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...ein nicht ganz ernst gemeinter Kurzreisebericht
Fliegen, der wahr gewordene Menschheitstraum, für viele bleibt es für immer ein Traum, für einige erfüllt er sich zumindest einmalig. Für manche immerhin zur jährlichen Urlaubsreise. Für die Profis erfüllt er sich monatlich, wöchentlich ja manchmal sogar täglich. Diese Profis sind nicht erst seit dem Kinoklassiker mit Ryan Bingham eine beneidenswerte Kaste, auch schon vorher umgab sie der Hauch des Besonderen, der Duft der großen weiten Welt, die Aura der Unnahbarkeit.
Doch wer sind diese Vielflieger, die Spezialisten der Luftfahrt-Passage? Ich habe mich aufgemacht, um einmal ein Teil von ihnen zu sein, um einmal ihre Luft zu atmen und um einmal in ihr exklusives Leben reinschnuppern zu dürfen.
Montags morgens ist ohne Frage der Zeitpunkt, an dem an Flughäfen die Damen und Herren der Schöpfung anzutreffen sind, welche zweifelsfrei zu den oberen 10.000 gehören. Es sind die, die sich aufmachen, um der Welt für eine weitere Woche den Takt vorzugeben, Bosse auf dem Weg zum nächsten Erfolg, Berater unterwegs um die Wirtschaftswelt einen weiteren Schritt erfolgreicher zu machen, Verkaufsprofis auf dem Sprung zu einer weiteren Reihe von großartigen Abschlüssen. Professoren die zu bemerkenswerten Vorträgen anreisen, Ingenieure auf dem Flug zur nächsten bahnbrechenden Erfindung. Sie alle schwärmen ein, in die heiligen Hallen, um sich unaufgeregt einer kurzen Überprüfung auf gefährliche Gegenstände oder Flüssigkeiten zu unterziehen. Was uns Normalsterbliche quält kümmert sie nicht, denn sie sind geübt im Aus- und Einpacken von Notebook und Zahnpasta, im Aus- und Anziehen von Sakkos und Blazern, im Aus- und Einfädeln von Gürteln.
Einen kurzen Moment erfrischen sie sich in dem extra für sie geschaffenen Wartebereich. Das der Kaffeeautomat defekt ist kümmert hier niemanden - die fliegende Elite ist auch ohne Koffein immer hellwach, immer voll da.
Das Boarding ruft und die Menge steht bereit. Die Luft ist geschwängert vom Testosteron der Alpha-Tiere und man hört die Symphonie der Klingel- und Nachrichtentöne, während man sich aufstellt, um in einer vorgegebenen Reihenfolge das Flugzeug zu betreten. Diese Reihenfolge ergibt sich normalerweise aus dem erreichten Status, einem der Zeichen, dass sichtbar macht, auf welcher Stufe des Erfolgs man steht. Gleich Medaillen baumeln die edelmetallfarbenen Gepäckanhänger an den Marken-Koffern. Doch montags gilt diese Reihenfolge nur teilweise, denn die, die montags morgens fliegen, sind beinah ausnahmslos nur mit Silber, Gold oder noch feinerem Metall ausgezeichnete Spitzenkräfte.
Auch wenn ich heute Teil dieses elitären Kreises sein darf, so wird mir schnell klar, ich bin nur Gast hier. Zu billig der Anzug, zu dunkel die Schuhe, zu unmodisch der Haarschnitt, zu blass die Krawatte und das Hemd sicher nicht genügend tailliert geschnitten.
An Bord zeigt der Profi was er kann. Das Sakko wird einhändig auf ein Viertel seiner Größe gefaltet und gekonnt in das Overhead-Bin geschwungen, ohne dass dafür das Telefonat unterbrochen werden müsste. Der Trolley rauscht ebenfalls mit der grazilen Bewegung einer Balletfigur unter die Decke und schon sitzt man - natürlich am Gang. Effizienz ist der Schlüssel zum Erfolg, und an der Spitze ist die Luft bekanntlich dünn. So ist es nur konsequent, dass jede verbleibende Minute genutzt wird um noch ein wichtiges Telefonat zu führen oder die letzte wichtige Mail zu lesen. Wie ich sie beneide, diese weltweit gefragten Damen und Herren, die mit der zeitgemäßen Keule des modernen Jägers, dem Smartphone, ganze Universen regieren.
Auch in der Luft hat dieser Flug wenig mit der Urlaubsreise von Tante Hettie und Onkel Horst gemeinsam. Kaum ist das Anschnallzeichen erloschen, wird das zweite Instrument des modernen Managers und Wirtschaftslenkers aufgeklappt. Zu schade wäre es, diese kostbare Zeit ungenutzt verstreichen zu lassen, wichtige Gedanken ungeschrieben zu lassen. Statt des hausgemachten Wurstbrotes werden Kaffee, O-Saft und Snack in sagenhafter Perfektion neben das Notebook balanciert. Wer nichts zu schreiben hat, liest einhändig die einschlägigen Gazetten, sauber auf eine Breite gefaltet, die weder Nachbarin noch Nachbar beeinträchtigen könnte. Hier respektiert man sich, könnte die Person nebenan doch Partnerin oder Partner für das Geschäft von übermorgen sein. Fast verloren wirkt da das zweitklassige Seriensternchen, vielleicht auf dem Weg zu einem drittklassigen Fotografen, der es für ein viertklassiges Herrenmagazin erstklassig in Szene setzen wird.
Kaum gelandet wird wieder gearbeitet, kaum stehen wir, stehen sie im Gang. Zeit ist Geld und darf nicht vergeudet werden. Wer hier zuerst aussteigt, steht vor den anderen am Mietwagenschalter, ist vor den anderen beim Kunden, ist schneller eine Stufe weiter auf der Leiter nach oben.
Wehmütig schaue ich Ihnen nach, wie gerne würde ich länger ihr Leben teilen, ja Teil dieser vielfliegenden Gemeinde sein. Einige werde ich am Abend wieder sehen, wenn es zurück geht, oder besser gesagt einen Schritt weiter. Auch dann werden sie wieder in ihre Laptops klimpern, wichtige Mails formulieren, überzeugende Präsentationen vollenden oder an Statistiken feilen.
Am Ende dieses lehrreichen Tages, an dem ich Gast in dem Kreis der Besonderen sein durfte, ist die Frage, ob ich je dazu gehören könnte, bereits mit einem klaren Nein beantwortet. Stattdessen bleibt mir nur, mich zurück zu lehnen und aus dem Fenster auf unser aller Welt hinabzuschauen, die sich in der Abendsonne in ihrer gesamten Schönheit vor mir ausbreitet. Dankbar für diesen einen Tag mit den Profis, dort ganz weit oben.
Fliegen, der wahr gewordene Menschheitstraum, für viele bleibt es für immer ein Traum, für einige erfüllt er sich zumindest einmalig. Für manche immerhin zur jährlichen Urlaubsreise. Für die Profis erfüllt er sich monatlich, wöchentlich ja manchmal sogar täglich. Diese Profis sind nicht erst seit dem Kinoklassiker mit Ryan Bingham eine beneidenswerte Kaste, auch schon vorher umgab sie der Hauch des Besonderen, der Duft der großen weiten Welt, die Aura der Unnahbarkeit.
Doch wer sind diese Vielflieger, die Spezialisten der Luftfahrt-Passage? Ich habe mich aufgemacht, um einmal ein Teil von ihnen zu sein, um einmal ihre Luft zu atmen und um einmal in ihr exklusives Leben reinschnuppern zu dürfen.
Montags morgens ist ohne Frage der Zeitpunkt, an dem an Flughäfen die Damen und Herren der Schöpfung anzutreffen sind, welche zweifelsfrei zu den oberen 10.000 gehören. Es sind die, die sich aufmachen, um der Welt für eine weitere Woche den Takt vorzugeben, Bosse auf dem Weg zum nächsten Erfolg, Berater unterwegs um die Wirtschaftswelt einen weiteren Schritt erfolgreicher zu machen, Verkaufsprofis auf dem Sprung zu einer weiteren Reihe von großartigen Abschlüssen. Professoren die zu bemerkenswerten Vorträgen anreisen, Ingenieure auf dem Flug zur nächsten bahnbrechenden Erfindung. Sie alle schwärmen ein, in die heiligen Hallen, um sich unaufgeregt einer kurzen Überprüfung auf gefährliche Gegenstände oder Flüssigkeiten zu unterziehen. Was uns Normalsterbliche quält kümmert sie nicht, denn sie sind geübt im Aus- und Einpacken von Notebook und Zahnpasta, im Aus- und Anziehen von Sakkos und Blazern, im Aus- und Einfädeln von Gürteln.
Einen kurzen Moment erfrischen sie sich in dem extra für sie geschaffenen Wartebereich. Das der Kaffeeautomat defekt ist kümmert hier niemanden - die fliegende Elite ist auch ohne Koffein immer hellwach, immer voll da.
Das Boarding ruft und die Menge steht bereit. Die Luft ist geschwängert vom Testosteron der Alpha-Tiere und man hört die Symphonie der Klingel- und Nachrichtentöne, während man sich aufstellt, um in einer vorgegebenen Reihenfolge das Flugzeug zu betreten. Diese Reihenfolge ergibt sich normalerweise aus dem erreichten Status, einem der Zeichen, dass sichtbar macht, auf welcher Stufe des Erfolgs man steht. Gleich Medaillen baumeln die edelmetallfarbenen Gepäckanhänger an den Marken-Koffern. Doch montags gilt diese Reihenfolge nur teilweise, denn die, die montags morgens fliegen, sind beinah ausnahmslos nur mit Silber, Gold oder noch feinerem Metall ausgezeichnete Spitzenkräfte.
Auch wenn ich heute Teil dieses elitären Kreises sein darf, so wird mir schnell klar, ich bin nur Gast hier. Zu billig der Anzug, zu dunkel die Schuhe, zu unmodisch der Haarschnitt, zu blass die Krawatte und das Hemd sicher nicht genügend tailliert geschnitten.
An Bord zeigt der Profi was er kann. Das Sakko wird einhändig auf ein Viertel seiner Größe gefaltet und gekonnt in das Overhead-Bin geschwungen, ohne dass dafür das Telefonat unterbrochen werden müsste. Der Trolley rauscht ebenfalls mit der grazilen Bewegung einer Balletfigur unter die Decke und schon sitzt man - natürlich am Gang. Effizienz ist der Schlüssel zum Erfolg, und an der Spitze ist die Luft bekanntlich dünn. So ist es nur konsequent, dass jede verbleibende Minute genutzt wird um noch ein wichtiges Telefonat zu führen oder die letzte wichtige Mail zu lesen. Wie ich sie beneide, diese weltweit gefragten Damen und Herren, die mit der zeitgemäßen Keule des modernen Jägers, dem Smartphone, ganze Universen regieren.
Auch in der Luft hat dieser Flug wenig mit der Urlaubsreise von Tante Hettie und Onkel Horst gemeinsam. Kaum ist das Anschnallzeichen erloschen, wird das zweite Instrument des modernen Managers und Wirtschaftslenkers aufgeklappt. Zu schade wäre es, diese kostbare Zeit ungenutzt verstreichen zu lassen, wichtige Gedanken ungeschrieben zu lassen. Statt des hausgemachten Wurstbrotes werden Kaffee, O-Saft und Snack in sagenhafter Perfektion neben das Notebook balanciert. Wer nichts zu schreiben hat, liest einhändig die einschlägigen Gazetten, sauber auf eine Breite gefaltet, die weder Nachbarin noch Nachbar beeinträchtigen könnte. Hier respektiert man sich, könnte die Person nebenan doch Partnerin oder Partner für das Geschäft von übermorgen sein. Fast verloren wirkt da das zweitklassige Seriensternchen, vielleicht auf dem Weg zu einem drittklassigen Fotografen, der es für ein viertklassiges Herrenmagazin erstklassig in Szene setzen wird.
Kaum gelandet wird wieder gearbeitet, kaum stehen wir, stehen sie im Gang. Zeit ist Geld und darf nicht vergeudet werden. Wer hier zuerst aussteigt, steht vor den anderen am Mietwagenschalter, ist vor den anderen beim Kunden, ist schneller eine Stufe weiter auf der Leiter nach oben.
Wehmütig schaue ich Ihnen nach, wie gerne würde ich länger ihr Leben teilen, ja Teil dieser vielfliegenden Gemeinde sein. Einige werde ich am Abend wieder sehen, wenn es zurück geht, oder besser gesagt einen Schritt weiter. Auch dann werden sie wieder in ihre Laptops klimpern, wichtige Mails formulieren, überzeugende Präsentationen vollenden oder an Statistiken feilen.
Am Ende dieses lehrreichen Tages, an dem ich Gast in dem Kreis der Besonderen sein durfte, ist die Frage, ob ich je dazu gehören könnte, bereits mit einem klaren Nein beantwortet. Stattdessen bleibt mir nur, mich zurück zu lehnen und aus dem Fenster auf unser aller Welt hinabzuschauen, die sich in der Abendsonne in ihrer gesamten Schönheit vor mir ausbreitet. Dankbar für diesen einen Tag mit den Profis, dort ganz weit oben.
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