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Hunold nimmt Tuifly an Bord
Nach monatelangen Verhandlungen haben sich Air Berlin und der Konkurrent Tuifly auf eine enge Kooperation geeinigt. Damit beschleunigt sich die Konsolidierung in der unter starkem Druck stehenden Luftfahrtbranche.
Air Berlin und Tuifly einigen sich auf eine Kooperation.
FRANKFURT/DÜSSELDORF. Geplant ist eine Überkreuzbeteiligung. Dabei wird Tuifly-Mutter Tui mit 20 Prozent größter Aktionär bei Air Berlin. Nach Handelsblatt-Informationen aus beiden Unternehmen sind die Verträge unterschriftsreif, müssen aber noch von den Aufsichtsgremien sowie den Kartellbehörden abgesegnet werden.
Schon lange waren die beiden Airlines als Partner gehandelt worden. Air-Berlin-Chef Joachim Hunold ist durch seinen aggressiven Expansionskurs und sein gescheitertes Billigflug-Langstreckengeschäft in Bedrängnis geraten. Tuifly war nach Auffassung von Experten zu klein, um allein zu überleben. Zuvor hatte Tuifly auch mit den Konkurrenten Germanwings und Condor über einen Zusammenschluss gesprochen.
Luftfahrtexperte Christoph Brützel begrüßte, dass die Branche endlich den allfälligen Konsolidierungsschritt vollzogen habe. Ob er Synergien bringe, müsse sich erst noch zeigen. Jedenfalls sei „der Glaube an die Größe bei den Airlines immer noch nicht verloren“. „Das ist ein positiver Schritt, auch wenn eine Schwalbe noch keinen Sommer macht“, sagte Per-Ola Hellgren von der LBBW. Air Berlin könne sich damit zwar einen kleinen Vorteil verschaffen. Das ändere aber nichts an der grundsätzlich schwierigen Lage.
Wie die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft in einer Ad-hoc-Mitteilung bekanntgab, will sie die von Tuifly betriebenen Städteverbindungen übernehmen. Nach Angaben aus Unternehmenskreisen handelt es sich dabei um ein Umsatzvolumen von knapp 400 Mio. Euro und ein Potenzial von vier Millionen zusätzlicher Passagiere für Air Berlin. Die Charterflüge für Tui-Feriengäste in die Urlaubsregionen würde Tuifly demnach weiter in eigener Regie abwickeln.
Für die Städteverbindungen, die Air Berlin einen neuen Zugang zu den Flughäfen Köln/Bonn und Stuttgart sowie dem interessanten Italien-Markt bringen, will Air Berlin Flugzeuge und Personal von Tuifly im „Wet Lease“ einsetzen. Es handele sich hierbei nicht um eine gesellschaftsrechtliche Übernahme von Firmenteilen, sondern um das „Germania-Modell“, hieß es in Kreisen: Diese Fluggesellschaft flog - juristisch eigenständig - jahrelang in den Farben der inzwischen von Air Berlin übernommenen Fluggesellschaft DBA. Auch in der Verbindung mit Tui sei geplant, die Flugzeuge nach und nach in Air-Berlin-Lackierung und das Personal in Uniformen der Gesellschaft einzusetzen.
Für Tui-Vorstand Michael Frenzel bedeutet die Kooperation den Abschied von seinem verlustreichen Ausflug in das Billigflug-Segment der Luftfahrt. Im Jahr 2002 hatte Frenzel neben der Konzerngesellschaft Hapag-Lloyd Flug die Low-Cost-Airline Hapag-Lloyd-Express (HLX) etabliert und mit reichlich Flugzeugen ausgestattet. Im Sommer 2007 war das Angebot beider Gesellschaften unter der Marke Tuifly zusammengefasst worden, um einen wirtschaftlicheren Einsatz von Maschinen und Personal zu ermöglichen.
Das an Air Berlin gehende Streckennetz entspricht prinzipiell den früheren HLX-Linien. Air Berlin soll aber an beiden Tui-Fluggesellschaften eine ebenfalls 20-prozentige Beteiligung erhalten. Der Tui-Anteil an Air Berlin werde über eine Kapitalaufstockung gezeichnet. Anteilseigner werde eine Konzerngesellschaft der an der Londoner Börse notierten Tui Travel.
Inwieweit bei diesem Deal Geld fließt, blieb gestern unklar. In Unternehmenskreisen hieß es aber, der Wert des Städtefluggeschäfts von Tuifly liege unter dem Börsenwert von Air Berlin, die allerdings nach anhaltender Aktien-Talfahrt immer wieder auch als Übernahmekandidat gehandelt wurde. Keinesfalls werde Tui das Aktienpaket des russisch-stämmigen US-Milliardärs Leonard Blawatnik übernehmen. Dieser hatte sich Anfang Januar nach sieben Monaten von knapp 19 Prozent der Air-Berlin-Aktien getrennt. Für dieses Paket, das bei der UBS geparkt ist, gibt es bisher keinen Investor.
„Die Transaktion ist vor allem für Air Berlin von Vorteil. Man hat den Wettbewerb mit Tuifly etwas entzerrt“, meint Uwe Weinreich von Unicredit. De facto würde künftig HLX durch Air Berlin operativ gesteuert. „Das ist ein sicher sinnvoller Schritt. Ob man dazu unbedingt eine Kapitalbeteiligung benötigt, glaube ich zwar nicht. Aber wahrscheinlich wollte man damit die Ernsthaftigkeit des Vertrages unter Beweis stellen“, so Weinreich.
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