielt, sah mich diese nur fragend an. Nachdem ich ihr erklärte, dass ich meinen Kaffee gerne dort hinein haben möchte, schüttelte diese nur verdutzt den Kopf - So erging es mir auch an den anderen Tagen mit meinen Kaffeebestellungen :confused:

Die Unterkunft
war soweit in Ordnung, nur etwas abgenutzt. Einen Jacuzzi hatten wir auch.

Mit der Metro ging es zügig (da wir mit der kontaktlosen KK einfach durch Hinhalten die Drehkreuze passieren konnte, alle anderen mussten ewig anstehen) zum Hidropark, der Insel in der Dnepr. Hier gibt es neben einen Freizeitpark für eher kleinere Kinder, Restaurants, einen einfachen Stadtpark, diversen Spiel- und Sportplätzen auch eine Tanzfläche, auf der sich die ältere Generation im Sommer trifft. Es lief wohl ältere ukrainisch/russische Schlagermusik



Auf der anderen Seite gibt es einen gut besuchten Badestrand, eine Ziplineanlage und ein rießiges Outdoorgym








Mit der Metro ging es weiter in Richtung Mutter-Heimat-Statue, allerdings hatten wir noch einen kleinen Fußmarsch vor uns.




Das dortige Areal an Kiews höchsten Punkt ist sehr weitläufig, und unter der Statue ist ein Militärmuseum untergebracht, einige Exponate sind schon auf dem Weg dorthin zu sehen.





Das gesamte Monument ist 102m hoch, die Statue alleine misst 62m. Diese hat ein Gewicht von 500t. Es ist wohl theoretisch möglich, diese zu besteigen (man kommt dann am Schild raus).




Anschließend ging es in das SB-Restaurant Puzata Hata, was uns allerdings geschmacklich nicht überzeugen konnte. Auch die dortigen Mitarbeiter fanden unsere Hand- und Fußkommunikation weniger cool.



Nachdem es langsam spät wurde, wollten wir eigentlich zurück zum AirBnb spazieren, kamen aber nochmal am Maidan-Platz vorbei. Da der ukrainische Unabhängigkeitstag erst zwei Tage zurücklag, ging es dort noch ordentlich mit Musikern und diversen Lichtershows ab. Auch die angrenzende Hauptstraße war für den Verkehr gesperrt. Leider habe ich von den dortigen Eindrücken keine Bilder :(


Da für den nächsten Tag die Chernobyl-Tour angesetzt war, verzichteten wir auf einen Absacker-Cocktail und liefen nur noch bei einem Spätkiosk vorbei, wo wir uns ein kühles Obolon für die Unterkunft holten.






 
Zuletzt bearbeitet:

Hauptmann Fuchs

Erfahrenes Mitglied
06.04.2011
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4.109
GRQ + LID
Danke! Immer interessant neue Autoren und ihren Reiseberichte zu lesen!

Wäre es vielleicht auch möglich, die Bilder etwas grösser bereit zu stellen? Bei 225x300 sind sie doch etwas klein. Falls du jetzt schon daran tüfelst, dann habe ich nichts gesagt :)
 

Oliigel

Erfahrenes Mitglied
02.03.2019
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Wird erledigt. Zunächst hatte ich die Originalgröße beibehalten, aber das sprengt ja das Forum. Welche Größe empfiehlst du?
 

handballplayer3

Erfahrenes Mitglied
01.10.2015
2.126
4.884
DUS
Schonmal jetzt vielen Dank. Bin gespannt wie dein Eindruck von Tschernobyl war.

Bezüglich der Bildgröße wähle ich in der Regel 16:9, konkret 1280x720 bzw hochformat (versuche ich zu vermeiden) 720x1280.
 

Oliigel

Erfahrenes Mitglied
02.03.2019
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Tag 2: Tour nach Chernobyl:


Nachdem wir den ersten (bzw zweiten Abend) ziemlich entspannt ausklingen ließen, klingelte um 06:30 der Wecker. Wir zogen uns lange Kleidung an und packten jeder einen kleinen Rucksack mit Getränken und Verpflegung ein. Schief angeschaut wurde ich am Kiosk unseres Vertrauens wieder für meinen Kaffeebecher, dieses Mal bekam diesen jedoch tatsächlich aufgefüllt.





Um 07:30 ging es im klimatisierten Minibus von Solo East Travel ins 140km entfernte Chernobyl. Während der zweistündigen Fahrt lief ein Stumm-Dokumentarfilm über Atomtechnik und das Reaktorunglück auf zwei Bildschirmen, was unser Guide Alexej nutzte, um zu fast jeder Filmaufnahme einen Kommentar abzulassen. Dies soll nicht negativ klingen, das Englisch war gut und interessant war es auch. Unterwegs machten wir an einer Tankstelle eine kurze Pause. Spannend wurde es, als wir an den ersten Checkpoint "Dytjatky" kamen, der 30km Radius um das havarierte AKW. Hier musste jeder aussteigen und es wurde kontrolliert, ob die Fahrzeuginsassen mit den angemeldeten Reisepassdaten übereinstimmten (Name, Geburtsdatum und Passnummer mussten maximal 48h vorher an die Agentur geschickt werden).



Einige Autominuten später hielten wir rechts an der Straße Richtung Chernobyl, um ein verlassenes Dorf zu besuchen. Leider finde ich nur noch ein Foto von dort.



Fast eine halbstündige Fahrt später kamen wir dem Reaktor-Block 4 näher, der am 26. April um 1:23 Uhr explodierte. Die neue Schutzhülle ist schon von weitem sichtbar und bis jetzt das größte auf Schienen bewegte Objekt der Welt.



Vorher ging es noch am Ortsschild von Chernobyl vorbei.



Durch das kleinere Häuschen davor müssen die Arbeiter vor und nach ihrer Schicht.



Nach einigen Minuten Busfahrt (nun schon Richtung Prypjat) bogen wir wieder von der Straße ab und kamen in ein Dorf, in dem es Mittagessen gab. Schon während der Fahrt wurde abgefragt, ob wir vegetarisch oder Hühnchen möchten. Das Hauptgericht ist gar nicht mehr drauf, hat aber keinen bleibenden Eindruck hinterlassen.
Hier waren wir nun auch bei Weitem nicht alleine. Mit ca. 5-7 andere Bussen saßen wir im Speisesaal.



Nun waren wir in Prypjat angekommen. Bewusst verzichte ich nun auf die 08/15-Bilder.



Hier liefen wir zu einem der ersten "richtigen" Supermärkte in der Sowjetunion. Dieser hatte eine große Auswahl und so konnten auch die Menschen frei entscheiden, was sie einkaufen möchten, was wohl in dieser Form so nicht vorher möglich war.



Hier der Supermarkt in der Innenansicht.



Unser Guide Alexej vor dem (ich glaube Schwimmbad)eingang.



Hier das Schwimmbad von innen.



Das ist die Flutlichtanalage eines Sportplatzes in Prypjat. Wir stehen auf dem Fußballplatz. Ich finde es faszinierend, wie sich die Natur zurückholt, was ihr gehört.



Durch den Hintereingang des Theaters kommt man direkt in den Requisitenraum. Dieser war noch nicht komplett geplündert.



Immer wieder findet man in der Stadt sehr gelungene Graffitis.



Alexej zeigt uns einen "Hotspot" im berühmten Riesenrad.



Neben Mathematik und Geschichte wurde in der Schule auch Deutsch unterrichtet.



Nachdem wir uns etwa eine Stunde in Prypjat aufhielten, fuhren wir langsam nach Kiew zurück, kamen aber noch an der Radarstation Duga-1 vorbei.



Hier war auch wieder ein Graffiti zu sehen. Die untersten Sprossen der Treppen und Leitern sind abmontiert, um zu verhindern, dass jemand raufklettert. Wirklich verhindern lässt es sich trotzdem nicht, weswegen es schon mehr als ein Dutzend Tote gab, die abgestürzt sind.



Beim Verlassen wurden die Strahlungswerte eines jeden überprüft. Ich hatte Glück und durfte wieder aus der Sperrzone raus.



Gegen 20 Uhr kamen wir am Maidan-Platz an. Langsam bekamen wir Hunger, wollten uns eigentlich vorher noch kurz im AirBnb frisch machen, fandem am Heimweg aber das Restaurant Korchma Taras Bulba, welches uns geschmacklich sehr überzeugen konnte. Zu etwa jeden vollen Stunde tanzten die Kellnerinnen mit ausgewählten Gästen einen traditionellen Volkstanz. Natürlich hat es mich erwischt :rolleyes:
Als wir auf unserem Nachtisch warteten und ich nochmal meine vorbestellte Uber-Fahrt und die Flugzeiten checkte, erschrak ich etwas: Unser SkyUp Flug von KBP nach ODS erschien nicht auf der Flughafenhomepage. Einen Anruf in der SkyUp Hotline später (wo sie perfekt englisch sprachen) war ich wieder etwas beruhigter: Die SkyUp-Flüge werden scheinbar nie angezeigt, warum, konnte mir die freundliche Telefonistin auch nicht erklären.


Hinweis: Wer Interesse an weiteren Bildern aus der Sperrzone oder an einer PDF mit älteren Aufnahmen von Solo East Travel hat, kann mir gerne eine Nachricht schreiben. Sende Euch das dann zu.
 
Zuletzt bearbeitet:

zimbowskyy

Erfahrenes Mitglied
29.11.2016
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CGN
Wir haben mit unserer Städtetourtruppe ebenfalls die Tour Anno 2018 gemacht :) Auch "the last barricade" kann ich empfehlen. Danke fürs Auffrischen der Erinnerungen!
 
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Oliigel

Erfahrenes Mitglied
02.03.2019
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Tag 3: Flug nach Odessa und Weiterfahrt nach Zatoka:



Nachdem wir uns am Vorabend dann doch noch überwunden konnten, einen Cocktail trinken zu gehen, wurde es wieder etwas später, wodurch das Aufstehen um 07:30 schwer fiel.
Wir packten unsere Sachen und bestiegen um etwa 08:30 das Großraum-Uber zum Boryspil Flughafen (dieses kostete 24€). Etwas verwundert war der Fahrer wegen unserer Bitte, uns am Domestic-Terminal (Terminal D) rauszulassen. Es war an der SiKo so gut wie nichts los und wir waren schnell an unserem Gate.



Glück hatten wir wieder bei der Sitzplatzwahl: Wir alle hatten Exit-Row-Plätze zugeteilt bekommen, nachdem wir am Flughafen eingecheckt und unsere Bordkarten bekommen hatten. Der Flieger war zu vielleicht 1/4 mit ukrainischen Familien besetzt, weswegen uns die Cabin Crew auch fragen konnte, was zum Henker wir hier machten, Westeuropäer sind so gut wie nie mit SkyUp unterwegs ;)



Der Flug landete pünktlich in Odessa und wir betraten das neue Terminal, was komischerweise auch das größere von beiden war, an dem jedoch nur domestic Flüge abgefertigt werden.



Mit zwei Uber ging es dann zum Hafen, Etwas planlos, wie wir jetzt eigentlich die 100km nach Zatoka kommen sollten, liefen wir die weltberühmten Potemkin Stairs nach oben...



...und beschlossen, bei einem kühlen Bierchen herauszufinden, welche Möglichkeiten es gab, nach Zatoka zu kommen.
Laut der Uber-App kostete das Großraumfahrzeug dorthin 40€, was uns fair erschien. So war schnell eines bestellt. Nachdem wir eingestiegen waren wurden wir schon wieder freundlich aufgefordert, auszusteigen, weil unser Ziel viel zu weit wäre und er leer wieder zurück fahren müsste. Er fuhr uns jedoch umsonst zu einem Taxistand, sein Kumpel hat ein Großraumtaxil. Der Preis blieb hierbei der gleiche, 1200 Grywna, nur das Auto war etwas älter :D
Wirklich süß war der Fahrer, weil er uns während der zweistündigen Fahrt fast durchgehend auf ukrainisch zutextete und es ihm auch vollkommen egal war, dass wir kein Wort verstanden hatten.
Beim Ortseingang zeigte ich ihm die Adresse der Unterkunft, er fuhr uns dorthin und schüttelte nur den Kopf, telefonierte, schnappte sich mein Handy und fragte Passanten. Mir war das etwas peinlich, hatte ich doch tatsächlich eine Unterkunft im einzigen, total heruntergekommen Plattenbau in ganz Zatoka gebucht (Natürlich war der Preis mal wieder ausschlaggebend).
Irgendwann klingelte mein Handy und ein Mann auf Deutsch sprach zu mir, dass er gleich da wäre. Letztlich stellte sich heraus, dass es sich um einen Ukrainer handelte, der in Deutschland lebt und auf Heimaturlaub war. Er ist ein Kumpel des Sohnes der Vermieterin und diente als Übersetzer, was auch besser war, da in Zatoka wirklich jeder nur russisch und ukrainisch spricht :D



Nachdem wir kurz die Wohnung bezogen zeigte er uns den Strand und vorallem die Strandbar seines Kumpels. 5 frisch gezapfte Bier, umgerechnet einen Euro. Somit wurden die Tagespläne auf Morgen verschoben und wir gaben uns den Angeboten der Strandbar hin



Ins Wasser gingen wir natürlich auch, der Strandabschnitt war ziemlich ruhig, an anderen Stellen ist deutlich mehr los.

Abends wurde es nochmal ganz lustig, weil sich das mit den deutschen Urlaubern herumsprach. Wir waren scheinbar tatsächlich ein Highlight im sonst eher familiär geprägten Zatokaer Strandleben und so kamen noch ein paar Jugendliche, um uns mittels Händen, Füßen und Google Translator über unsere Pläne und das Leben in Deutschland ausfragten.

Etwas schwieriger wurde es schon mit der Musikauswahl: der Rapper Capital Bra wurde in Dnipro, etwas nördlich von Odessa geboren, weswegen er in der Region wie ein Nationalheld gefeiert wird.
Dieses Lied lief in Dauerschleife:


Nachdem auch irgendwann der Letzte von uns genug hatte, ging es weit nach Mitternacht die etwa 700m zurück zu unserer Wohnung.
 

Oliigel

Erfahrenes Mitglied
02.03.2019
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Tag 4: Der Tag danach - Kontern oder Leiden?





Ziemlich verkatert wachte ich als erstes auf, machte dieses wunderschöne Bild aus meinen Doppelzimmer und lief in Richtung Strand, da dort neben einem Supermarkt und einem Bäcker auch ein Gemüsemarkt mit ukrainischen Wassermelonen vorhanden war, welche ich in der Küche aufschneiden wollte. Diese sind lediglich etwas kleiner als die, die es bei uns zu kaufen gibt, geschmacklich habe ich jedoch keinen Unterschied feststellen können.



Zurück ging es an "unsere" Strandbar, wir wurden mit geräucherten Fisch für den Mineralienhaushalt und Bier empfangen. Dieses Mal lief das zweite Lied, welches ich mit "nach Hause genommen" habe:


Wir bekamen den Tipp mit der Marshrutka ins 20km entfernte nach Bilhorod-Dnistrowskyj zu fahren, dort ist ein großer Markt und die Festung Akkermann



Dort fanden wir eine super Bäckerei mit allerlei Süßkram, wir entschieden uns jedoch für die angrenzende Pizzeria, in der fast alle Plätze mit jungem Publikum belegt waren.



Auf dem Markt gab es kaum Lebensmittel, dafür allerhand Kleidung, chinesische Technik- und Haushaltsartikel zu kaufen. Wir waren nach fünf Minuten durch.
















Die Akkerman-Festung war dafür umso cooler. Wir waren fast alleine dort, die Frau im Kassenhäuschen verlangte umgerechnet gerade einmal 1€ und durch die Möglichkeiten dort, z. B. Bogen zu schießen oder zu schnitzen kann man sich dort sicher einen halben Tag aufhalten.



Mit dem Minibus ging es wieder zurück nach Zatoka. Restaurants gibt es dort wie Sand am Meer und wir entschieden uns, nachdem wir nochmal ins Meer sprangen, für Butcher and the sea als Abendrestaurant. Anschließend gingen wir nochmal in Richtung Strand, um drölf Bacardio-Mojito zu trinken.
 

HDH Aviation

Erfahrenes Mitglied
25.02.2018
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D-AIEP
So weit ein sehr schöner Bericht, den Lesefluss stört aber der teilweise große Abstand zwischen Bild und der zugehörigen Unterschrift, die man intuitiv dem nächsten Bild zuordnet. Ansonsten bin ich gespannt wie es weitergeht!
 
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Oliigel

Erfahrenes Mitglied
02.03.2019
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Tag 5: Odessa:


Ich versuche es jetzt mal anders herum: Erst die Beschreibung, dann die Fotos :eek:


Nachdem der gestrige Abend ähnlich verlaufen ist als der vorherige, ging es uns allen gar nicht gut. Bis in den Vormittag hinein siechten wir in unserem Apartment hin, bis wir alle geduscht und gepackt hatten. Der Taxifahrer von der Hinfahrt gab uns zwar seine Telefonnummer, aber der Preisunterschied war uns dann doch zu hoch, sodass wir uns für die Marshrutka entschieden. Nach zwei Stunden kamen wir nach dutzenden Stops in allen erdenklichen Dörfern der Oblast Odessa am Busbahnhof an. Da ich aufgrund der Hitze etwas mit dem Kreislauf zu kämpfen hatte war ich froh, dass ein Uber schnell gefunden war und wir zu unserem letzten AirBnb konnten. Die Besitzerin, die zum Glück ganz passabel englisch sprach, schüttelte über uns lustige Truppe auch nur den Kopf und gab uns einige Hinweise, was es zu sehen gibt und mit welchen Buslinien wir dorthin fahren müssen. Funfact: Die Übernachtung kostete ca. 30€. Ich musste eine Kaution von umgerechnet zehn Euro hinterlegen (y)

Mit dem Omnibus ging es zum berühmten Pryvoz Market, auf dem in den 1940er Jahren ein Elefent ausbüchste und sich an den Früchten satt aß.





Da es sich, wie erwartet, um einen Markt mit frischen Lebensmitteln handelte, ließen wir ohne einzukaufen einfach etwas treiben und besorgten uns bei einem Bäcker über den alten Straßenbahnschienen etwas zum Naschen.





Für 18 Uhr hatten wir noch eine Führung durch die Katakomben von Odessa geplant, wozu wir uns McDonalds in der Nähe des Busbahnhofs mit unserem Guide treffen sollten. Es wurde mittlerweile 18:15, als plötzlich ein heruntergekommener, älterer Mann meinen Namen rief. Es stellte sich heraus, dass es sich tatsächlich um Valentin, unseren Bunkerguide handelte. Etwas verunsichert, ob wir gerade irgendeinen Scam zum Opfer fallen schauten wir uns an. Wäre ich alleine gewesen, wäre ich vermutlich tatsächlich nicht mitgegangen. Wir liefen ein paar Minuten zum Bus, während Valentin schon zwei Zigaretten rauchte und fuhren etwa 20 Minuten in ein Dorf zu unserer "Einstiegsstelle". Jeder bekam eine Taschenlampe und wir traten in einen Bunker (es handelt sich um viele, voneinander unabhängige und nicht verbundene Tunnelanlagen) ein. Die Katakomben, wobei man eigentlich von Minen sprechen müsste, dienten während des Baus von Odessa als Baumaterialquelle, heutzutage als Wohnort für Obdachlose oder Partyraum für Jugendliche, weswegen man auch ausdrücklich nicht alleine eintreten soll. Auf dem letzten Bild sind Fundstücke von Valentin zu sehen.











Nach etwa 90 Minuten kamen wir wieder an die Oberfläche und fuhren mit dem Omnibus zurück in die Stadt, wo wir noch Essen gingen und anschließend zum Hafen spazierten.






Der Tag endete (nüchtern) gegen Mitternacht in unserem Apartment, mein persönliches Reise-Highlight sollte am nächsten Tag schon um 09:00 Uhr starten.
 

Oliigel

Erfahrenes Mitglied
02.03.2019
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Tag 6: Flugzeuge, Flugzeuge, Flugzeuge!

Mehr oder weniger zufällig hab ich von Motor Sich Airlines, einer ukrainischen Regionalairline gehört. Diese haben ausschließlich sowjetische Oldtimer in ihrer Flotte und uns war schnell klar, dass wir uns die Gelegenheit nicht entgehen lassen, bei so einem Schätzchen mitzufliegen. Die Tickets hierzu konnte ich problemlos im Internet kaufen. So klingelte an unserem letzten Tag um 7:00 Uhr der Wecker, es wurden schnell zwei Uber bestellt, die Schlüssel zurückgegeben und zum Flughafen gefahren. Sehr angenehm wieder in Odessa, das die domestic flights alle im neueren Terminal abgefertigt werden. Im Anderen war schon ordentlch etwas los, bei uns jedoch gähnende Leere. Kein Wunder, standen doch lediglich für den Vormittag lediglich unserer und ein weiterer Flug mit UIA nach Kiew auf der Anzeigetafel.
Beim Check-In am Schalter mussten wir unsere Rucksäcke abgeben, da diese zu groß bzw. zu schwer für die Bins gewesen wären und bekamen unsere Tickets.



Mit dem Bus ging es zu unserer UR-MSI, Rollout im April 1972 und laut Wikipedia die einzige noch im regulären Passagierbetrieb fliegende Antonov-24.
Die Maschine bot Platz für 48 Passagiere, zählen konnte ich inklusive uns nur zwölf Mitreisende. Diese sahen alle wie Geschäftsreisende aus und wirkten dementsprechend weniger beeindruckend von dem Fluggerät.

Einsteigen mussten wir alle hinten, das Gepäck wurde im hinteren Teil der Kabine mit einem Netz befestigt und wir rollten ohne Sicherheitsinstruktionen zu unserer runway und starteten.
Die Beschleunigung fühlte sich sehr schwach an, im Vergleich zu normalen Passagierflugzeugen wie in Zeitlupe. Genial! (y)

Ausblick auf den Hafen von Odessa:



Der Flugbegleiter begann mit dem Service und setzte sich anschließend neben einem (vermutlichen) Dead-Head-Piloten, der gerade an einem Flugplan schrieb. Ich nutzte die Gunst der Stunde und fragte nach meinen obligatorischen Toilettengang den FB, ob ich denn Mal einen Blick ins Cockpit werfen dürfte, was jedoch abgelehnt wurde. Dafür zeigte mit der pausierende Pilot den Flugplan für den Rückflug, an dem er gerade schrieb (den ich aber nicht fotografiert hatte)



Leider war das Abenteuer nach ziemlich genau einer Stunde schon wieder vorbei und wir kamen IEV, dem kleineren und zentraleren Flughafen in Kiew näher, der fast ausschließlich für Inlandsflüge eingesetzt wird.



Als wir unsere Parkposition erreichten und aussteigen durften, waren es etwa zehn Meter bis zu unserem Ankunftsgebäude (war ein Nebencontainer mit nur einem Gepächband), trotzdem mussten wir fast 15 Minuten auf unser Gepäck warten, was den selben Weg wie wir zurücklegen musste :confused:

Wir liefen den knappen Kilometer zum Oleg Antonov State Aviation Museum und waren überrascht, dass wir dort an einem Samstagvormittag bei besten Wetter die einzigen waren.



Wer gute Augen hat kann bestimmt einschätzen, ob ich für den Job des ukrainischen FB geeignet wäre ;)



Unter den rund 70 Exponaten waren auch einige Hubschrauber dabei



Eine TU-142



TU-104




und auch die Bilder auf der Toilette fand ich genial:



nach guten zwei Stunden waren wir mit der Ausstellung durch. Einige Flugzeuge kann man auch von innen besichtigen, ab und zu sitzt im Flugzeug auch ein Mitarbeiter, der einem etwas erklärt. Leider konnte von diesen keiner Englisch.




Naschließend fuhren wir mit zwei Uber zurück in die Innenstadt, genauer zum Volodymyrska Hügel. Dort genossen wir die Sonnenstrahlen und die schöne Aussicht hin zum Dnepr. Von einem Bekannten bekam ich den Tipp mit dem Vagabond Cafe, ein Kaffehaus mit Kuchen, Torten und Sandwiches, das vom nahegelegenen Goethe-Institut betrieben wird. Hier auch von mir die klare Empfehlung, dieses zu besuchen. Es gibt die Möglichkeit, mit der Standseilbahn vom Volodymyrska zu fahren oder zu laufen, wir entschieden uns für zweiteres. Auf dem Weg zum Cafe kamen wir an einem Platz mit diversen Marktständen und einem Riesenrad vorbei. Auch hier fiel mir wieder auf, wie wenig eigentlich während unserer ganzen Reise selbst an Hotspots von Städten unterwegs war. Im Cafe selbst checkte ich mittels UIA-App problemlos ein - zumindest bis zu unserem letzten Mitreisender, dieser bekam eine Bordkarte ohne Sitzplatz, dafür mit dem Hinweis "Standby" :rolleyes:



Nach dem Cafe schlenderten wir die 45 Minuten zu Fuß zurück zum Maidan-Platz und gingen unterwegs in einen Supermarkt, da wir für 17 Uhr nochmal im "the last Barricade" einen Tisch bestellt hatten.
Vorher ließen wir uns auf der Wiese am Maidan-Platz treiben und schrieben Postkarten für die Daheimgebliebenen. Die Straßenmusiker sorgten für eine nette Atmosphäre.



Im Restaurant verzichteten wir diesesmal auf die kleine Führung - da wir diese ja schon beim ersten Mal bekommen hatten - und bekamen im schon am frühen Abend vollen Restaurant einen Platz zugewiesen. Als Vorspeise gab es bei mir natürlich wieder die weltbeste Bortsch und als Hauptgericht Chicken Kiew.



[url=https://abload.de/image.php?img=20190831_172034nqkzm.jpg] [/URL]

Mit dem Uber ging es schließlich zum Flughafen und sofort zum UIA-Schalter. Wir waren natürlich etwas nervös, ob das mit dem Rückflug noch alles klappen könnte, aber auch unser SBY bekam problemlos eine gedruckte Bordkarte ausgehändigt. Bei der Passkontrolle eines Freundes fragte die Beamtin einen Kollegen um Hilfe - der Reisepass eines Mitreisenden war schon sehr alt und zeigte einen Milchbubi, er ist jetzt allerdings 20cm größer und trägt Vollbart. Auch dieses Problem konnte humorvoll geklärt werden und wir kamen eine Stunde vor Abflug Von PS403 am Gate an. Unsere letzten Griwna wurden wir im Duty-Free los, wir starteten pünktlich in den ukrainischen Nachthimmel - und landeten pünktlich in Frankfurt.



Letztlich kamen wir gegen Sonntagmorgen drei Uhr wieder in Nürnberg an.

Fazit:
Sowohl die Aufenthaltsdauer in Kiew, als auch in Odessa und Zatoka war gut gewählt. In Kiew hätten wir uns kulturell sicher noch mehr anschauen können, am letzten Tag war aber auch einfach etwas die Luft raus, da die vorherigen Tage durchaus anstregend waren. Organisatorisch klappte alles wunderbar. Wir haben uns zu jeder Zeit sicher gefühlt und hatten auch nie das Gefühl, über`s Ohr gehauen worden zu sein. Zusammengefasst: Geile Woche!

Freundliche Grüße

Oliigel
 
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