Kyiv - Südfrankreich - Kyiv, Sommer 2024

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HON/UA

Erfahrenes Mitglied
28.02.2011
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Odessa/ODS/UA
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Die ersten 2 ½ Monate nach unserer Rückkehr aus Asien führten wir in Kyiv ein relativ normales Leben, denn nach über 2 Jahren Krieg hat man sich an die ständigen Luftalarme uns vereinzelten Explosionen über uns im Himmel gewöhnt, sieht es einfach als ‚new normal‘.

Wahrscheinlich für Euch kaum vorstellbar, aber man geht ins Restaurant, in den Supermarkt, steht im Stau, und ignoriert einfach die mehrmals täglichen Sirenen, welche uns über die Mobiltelefone eingespielt werden. Man kann ja nicht einfach bei jedem Luftalarm mitten im Stau sein Auto auf der Fahrbahn stehenlassen und in den nächsten Luftschutzbunker rennen. Stellt Euch das mal vor bei bis zu 10 Luftalarmen pro Tag. Wenn man zur heutigen Zeit in der Ukraine lebt, hat man es einfach akzeptiert, dass man jeden Moment von einer Nazi-Rakete oder -Drohne getötet werden kann. Auch unsere Vorfahren in Deutschland haben in den beiden großen Kriegen versucht ein relativ normales Leben zu führen, da man sonst nervlich sehr bald am Ende wäre.

Umso überraschter waren wir vor einigen Wochen, als die ruZZen mit einer wirklich genialen Taktik unsere Luftabwehr zum Narren hielten und uns kalt erwischten. Auch zu diesem Zeitpunkt, es war ein Montagmorgen, gingen wir nicht in die Tiefgarage, lebten einen ganz normalen Morgen, als plötzlich überall um uns herum Marschflugkörper einschlugen (die Raketen wurden vom Patriot System zu 100% abgefangen). Da die Kinderklinik nur knapp über einen Kilometer entfernt liegt, wurde es sehr laut, die Fenster vibrierten. Um in die Tiefgarage zu rennen war es eh zu spät. Wie irrsinnig die ruZZischen Nazis ticken versteht man erst, wenn man weiß, dass ca. 700 Meter von der Kinderklinik entfernt eine große Basis unserer Armee liegt, die die ruZZen statt der Kinderklink hätten vernichten können. Aber ruZZen töten lieber krebskranke Kinder als Soldaten, um ein Zeichen zu setzen.

Auch danach lief das Leben wieder normal weiter, ich schlief auch nachts wunderbar, obwohl im Himmel über uns, so Maryna, laute Explosionen zu hören waren, als unsere Luftabwehr ruZZisch-iranische Drohnen herunterholten.

Mein Schwiegervater hatte vor ein paar Wochen an der Donezk-Front ein paar Granatsplitter abbekommen, so dass er ein paar Tage im Krankenhaus lag, nun zur Regeneration bei seiner Familie zuhause ist. Er hatte extremes Glück, denn einige seiner Kammeraden wurden weitaus schlimmer verletzt.

Obwohl alles das ‚new normal‘ wurde, ist man trotzdem einem dauernden Stress ausgesetzt, vor allem Maryna hat immer wieder Albträume, aus denen ich sie herausholen und dann beruhigen muss.

Ich hatte schon vor Monaten mit der Planung unserer jährlichen Südfrankreich-Reise begonnen, denn sowohl Hotelzimmer als auch vom Michelin Guide ausgezeichnete Restaurants sind im August auf Monate im Voraus ausgebucht.

Da natürlich aus der Ukraine kein Zivilflugzeug fliegt, hatte ich mich diesmal für einen Abflug aus Moldawien entschieden, da Chişinău wesentlich einfacher per Auto zu erreichen ist, vor allem aber der Grenzübertritt wesentlich weniger Zeit in Anspruch nimmt.

Hier der erste Teil der Reise, von Sonntag, dem 28. Juli 2024 bis Freitag den 02. August 2024 :
 
Zuletzt bearbeitet:

chrini1

Erfahrenes Mitglied
26.03.2013
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Schön mal wieder hier von Dir zu lesen! Danke fürs Teilen! Schönes Video. Geile Musik, noch geileres Essen!
 
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mainz2013

Erfahrenes Mitglied
18.09.2013
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Hi Christian, gut zu lesen, dass es euch soweit gut geht. Bei mir wird angezeigt „Dieses Video ist privat“. 🤷‍♂️
 

HON/UA

Erfahrenes Mitglied
28.02.2011
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Odessa/ODS/UA
Auf Wunsch ein kurzer Text zum Video:

Sonntag, 28.07.2024
Um 6 Uhr stand mein Fahrer auf der Matte, wir beluden mein Auto – und schon waren wir auf dem Weg nach Odesa.

In Odesa verabschiedete sich mein Fahrer, nahm den Bus zurück nach Kyiv, ich übernahm das Steuer und fuhr in Richtung Grenze. Da man, um zur Grenze mit Moldawien zu gelangen, durch offiziell Moldawisches Staatsgebiet fahren muss, erfolgt dort bereits von der Ukrainischen Armee eine Kontrolle, man erhält einen elektronischen Passierschein, den man entweder an der Grenze oder dem anderen Kontrollpunkt, beim Verlassen des Moldawischen Staatsgebiets, wieder abgeben muss.

Die Schlange an der Grenze war relativ lang, kurz jedoch im Vergleich zum Übertritt nach Polen (gerne 10+ Stunden Wartezeit).

Nach 1 ½ Stunden hatten wir es geschafft, wir schlugen uns auf ziemlich schlechten Straßen durch bis Chişinău, wo wir am frühen Nachmittag ankamen.

Gebucht war das ‚Tulip Resort & Spa‘, neu, aber etwas seltsam im Ganzen.

Das Essen im Hotel war extrem grottig, wir fuhren in eine der größeren Shopping-Malls, kehrten beim ‚Goldenen M‘ ein, wo man zuverlässig etwas Eßbares erhält, selbst in Moldawien.

Montag, 29.07.2024
Als ich aus dem Bett stieg stand ich unmittelbar im Wasser. Ich musste feststellen, dass unser halbes Zimmer unter Wasser stand. Auf der Suche nach der Herkunft stellte ich fest, dass der komplette Hotelflur überschwemmt war. Wie wir später erfuhren hat ein anderer Hotelgast am Abend vergessen das Wasser im Badezimmer abzustellen und ist abgereist.

Auch das Frühstück im Hotel war eine Katastrophe, wir machten uns zu Fuß auf die Suche nach einer Alternative.

Es war an der Zeit abzureisen, wir fuhren in Richtung Flughafen, wo ich einen Stellplatz in einer Halle online zu US$ 140 für 14 Tage (statt US$ 420 im Flughafenparkplatz) reserviert hatte. Nachdem das Auto abgestellt war fuhr man uns zum Flughafen, wo man zur Hauptreisezeit die Zufahrtsstraße renoviert.

Im sehr kleinen Flughafengebäude war die Hölle los, denn dieser ist auf Moldawien ausgelegt – und nicht auf zusätzlich 1/3 der Ukraine. Interessant auch wie viele Russische Staatsbürger diesen Flughafen als Einfallstor nach Europa nutzen.

Der Check-In erfolgte am Business-Class-Counter zügig, die Schlange für Pass- und Sicherheitskontrolle erstreckte sich jedoch durch das gesamte Flughafengebäude. Dass wir trotzdem schon nach 30 Minuten in der komplett überfüllten Abflughalle standen überraschte uns.

Nachdem wir eine Stunde totgeschlagen hatten ging es per Bus zur Embraer der Austrian Airlines, wo wir die erste Reihe für uns hatten.

Leider bekamen wir einen sehr späten Slot, so dass wir bereits in Chişinău mit 45 Minuten Verspätung abhoben. Nach einem sehr guten Mittagessen von Do&Co landeten wir mit deutlicher Verspätung in Wien, unser Anschlussflug nach Frankfurt war somit nicht mehr zu erreichen.

Durch die Passkontrolle zur Lounge, wo wir unsere Bordingkarten für den nächsten Flug erhielten.

Wieder ein sehr ordentliches Do&Co Essen auf dem 60-Minuten-Flug nach Frankfurt, wo wir nun ‚nur‘ 4 Stunden bis zum Weiterflug nach Toulouse totzuschlagen hatten.

Der LH-Flug nach Toulouse war in der C mit 2/12 ausgelastet, somit sehr ruhig. Das Essen war nun nicht mehr Do&Co, uns erwartete üblicher LH-Standard, Klassen schlechter als bei AUA.

Kurz zur Mitternacht landeten wir in Toulouse, das Gepäck kam zügig, wir liefen mit Sack&Pack um 650 Meter entfernten Hampton Inn (Airport-Shuttle vor 07:00 bis 22:00).

Von außen sah der Kasten schrecklich aus, auch der Teppichboden im Flur war voller Farbflecken. Um so mehr überraschte uns das Zimmer, renoviert & sauber.

Wir waren platt, schliefen fast sofort ein.

Dienstag, 30.07.2024
Heute erwartete uns bereits einer der Höhepunkte unserer Reise – und so machten wir um 09:30 auf zum AVIS Mietwagenbüro im Flughafenparkplatz. Es wurde spannend.

Normalerweise buche ich SIXT, aber diesmal war der Preisunterschied zu groß:
SIXT, Citroen C4 Schalter, EUR 795
AVIS, Peugeot 2008 Automatik, EUR 564
Zudem kam eine offizielle Buchungsbestätigung von AVIS, welche nur EUR 234 auswies.

Natürlich begann am AVIS Schalter eine Diskussion, man könne mir den Mietwagen nicht für die bestätigten EUR 234 geben, da das System EUR 564 anzeige, ich solle mich an AVIS wegen Gutschrift wenden (bis heute keine Antwort von AVIS). Auch gab es statt eines Peugeot 2008 ‚nur‘ einen Hyundai Bayon, wenigstens mit Automatik und sehr guter Ausstattung.

Über Bundesstraßen fuhren wir in Richtung Osten, unser erster Stopp war das vom Guide Michelin mit einem grünen Kleeblatt für Nachhaltigkeit ausgezeichnete Restaurant ‚Le Domaine de Baulieu‘ bei Auch, wo wir auf einer wunderschönen Terrasse mit fantastischem Ausblick ein 3-Gänge-Mittagessen einnahmen.

Im Anschluß ging es weiter nach Osten, ich hatte ein B&B in Aire-sur-l’Adour gebucht.

Koffer nach oben ins 1. OG geschleppt, Auto auf dem Hauptplatz geparkt… um dann festzustellen, dass die Klimaanlage im Zimmer nicht funktionierte, ein anderes Zimmer nicht verfügbar sei.

Anderes Hotel mit A/C gesucht, Auto wieder geholt, Koffer hinunter und ins Auto geschleppt, zum nächsten Hotel gefahren. Beide Koffer diesmal ins 2. OG geschleppt, Auto geparkt – um festzustellen, dass die Klimaanlage nicht funktionierte.

Auto wieder geholt, Koffer wieder hinuntergeschleppt uns ein anderes Hotel mit A/C ausgesucht. Beim 3. Mal war ich aber so schlau, die Klimaanlage zuerst zu checken, um dass, schon völlig erschöpft, die Koffer wieder ins 2. OG zu schleppen.

Es bleiben noch 45 Minuten um mich zu erholen, dann wurde es Zeit uns für den großen Anlass des Tages unter die Dusche zu schwingen, uns fertig zu machen.

Nach 20 Minuten Fahrt erreichten wir das Restaurant ‚Les près d’Eugénie‘, welches unter einem der großen 3 der Französischen Küche, Michel Guérard‘, seit 1977 drei Sterne im Guide Michelin innehat. Für mich war es der 3. Besuch, der erste Erfolgte zum 50. Gebutstag meines Vaters im Jahre 1993.

Um Michel Guérard einordnen zu können, er, zusammen mit Paul Bocuse sowie Pierre Troisgros, verließ den Weg der schweren, klassischen Französischen Küche, hin zu einer neuen, leichteren Küche, heute als ‚Nouvelle Cuisine‘ bekannt.

Für viele Menschen ist die 3-Sterne-Küche etwas Abgehobenes, zu förmlich das ganze Erlebnis – doch dies kann man auch von einem Kirchengebäude oder einem Museum wie dem Louvre behaupten, denn um nichts anderes handelt es sich hier: um Kunst. So wie in Anstreicher selbst mit viel Übung kein Miró wird, wir auch nicht jeder Koch, egal wie viel er übt, kein 3*-Koch. Dies ist ein Talent, das einem angeboren ist – oder eben nicht.

Ich erinnere mich noch heute bestens an meinen ersten Besuch in einem 3* Restaurant mit meinen Eltern in Paris, im Alter von 8 Jahren. Ich empfand das Restaurant eindrucksvoller (und interessanter) als den Eifelturm, von welchem ich an diesem Tag auch das erste Mal über Paris geblickt habe. Auch das perfekt aufgeschnittene Ei, mit einem cremigen, mit Schnittluch verfeinerten Rührei, dessen Haube aus Caviar aufgesetzt war, wird mir immer in Erinnerung bleiben. Leider bin ich an diesem langen, stressigen Tag irgendwann am Tisch eingeschlafen, habe nicht das Menü bis zum Ende genießen können. An den Louvre, den wir am nächsten Tag besuchten, habe ich, im Gegensatz zum Essen des Vorabends, keine Erinnerung mehr.

Für mich sind seitdem 3*-Etablissements beine ‚Restaurants‘ sondern ‚Tempel der Geschichte und Kunst‘. Denn auch ‚Essen‘, wie Architektur und anderes, spiegelt die Geschichte eines Landes perfekt wider. In 3*-Restaurants geht es aber nicht nur um das Essen an sich, es ist eine komplette Darbietung, ein Event, das man gemeinsam mit seinem Partner genießt. Wird einem ein 4-Stunden-Essen langweilig, man hat den falschen Partner gewählt.

Für Maryna war es nach vier Besuchen in 2*-Restaurants der erste Abend in einem 3*-Restaurant. Ja, der Unterschied zwischen 2* und 3* ist gewaltig, ungefähr so wie zwischen McDonalds und einem 2*-Restaurant. Bis 2* ist es ‚Essen‘, bei 3* ist es Kunst, eine komplette Choreographie. Bei 2* kann man die Komponenten eines Gerichts noch einzeln genießen, bei 3* ist es die Komposition der Komponenten, über die sich der Künstler (Koch) Gedanken gemacht, die perfekte Harmonie gesucht hat.

Und, nein, man betritt heute kein 3*-Restaurant mehr mit Anzug und Krawatte, ‚smart casual‘ ist heute angesagt, Hemd statt T-Shirt sollte aber in meinen Augen schon drin sein.

Und so wurde es ein wunderschöner, erinnerungsreicher Abend, mit eindrucksvollen neuen Geschmackskompositionen. Vor allem die Langustinen gepaart mit Entenleber der Region bleiben in Erinnerung, so wie auch das Tsarina-Ei mit Caviar.

Mittwoch, 31.07.2024
Unser B&B bot ein hervorragendes Frühstück im Hof, mit hausgemachten Marmeladen und, was mittlerweile selbst in Frankreich selten ist, guten Croissants.

Koffer wieder die Treppen hinunter im Hyundai verladen, und schon ging es südlich nach Laruns in den Pyrenäen. Von dort über eine eindrucksvolle, teilweise sehr enge Straße westlich zur Cascade de Cerisey und Pont d’Espagne.

Nach einer kurzen Wanderung fuhren wir nach Tarbes, wo ich uns wieder ein hübsches B&B mit nur einem Gästezimmer ausgesucht hatte.

Am Abend nahmen wir ein relativ einfaches 3-Gänge-Menü im neu vom Guide Michelin empfohlenen Restaurant ‚Popôte‘ ein, ließen den Tag früh ausklingen.

Donnerstag, 01.08.2024
Nach einem weiteren leckeren, individuellen Frühstück im B&B fuhren wir über die Autobahn nach Toulouse, wo wir zuerst eine Shopping-Mall aufsuchten, um ein paar Erledigungen zu machen. Im Anschluß hatte ich ein Mittagessen im ebenfalls vom Guide Michelin empfohlenen Restaurant ‚Le Gentiane‘ mit lokaler Küche eingeplant.

Jedem, der nach Toulouse kommt, kann ich dieses Restaurant mit einem Mittagsmenü für EUR 20 ans Herz legen. Das Essen war so, wie man sich ein Sonntagsessen, zubereitet von einer Französischen Hausfrau mit hervorragenden Kochkenntnissen, vorstellt. Klassisch, einfach und voller Geschmack.

Weiter fuhren wir auf Landstraßen, vorbei am Canal du Midi, nach Pennautier bei Carcassonne, wo ich wiederum ein B&B gebucht hatte, welches wir bereits von vorherigen Reisen kannten.

Für das Abendessen hatte ich ‚Le Table de Franck Putelat‘ gewählt, ausgezeichnet mit 2* vom Guide Michelin, das letzte Mal von mir im Jahre 2019 besucht.

Das Restaurant ist sehr schön gestaltet, verfügt über eine Terrasse mit Blick in den Hotelgarten. Hier nahmen wir unseren Aperitif ein, begleitet von einer größeren Anzahl von beeindruckenden Amuse-Bouches.

Sehr enttäuschend war dagegen der Blick in die Speisekarte: ca. die Hälfte der Gerichte des Menüs kannte ich von vor 5 Jahren – dies sollte bei einem Restaurant dieser Kategorie nicht passieren. Einzig beim gleichgebliebenen Dessert, welches mir bis heute in Erinnerung blieb, war ich über diese Langweile froh.

Ich besprach das ‚Problem‘ mit dem Chef de Service, welcher mir für 2 Gerichte Alternativvorschläge machte, welche ich gerne annahm. Auch für Maryna wurde das Dessert ausgetauscht, da ich ihr die mehrfach preisgekrönte Pavlova Franck Putelat’s bieten wollte.

Ein so zeitnaher Vergleich zwischen einem 3*-Tempel und einem 2*-Restaurant zeigen sehr deutlich die zwei verschiedenen Welten auf, in denen sich deren Küchen bewegen. In meinen Augen spart man sich besser das Geld für den Besuch von 2*-Restaurants, begnügt sich mit einem Stern, und investiert das Gesparte in den Mehrpreis von 3*-Erlebnissen.

Freitag, 02.08.2024
In unserem B&B wurde, wie üblich, ein überwältigendes Frühstück mit lokalen Produkten geboten. Trotzdem beließen wir es bei ein paar Kleinigkeiten, denn nach 1 ½ Stunden Fahrt durch die wunderschöne Landschaft Südfrankreichs erreichen wir gegen Mittag Pézenas, wo wir für 12:30 einen Tisch im mit einem Michelin Bib-Award ausgezeichneten Restaurant Pré Saint Jean reserviert hatten.

Wir genossen ein sehr gutes, leichtes 3-Gänge-Menü, fuhren von dort in Richtung Cap d’Agde, wo wir in Richtung ‚Village Naturiste‘ abbogen, am Zugang im Büro die Eintrittsgebühr für die nächsten 3 Tage entrichteten, um durch die Schranke ins Village zu gelangen.

Hier hatte ich, wie in den Vorjahren, ein Apartment im Natureva Resort & Spa reserviert, mit abgetrenntem Schlafzimmer, kleiner Küche und Balkon. International würde ich das Natureva Resort & Spa maximal in der 3* Kategorie einordnen, trotzdem bezahlt man aktuell, auch wenn man sehr früh reserviert, schlanke EUR 380/Nacht, ohne Frühstück, muss das Apartment geputzt hinterlassen. Parkplatz ? Fehlanzeige ! Während Maryna die Koffer auspackte kurvte ich 90 Minuten durch den Parkplatz, um dann endlich einen Platz zu ergattern.

Wir machten uns auf zu Supermarkt und Bäckerei, denn im Village Naturiste sollte man das Essen in Restaurants vermeiden – denn 1.) sind die Preise für das Gebotene extrem und 2.) habe ich schon mehr als eine Magenverstimmung davongetragen. Nein, das Village Naturiste, errichtet auf dem Grundstück eines ehemaligen Gefangenenlagers ist keinen Schönheit, spiegelt den französischen Beton-Baustil der 70er Jahre wider, zudem sind die Gebäude in einem eher renovierungsbedürftigen Zustand, überall fällt der Putz von den Wänden, auch im Inneren.

Wieso macht man dann dort Urlaub, vor allem zu den Preisen ? Weil es ein einzigartiger Ort auf der Erde ist. Früher war es das Paradies der Naturalisten, heute eher der Libertären. Jeder kann sich so anziehen (oder nicht) wie er will, keiner schaut einen doof an wenn man nackt oder im Pelzmantel bei knapp 40 Grad durch das Village läuft, im Supermarkt einkaufen geht. Jeder so wie es ihm gefällt. Auch die Partys sind einzigartig, egal ob tagsüber am Stand oder in einem Pool-Club, nachts auf Privatpartys, an der Melrose-Bar oder im Glamour Night Club. Cap d’Agde ist ein Erlebnis, etwas das man mindestens einmal im Leben gesehen haben sollte, um sich seine Meinung zu bilden.

Wir trafen uns, wie jedes Jahr, mit Freunden aus der Ukraine, Polen, Bulgarien, UK und Italien, gingen zusammen in den Club, hatten viel Spaß bis Montag.
 

Simineon

Erfahrenes Mitglied
23.03.2013
5.758
4.299
FRA
Klasse, herzlichen Dank für das Transkript !
Lese ich sehr gerne mit.
 

HON/UA

Erfahrenes Mitglied
28.02.2011
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7.286
Odessa/ODS/UA
Nein, wirklich nicht. Und sowas sagt man auch nicht, weil schon bei 1* jeder Koch sein Leben dem Gast und dem "Event" opfert.
Dann hast Du meinen Text nicht verstanden.

Jeder Koch, der seinen Job ernst nimmt, egal ob Hausmannskost oder 3*-Küche, gibt alles, um seinen Gast zufriedenzustellen. Nur ist es nicht jedem Koch gegeben die Kunst einer 3*-Küche zu entwickeln, egal wie viel er daran arbeitet. Deshalb lobe ich auch ausdrücklich einen Koch, der gute Hausmannskost abliefert, siehe 'Le Gentiane' bei Toulouse. Denn heute noch eine solch gute Hausmannskost zu bekommen, ist eher unüblich, da der Großteil der Menschen 'Einheitsbrei' essen möchte, vor Nieren, Kalbsbries etc. zurückschreckt.

Ich wollte mit dem Vergleich, den Du anführst lediglich zum Ausdruck bringen, dass für mich der 3. Stern wesentlich weiter vom 2. Stern entfernt liegt als der 2. vom 1. oder 'Empfehlung'. 3* ist für mich eine andere Liga, da es nicht 'Essen' widerspiegelt sondern ein 'Erlebnis' auf höchsten Niveau bzw. Kunst, nicht nur bei den dargebotenen Gerichten.

99.99999% der Anstreicher werden auch nie ein Miró, und wenn sie 100'000 Mal mit viel Mühe versuchen ein Gemälde zu malen, denn es fehlt ihnen an der nötigen Innovation, der Intuition, der Vision etc. Das heißt im Umkehrschluss nicht, dass dieser Malermeister nicht hervorragende Arbeit abliefert, seine Arbeit nur hinrotzt.
 

HON/UA

Erfahrenes Mitglied
28.02.2011
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Montag, 05.08.2024
Um 8:30 quälten wir uns aus dem Bett, machten uns reisefertig, packten unsere Koffer und putzten die Küche (EUR 75 Zusatzkosten, wenn die Küche geputzt werden muss), verluden unser Gepäck, verließen das Village gegen 10:30.

Nach diesem Partywochenende war bei uns Ruhe angesagt – und wo findet man diese, kombiniert mit einer traumhaften Umgebung und gutem Essen, besser als in der Provence ?

Check-In für unsere nächste Unterkunft war jedoch frühestens um 16 Uhr, Fahrtzeit knapp 2 Stunden. Aus genau diesem Grund hatte ich für 12:15 noch ein Mittagessen in einem vom Guide Michelin empfohlenen Restaurant reserviert. Wer sich in Frankreich auskennt, der weiß, dass es nicht einfach ist an Sonn- und Montagen geöffnete Restaurants zu finden. Und so machte es auch nichts, dass das gewählte Restaurant etwas abseits unserer direkten Route weiter im Inland lag.

Das Restaurant L’ArtYsan in Quissac ist im ehemaligen Bahnhofsgebäude untergebracht, als Terrasse dient der ehemalige Bahnsteig.

Das Mittagsmenü war für seine EUR 30 ‚okay‘, wir waren zügig wieder in Richtung Provence unterwegs. Ich habe nun einige Hotels in der Provence erleben dürfen, diesmal alle Suchfilter richtig gesetzt und somit auf ein keines Hotel (4 Zimmer) mit Pool, Klimaanlage und privatem Parkplatz gestoßen, das etwas nördlich der von mir präferierten Gegend, zwischen Avignon und St. Rémy lag. Wie der Name ‚Le Pré Gourmand‘ schon andeutet, ist diese kleine Herberge im wunderschönen Garten ein Zusatzgeschäft zum vom Guide Michelin ausgezeichneten Restaurant.

Die Zimmer machten bereits auf den Fotos einen hübschen Eindruck, die Realität übertraf diese aber noch deutlich: modern, positiv, sehr schön gestaltet, mit wunderschönem Ausblick von der (kleinen) Terrasse in den Garten.

Nachdem wir uns etwas ausgeruht hatten, fuhren wir am Abend 30 Minuten durch die eindrucksvolle Landschaft zum (vom Guide Michelin empfohlenen) Restaurant ‚Le Bistrot du Brau‘, welches sich im wunderschönen ‚Hôtel La Bastide d’Eygaliéres‘ befindet.

Das Ambiente auf der Terrasse war traumhaft, die Gerichte interessant, die Preise für Ambiente und Umgebung sehr angenehm. Da das Essen zudem sehr gut war erhält dieses Restaurant von uns für einen romantischen Abend eine klare Empfehlung.

Dienstag, 06.08.2024
Das Frühstück in unserer Unterkunft war sehr durchschnittlich, die Croissants trocken, die Marmelade zugekauft, der Kaffee eher Spülwasser – so dass lieber auf unseren mitgebrachten Japanischen Instant-Kaffee zurückgriffen. Zudem wiederholte sich das Gebotene jeden Tag, so dass wir ab Donnerstag Verzicht übten.

Wir mussten sowieso um 11 Uhr los, fuhren in eine meiner Lieblingsstädte der Provence, Arles, deren Geschichte bis ins 6. Jahrhundert vor Christus zurückreicht.

Die römische Arena von Arles war nun fertig renoviert, so dass wir sie auf unserem Stadtrundgang in voller Schönheit betrachten konnten.

Um 12:30 hatten wir einen Tisch im Restaurant ‚Le Gibolin‘ reserviert, vom Guide Michelin mit einem Bib-Award ausgezeichnet. Das Restaurant war so wie man sich ein Französisches Bistrot vorstellt, das Essen jedoch sehr regional und handfest (fettig), alleine das Fleisch-Hauptgericht erwähnenswert. Rennie war angesagt, um den Magen aufzuräumen.

Das Abendessen fand 30 Minuten Fahrt, diesmal in östlicher Richtung, statt. Das Restaurant, in einer historischen Altstadt gelegen, war etwas abenteuerlich mit dem Auto zu erreichen, ich trug Maryna, die mit ihren High Heels nicht bis zum Eingang laufen konnte, bis zur Türe.

Wieder eine nette Terrasse mit wunderschönem Ausblick über die Provence, wieder eine Michelin Bib-Auszeichnung, und ein 3-Gänge-Menü zu sehr vertretbaren EUR 38. Der Thunfisch mit Tonnato-Sauce war gut, die Sauce zum Fisch jedoch dermaßen sauer, dass man den Fisch nicht mehr herausschmeckte. Doch, wie wir noch feststellen sollten, ‚sauer‘ ist im Moment angesagt, wenn auch nicht in dieser Stärke.

Mittwoch, 07.08.2024
Nach dem Frühstück in Richtung Avignon, allerdings um Besorgungen zu machen, das mobile Internet aufzustocken.

Und so stießen wir hungrig gegen Mittag auf ein sehr einfaches Restaurant mit einer Google-Bewertung von 4.9 bei weit über 100 Bewertungen. Dies mussten wir ausprobieren ! Das moderne Bistrot war brechend voll, sowohl im Innen- wie im Außenbereich. Wir bestellten das Tagesgericht, Schweinefilet mit Polenta und Curry-Sauce zu EUR 14 – und waren überrascht. Das Fleisch zart und rosa, die Sauce köstlich.

Nach etwas Erholung am Pool, aber vor allem mit Klimaanlage im Zimmer, fuhren wir am Abend 30 Minuten nordwestlich von Avignon, um ein Abendessen auf der Terrasse des Restaurant ‚Maison Chenet – Entre Vigne et Garrigue‘ einzunehmen.

Das Restaurant wurde vom Guide Michelin mit einem Stern ausgezeichnet, entsprechend war das Ambiente mit Blick in die Lavender-Felder und der Service. Maryna bestellte als Aperitif einen Kir Vin Blanc, musste aber bereits nach der Hälfte langsam machen.

Wir entschieden uns für das 6-Gänge Menü zu EUR 105, und schon die aufgefahrene Begrüßung des Hauses war nett, das Amuse Bouche vielversprechend. Herausragend war die Hummer & Krabben Vorspeise mit einem Wasabi Gazpacho sowie Lammfilet- und -nieren mit Pfifferlingen.

Donnerstag, 08.08.2024
Nach einem ausgelassenen Frühstück fuhren wir wieder östlich, diesmal ins völlig dem Massentourismus verfallene L‘Isle-sur-la-Sorgue, eigentlich einem wunderschönen Ort mit Fluss und Wasserrädern. Wir jedoch fuhren direkt zum Mittagessen zum Restaurant ‚Le Vivier‘, vom Guide Michelin mit einem Stern ausgezeichnet.

Wir nahmen auf der hübschen Terrasse über der Sorgue Platz, genossen das Ambiente, bestellten das 3-Gänge-Mittagsmenü zu EUR 38. Das Essen war für ein 1-Sterne-Mittagsmenü in dieser Preisklasse in Ordnung, alleine das Dessert wirklich interessant. Wenn man ein 1-Sterne-Restaurant für ein EUR 38 Mittagsmenü besucht, man sollte nicht dasselbe wie zu einem ca. EUR 100 Abendessen erwarten.

Wir liefen noch ein paar Minuten durch die wunderschöne Stadt an der Sorgue entlang, bevor wir wieder ins Hotel zurückfuhren uns am Nachmittag am Pool erholten.

Für das Abendessen hatten wir das ebenfalls vom Guide Michelin empfohlenes Restaurant ‚QUALIA‘ in Mouriés ausgewählt, welches wir bereits 2023 besucht, das uns mit einer Küchenleistung überzeugt hatte.

Dieses Jahr wurde es allerdings einer der beiden Flops der Reise, das Essen einfaltslos, unterwürzt und für EUR 56/Person mit minderwertigen Produkten ausgestattet. Vor allem das Hauptgericht, eine Rouladen-Scheibe aus minderwertigem Lammfleisch und Kartoffeln, erinnerte eher an eine Autobahnraststätte.

Freitag, 09.08.2024
Es wurde Zeit die Provence zu verlassen, normalerweise wäre wieder ein Wochenende bis Montag in Cap d’Agde angestanden. Doch die Erfahrung vom vergangenen Wochenende erwog mich dazu die extrem teure 3-Nächte-Buchung im Village zu stornieren, stattdessen ein günstigeres und nicht schlechteres Hotel außerhalb des Villages zu buchen, allerdings nur Samstag bis Montag.

Deßhalb hatten wir uns entschlossen die nun freigewordene Nacht in Montpellier zu verbringen, einer Stadt von der wir bisher nur den Bahnhof kannten. Auch hatten wir genug von ‚freien‘ Hotels, wollten mal wieder den Komfort eines Kettenhotels genießen, da man dort einfach ohne nachzudenken weiß, dass alles funktioniert.

So brachen wir um 11 Uhr auf, fuhren statt über die Autobahn durch die Camargue zum Courtyard by Marriott, welches sich direkt am neuen Rathaus befindet.

Bereits bei Ankunft um 13 Uhr bekamen wir ein hübsches Eckzimmer zugeteilt, erhielten zu meiner Überraschung zusätzlich zu den EUR 10/Person-Gutscheinen (nicht US$ 10!) noch das Frühstück kostenlos dazu. Das Auto in die Tiefgarage gestellt und den EUR 10 Gutscheine für ein ordentliches Mittagessen im Hotel-Bistrot verbraten.

Per Straßenbahn in die Altstadt, um auf dem Hauptplatz, dem Place de la Comédie, festzustellen, dass es viel zu heiß war, um eine Stadtbesichtigung durchzuführen. Doch schon auf unserem kurzen Fußmarsch überraschte uns Montpellier, eine der wenigen Großstädte des Südens, die nicht auf einer römischen Siedlung fußt. Montpellier spiegelt das Frankreich des 16. & 17. Jahrhunderts wider, mit großzügiger Straßenplanung und eindrucksvollen Gebäuden. Montpellier außerhalb der Altstadt über ich eher als Stalins- oder Ceausescus Traum bezeichnen: eine Stadt der Plattenbauten mit römischen Ornamenten und Säulen, großflächigen Plätzen, allerdings in sehr gutem Zustand, sehr sauber. So ganz anders als die Vorstädte Paris.

Am Abend fuhren wir in die Innenstadt, parkten das Auto, liefen durch die ‚Porte du Peyrou‘, dem Arc de Triomphe Montpelliers zum Hôtel Richter de Belleval, zum Relais & Chateaux Zusammenschluß gehörend, in welchem seit dem 17. Jahrhundert bis 1978 das Rathaus der Stadt untergebracht war.

Im Hotel befindet sich das Restaurant ‚Jardin des Sens‘, vom Guide Michelin mit einem Stern bewertet. Bereits die Räumlichkeiten an sich sind beeindruckend, die Gewölbedecken, die Deckenbemalung, aber auch die moderne Einrichtung.

Das Menü war mit EUR 110/Person unser auf dieser Reise bisher teuerstes 1-Sterne-Menü, kam jedoch mit 6 Gängen und allerlei Freebies. Wie im Video zu erkennen ist war das Gebotene für einen Stern herausragend, nicht nur was die Qualität der verarbeiteten Produkte angeht, sondern auch im Geschmack und Erlebnis insgesamt. Herausragend waren die ‚flüssige Erdbeere im Schokoladengelee‘ aber vor allem das Kalbsfilet mit Haselnusskruste, Erbsen-Fries und Püree von Süßkartoffel. Doch wo Licht ist, ist auch Schatten: so fand ich eine Gräte in meinem Fischmousse, aber vor allem das Dessert war eine 0/10. Von einer Schokoladen Crème Brûlée erwarte ich etwas anderes als einen verkochten, pampigen Schokoladen-Pudding, den selbst ein Dr. Oetker-Produkt übertrifft. Trotzdem war dieses Abendessen klar unser bisher bestes 1-Sterne-Essen, übertraf auch das Essen bei Franck Putelat, das immerhin mit 2 Sternen ausgezeichnet ist.

Samstag, 10.08.2024
Frühstück bei Courtyard, wir erwarteten nichts besonderes – und wurden überrascht. Alleine die Auswahl war sehr, sehr ordentlich, von Früchten, ordentlich aussehendem Lachs, über verschiedene hochwertige Marmeladen und sogar zwei Honigsorten, war einfach alles vorhanden. Selbst die Croissants waren auf unserer bisherigen Reise durch Frankreich die besten, das Brioche wunderbar luftig – und mit gesalzener Butter und Blütenhonig ein Traum.

Nach einem Besuch in einer Shopping-Mall ging es nach Cap d’Agde, an einem Samstag durchaus eine Tortur, denn der Verkehr war sehr zähfließend. Wir besorgten uns die Eintrittskarten fürs Village, welche wir wegen der Buchungsemail für das stornierte Hotel im Büro zum vergünstigten Tarif bekamen, fuhren zu unserem Hotel, checkten ein und stellten das Auto in die Tiefgarage (EUR 30/Nacht !!!).

Ich zeigte Maryna kurz das eigentliche Cap d’Agde, das sie bisher noch nie gesehen hatte, in welchem ich 1989 mit meiner ersten Freundin und Freunden Urlaub machte. Bei mir stellte sich die Erkenntnis ein ‚das ist ja noch häßlicher als früher‘, auch die Restaurants am Hafen, welche früher Platten mit Austern und anderem Meeresgetier darreichten, sind heute Pizzerien und ‚Lounge-Bars‘ gewichen. Maryna war mittelmäßig geschockt, wir gingen ins Hotel zurück, ruhten uns bis zum Abend aus, machten uns dann fertig und fuhren ins Village, um uns mit Freunden im Glamour für die Party zu treffen.
 

HON/UA

Erfahrenes Mitglied
28.02.2011
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Sonntag, 11.08.2024
Pläne ändern sich je nach Gegebenheit – und genau dies war heute der Fall.

Die Party von Samstag auf Sonntag war eher mittelmäßig, vor allem da 80% unserer Freunde und Bekannten mit verschiedenen Krankheiten darniederlagen. Die meisten hatte die mangelnde Hygiene erwischt, andere das Essen, wieder andere eine fiese Erkältung. So waren wir nur mit einem befreundeten Paar im Club, die generelle Atmosphäre etwas langweilig, das Publikum bei weitem nicht so hübsch anzusehen wie am Vorwochenende. Gerade letzteres ist für das Ziel des Besuchs dieses Clubs 'etwas' kontraproduktiv.

Um 3 Uhr waren wir bereits in unserem Hotelzimmer, damit um 11 Uhr auch schon wieder auf den Beinen. Es stellte sich die Frage ‚Bleiben oder Weiterfahren ?‘. Obwohl wir Hotel und Parkplatz bereits für die Folgenacht bezahlt hatten, entschieden wir uns fürs Weiterfahren. Da das Zimmer bis zum Folgetag bezahlt war hatten wir keinen Stress mit der Check-Out-Zeit, machten uns fertig, aßen mieses Sushi um die Ecke und beratschlagten wo wir die Nacht verbringen würden.

Zum Glück besitzt der Guide Michelin einige Filter, wir suchten wo in der Umgebung von 100 km ein Sterne-Restaurant an einem Sonntagabend geöffnet ist. Die Auswahl war dermaßen klein, dass unsere Wahl auf die Gegend um ‚Lastours‘ fiel. Auch die Auswahl an Unterkünften in der Gegend 40 km nördlich von Carcassonne war durch die landwirtschaftliche Ausrichtung der Gegend nicht besonders groß, ich buchte online in Les Ilhes ein Gästezimmer im La Maison du Voyageur zu EUR 67 inkl. Frühstück.

Check-In war ab 17 Uhr angegeben, Fahrtzeit 1 ½ Stunden, so dass wir um 15 Uhr Cap d’Agde verließen, über Landstraßen nach Westen fuhren.

Nachdem wir die Trüffel-Region durchquert hatten wurde die Landschaft schroffer, wir erreichten in einem Tal Lastours, über welchem sich sehr eindrucksvoll die Ruinen dreier Schlösser und Burgen auftürmten.

Unsere Unterkunft lag in einem kleinen Ort 3 Kilometer nördlich, einfach, sauber und charmant. Nur die Koffer die steile Raumspartreppe hinaufzuschleppen war etwas stressig.

Wir fuhren noch etwas durch die Gegend, erhaschten von einem Berg gegenüber der Burgen einen wunderschönen Blick auf Lastours im Tal.

Nun wurde es Zeit uns fertigzumachen, so dass wir pünktlich um 20 Uhr im Restaurant ‚Le Puits du Tresor‘ am Eingang der ehemaligen Tuchfabrik mit großem Schornstein ankamen.

Das Restaurant wurde vom Guide Michelin mit einem Stern ausgezeichnet, die Reviews auf Google jedoch ziemlich durchwachsen. Wir waren gespannt.

Ich würde das Restaurant und den Service als ‚steif‘ bezeichnen, es fehlte die Freundlichkeit, die Wärme, der Charme... man fühlte sich von Robotern betreut.

Die ‚Begrüßungen‘ kamen, wir machten unser Video – und fanden ein Haar auf einem der 4 Häppchen. Brrrr… Wir unterrichteten den Kellner, der die Platte mit den 4 Häppchen mitnahm und nach einer Minute zurückbrachte. Wir waren skeptisch, verglichen unsere Videos und die zurückgebrachte Patte mit den 4 Häppchen, stellten fest, dass es dieselben Häppchen waren, nur eben ohne Haar. Nachdem wir den Kellner darauf ansprachen teilte dieser uns mit, dass man aus dem einen Törtchen die Mousse mit dem Haar darauf heruntergenommen habe, neue Mousse eingefüllt habe. YOU ARE KIDDING ME ??? Er meinte dann ob wir 4 neue Häppchen erwartet hätten ? Worauf wir mit ‚QUI !‘ antworteten und er die Platte etwas angesäuert wieder mitnahm. Stellt Euch vor ihr bekommt einen Teller mit Steak, Gemüse und Kartoffelpüree, findet ein Haar auf dem Püree und alles was die Küche macht ist das Püree vom Teller zu kratzen, um neues Püree draufzuklatschen… Auch geschmacklich waren die verschiedenen Begrüßungen am unteren Ende der bisher Gebotenen, am ganz unteren.

Aber auch sonst lief es nicht, zum Beispiel wurde unser Wasser nie aufgefüllt. Wir mussten also immer selbst aufstehen, zu dem 2 Meter entfernten Tischchen laufen, auf dem die Flaschen (Wein, Wasser etc.) von 3 Tischen standen, unsere Flasche nehmen, auffüllen und wieder zurückstellen.

Es folgte ein langweiliges Amuse Bouche aus gegrillter Wassermelone, eingelegter Wassermelonenschale und extrem sauer eingelegten Gurkenstücken in einer Erdbeersauce, eines Michelin-Sterns auch von der Harmonie her völlig unwürdig. Dafür war die Vorspeise, Thunfisch-Tartar mit Muscheln auf Cerealien und einer Kräutersauce essbar – solange man die extrem sauren Johannisbeeren liegen ließ. Marynas Fisch war langweilig, meine 3 dünnen Scheibchen vom Schwarzen Schwein mit Erbsenpüree und kleinen Kartöffelchen okay, solange man das Gericht mit ordentlich Salz nachbehandelte. Absolut ekelhaft war jedoch die zu wenig gegrillte, bittere Auberginenscheibe, die mit etwas bekleistert, zudem mit Pfifferlingen uns süß-sauer eingelegten Kumquats bedeckt war. Etwas Unharmonischeres habe ich selten vorgesetzt bekommen.

‚Wo ist der Stern ?‘ fragten wir uns, hofften auf überwältigende Desserts, um dann säuerlich eingelegte Erdbeeren auf Rhabarber-Kompott mit Crumble, einem bereits zu 2/3 zerlaufenen Basilikumeis und einem Krokant-Chip vorgesetzt zu bekommen. Ernsthaft ???

Zum Abschluss noch ein paar kleine süße Happen, welche in den bisherigen Sternerestaurant zum Großteil sehr gut waren. Aber, welch Wunder, dem war hier nicht der Fall. Ein Törtchenboden mit einer Himbeere drauf ? Da hat sich der Koch aber richtig was einfallen lassen. Dunkler und heller Nougat, direkt aus den 70ern ? Zwei Schoko-Cookies und als ‚Highlight‘ verpresste und gebackenen Kokosraspeln.

Die Preise der Getränke waren auch lustig. Die Flasche BADOIT Mineralwasser, für mich das Beste auf der Welt, kostete EUR 7. Ein 0.33 Fläschchen Coke Zero EUR 7. Und jetzt dürft ihr raten was ein Espresso kostete… genau, EUR 7. Wir fragten uns ob Champagner auch EUR 7 kostet.

Auf dem Weg zurück zu unserer Unterkunft rissen wir noch einige Witze über das Erlebte, was die Laune wieder hob. Wir schrieben beide ein Google-Review, die das Restaurant am nächsten Tag löschen ließ, mit der Behauptung wir wären nie in diesem Restaurant gewesen. Wir reichten daraufhin die Rechnung und die Kreditkartenabbuchung ein, warten nun auf Freischaltung.

Montag, 12.08.2024
Wir hatten gut geschlafen, unsere Koffer wieder die steile Treppe hinuntergeschleppt, aßen noch ein ziemlich schlechtes Croissant (wahrscheinlich vom Vortag), und machten uns dann auf in Richtung Südwesten, kamen wieder durch Carcassonne, überquerten den Canal du Midi, erreichten um 12:30 das wunderschöne Anwesen des Landgasthofs ‚Le Clos Saint Martin -La Métairie‘ in Arvigna, vom Guide Michelin mit einem Bib-Award ausgezeichnet.

Wir nahmen auf der wunderschönen Terrasse mit Blick in den Garten Platz, erhielten eine einfache aber leckere Brgrüßung, gefolgt von einer Bio-Tomate mit Frischkäse-Creme und Melonen-Pesto, der saftigsten Hühnerbrust meines Lebens, einem Seabass-Filet mit Schalentier-Bisque-Sauce und Langustine und einem wiederrum sehr einfachen Dessert aus Früchten, Creme und Fruchtsauce mit Crumble. Zu den EUR 31/Person, 40% des Preises des Vorabendmenüs, gehörten auch ein paar kleine süße Leckereien zum Abschluß.

Alles, vom Ambiente über den Service bis zum Geschmack des Essens war hier in unseren Augen besser als beim Sterne-Restaurant am Vorabend.

Noch ein paar Mirabellen von den Bäumen am Parkplatz gepflückt und schon ging es über Landstraße und Autobahn nach Toulouse, wo ich für die Nacht wieder ein Zimmer im Hampton Inn in Flughafennähe gebucht hatte.

Da wir früh aufstehen mussten fiel das Abendessen sehr leicht aus, wir besorgten uns eine Schale Reine Claudes, eine Frucht, die ich noch sehr aus meiner Kindheit schätze, heute aber kaum mehr finden ist.

Dienstag, 13.08.2024
Um 03:00 schmiss uns der Wecker aus dem Bett, wir verluden alles in den Hyundai, brachten diesen nach 2‘334 km Fahrtstrecke zurück zum AVIS Parkplatz im Parkhaus gegenüber des Terminals, begaben uns zum Check-In des LH-Flugs nach Frankfurt.

Die Lounge hatte bei unserem Eintreffen noch geschlossen, wir saßen 45 Minuten im Terminal herum, bevor wir dann in der Lounge doch noch an einen Kaffee kamen.

Beim Boarding wurden wir von 1A/C auf 1D/F umgesetzt, seltsam. Im Flugzeug erfuhren wir dann, dass der Crew-Sitz defekt war, die Purserin nach Regularien auf 1C sitzen, ohne Vorhang geflogen werden muss. Während die Y komplett ausgebucht war, waren die ersten 3 Reihen C mit 2 plus Purserin/12 besetzt. Da es keinen Vorhang gab, versuchten sich Passagiere aus der Y immer wieder in die leeren Reihen nach vorne umzusetzen bis aus dem Cockpit eine Ansage dazu kam.

Den Rest des Fluges verbrachte ich im Reich der Träume, schaffte es aber noch einen Kaffee zu trinken, die Frankfurter Skyline zu sehen.

In Frankfurt verbrachten wir einige Stunden in der Senator-Lounge im A-Terminal, es ist immer wieder verwunderlich zu sehen wieviel Alkohol sich mache schon am Morgen hinter die Binde kippen können.

Nun folgte der AUA Flug nach Wien. Am Gate eine Dame, die, als sie Maryna's Pass sah, seltsam schaute und sich sofort von uns entfernte. Noch dachte ich mir nichts dabei.

Im Flugzeug saß diese Dame dann genau hinter uns, zusammen mit Ehemann (nur stilecht im Trainingsanzug) und 2 Kindern, ca. 5 und 14 Jahre alt. Als wir die knallroten ruZZischen Reisepässe sahen wurde uns klar warum die Dame sich schnell von uns entfernt hatte.

Da die Familie über die ganze 3. Reihe verteilt saßen, von A bis F, wurde die Unterhaltung eher zum Geschrei, was dann doch irgendwann nervte, vor allem wenn man nachts kaum geschlafen hatte. Die Bitte etwas ruhiger zu sein wurde sofort auf Russisch harsch beantwortet, dass man sich immer so unterhalte, das wäre eben so normal. Der Ehemann war etwas cleverer, meinte so seiner Frau sie solle runterfahren, da sie sonst das Risiko hätten rausgeschmissen zu werden.

Wir freuten uns auf das Do&Co Essen. Leider musste etwas schiefgelaufen sein, denn der Teig der Ravioli war fast roh. Der Vater der Familie hinter uns glich das mit 3 Whiskeys mit Cola auf 55 Minuten Flug aus.

Am Wiener Flughafen durch die Passkontrolle, kurz in die Lounge und zum Gate. Und wen erhaschten unsere Augen ? Genau, die Familie, die bereits auf dem Flug nach Wien hinter uns saß. Auf unserem Flug nach Chişinău saß die Familie wieder ganz in unserer Nähe, nämlich über den Gang.

Ich habe keine Ahnung was bei Do&Co los war, aber auch auf diesem Flug war das Essen sehr seltsam. Finde ich es schon riskant bei einem Mittagessen ohne Auswahl Fisch zu servieren, schwamm der Lachs in einer pappsüßen Teriyaki-Sauce mit einem penetranten Beigeschmack.

Lustig wurde es als der Familienvater diesmal statt Whiskey auf Gin umgestiegen war und sich auf den 80 Minuten Flug 5 Fläschchen reinlötete, irgendwann anfing seinen älteren Sohn zu hauen, dieser dem Vater sagte er solle damit aufhören, es weh täte und der Vater nur sagte ‚Du bist doch ein Mann!‘. Als er aber dann noch kurz vor der Landung lautstark ein Russisches Volkslied anzustimmen, wurde es selbst dem Sohn zu peinlich, was man ihm deutlich ansah. Keine Ahnung weshalb der Steward ihm überhaupt so viel Alkohol gab.

Der winzige internationale Flughafen von Chişinău hat Vorteile: 3 Minuten vom Flugzeug durch die Passkontrolle zum Gepäckband. Kurze Zeit später, nachdem unser Gepäck durchleuchtet wurde, waren wir draußen, der Shuttleservice unseres Parkplatzes holte uns ab.

Gepäck in unser Auto geladen und nach Chişinău hineingefahren. Chişinău ist eine Stadt mit ein paar Neubauten, der Großteil ist jedoch in der Sowjetunion hängengeblieben. Das ehemalige Hotel ‚National‘ steht heute mitten in der Innenstadt, ohne jegliche Fenster.

Diesmal hatte ich für uns das Courtyard Chişinău gebucht, ich wollte etwas Verlässliches, wo ich nicht morgens aus dem Bett im Wasser stehe. Der Mehrpreis gegenüber dem Tulip Hotel war durch das kostenlose Frühstück und die beiden US$ 10 Gutscheine fürs Abendessen auf der Hotelterrasse mehr als gedeckt. Dass es zudem noch einen Upgrade auf eine sehr geräumige Junior-Suite mit zwei Badezimmern gab, war ein unerwartetes Plus.

Mittwoch, 14.08.2024
Wir hatten wunderbar geschlafen, nichts geht nichts über Matratzen in Marriott-Hotels. Auch das Frühstück war sehr gut, mit einer ordentlichen Käseauswahl. Dass der Lachskaviar nur Imitat war, konnte man verkraften.

Um 10:00 saßen wir im Auto, fuhren unter genauer Einhaltung der zugelassenen Höchstgeschwindigkeit (überall gibt es Kameras, zusätzlich stehen überall Polizisten mit Lasermessgeräten herum) am Flughafen vorbei aus der Stadt hinaus. Nach 30 Kilometern hat man die Wahl, geradeaus durch Transnistrien in Richtung Ukraine, oder, mit einem südlichen Bogen, um Transnistrien herum. Da Transnistrien von Russland besetztes Gebiet ist, entschieden wir uns, wie immer, für den südlichen Bogen. Hier gibt es dann auch keine Geschwindigkeitskontrollen mehr, ich klemmte mich an einen Skoda mit moldawischen Kennzeichen, der es statt der erlaubten 90 km/h mit 160 bis 170 laufen ließ.

Um 11:30 standen wir vor dem Grenzübergang Palanca, dessen Vorteil es ist, dass die Moldawische und Ukrainische Grenzkontrollen gleichzeitig erfolgen, so dass wir uns nach einer knappen Stunde bereits wieder in der Ukraine befanden. Die Straße an Palanca vorbei ist die einzige Straße vom Süden der Ukraine nach Odesa, da die ruZZen die Brücke bei Satoka mittels mehrerer Raketen bereits am Beginn des Krieges zerstört haben. Dementsprechend ist der Verkehr auf den 30 km bis Odesa. 20 Minuten später, Maryna von meinem Fahrstil etwas gestresst, standen wir an der OKKO-Tankstelle am Rande Odesas, wo mein Fahrer bereits auf uns wartete.

Hier checkte ich auch meine Emails, um eine positive Nachricht von AVIS zu erhalten: Man habe den kompletten Betrag, der mir bei der Fahrzeugabholung am Flughafen Toulouse abgebucht wurde, zurücküberwiesen. Also nicht nur die Differenz zwischen bestätigtem und abgebuchtem Betrag, sondern wirklich alles, komplett. Somit waren die 14 Tage Miete nicht nur günstig, sondern tatsächlich komplett kostenlos. Wow !!! Danke AVIS !!!

Von hier an wurde es relaxt, ich stieg auf den Beifahrersitz, Maryna nach hinten – wir holten noch etwas Schlaf nach bis wir um 17:30 Kyiv erreichten und um 18 Uhr endlich wieder zuhause waren.
 

flyglobal

Erfahrenes Mitglied
25.12.2009
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Danke für den kompletten Bericht incl. der Videos.
Noch etwas neugierig: Wäre es möglich eine Karte über eure Reise zu posten. 2334 km ist schon was!
 
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