Über die Ostsee nach...Österreich!

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Tesla

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13.12.2016
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Werte Mitforisten,

Anfang Juli habe ich eine kleine, aber feine Kurzreise für 6 Tage in die benachbarte Alpenrepublik unternommen – in welche Himmelsrichtung fährt man also, startend in Deutschland? Richtig, Norden! Ich habe Lust bekommen, einen Bericht darüber zu verfassen – und werde dann Stück für Stück aufklären, wie die Reiseroute zustande kam.

Tag 1 (Teil 1 von 2)

Los ging’s an einem Dienstagmorgen in Berlin, wo ich in den RE3-Bummelzug mit Ziel Stralsund eingestiegen und auch bis dahin gefahren bin – denn der heutige Zielort heißt *trommelwirbel* Malmö!

Wie kommt man am besten in die drittgrößte Stadt Schwedens? Natürlich mit dem Schiff (zwischen den Bahnfahrten zumindest). Deshalb bin ich in Stralsund auch nach kurzer Wartezeit direkt in den nagelneuen Zug der Linie RE9 nach Sassnitz auf Rügen umgestiegen. Tolles Teil!

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Gegen 13 Uhr erreichte ich dann den Nordostzipfel Rügens direkt unter dem Jasmunder Nationalpark. Der Bahnhof von Sassnitz (keine Fotos gemacht) ist ziemlich heruntergekommen, durch den regen Ferienverkehr fiel das aber wenig auf. Direkt daneben befindet sich Sassnitzs Busbahnhof, wo ich etwa nach 10 Minuten warten in die Linie 22 einstieg, die mich zum Fährhafen Mukran brachte. Ungewöhnlich: Die VVR (Verkehrsgesellschaft Vorpommern-Rügen) hat die Ansagen in den Bussen von einem Mädchen im Grundschulalter einsprechen lassen!

Der Fährhafen ist das letzte Großbauprojekt der DDR gewesen, daher war ich schon gespannt - ich mag Industriearchitektur und Infrastrukturbauten. Hier legten vorrangig Schiffe aus Russland an, das Ganze ist allerdings schon seit Anfang der 2010er Jahre rückläufig und der Ukraine-Krieg hat den Handelsverbindungen 2022 den Rest gegeben, sodass dort nicht mehr viel los ist.

Als Fußgänger musste ich von der Bushaltestelle noch einige Meter zum Abfertigungsgebäude laufen, zuvor schaute ich mich jedoch um: Zuerst entdeckte ich einen Doppelstockzug der DB in beklagenswertem Zustand auf einem Abstellgleis…

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...bis ich nach wenigen Minuten Fußmarschs in die falsche Richtung vor dem Etablissement „Hafen-Eck“ stand, einem Baucontainer mit kleiner Kantine. Diese sorgt schon seit vielen Jahren mittags für das leibliche Wohl der Angestellten im Gewerbegebiet des Fährhafens – und an jenem Tag auch für meins, schließlich hatte ich noch nicht gegessen! Es gab ein leckeres Gulasch mit Kartoffeln und Rotkohl für faire 8 €; übrigens eins von etwa fünf bis sechs Hauptspeisen.

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Ich war gut im Timing, die Uhr zeigte 14 Uhr und die Fähre geht um 15 Uhr. So muss das sein! Schnurstracks Richtung Fährterminal den Schildern folgend…

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…konnte ich vom höhergelegenen Parkplatz schon das Schiff entdecken: Den Skåne Jet, ein Hochgeschwindigkeitskatamaran, der seit 2020 von der Reederei FRS Baltic betrieben wird auf der Strecke Deutschland – Schweden pendelt. Bis zum Saisonende 2022 wurde Ystad angefahren; seit 2023 ist das Ziel Trelleborg, womit die Verbindung als Nachfolger der berühmten Königslinie angesehen werden kann.

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Radfahrer (bzw. deren Vehikel) müssen nach dem Check-in vor dem Terminal warten.

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Für Fußgänger wie mich geht es über Treppe oder Fahrstuhl nach oben. Über eine verglaste Verbindungsbrücke sieht man nochmal gut die Fähre (und auch eins der schwimmenden LNG-Terminals)...

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...während auf der anderen Seite die Autofahrer darauf warten, auf’s Schiff zu fahren. In der Zwischenzeit kann man sich im „Bordershop“ vermutlich mit Alkohol und Süßigkeiten eindecken. Sogar einen Spielplatz für die Kleinen gibt es.

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Kurios: Auf dem äußeren Abstellgleisen parken mehrere Regionalzüge der ÖBB (was für ein Zufall!), welche der Menge an Graffiti nach zu urteilen dort schon länger herumstehen.

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Im eigentlichen Terminal dann kurz bei einer sehr freundlichen Mitarbeiterin der FRS Baltic meine Bordkarte bekommen – jetzt ist nochmal warten angesagt. Die Fahrt in der „Economy Class“ (mehr dazu siehe weiter unten) schlägt übrigens mit 35,95 € zu Buche; trotz gegenteiliger Aussage auf der Webseite kauft eine finnische Rucksackreisende direkt im Terminal ihr Ticket für 36 € ohne den noch vor einigen Monaten genannten Aufpreis, ich hatte meins vorab im Internet erworben.

Die Architektur innen ist recht interessant – das erste der folgenden Fotos bietet einen Blick auf den Veranstaltungsbereich in der obere Etage, welcher gesperrt war. Generell ist nicht viel los an jenem Tag, mit mir zusammen warten ein paar Familien, Pärchen und Einzelreisende; vielleicht in Summe 20 – 30 Leute.

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Da das Gebäude augenscheinlich für große Fähren à la Scandlines und Co. gebaut wurde, ist ein Einstieg über die vorgesehene Verbindungsbrücke nicht möglich. Stattdessen müssen wir alle wieder runter und parallel neben den Autos auf’s Schiff. Barrierefrei scheint das Ganze nicht zu sein: Wir mussten die steilen Treppen vom Fahrzeug- zum Passagierdeck erklimmen, manche Familien mit großem Gepäck, einen Fahrstuhl scheint es an Bord nicht zu geben.

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Vom Aussichtsdeck am Heck der Fähre kann man dann die Autos beim Reinfahren beobachten – Wohnmobile dürfen das ganze aus Platzgründen rückwärts tun.

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Kurz darauf ging es auch los, und wir liefen aus Rügen aus mit Blick auf Schlepper und besserer Sicht auf das schwimmende LNG-Terminal. Tipp: Kurz vor Abfahrt innen sitzenbleiben, da man ansonsten auf dem Außendeck in eine Dieselwolke gehüllt wird; man kann erst draußen atmen, sobald das Schiff den Hafen verlässt.

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Es gibt – wie bei vielen Fluglinien – drei Sitzplatzklassen: Economy, Premium Economy und Business Class. Fensterplätze kosten nochmals 1,95 € Aufschlag. Da die Überfahrt mit zweieinhalb Stunden recht kurz ist und ich ohnehin die meiste Zeit bei Fährüberfahrten auf dem Außendeck verbringe, reichte mir die Holzklasse. Unterschied zwischen Premium und normaler Economy ist lediglich, dass erstere ein Deck höher sitzt. Die Business ist dann nochmal ein Deck höher und hat ein „VIP-Außendeck“. Jeder Passagier kriegt einen nummerierten Sitzplatz – kannte ich so bisher nur aus China, was Fähren anbelangt. An meinem Reisetag waren die Plätze in der Economy vielleicht zu 60 – 70 % gefüllt, sodass man sich aber auch hätte umsetzen können.

Im Schiff gibt es Monitore, die die Position und Geschwindigkeit des Schiffs auf OpenStreetMap anzeigen…

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...sowie zwei Bistros/Restaurants, eins in der Economy und eins in der Business Class wenn ich mich recht entsinne – bin gerade zu faul auf der Webseite nachzuschauen. Die Preise für Burger oder Köttbullar sind erstaunlich moderat.

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Wenn man andere Ostseefähren kennt, merkt man schon deutlich, wie viel schneller der Skåne Jet ist: Auch bezeugt durch die durchaus großen, aufgewirbelten Wassermassen.

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Das Schiff hat eine interessante Geschichte: Gebaut wurde es in Tasmanien, wo es eine Werft gibt, die sich ausschließlich auf solche Schiffe spezialisiert hat. Nach Auslieferung Ende der 90er wurde direkt ein Rekordversuch durchgeführt – von der Ostküste der USA nach England in etwas weniger als drei Tagen mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von knapp 76 km/h. Aufgrund diverser Besonderheiten ist dieser Rekord allerdings umstritten. Anschließend wurde der Katamaran unter verschiedenen Namen überwiegend im innerdänischen, später auch im Verkehr zwischen Dänemark und Norwegen eingesetzt.

Dass das Schiff in Australien gebaut wurde, wird an den Rettungsinseln und den Steckdosen in den Toiletten sofort ersichtlich.

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Kurz vor Schweden überholen wir eine Fähre der Unity Line, die das gleiche Ziel wie wir hat, aber in Świnoujście auf Usedom gestartet ist.

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Da sind wir nun: Trelleborg begrüßt uns mit ähnlich bedecktem Wetter, wie wir es schon seit Abfahrt hatten.

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Obwohl die Stadt recht klein ist, hat(te?) sie doch eine relativ große Bedeutung für die Seefracht, wie an den Bahnanlagen des Hafens zu erkennen ist.

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Der abgebildete Bus bringt uns zu einem Werkstor des Hafens, da auch hier keine passende Infrastruktur für Fußpassagiere des „kleinen“ Katamarans vorhanden ist – und landet direkt im Bahnhof von Trelleborg. Spätestens hier merkt man sofort, dass man in Skandinavien angekommen ist: Ich habe selten so eine gemütliche Bahnhofsvorhalle gesehen, gar kein Vergleich mit kleinen Bahnhöfen in Deutschland. Schlau wie die Schweden sind, ist diese auch gleichzeitig der Wartebereich für jene Passagiere, die die Tour in umgedrehter Richtung machen möchten.

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Für umgerechnet ca. 5 € kaufe ich mir eine Fahrkarte nach Malmö, und der Regionalzug trudelt nach etwa 15 Minuten im Bahnhof ein.

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Nach einer weiteren halben Stunde erreiche ich Malmö und bin damit (fast) am Ende eines doch recht langen Tages. Erstmal das Gepäck zur Unterkunft bringen – dabei erfreue ich mich schon einmal an der Architektur der Gamla staden (Altstadt).

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Meine Schlafstatt ist das „Moment Hotels“ (welches trotz des Plurals ein Einzelhotel ohne Kettenzugehörigkeit oder Schwesterhotelle ist), so ziemlich genau gegenüber vom Hauptbahnhof, auf der anderen Seite des Kanals. Praktisch, weil zentral gelegen und gegenüber der Bushaltestelle, zu der ich am Folgetag ohnehin muss. Mit ca. 78 € für ein Einzelzimmer für mich preislich noch im Rahmen, inkl. Frühstück – und insgesamt völlig ausreichend für eine Nacht. Ich bin normalerweise eher der Hosteltyp, aber davon gibt es in Malmö nur eins und die Rezensionen lesen sich gruselig.

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Wegen der Beschränkung der Bildanzahl geht's im nächsten Beitrag weiter.
 

Tesla

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Tag 1 (Teil 2 von 2)

Das Tageslicht begleitet einen im Sommer bekanntermaßen etwas länger, sodass ich nach dem Auspacken direkt wieder ging und einen Supermarkt für ein kleines Abendbrot ansteuerte. Dabei passierte ich die schöne St. Petri-Kirche…

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...aber auch Straßen mit Bauten, die zweckmäßiger nicht sein und so auch in Deutschland stehen könnten.

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Beim ICA Kvantum – einem Supermarkt vergleichbar mit großen EDEKA- und REWE-Filialen – kaufte ich einen selbstgemischten Salat sowie (in Schweden? Na klar!) Zimt- und Kardamom-Schnecken, die ich auf einer Parkbank in unmittelbarer Nähe verspeiste. Für mich komisch: Bei ICA muss man an den SB-Kassen erst die Karte vorhalten/einstecken, und dann die Ware scannen – sobald man bestätigt hat, dass der Einkauf vollständig ist, wird direkt abgebucht. Ob ICA viele Kunden hatte, die nach Scannen aller Artikel feststellten, dass sie gar nicht bezahlen können? Ich kann’s mir nicht so richtig vorstellen. Auch bescheuert war, dass es diese neuen Handscanner am Eingang gab, die man aber nur als „ICA Member“ ausleihen darf – finde ich daheim besser, wo jeder Kunde die einfach auf Wunsch nutzen kann.

Eigentlich hatte ich vor, am Folgetag in der Saltimporten Canteen zu speisen, eine Art Geheimtipp in Malmö – aber diese hatte seit dem Vortag für die Sommerpause geschlossen. Trotzdem wollte ich zu ihr fahren, da sie auf einem Teil des Hafengeländes liegt, der links und rechts von zwei Becken eingefasst wird und obendrein einen kleinen Park am Ende besitzt.

Also schnappte ich mir eines der Leihräder („Malmö by Bike“), welche überall in der Stadt an Stationen nach Registrierung ausgeliehen werden können, und begab mich Richtung Hafen. Mit ca. 8 € für einen 24-Stunden-Pass – ab Überschreitung von 30 Minuten Fahrzeit muss draufgezahlt werden – nicht günstig, aber mit entsprechend vielen Busfahrten hätte ich genauso viel gezahlt und wäre weniger flexibel gewesen; zumal man mit dem Bus nicht zur besagten Kantine kommt.

Die jetzt tiefstehende Sonne hüllte alles in dieses herrliche Licht, welches in Skandinavien irgendwie immer noch intensiver wirkt – und so wird sogar eine Straße im Industriegebiet ein klein wenig „romantisch“.

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Vor Ort gibt es dann anständige Aussichten auf den Stadttteil Västra Hamnen („Westhafen“), wo sich neben vielen Wohnneubauten auch der Turning Torso befindet, ein neofuturistischer Wolkenkratzer, der tatsächlich bis September 2022 nicht nur das höchste Gebäude in Malmö, sondern auch ganz Skandinaviens war.

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Für die Sicherheit auf See sorgt in Schweden die Luf...äh, ich meine die Trygg-Hansa.

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Die geschlossene Kantine und ein Teil des Parks beim Blick zurück.

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Ein Angler versucht sein Glück in der Abendsonne; im Hintergrund rechts eine Fähre der Finnlines.

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Fand ich auch putzig – ob wohl ein paar ausgefuchste Jugendliche oder die Stadt die Bank dort platziert haben?

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Mittlerweile hatte ich mich mit einem Einheimischen via Couchsurfing zu einem Abendspaziergang verabredet, also wieder Richtung Innenstadt. Erst auf dem Rückweg fiel mir auf, dass neben dem verwaisten Kreuzfahrtterminal, welches sich ebenso in diesem Teil des Hafens befindet, u. a. unzählige fabrikneue Elektro-SUVs des Modells „Atto 3“ von BYD auf ihre neuen Besitzer warten.

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Eine alte Waggonladerampe für Schiffe – das Motiv hat mir irgendwie gut gefallen.

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Das Öresundshuset, ein Bürogebäude aus den siebziger Jahren, in dem sich diverse maritime Unternehmen befinden. Etwas weiter dahinter traf ich mich mit meiner Verabredung, entledigte mich des Rads, und wir machten einen etwa 90-minütigen Stadtrundgang, bei dem wir über Gott und die Welt sprachen.

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Eine der alten Werfthallen Malmös, die noch nicht abgerissen wurde.

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(Perhaps) Only in Sweden: Ein „Kayakomat“ – Kajak-Ausleihe vollständig automatisiert, ohne Mitarbeiter.

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Drei schicke Hausboote, die jeweils links und rechts von einer Fußgängerbrücke eingesperrt werden. Was irgendwie den Vorteil eines Hausboots negiert…

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Auch eine Wakeboarding-Strecke gibt es hier zentrumsnah.

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Ehe ich mich versah, waren wir auch schon im Stadttteil Riberborg angekommen, wo wir mein Ziel für Mittwochvormittag erspähten: Das Kallbadhus, zu deutsch „Kaltbadehaus“. Mehr dazu im nächsten Teil des Berichts.

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Serious Mülltrennung: Einweggrille werden gesondert gesammelt – meinem Begleiter nach vermutlich, um zu verhindern, dass glühende Reste anderen Abfall entzünden.

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Wegen schlechter Fotoqualität schwer erkennbar, aber auf dem Rasen wimmelte es nur so vor wilden Hasen. Wo auch immer die herkommen…

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Wir passierten auch das Schloss Malmöhus.

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Die nachfolgenden Fotos von jenem Abend sind leider aufgrund meines bescheidenen Handys überwiegend nichts geworden, aber immerhin konnte ich noch das recht imposante Scandic Hotel sowie den Eingang der Metrostation Triangeln ablichten.

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Bei letzterem trennten wir uns, und ich nahm wieder eins der Leihräder zurück ins Hotel, wo es etwas später ins Reich der Träume ging.

Mein erster Eindruck von Malmö ist jedenfalls: Schöne, nette kleine Stadt, um gemütlich ein bisschen dem schwedischen bzw. skandinavischen Lebensstil zu fröhnen.

Fortsetzung folgt...
 

Tesla

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Tag 2

Nach dem Aufstehen um 8 Uhr ging’s direkt ein paar Etagen herunter zum Frühstücksbuffet (keine Fotos gemacht). Es gab eine recht anständige Auswahl aus Teigwaren, Belägen, Joghurt, Cerealien, Obst usw. aber irgendwie hat alles nur mäßig gut geschmeckt – naja, man kann Glück und Pech haben.

Aufessen, zurück ins Zimmer, frisch machen und Badesachen geschnappt: Per Pedes geht’s zum Kallbadhus, wo ich mich via Couchsurfing erneut mit einem (anderen) Einheimischen verabredet hatte. Das Wetter zeigte sich von seiner besten Seite – Blick von der kleinen Brücke Varvsbron am Rand des Riberborg-Parks:

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Auf dem Weg zum Badehaus – der östliche Teil des Parks ist eine große Hundewiese.

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An der alten Seebrücke traf ich meine Begleitung und wir steuerten auf das Badehaus zu, welches bereits seit dem frühen 20. Jahrhundert durchgängig in Betrieb ist und lediglich 2009 einmal renoviert wurde.

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Das Prinzip ist einfach: Verschiedene Saunentypen (Dampf, Infrarot, ...) erwarten die Besucher...und wenn man genug geschwitzt hat, steigt (oder springt) man einfach die Ostsee für eine Abkühlung. Das kann man einerseits in einem Becken der Anlage tun, welches vom Meer gespeist wird, oder aber man steigt über eine Treppe direkt in die eigentliche See. Es gibt jeweils einen – voneinander getrennten – Bereich für Männer und Frauen, mit einer „Kombisauna“, in der rechts die Frauen, links die Männer sitzen. Wie auch in Deutschland sauniert man nackt, der Badebereich ist allerdings ebenso weitestgehend kleidungsfrei (man darf draußen diese aber gerne anlegen).

Bei angenehmen 21 °C und Sonnenschein fand ich den Besuch sehr entspannend, das Baden erfrischend und das Sitzen in der Sonne als Balsam für die Seele. Sollte man gemacht haben, wenn man vor Ort ist! Die meisten Einheimischen bevorzugen wohl die Wintersaison, in welcher dann u. U. Eisbaden nach der Sauna angesagt ist. Mit ca. 7 € Eintritt ist das Ganze für skandinavische Verhältnisse übrigens auch sehr erschwinglich.

Das Handy habe ich im Schließfach (Vorhängeschloss mitbringen!) gelassen, aber immerhin noch folgende Bilder geschossen: Wer davor oder danach eine fika (schwedisch für „Kaffeepause“) machen will, kann das in dem Café im Eingangsbereich tun.

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Nochmal Västra Hamnen, diesmal östlich von der Seebrücke aus gesehen.

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Nach anderthalb Stunden verließen wir das Bad, und fuhren individuell (Fahrrad/Bus) zu einem indischen Restaurant, um zum Mittag zu speisen. Im Ganesha nahe der Triangeln-Station gab es Lammcurry mit gemischtem Gemüse, Kichererbsen und Mangosoße im Kantinen-Stil für rund 10 € - lecker, aber leider nicht ausreichend, sodass es danach erneut eine Kardamomschnecke als Nachtisch von einer Kaffeekette gab.

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Der halbe Tag war nun vorüber, und das Ziel dieser Reise ist eigentlich Österreich. Um die Alpenrepublik zu erreichen, habe ich mir folgendes ausgekaspert: Ethiopian Airlines fliegt CPH-VIE-ADD um in die Heimat zurückzukehren, wobei das erste Segment dank 5. Freiheit auch so gebucht werden kann – bei schlanken ~66 € im Großraumflugzeug mit IFE und Snack konnte ich nicht nein sagen, ich wollte ohnehin schon länger mit einer von Afrikas bedeutendsten Fluglinien unterwegs sein.

Praktisch, dass ein Bekannter von mir in Kopenhagen wohnt – noch dazu in Ørestad, dem futuristisch-modernen Stadtteil unmittelbar westlich von CPH; gefällt mir irgendwie sehr gut. Da ich dieses Mal keine Bilder gemacht habe, hier ein paar von 2022 aus dem Archiv:

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Wie schon im letzten Beitrag angedeutet, musste ich mich nach dem Auschecken lediglich auf die andere Straßenseite begeben, und wartete auf den von mir gebuchten Vybuss, der Passagiere für etwas über 10 € von Malmöer zum Kopenhagener Hbf bringt, mit Zwischenstopp am CPH. Von letzterem waren es zwei bzw. drei Stationen zur Wohnung meines Bekannten. Nach leckerem, für mich vorzeitigen Abendessen dort ging es am späten Nachmittag zu Fuß wieder zum gleichnamigen Bahnhof Ørestad, um zurück zum Flughafen zu fahren.

Die SiKo-Schlange war zäh, und ich hatte ein wenig Sorge, da ich noch durch die Passkontrolle musste: Bei (ich vermute mal schengenweit) Flügen 5. Freiheit reist man, auch wenn man nur das innerhalb Schengens liegende Segment fliegt, am Abflugort aus und am Ankunftsort wieder ein – finde ich sinnvoll, denn so können Passagiere, die an einen Ort jenseits des Schengen-Raums reisen im Flugzeug sitzen bleiben und müssen dieses nicht nur für die Passkontrolle verlassen. Da könnte sich Norwegen bei seinen Spitzbergen-Flügen, die via Tromsø gehen, noch eine Scheibe von abschneiden…

An den Passschaltern war nichts los, ein resoluter Grenzer im höheren Alter verweigerte mir ein Schengen-Ausreisestempel. Schade, aber nicht unerwartet, denn gemäß diversen Erfahrungsberichten sind die Dänen dafür i. d. R. nicht zu haben.

Der Einstieg bei Erreichen des Flugsteigs hatte bereits begonnen, sodass auch ich mich sofort in die Schlange einreihte…umsonst, denn im Anschluss standen alle Passagiere für mehr als 10 Minuten in der Fluggastbrücke.

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Als voll konnte man den Flieger nach Abschluss der Einstiegsprozedur nicht gerade bezeichnen. Viel mehr Leute als auf dem folgenden Foto wurden es nicht:

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Das in die Jahre gekommene IFE bot Englisch, Französisch, Hindi (?) und Chinesisch als Sprache zur Auswahl – kein Amharisch, fand ich etwas überraschend. Leider gab es auch keine Klimakontrolle an den Sitzen.

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Dune: Part Two gab es dann u. a. auf Deutsch, jedoch nicht in asiatischen, geschweige denn afrikanischen Sprachen. Hmm…

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Nebenan parkt eine Air China-Maschine.

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Einige Zeit später dann Abflug, und wir stiegen in den Himmel über dem Öresund; Windparks sind in der Ferne zu entdecken. Dann folgt eine Weile das Wolkenmeer, bis wieder Land in Sicht ist.

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Etwa zwischen viertel und halber Strecke servieren die sehr desinteressiert-gelangweilten FB von ET ein belegtes Brot. Selbstverständlich nichts besonderes, aber besser als nichts.

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Als die Dämmerung hereinbricht, tauchen die bunten Kacheln der Felder Österreichs, gespickt mit Windrädern, unter mir auf.

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Nach Landung und Öffnung der Tür kontrolliert eine Mitarbeiterin von jedem aussteigenden Passagier die Bordkarte, ob man denn auch wirklich nur nach Wien und nicht Addis Abeba fliege. Ich fand das zunächst kurios, bis ein Herr mit vermutlich äthiopischer Abstammung direkt vor mir zurück ins Flugzeug geschickt wird: „Sir, you’re not in Africa yet, we’re in Vienna! Please go back to your seat“. :unsure: Scheint alles seinen Sinn und Zweck zu haben…

Die allererste Werbung in Österreich: Bank of China. Ein Zeichen der Zeit, schätze ich…

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Ab zur Passkontrolle, wo ich mich in Erwartung eines potenziellen Einreisestempels bei „All Passports“ anstelle – eGates gab es hier (zumindest in dem Teil des Flughafens) ohnehin nicht. Der Grenzer ist im Gegensatz zu seinem dänischen Kollegen sehr freundlich und erklärt mir, dass er mir keinen Stempel geben dürfe, da er sonst Ärger bekäme. Das kann ich mir kaum vorstellen, aber Regeln sind Regeln und so begebe ich mich zum Bahnhof, wo ich statt des überteuerten CAT die S-Bahn nehme, die nur unwesentlich länger nach Wien-Mitte unterwegs ist. Immer wieder schön zu hören: Die Tonleiter der Taurus-Loks, die es zwar auch in Deutschland gibt, aber von der ÖBB zahlenmäßig am meisten eingesetzt werden. Dem/der verantwortlichen Siemens-Ingenieur(in) gehört ein Orden verliehen...


Etwa eine knappe Stunde später befinde ich mich in meiner Ferienwohnung (auf Booking.com gebucht) im Meidling und falle relativ schnell ins Bett.

Weiter geht’s dann vermutlich in den nächsten Wochen. Ich komme aktuell nicht so viel zum Berichte schreiben, bin aber stets bemüht, die Abstände möglichst nicht zu lang werden zu lassen. ;)
 

rolandditz

Erfahrenes Mitglied
03.12.2012
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Westfalen
Danke für den schönen Bericht und das kreative Routing.

Ich habe den Ethiopian-"Leerflug" CPH-VIE, allerdings mit Anreise aus AMS, auch gerade gemacht, leider mit Boeing 787-8 anstatt der Boeing 777-200LR, die ich auf der Strecke erfliegen wollte. Irgendwie habe ich den Flug ganz ähnlich erlebt. Ähnlich leer, und ich musste zurück zum Platz, um zur Ausstiegkontrolle meine Bordkarte, die ich in der Sitztasche zurückgelassen hatte, zu holen. Da ich dann immer auf der Suche nach kreativen Anreisemöglichkeiten für einen zweiten Versuch bin, habe ich mir die FRS-Verbindung mal näher angesehen, Katamarane finde ich immer spannend. Leider wird die Strecke am 30.9.2024 schon wieder eingestellt:

 

Tesla

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13.12.2016
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Krass, wie schade. Bestätigt mir nur einmal mehr, dass man solche Reisen nach Möglichkeit nie aus trivialen Gründen verzögern sollte...

Tag 3

Nach einer angenehmen Nacht war ich mit einem alten Freund zum Frühstück verabredet – mit ihm sollte ich auch die nächsten Tage verbringen, denn das letzte Mal war ich 2015 in Österreich, d. h. seit unserem letzten Treffen war fast eine Dekade vergangen. Anlässlich des Wiedersehens gingen wir ins Café Savoy in der Linken Wienzeile, welches wohl seit 1897 Gäste aus aller Welt begrüßt und bedient hat. Für mich gab’s „Eierspeise Frühstück“ [sic!] und für meinen Kumpel das „Savoy Frühstück“ [sic!] - beides nicht günstig, aber sehr lecker!

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Es waren zwar morgens schon über 30 °C, aber das hielt uns nicht davon ab, die Stadt zu erkunden – obwohl schon viele Jahre dort wohnhaft, kommt mein Kumpel aus privaten Gründen auch selten dazu, seine Wahlheimat einfach mal zu erleben, insofern war es nicht nur für mich ein lohnenswerter Ausflug. Zunächst ging’s Richtung Karlsplatz, wo man direkt einen U-Bahneingang im Jugendstil (?) gestaltet von Otto Wagner bestaunen kann: Der österreichische Architekt ist bereits zu Lebzeiten für vielerlei berühmte Bauten in der Hauptstadt der Alpenrepublik, aber auch anderweitig berühmt geworden.

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Kurios fand ich die öffentlichen Personenwaagen, von denen ich während meines Aufenthalts mehrere an verschiedenen Orten gesehen hatte. Scheint sich trotz eines Preises von 0,20 € zu lohnen, Touristen wiegen sich vermutlich gerne…?

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Wir hatten keinen wirklichen Plan und ließen uns gen Zentrum treiben. Am Karlsplatz sahen wir dann noch die Wiener Staatsoper…

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...bevor es die Einkaufsmeile Kärntner Straße Richtung Stephansdom ging. Mittlerweile knallte die Sonne ordentlich, mein Kumpel schlug Eis essen vor – und führte mich direkt zu Eis Greissler, einer einheimischen Kette. Alter Schw...Österreicher! So ein verdammt leckeres Eis habe ich ungelogen – zumindest in Deutschland – noch nie gegessen, ein Wahnsinnsgeschmack. Mit 2,80 € pro Kugel nicht billig, aber jeden Cent wert. (Nachdem ich zweieinhalb Monate später eine Kugel für knapp 8,00 € in New York City gesehen hatte, fand ich es retrospektiv doch recht günstig).

Weiterer Pluspunkt: Als Milchallergiker gibt es hier nicht nur die üblichen Sorbet-Fruchtsorten, sondern bspw. auch Dunkle Schokolade oder aber Marillenkern zur Auswahl, die wohl öfter wechselt. Ich hatte mich dennoch für Mango entschieden – einfach nur gut. Wird ab sofort ein Pflichtbesuch, sobald ich wieder in Österreich bin.

Das Zentrum war voll mit Touristen – klar, Sommer- und Ferienzeit, plus ich bin einer von ihnen. Und: Ich bin großer Fan von Aussichtspunkten, -plattformen und -türmen. Was wäre also naheliegender, als einen der Türme des Stephansdoms zu erklimmen? Für 6,50 € (nur Barzahlung möglich) darf man sich die recht lange Wendeltreppe nach oben quetschen; bei Gegenverkehr ist kaum Platz für zwei Leute nebeneinander.

Von oben ist die Aussicht dann mäßig spektakulär, denn man kann nur durch kleine Fenster schauen – schade, irgendwie hatte ich erwartet, dass man draußen ist, so wie das 2021 bei meinem Besuch im Berner Münster war. Kirche ist eben nicht gleich Kirche!

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Interessant war, dass man die Dachziegel genutzt hat, um ein Wappen (welches?) darzustellen.

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Mein Kumpel zeigte mir ein paar Orientierungspunkte der Stadt, dann ging’s wieder nach unten. Vor dem Verlassen des Gotteshaus hat er noch die Gebetskerzen abgelichtet; ein schönes Foto, gefällt mir persönlich sehr.

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Wir spazierten anschließend entlang des Donaukanals, und kamen an diesem interessanten Kreisverkehr am Gaußplatz vorbei.

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Da die Hitze uns langsam aber sicher entkräftigt hatte, blieb gerade noch genug Energie, um den Flak-Gefechtsturm im Augarten zu bewundern – ein Betonkoloss sondergleichen, mit dem die Stadt Wien auch im Jahre 2024 nichts anzufangen weiß. Vielleicht sollten die mal in Hamburg anrufen? ;)

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Mein Kumpel war für den restlichen Nachmittag verplant, und mir warm genug, um nach einem kurzen Zwischenstopp in der Unterkunft ein kühles Nass zur Erfrischung zu suchen – die Wahl fiel auf den Teich (in Deutschland würde man See sagen) im Erholungsgebiet Wienerberg, nur eine kurze Tra...ich meine Bim- und Busfahrt entfernt. In unmittelbarer Nähe stehen „moderne“ Plattenbauten, zumindest wirkten sie so auf mich; da kann man sicher gut wohnen. Dass das allerdings noch (viel) besser in Österreich geht, sollte ich am Folgetag erfahren – dazu mehr, wenn es soweit ist.

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Vom Wienerberg gibt’s keine Fotos, aber die Abkühlung tat wirklich gut, und ich war bei weitem nicht der Einzige, der an jenem Tag dort vor der Hitze geflohen ist.

Zum Abendessen ging’s dann ins Maxing Stüberl unweit des Schlossparks Schönbrunn, für zünftige österreichische Küche. Das Kalbsrahmgulasch mit Nockerln (19,90 €) war lecker, anschließend haben wir uns noch einen Kaiserschmarrn (12,90 €) geteilt, der allerdings laut Aussage meines Kumpels viel zu buttrig war – da mir Vergleichswerte fehlen, kann ich das so nicht bestätigen; allerdings habe ich auf vielen Reisen schon deutlich schlechtere Nachspeisen gehabt. Vielleicht mag ich aber auch einfach die lokale Küche zu sehr...qualitativ schon ein riesiger Unterschied zu Berlin/Brandenburg, wo nicht versalzene heimische Speisen mittlerweile die Ausnahme zu sein scheinen.

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Satt, müde und erledigt folgte die kurze Fahrt zurück in den Meidling, wo es auch relativ zeitig zu Bett ging.
 

Tesla

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13.12.2016
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Tag 4

Der folgende Tag begann wie immer heiß und trocken – ich dachte schon, der Wiener Kanal ist wegen des Klimas so ausgetrocknet, aber mein Kumpel beruhigte mich: Der sieht wohl eigentlich immer so aus.

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Erneut begaben wir uns auf Erkundungstour: Ausgeguckt hatte ich mir den Wilhelminenberg. Wie ich darauf gekommen bin...keine Ahnung! Jedenfalls ging es mit der U-Bahn nach Ottakring – Ottakringer lässt grüßen – und von dort weiter mit dem Bus auf den „Gipfel“. Der auf OpenStreetMap ausgewiesene Aussichtspunkt wird zum Teil durch Weinreben verdeckt; dennoch konnte sich das erste Tagesziel sehen lassen.

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Richtung Südosten schauend fallen sechs ungewöhnliche Wohngebäude auf – zufälligerweise hat mein Kumpel in einem von ihnen Verwandtschaft, sodass direkt für den Abend ein Besuch eingeplant wurde.

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Auf besagtem Berg befinden sich neben ein gleichnamiges Schloss sowie ein Hostel; an einem normalen Wochentag am Vormittag war dort aber nichts los, sodass wir in Ruhe das beim Bäcker besorgte Frühstück vertilgen konnten. Nach einigen Gesprächen liefen wir durch die Wälder wieder bergab, allerdings Richtung Süden/Südwesten. Im Erholungsgebiet Steinhof kommt fast Wanderstimmung auf.

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Am Südende des Gebiets befindet sich auf dem Lemoniberg ein weiteres ungewöhnliches Gebäude: Die Kirche am Steinhof, auch bekannt als Otto-Wagner-Kirche. Ein wahrhaftiges Sammelsurium aus verschiedensten Baustilen bzw. kulturellen Einflüssen wurde in ihr vereint – und lässt das Architekturherz höherschlagen.

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Mittlerweile waren wieder brütende 33 – 35 °C, und das Gebäck des Vormittags längst verdaut. Als Quasi-Einheimischer war meine Begleitung natürlich bzgl. eines Mittagstipps nicht verlegen: Es ging ins Schutzhaus am Ameisbach, mit toller Aussicht auf die Kirche im Außenbereich. Das originale Wiener Kalbsschnitzel wollte ich mir nicht leisten, das Schweineschnitzel war allerdings auch nicht zu verachten. Nur an warmen Kartoffelsalat werde ich mich als Berliner wohl nie gewöhnen…dazu gab es stilecht Almdudler.

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Die ganze Zeit über haben wir den überwiegenden Teil der Tage spontan geplant. Am Vortag waren wir am Bahnhof Spittelau vorbeigekommen, wo mir ein industrielles Gebäude ins Auge gefallen ist: Die Müllverbrennungsanlage Spittelau. Diese kann zwar vom Wow-Faktor nicht an CopenHill in Kopenhagen heranreichen, aber alle sonstigen Müllverbrennungsanlagen in Europa zumindest außenarchitektonisch ohne Mühe schlagen – wurde die Fassade doch von niemand geringerem als Friedensreich Hundertwasser entworfen.

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Auch das Verwaltungsgebäude von Wien Energie direkt daneben muss keinen Vergleich mit anderen, langweiligen Bürogebäuden fürchten.

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Ein Gebäude der Universität Wien hingegen trumpft mit einem Hauch Brutalismus auf.

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Erbarmungslos wie die Sonne war, hatte ich anschließend allerdings die Schnauze voll: Eine Abkühlung musste her. Gut, dass wir nicht unendlich weit von der Donau entfernt waren – der neuen Donau, um genau zu sein. Ab in den ÖPNV Richtung Floridsdorf, welches sich gemäß der „richtigen“ Wiener bereits in Mordor, also jenseits der Grenzen der bekannten Welt...ähm, ich meine, Stadt befindet – auch bezeugt durch das eine oder andere Liniennetz, was man in der U-Bahn findet.

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An der neuen Donau war es voll mit Familien und anderen Grüppchen, offensichtlich wollten viele Wiener der Hitze durch das Wasser heute ein Schnippchen schlagen. Irgendwie habe ich allerdings nur vom U-Bhf. Neue Donau ein Bild gemacht...

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Nach einer guten Stunde planschen – während bei dem Grüppchen in nächster Nähe zu uns osteuropäischer Folk Metal lief – ging es für mich zurück in die Unterkunft zum Duschen und Frischmachen: Denn zufälligerweise fand an jenem Tag in Wien eine „Critical Mass“ statt, also eine Fahrraddemo. Rad fahren für einen guten Zweck und dabei die Stadt entdecken – was braucht man mehr? Also habe ich rechtzeitig ein WienMobil-Rad wenige Minuten von meiner Unterkunftstür geklärt; die werden von der Leipziger Firma NextBike (mit-)betrieben und waren zu meinem Erstaunen um einiges günstiger als in Berlin, wo man für 30 Minuten bereits 1 € zahlt.

Es waren mehrere hundert Radfahrer mit dabei, und für etwa 2 Stunden bin ich mit der Meute durch die Innenstadt, aber auch Außenbezirke gefahren. Geile Sache!

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Wie zuvor angedeutet, stand für den Abend dann noch eine spannende Sache auf dem Plan: Die Verwandschaft meines Kumpels im Wohnpark Alterlaa (den Wienern ist dabei der Bindestrich abhanden gekommen – es wird „Alt-Erlaa“ ausgesprochen). Diese Wohnblöcke aus den 1970er Jahren haben es nämlich in sich: Interessante Außenarchitektur, massiv begrünte Balkone (manch einen Balkon dort wähnt man im Dschungel), Läden, Restaurants, Dienstleistungen und ein U-Bahnhof direkt im Erd-/Untergeschoss – ein interessantes Beispiel, wie eine Großwohnsiedlung funktionieren kann. Der Höhepunkt des Ganzen: In ostasiatischer Manier hat jedes Gebäude ein Schwimmbecken auf dem Dach, dass die Anwohner jederzeit (na gut, eine Art Belegungsplan gibt es) nutzen können. Weiterhin dazu Saunen, Innen-Schwimmbecken im Untergeschoss, wo sich auch Tiefgaragen befinden, zwei Sporthallen und sogar eine eigene Kirche.

Also ich war hin und weg von den Dingern und frage mich, warum es so etwas in Deutschland nicht gibt. Man bekäme dort Stand 2024 um die 80 qm übrigens für um die 1100 – 1200 €, davon können Berliner, Frankfurter, Hamburger, ... (mit den ganzen Ausstattungsmerkmalen) nur träumen. Wenn es nicht unbedingt das eigene Haus mit Garten sein muss, würde ich dort wohnen, keine Frage. Für den Rest lasse ich die Bilder sprechen.

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Nach Saft und Kuchen war es dann auch schon spät genug, um die Schlafstatt aufzusuchen – gut, dass es Tür zu Tür für mich keine 15 Minuten Fahrtweg waren; ein weiterer schöner Tag war zu Ende.