Der lange Weg nach Melbourne mit Gin and Tonics zum Frühstück
Es ist noch nicht zu spät, einen BART-Zug zum Flughafen zu erwischen, doch mittlerweile bin ich so müde, dass ich statt dessen ein Taxi nehme, was den Burger und das Bier natürlich zu einer ziemlich teuren Angelegenheit macht.
Am Flughafen angekommen muss ich natürlich weder einchecken noch irgendwelches Gepäck aufgeben, und so geht es direkt zu den Gates. Ohne Schlangen schaffe ich es schon bald in den RCC, wo ich alle Root-Beer-Vorräte vertilge, bis der Aufruf zum Boarding kommt. Am Gate fällt mir dann noch auf, dass ich meinen I-94-W-Abschnitt im Pass hängen habe, und drücke ihn einem Gate Agent in die Hand, der damit auch nicht so recht etwas anzufangen weiss.
UA 863 SFO ✈ SYD
Wie alle 747 von United ist auch dieses Flugzeug mit der neuen Kabine ausgestattet. Die Sitze in der Business Class sind hier im Unterdeck in 2-4-2-Konfiguration angeordnet, aber ausreichend breit. Der 16:9-Fernseher ist riesig, die Sitzkontrollen auf der Konsole statt auf der Fernbedienung, und insgesamt wirkt alles recht schön und ordentlich. Einziges Manko ist ein relativer Mangel an Ablagemöglichkeiten. Im Oberdeck haben die Plätze am Fenster noch ein Fach an der Seite, aber
weil kaum ein Sitz in Bezug auf Liegefläche und Breite dem anderen gleicht, habe ich im Unterdeck den Platz 9H genommen.
Ein recht buckliger Herr mit Krücke ist mein Nachbar, und wir tauschen Plätze, denn sollte er in der Nacht einmal aufstehen müssen, würde er unmöglich über mich steigen können. So sitze ich auf 7K statt 7J; die beiden Sitze sind umgedreht eingebaut, so dass man rückwärts fliegt. Mein Nachbar ist Medienanwalt aus Sydney, und wir unterhalten uns nett, während der Getränkeservice flott ist, die Menüwünsche schon abgefragt wurden, und natürlich auch wieder warme Nüsse gereicht werden. Ich starte einen Film...
... und wache mitten in der Nacht wieder auf. Weil ich gerade das Glas Wasser umgeworfen habe, was noch da stand. Jetzt sind Sitz und Hose nass. Danke, liebe "erfahrene" UA-FAs, fürs wegräumen. Also kurz geklingelt, Situation erklärt, demonstrativ mit dem nun leeren Glas Wasser gewedelt (nach dem dem etwas seltsamen Blick der FA, damit nicht der Eindruck entsteht, ich hätte mich vollgepinkelt), und einen Batzen Servietten bekommen. Alles kurz trocknen lassen, so schlimm war es dann doch nicht, und in die Galley getigert um etwas zum Essen abzustauben, denn ich war eingeschlafen, als gerade die Vorspeisen verteilt wurden. War dann doch ein sehr langer Tag.
Eine FA macht gerade die Tür eines Containers zu, in dem ich gerade noch ein Tiramisu erspähe. Setze ein nettes Lächeln auf und frage, ob ich es haben kann. Bekomme zwei an den Platz gebracht und einen grossmütterlichen Blick zugeworfen. Schlemme glücklich, denn es schmeckt klasse. Danach schlafe ich wieder ein und erwache zum Frühstück; ich nehme Croissants und Früchte und frage mich, wieso alle Airlines der Welt überproportional viel Ananas servieren, wo ich die doch überhaupt nicht leiden kann, während ich auf Channel 9 mitbekomme, wie das Cockpit von der ATC in Sydney mit einem fröhlichen "G'Day" begrüsst wird.
In Sydney rollen wir ans Gate und werden per Durchsage daran erinnert, dass Connecting Paxe nach Melbourne nicht durch die Immigration sollen, sondern zu International Connections weitergehen müssen. Warum wir nicht einfach sitzenbleiben können, ist mir ein Rätsel, aber nun gut. Ich packe meine Taschen leer, gehe wieder durch die Security und mache mich auf die Socken zum Gate. Das Boarding hat noch lange nicht begonnen, denn wir waren pünktlich, und es ist erst kurz nach sechs Uhr morgens. Man schlägt mir vor, doch in der NZ-Lounge zu frühstücken, und so mache ich mich auf den Weg.
Was für eine tolle Lounge! Sehr schick, riesengross, es gibt Müsli, zig Sorten Cereals, verschiedene Säfte, Brot, Toast, Porridge... alles, was das Herz begehrt. Ich überlege, das Abenteuer Australien gleich mit einem Vegemite-Toast zu beginnen, nehme dann aber doch nur einen kleinen Toast mit Marmelade. Die Toiletten und Duschen sind auch super, auf letztere verzichte ich aber, denn ich bin ja bald am Ziel in Melbourne. Beide WiFis sind fürchterlich langsam, reichen aber, um Facebook, Nachrichten und E-Mails zu checken, bevor um 7:30 Uhr das Boarding nach Melbourne aufgerufen wird.
UA 839 SYD ✈ MEL
Diesmal habe ich Sitz 7J, Amenity Kits gibt es nicht, aber einen neuen Sitznachbarn. Wir sind jetzt zusammen mit drei anderen Passagieren in der Business recht alleine; die meisten sind dann doch in Sydney schon ausgestiegen.
Die FA kommt vorbei und fragt, welches Getränk sie uns gleich nach dem Start bringen darf. Ich bestelle ein Wasser, mein Nachbar sagt ohne zu überlegen "double vodka orange". Ich ändere meine Bestellung in einen doppelten Gin and Tonic, woraufhin mein Sitznachbar anerkennend nickt und "gotta have a booze breakfast" sagt. Er ist Australier, wohnt in den USA und ist gerade auf dem Weg zu einer Familienvisite. Weil er ein paar Tage vor seiner Frau und den Kindern reist, hat er also Narrenfreiheit und kann sich früh morgens schon besaufen. Wir lobpreisen beide kurz die Qualität der neuen Sitze auf diesem Flieger, und schon geht der Start los. Auf Channel 9 merke ich: die Jungs im Tower sind immer noch bestens gelaunt und verabschieden uns, während man auf aus dem Cockpit ein lautes WHOOP WHOOP WHOOP hört - jemand eine Idee, was das war? Warnton für noch ausgefahrenes Fahrwerk? Kam ein paar Sekunden nach dem Abheben.
Die Anschnallzeichen gehen aus, wir bekommen unseren Alkohol, und die Ferien können beginnen. Ich besiege meinen Nachbarn in einer Runde Multiplayer-Tetris auf dem IFE, wir bestellen noch eine Runde Drinks und landen schon bald in Melbourne.
An der Immigration habe ich wider erwarten keine Probleme, der Officer erwähnt die Pleite der Socceroos gegen Deutschland vom Vortag mit keiner Silbe, hilft mir gut gelaunt beim restlichen Ausfüllen des Formulars, weil ich zu doof gewesen war, und ich husche weiter zum Baggage Claim, wo mein Koffer tatsächlich recht bald aus den Katakomben des Gepäcksystems ausgespuckt wird - pünktlich und unversehrt nach 13.822 Meilen und drei Stops.
Ich gehe weiter zum Zoll, wo mich ein Hund abschnüffelt und mir sein Herrchen, eine hübsche Beamtin, ein paar Fragen stellt. Ich stelle fest, dass ich inzwischen doch etwas beschwipst bin, bereite aber keine Schwierigkeiten und darf weiter nach draussen. Direkt gegenüber des Ausgangs finde ich einen Geldautomaten, an dem ich mir ein paar verdächtig bunte Scheine ziehe, und beschliesse, gleich mal den legendären Melbourner Kaffee am Beispiel der Kette "Villa & Hut" zu testen. Sehr schmackhaft.
Ich kaufe mir eine Karte für den Sky Bus, fahre damit zur Southern Cross Station, und setze mich erschöpft in einen Starbucks, wo ich einen Meat Pie esse und darauf warte, dass mein Kumpel mich abholt.