Tag 16 - Weddell-Meer – Brown Bluff, Antarktis
Rumms! Was war das? Wo bin ich?
Nach kurzer Orientierungslosigkeit habe ich mich sortiert. Ein kurzer Blick zu S. die genauso verwirrt schaut. Schnell wird uns klar, dass uns gerade wohl eine "Kollision" mit dem Eis geweckt haben muss.
Ein kurzer Blick aus dem Fenster bestätigt das:
Was für eine Art geweckt zu werden.
Wie vom Expeditionsleiter gestern vorhergesagt beginnt der Tag mit bestem Wetter. Wenige Minuten später klingelt auch unser für 7 Uhr gestellter Wecker des iPhones. Doch das Wichtigste zuerst: Wie geht es S. und ihrer Blase? Alles wieder in bester Ordnung. Was für ein Glück!
Wir machen uns fertig und stehen gut 20 Minuten später zusammen auf dem Inspiration Walk.
Spiegelglatte See, kristallklare Luft, antarktische Landschaft im 360° Panorama, im Wasser spielende Robben, fressende Buckelwale, und man sieht sogar deren Beute, die Krillschwärme, von Bord des Schiffes aus. Die Fahrt durch diese Eislandschaft ist einfach nur traumhaft!
Ich bin sehr froh, dass S. nur gestern Nachmittag eingeschränkt war und das Antibiotikum scheinbar gut gewirkt hat.
Wieder einmal können wir uns kaum losreißen, begeben uns gegen 8 Uhr dann aber dennoch schnell zum Frühstück im HANSEATIC Restaurant. Wobei heute nicht wirklich von einem entspannten Frühstück die Rede sein kann. Wir wollen einfach wieder raus. Doch zunächst entscheiden wir uns nach dem Frühstück dafür, der Brücke einen Besuch abzustatten. Vielleicht bekommen wir dort ein paar Infos mit, was die nächsten Pläne sind.
Auf der Brücke angekommen, liegt vor uns eine weitere riesige Eisscholle. Langsam, aber sicher, halten wir genau darauf zu. "Dann wollen wir mal spielen", sagt der Kapitän in die Runde. Und was das bedeutet, lässt sich in diesem
Zeitraffervideo sehen.
Der zweite „Rumms“ des Tages. Mit dem Bug der HANSEATIC inspiration rammt der Kapitän die Eisscholle. Und das mit voller Absicht, denn auf dieser Scholle möchten wir uns, wenn möglich, spontan ein wenig die Beine vertreten.
Kurze Zeit später startet die Expeditionsleitung mit einem Scoutboot um die Gegend zu erkunden, wo eine Anlandung möglich ist. Voller Spannung verfolgen wir den Funk zwischen der Brücke und dem Scoutboot. Eine erste, vielversprechende Anlandungsstelle hält einer tieferen Prüfung nicht stand. Einer der Guides ist zu tief im Schnee versunken, die Scholle ist hier nicht sicher genug,
+1 entscheidet sich dazu, auf den Inspiration Walk zu wechseln. Ich bleibe auf der Brücke und lausche weiterhin ganz gespannt dem Funkverkehr.
Und kurze Zeit später kommt dann grünes Licht. Etwas weiter vom Schiff entfernt ist die Scholle dick und der Schnee stabil genug.
Doch bevor es losgehen kann, meldet der Kapitän, dass er "umparken" muss. Die Strömung ist zu stark und fest verbissen in der Eisscholle treiben wir mit dem Schiff zu schnell. Daher entscheidet er sich die HANSEATIC Inspiration neben der Scholle im offenen Wasser zu parken.
Das Expeditionsteam macht sich in der Zwischenzeit daran mit orangenen Fähnchen einen kleinen Rundweg abzustecken. Irgendwann kommt die Info per Funk, dass man in 20 Minuten plant, das erste Zodiac starten zu lassen. Stehenden Fußes verlasse ich die Brücke, um S. einzusammeln, damit wir uns fertig machen können. Denn wir sind heute in der ersten Farbgruppe.
Kurz darauf sind wir fertig und mit dem Aufruf unsere Farbgruppe geht es direkt runter auf Deck 3. Tatsächlich sitzen wir kurze Zeit später im ersten Zodiac auf dem Weg zu "unserer" Eisscholle. Als Gäste 2 und 3 betreten wir das ungewohnte Terrain. Eine schwimmende, schneebedeckte Scholle Eis im antarktischen Polarmeer. Was für ein Erlebnis!
Dank der Vorarbeit des Expeditionsteams können wir entlang der abgesteckten Route tatsächlich eine kleine Wanderung unternehmen.
Sogar ein Pinguin schaut neugierig nach dem Rechten.
Immer wieder bleiben wir stehen und genießen diese unwirkliche Szenerie, ehe wir knapp 25 Minuten später das Ende des Weges erreichen, wo bereits ein Zodiac wartet, um uns abzuholen und zurück zum Schiff zu bringen.
Alle sind irgendwie euphorisch und es herrscht eine ganz besondere Stimmung.
Auf dem Schiff zurück, zieht es uns direkt wieder nach draußen, wo wir die anderen Gäste beobachten, wie sie ebenfalls zur und von der Scholle gebracht werden sowie die beeindruckende Szenerie rund um das Schiff.
Gegen Mittag sind dann wieder alle zurück und wir fahren wieder gen Norden. Zeit für das Mittagessen.
Auf der Fahrt nach Brown Bluff bekommen wir im Precap mitgeteilt, was uns die kommenden Tage erwartet. Unser Ziel erreichen wir dann gegen 15 Uhr. Die namensgebende, gelblich-braune Klippe, eben das Brown Bluff, erhebt sich mehrere Hundert Meter nahezu senkrecht direkt an der Landestelle in die Höhe.
Die Zeit, bis wir an der Reihe sind, verbringen wir wieder einmal auf den Außendecks.
Und um 16:45 Uhr ist es dann soweit. Diese Anlandung ist etwas ganz Besonderes, da es sich um die erste Anlandung auf dem antarktischen Festland während dieser Reise handelt. Theoretisch könnte man von hier zu Fuß zum Südpol laufen. Aufgrund der nicht ganz unerheblichen Entfernung ist dies vielleicht doch kein wirklich guter Vorschlag.
Und so belassen wir es dann doch bei einem Spaziergang am Strand entlang.
Da wir diesen Reisebericht nun nicht mit Geologie-Fakten sprengen möchten, sei nur so viel gesagt:
Bei dem markanten Gestein handelt es sich um Auswurfmaterial eines Vulkans.
Am Strand sowie am Fuß der Klippe befindet sich erneut eine Kolonie von Adeliepinguinen.
Wie man in diesem
Video sieht, haben auch die Pinguine manchmal Probleme mit der Frage, wer denn nun Vorfahrt hat.
Die Küken der Adélie Pinguine sind in der Mauser schon recht weit fortgeschritten, so wie dieser kleine Punk.
Zusätzlich befindet sich hier eine in den letzten Jahren immer größer gewordene Kolonie von Eselspinguinen, den unumstrittenen Profiteuren des Klimawandels in der Antarktis. Die allmähliche Erwärmung sorgt dafür, dass der von diesen Tieren nutzbare Lebensraum sich immer weiter in den Süden ausdehnt.
Auf der anderen Seite der Landestelle können wir auf den Gletscher wandern um von dort, in relativer Einsamkeit, den Blick auf die Bucht und Moränenlandschaft des Gletschers zu genießen.
Dann geht ein langer aber wirklich wunderschöner Tag zu Ende. Gegen 18:15 Uhr sitzen wir wieder im Zodiac zurück aufs Schiff.
In der Kabine machen wir uns wieder fertig für das Abendessen. Doch dieser grandiose Tag endet danach noch nicht ganz.
Heute laden die Offiziere in die Officers Cocktailbar im HanseAtrium ein, bei der sie sich im Mixen von mehr oder weniger alkoholischen Getränken versuchen. Und so verbringen wir wieder einen schönen Abend in netter Gesellschaft.
Aber irgendwann ist dann auch hier Schluss. Doch selbst beim Betreten des Zimmers gibt es beim Blick aus dem Fenster noch was zu sehen.
Über Nacht macht sich die HANSEATIC Inspiration zu den Süd-Shetlandinseln auf die Westseite der Antarktischen Halbinsel auf, wo noch mehr Abenteuer auf uns warten.
Gute Nacht „schönster Tag nach dem Hochzeitstag“!