• Dieses Forum dient dem Erfahrungsaustausch und nicht dem (kommerziellen) Anbieten von Incentives zum Abschluss einer neuen Kreditkarte.

    Wer sich werben lassen möchte, kann gerne ein entsprechendes Thema im Bereich "Marketplace" starten.
    Wer neue Karteninhaber werben möchte, ist hier fehl am Platz. Das Forum braucht keinen Spam zur Anwerbung neuer Kreditkarteninhaber.

    Beiträge, bei denen neue Kreditkarteninhaber geworben werden sollen, werden ohne gesonderte Nachricht in beiden Foren entfernt.

    User, die sich zum Werben neuer Kreditkarteninhaber neu anmelden, werden wegen Spam direkt dauerhaft gesperrt. User, die an anderer Stelle im Forum mitdiskutieren, sich aber nicht an diese Regeln halten, müssen mit mindestens 7 Tagen Forenurlaub rechnen.

Neues BGH-Urteil zur Haftung des Kunden bei mißbräuchlichen Geldabhebungen

ANZEIGE

meilenfreund

Erfahrenes Mitglied
10.03.2009
7.005
6.117
ANZEIGE
Der BGH hat über die Haftung des Karten-/Kontoinhabers bei mißbräuchlichen Geldabhebungen am Automaten entschieden (Urteil vom 29. November 2011 - XI ZR 370/10).

Die Kernaussagen:

Die Bank muß den Einsatz der Originalkarte beweisen, wenn sie sich darauf beruft, daß die PIN bei der Karte verwahrt wurde.

Eine Höchstbetragshaftung bei Kartenverlust bis zur Verlustmeldung gilt auch bei schuldhaftem Verhalten des Kunden. Achtung: Das ist m.E. aber möglicherweise so zu verstehen, daß das nur den Fall betrifft, daß die betragsmäßige Begrenzung nach den AGB nicht auf sorgfaltsgemäßes Handeln des Kunden beschränkt ist (was in dem entschiedenen Fall anscheinend gegeben war, siehe Auszug aus den AGB in der nachstehend verlinkten Pressemitteilung).

Die Haftung des Karteninhabers kann auf den Höchstbetrag gemäß AGB beschränkt sein, wenn bei/trotz Kartenmißbrauchs den Höchstbetrag übersteigende Verfügungen möglich sind. Worum es dabei genau ging, wird aus der Pressemitteilung nicht deutlich. Evtl. wurden noch Abhebungen nach der Verlustmeldung getätigt.

Quelle und weitere Einzelheiten: Pressemitteilung Nr. 189/11 des BGH vom 29.11.2011.

Die Entscheidung ist noch nicht im Volltext abrufbar; dies dauert i.d.R. einige Wochen bis nach dem Entscheidungsdatum.

Was mich interessiert: Ist es überhaupt technisch möglich, eine Karte als Originalkarte zu identifizieren?
 

AchWas

Erfahrenes Mitglied
27.04.2010
2.861
2
*räusper*
http://www.vielfliegertreff.de/kreditkarten/30662-konto-abgeraeumt-bkk-mex-5.html#post586865

Ergänzend aus einem FAZ-Artikel (1.12.11, S. 23; "Mehr Schutz für Opfer von Kartenmissbrauch" - nicht online verfügbar):
"(...) Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen sieht in dem Richterspruch vor allem eine Verbesserung für Kunden, deren Daten durch technische Manipulationen abgeschöpft worden sind. Wenn ein Kunde dagegen seine Originalkarte im Gerichtsprozess nicht vorlegen kann, ist er weiterhin im Anscheinsbeweis drin', sagte ihr Rechtsexperte Markus Feck dieser Zeitung. (...)".
 

AchWas

Erfahrenes Mitglied
27.04.2010
2.861
2
Die Haftung des Karteninhabers kann auf den Höchstbetrag gemäß AGB beschränkt sein, wenn bei/trotz Kartenmißbrauchs den Höchstbetrag übersteigende Verfügungen möglich sind. Worum es dabei genau ging, wird aus der Pressemitteilung nicht deutlich. Evtl. wurden noch Abhebungen nach der Verlustmeldung getätigt.
FAZ:
"(...) In dem Streitfall hatte die Baden-Württembergische Bank einen Kontoinhaber verklagt, dem sie eine Kreditkarte ausgehändigt hatte. Dieser hatte einen Amüsierbetrieb aufgesucht; danach wurden sechsmal je 500 Euro abgehoben. Der Kunde berief sich darauf, seine Geheimzahl sei ausspioniert worden, als er in dem Nachtclub ein mobiles Kartenterminal benutzt habe. Dabei müssten auch seine Kartendaten kopiert worden sein. (...)"
 

TXLover

Erfahrenes Mitglied
13.08.2010
1.488
1
Die BGH-PM hat mich sehr gefreut, ich wäre aber nie auf die Idee gekommen, sie hier im Forum einzustellen. Danke, meilenfreund :)

Die Bank muß den Einsatz der Originalkarte beweisen, wenn sie sich darauf beruft, daß die PIN bei der Karte verwahrt wurde.
Ich sehe das verhaltener, weil eine Beweislast für die Originalkarte mit dem tradierten (und in dem Urteil bestätigten) Anscheinsbeweis in Geldautomatenfällen kollidieren würde. Ich würde eher tippen auf das übliche Ping-Pong zur Anscheinsbeweiserschütterung: „Kann gar nicht sein, weil der Karteninhaber nebst seiner Karte zum Abhebungszeitpunkt nicht in der Nähe der jeweiligen Automaten war, sondern mit XY im Restaurant Z. Als der Karteninhaber die Restaurantrechnung bezahlte, äusserte er sich unschlüssig, mit welcher Karte er bezahlen sollte, wobei XY deutlich die Karte sah, mit der die streitige Abhebung angeblich erfolgt sei solle.“ Damit wäre der schwarze Peter bei der Bank.

Der Wortlaut der PM könnte übrigens auch auf eine Schlüssigkeitsanforderung hindeuten, ich befürchte aber, dass der banale Vortrag, die Verfügung sei mittels „der Karte“ erfolgt, ausreicht.

Eine Höchstbetragshaftung bei Kartenverlust bis zur Verlustmeldung gilt auch bei schuldhaftem Verhalten des Kunden. Achtung: Das ist m.E. aber möglicherweise so zu verstehen, daß das nur den Fall betrifft, daß die betragsmäßige Begrenzung nach den AGB nicht auf sorgfaltsgemäßes Handeln des Kunden beschränkt ist
Würde das nicht bedeuten, aus den AGB eine verschuldensunabhängige Haftungsfreistellung jenseits der klassischen 50€ herauszulesen? Hmmm. Ich würde ja eher noch den üblichen richterlichen Nachklapp zu Mitverschuldenserwägungen erwarten, dazu findet sich aber nichts in der PM. Die BGH-Aussage ist in der Tat die „grosse Unbekannte“, deshalb lieber die Urteilsgründe abwarten.

Die Haftung des Karteninhabers kann auf den Höchstbetrag gemäß AGB beschränkt sein, wenn bei/trotz Kartenmißbrauchs den Höchstbetrag übersteigende Verfügungen möglich sind.
Das ist das ganz ganz grosse Novum! Bislang wurden von den Banken kommunizierte Verfügungsbegrenzungen pro Tag (=Recht der Bank) nicht als Haftungsgrenze für den Kunden gewertet (=korrespondierende Pflicht der Bank), da gab es schon Fälle mit irrsinnigen Abhebungsbeträgen nahezu im Minutentakt…


Evtl. wurden noch Abhebungen nach der Verlustmeldung getätigt.

Es waren sechs Abhebungen in einer Nacht, würde also bedeuten, dass die Verlustmeldung zwischendrin erfolgt ist. Der BGH hat den Rechtsstreit allerdings wieder an das Berufungsgericht zurückverwiesen, dort muss anhand der neuen Karlsruher Vorgaben der Sachverhalt präziser eruiert werden. Denkbar wäre, dass dabei die Frage eines etwaigen Mitverschuldens aufzubereiten ist, das war ja nach bisheriger Rspr. vollkommen unerheblich und folglich vom Landgericht auch gar nicht thematisiert. Die letzten Absätze der Urteilsbegründung werden hierüber Aufschluss geben. :)
 

Ed Size

Erfahrenes Mitglied
16.03.2009
9.425
2
Was mich interessiert: Ist es überhaupt technisch möglich, eine Karte als Originalkarte zu identifizieren?

Meine Bank hat im Zusammenhang mit dem hier bereits erwähnten Skimming Fall mehrfach behauptet sie könnten noch nicht einmal feststellen welche der zwei möglichen Karten für das Konto überhaupt kopiert worden sei. Somit halte ich es für ausgeschlossen das die Banken irgendwie feststellen können ob es sich um eine kopierte Karte handelt.

Sonst wäre es ja auch einfach, man könnte einfach kopierte Karten automatisiert sperren :)
 

meilenfreund

Erfahrenes Mitglied
10.03.2009
7.005
6.117
Die BGH-PM hat mich sehr gefreut, ich wäre aber nie auf die Idee gekommen, sie hier im Forum einzustellen. Danke, meilenfreund :)

Bitte, gerne. ;) Ich habe die BGH-PM im Büro per Email abonniert, da fiel mir das heute beim Überfliegen der letzten Emails ins Auge, da dieses Thema hier ja doch gelegentlich auftaucht.

Ich sehe das verhaltener, weil eine Beweislast für die Originalkarte mit dem tradierten (und in dem Urteil bestätigten) Anscheinsbeweis in Geldautomatenfällen kollidieren würde. [...]

Auf den ersten Blick würde ich die PM so verstehen, daß die Bank den Einsatz der Originalkarte beweisen muß, dann greift der Anscheinsbeweis. Wenn ersteres aber nicht geht, kommt letzteres gar nicht erst in Betracht. Verwundert hat mich daran, daß der XI. Zivilsenat doch wohl gemeinhin als sehr/zu bankenfreundlich gilt.

Was mich daran erstaunt: Wenn die Bank den Einsatz der Originalkarte beweisen muß und das technisch nicht möglich ist, wäre doch dem Mißbrauch Tür und Tor geöffnet...

Der Wortlaut der PM könnte übrigens auch auf eine Schlüssigkeitsanforderung hindeuten, ich befürchte aber, dass der banale Vortrag, die Verfügung sei mittels „der Karte“ erfolgt, ausreicht.

Damit könnte die Bank dann ggf. ein Versäumnisurteil bekommen, aber was ist, wenn der Kunde das bestreitet?

Würde das nicht bedeuten, aus den AGB eine verschuldensunabhängige Haftungsfreistellung jenseits der klassischen 50€ herauszulesen? Hmmm. Ich würde ja eher noch den üblichen richterlichen Nachklapp zu Mitverschuldenserwägungen erwarten, dazu findet sich aber nichts in der PM. Die BGH-Aussage ist in der Tat die „grosse Unbekannte“, deshalb lieber die Urteilsgründe abwarten.

Auch das überraschte mich, Begründung s.o.

[...]Denkbar wäre, dass dabei die Frage eines etwaigen Mitverschuldens aufzubereiten ist, das war ja nach bisheriger Rspr. vollkommen unerheblich und folglich vom Landgericht auch gar nicht thematisiert. Die letzten Absätze der Urteilsbegründung werden hierüber Aufschluss geben. :)

Das wird interessant. Ich erlaube mir mal die Spekulation, daß möglicherweise künftig ein unsachgemäßes PIN-Handling jedenfalls dann durch Verschulden der Bank kompensiert werden kann, wenn nach der Verlustmeldung noch Abhebungen oberhalb der Haftungshöchstgrenze gem. AGB möglich sind.
 

TXLover

Erfahrenes Mitglied
13.08.2010
1.488
1
Auf den ersten Blick würde ich die PM so verstehen, daß die Bank den Einsatz der Originalkarte beweisen muß, dann greift der Anscheinsbeweis. Wenn ersteres aber nicht geht, kommt letzteres gar nicht erst in Betracht. Was mich daran erstaunt: Wenn die Bank den Einsatz der Originalkarte beweisen muß und das technisch nicht möglich ist, ...
Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass Karlsruhe unmögliche originäre Beweisanforderungen aufstellt. Deswegen präferiere ich immer noch das Denkmodell Anscheinsbeweis -> Erschütterung -> Originalkartenbeweis (oder andere Beweisantritte). ;)

Verwundert hat mich daran, daß der XI. Zivilsenat doch wohl gemeinhin als sehr/zu bankenfreundlich gilt.
Nobbe ist in Pension und darf jetzt ganz offensichtlich und ungeniert nur noch bei der Bankenlobby rumturnen (WM, Bankrechtstag). RIP.

Seit Wiechers den Vorsitz im XI. Senat übernommen hat, kommen ausgewogenere Entscheidungen. Gipfelte in einer "öffentlich" ausgetragenen Kontroverse: Nobbe hat harsche dogmatische Kritik an Wiechers Rechtsprechungsentwicklung veröffentlicht, die von Bankenseite in einen Rechtsstreit eingeführt und vom XI. Senat dann in den Urteilsgründen in stringenter Knappheit zerpflückt wurde. Ich liebe Ohrfeigen auf Besoldungsebene R8. :D
 

pimpcoltd

Erfahrenes Mitglied
03.07.2009
3.316
10
Nobbe ist in Pension und darf jetzt ganz offensichtlich und ungeniert nur noch bei der Bankenlobby rumturnen (WM, Bankrechtstag). RIP.

Seit Wiechers den Vorsitz im XI. Senat übernommen hat, kommen ausgewogenere Entscheidungen. Gipfelte in einer "öffentlich" ausgetragenen Kontroverse: Nobbe hat harsche dogmatische Kritik an Wiechers Rechtsprechungsentwicklung veröffentlicht, die von Bankenseite in einen Rechtsstreit eingeführt und vom XI. Senat dann in den Urteilsgründen in stringenter Knappheit zerpflückt wurde. Ich liebe Ohrfeigen auf Besoldungsebene R8. :D

Dafür sitzt jetzt Frau Mayen im Senat, die durch ihre Verunstaltung von Schimansky's Kommentierung zum Überweisungsrecht im Bankrechtshandbuch deutlich gemacht hat, dass da in nächster Zeit nichts Gutes zu erwarten steht. Obwohl doch spätestens seit Inkrafttreten der Zahlungsdienste-RL in diesem Gebiet endlich mal aufgeräumt werden müsste.
 

meilenfreund

Erfahrenes Mitglied
10.03.2009
7.005
6.117
Ich liebe Ohrfeigen auf Besoldungsebene R8. :D

Da ist man sich untereinander echt nicht immer grün. Vor ein paar Wochen habe ich in den News bei juris oder beck-online eine PM betreffend eine Konkurrentenklage wegen Besetzung einer Vorsitzendenstelle beim BGH gelesen. Da standen schräge Sachen drin, so in der Art: wenn A Vorsitzender wird, will B den Senat wechseln.
 

TXLover

Erfahrenes Mitglied
13.08.2010
1.488
1
Keine Sorge, das Räumkommando steht mit dem EuGH in Strassburg bereit, seitdem die oberste Auslegungshoheit in neudeutsch Zahlungsdienstesachen nicht mehr Karlsruhe vorbehalten ist. :)
 

west-crushing

Erfahrenes Mitglied
03.08.2010
7.943
2.891
CGN
Da ist man sich untereinander echt nicht immer grün. Vor ein paar Wochen habe ich in den News bei juris oder beck-online eine PM betreffend eine Konkurrentenklage wegen Besetzung einer Vorsitzendenstelle beim BGH gelesen. Da standen schräge Sachen drin, so in der Art: wenn A Vorsitzender wird, will B den Senat wechseln.

Jop da geht es um die Besetzung des 2. Strafsenats mit Herrn Fischer, was Hr. Tolksdorf nun nicht mehr möchte.

Auch für rechtliche Laien politisch ganz interessant, gibt's n ganz informativen Artikel von der (sicher etwas umstrittenen :D) Fr. Rückert in der Zeit zu:
Bundesgerichtshof: Der unbequeme Richter | Gesellschaft | ZEIT ONLINE
 
  • Like
Reaktionen: meilenfreund

meilenfreund

Erfahrenes Mitglied
10.03.2009
7.005
6.117
Sehr interessanter Artikel. Da Hr. Fischer bekanntlich seit einigen Jahren den StGB-Kommentar von Hr. Tröndle fortschreibt, der nun wohl nicht gerade als liberal oder fortschrittlich oder was auch immer zu verorten ist, hätte ich nicht gedacht, daß er so gegen den Strich gebürstet ist.
 

west-crushing

Erfahrenes Mitglied
03.08.2010
7.943
2.891
CGN
ANZEIGE
Sehr interessanter Artikel. Da Hr. Fischer bekanntlich seit einigen Jahren den StGB-Kommentar von Hr. Tröndle fortschreibt, der nun wohl nicht gerade als liberal oder fortschrittlich oder was auch immer zu verorten ist, hätte ich nicht gedacht, daß er so gegen den Strich gebürstet ist.

War mir, bis einer meiner Profs meinte, die unbedarften Studenten mit dem aktuellen Jura-News vom BGH versorgen zu müssen, auch unbekannt :D

Der scheint aber durchaus kein Blatt vor den Mund zu nehmen, prangert unverhohlen die Nazi-Vergangenheit vieler wissenschaftlicher Väter der "großen" deutschen Strafrechtslehrer an (was ja im konservativen Jura Kreisen so gar nicht sein darf, wo kämen wir denn da hin), etc.