Tag 2 - Neun Gänge
Am Hotel machten wir uns frisch und zogen uns um, bevor wir uns auf den Weg zum Abendessen machten.
Ich hatte beim Guide Michelin das
Ristorante De' Minimi gefunden, welches nur wenige Fußminuten von unserem Hotel entfernt ebenfalls etwas abseits des Zentrums von Tropea liegen sollte.
So spazierten wir den kurzen Weg vom Hotel zur Via Carmine hinauf, bogen links in diese, nur um wenig später wieder links in die Zielstraße Contrada Paola zu biegen. Schilder, zeigten auch in diese Straße und wiesen den Weg zum De' Minimi und einer Villa Paola.
An der bei Google Maps angegebenen Position fanden wir jedoch kein Restaurant vor, auch in der Seitenstraße davor und einige Meter hinter der angegeben Position gab es nur verrammelte bzw. verlassen wirkende Häuser.
Nachdem eine Italienerin an uns vorbei ging, um streunende Katzen mit Essen zu versorgen, fragten wir sie, ob sie das Restaurant De' Minimi kennen würde. Sie guckte ungläubig und wir zeigten ihr das Display meines Handys mit der Kartendarstellung von Google Maps, dass sich an Ort und Stelle eben das Restaurant befinden sollte, welches aber augenscheinlich dort nicht existierte. Sie schüttelte den Kopf und sagte, dass sie das Restaurant nicht kennen würde. Sie empfahl, das Restaurant anzurufen.
Ich wählte die bei Google Maps hinterlegte Telefonnummer des Restaurants. Es ertönte eine italienischsprachige Bandansage. Allerdings wechselte in meiner Telefon-App die Anzeige von der gewählten Rufnummer auf den Namen "Villa Paola". Bei Google schien die Rufnummer des Restaurants also mit der Rufnummer der Villa Paola übereinzustimmen, woraus wir kombinierten, dass sich das De' Minimi in jenem Hotel befand. "Villa Paola" sagte der Dame etwas und sie zeigte auf das Ende der Straße, wohin wir uns aufmachten, nachdem wir uns für ihre Hilfe bedankt hatten.
+1 schaute sich die Online-Fotos des Restaurants an und kombinierte, dass es tatsächlich im Hotel am Ende der Straße liegen müsse, da es nur dort die entsprechende Aussicht bzw. Fernsicht geben könnte.
Die Villa Paola befand sich direkt neben einer Kirche und es gab hier weder eine Beschilderung noch einen Hinweis auf das Hotel oder das Restaurant. Eine Seitentür stand jedoch auf und wir gingen einfach mal hinein und fanden uns in einem teilweise überdachten Innenhof wieder, der mit vielen Kerzen erleuchtet war. Schnell kam eine junge Dame auf uns zu und fragte halb fordernd und halb freundlich, ob sie uns helfen könnte. Wir sagten, dass wir das Restaurant De' Minimi suchen würden. Sie fragte, ob wir reserviert hätten, was ich natürlich schon Tage zuvor getan hatte. So wurden wir schließlich deutlich freundlicher in den Gastraum des Restaurants und zu einem freien Tisch begleitet. Selten ein Restaurant erlebt, dass so versteckt gelegen war.
Abgesehen von uns war um kurz nach 20 Uhr erst ein anderer Tisch belegt. Man bestätigte, dass ich vorab das Neun-Gänge-Menü reserviert hätte, und erkundigte sich, ob irgendwelche Allergien oder Lebensmittelunverträglichkeiten berücksichtigt werden müssten, was wir verneinten. Ich wählte noch eine Flasche kalabrischen Weißwein und wenig später startete der Service.
Heute sprachen zwar alle Servicekräfte Englisch, aber teilweise war dieses etwas schwer zu verstehen, sodass wir auch heute nicht bei allen Gerichten alle Details verstanden.
Der Gruß aus der Küche bestand aus pikanten Keksen, einem Rindertartar, das mit rote Beeten noch kräftiger gefärbt und aromatisiert wurde, einem Teigball mit unbekannter Füllung sowie einer Suppe aus fermentierten Aprikosen.
Anschließend kamen das Brot, hausgemachte Grissinis mit wildem Fenchel, ein sehr aromatisches und fruchtiges Olivenöl sowie eine weiße sehr cremige Butter an den Tisch.
Wenig später folgte schon der erste Gang, der aus einem Wassermelonencarpaccio mit grünen Tomaten, Sahne und einem Basilikumöl bestand.
Obwohl ich Wassermelone nicht wirklich mag, war die Kombination eine sehr leckere und runde Sache.
Der Zweite Gang, auf den wir nicht lange warten mussten, bestand aus dreierlei von der Forelle. Neben geräucherten Forellenstücken gab es etwas Flüssiges von Forelle, was nicht genau verstanden hatten, sowie Forellenkaviar.
Kurz darauf folgte der dritte Gang, der aus einem Stück Rinderzunge mit einer sehr aromatischen Sauce bestand.
Als vierten Gang wurden hausgemachte Pasta mit Muscheln und Fischeiern serviert. So gut die Konsistenz der Nudeln waren, so salzig war dieser Gang leider auch. Und in +1s Nudeln war leider noch ein Stück Muschelschale versteckt, welche er erst beim Kauen bemerkte.
Nachdem sich in der Zwischenzeit das Restaurant gut gefüllt hatte und alle Tische belegt waren, wurde die Wartezeit zwischen den Gängen deutlich länger. Dazu waren unsere Tischnachbarn, vier US-Amerikaner in sehr sommerlicher Kleidung, ein wenig laut. Dafür konnten wir so hören, wie sehr man sich über die Qualität und die Preise für das bestellte Vier-Gänge-Menü mit Weinbegleitung freute. Außerdem sollte es wohl noch weiter nach Sizilien gehen, wo man besonders auf Syrakus gespannt wäre.
Kurz vor 22 Uhr erreichte uns dann mit einem Risotto mit Ziegenkäse und Bergamotte ein wirklich sehr guter fünfter Gang.
Eine halbe Stunde später stand dann der sechste Gang an. Es gab eine Art Lammfrikadelle, die offenbar in Schweinefett gewickelt war. Dazu eine kleine BBQ-Karotte und eine Marmelade mit Tropea-Zwiebeln, was allesamt sehr lecker war.
Auf den siebten Gang mussten wir dann sogar länger als eine halbe Stunde warten. Dafür war das Stück Taubenbrust für mich mit das Highlight des Abends.
Der achte Gang wurde dann um kurz nach 23 Uhr reserviert. Es gab Alles von der Aubergine. Ein Stück Aubergine wäre mit Essig lange sous-vide gegart worden und erlangte so eine interessante Konsistenz, die so gar nicht an Aubergine erinnerte. Dazu gab es Auberginenmayonaise und Pulver von getrockneter Aubergine, die beide etwas fad waren.
Vor dem Dessertgang wurde ein "Insalata Caprese" als Cocktail serviert. Ein Basilikumgin stellte wohl die Hauptzutat dar, darauf ein Schaum aus Büffelmozzarellaflüssigkeit und am Rand ein Pulver aus getrockneten Tomaten. Klingt ein wenig verrückt, schmeckte aber sensationell gut.
Und gegen 23:30 war es dann soweit für das Dessert und den damit neunten Gang. Es wurde ein knuspriges Tiramisu serviert. Zwei verschiedene Cremes befanden sich unter einem knusprigen großen dünnen Gebäckstück, dass man mit dem Löffel schöne zerbrechen konnte, und was in Summe ein krönender Abschluss des vielfältigen sehr schmackhaften Abendessens war.
Wenig später wurde dann ein frisch gebrühter Kaffee aus der Bialetti zusammen mit kleinen Süßigkeiten gereicht, wenngleich wir den Kaffee ausschlugen, da bei uns Beiden Koffein zu später Stunde in Schlaflosigkeit mündet.
Kurz darauf stellte uns unsere Bedienung den jungen Chefkoch vor, der wissen wollte, wie es uns geschmeckt hätte und welches unser Favorit gewesen sei. Ich nannte die Taubenbrust und +1 das Risotto. Wir ließen nicht unerwähnt, dass die Pasta mit Muscheln vielleicht ein bisschen zu salzig waren, resümierten aber, dass es ein sensationell gutes Essen war.
Auf der Rechnung, die man an der Hotelrezeption beim Nachtportier zahlen musste, tauchte dann noch eine Flasche zu viel auf, die zwar nur 2,50 Euro gekostet hatte, aber dennoch von der Rechnung genommen wurde. Mit pro Person 130 Euro für die neun Gänge war das Gebotene dann in meinen Augen sehr fair bepreist.
Gute 3,5 Stunden nach unserer Ankunft waren wir dann auf dem kurzen Rückweg zum Hotel.