BGH-Urteil: Airlines haften für Verspätungen bedingt durch ausgelagerte Dienstleister

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abundzu

Erfahrenes Mitglied
24.10.2016
413
136
FRA
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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat ein neues Urteil getroffen. Dieses fällt zugunsten der Reisenden aus.

Wenn ein Flug, verschuldet durch ausgelagerte Dienstleistungen, über vier Stunden verspätet am Ziel ankommt, haben Airlines dafür Sorge zu tragen. Passagiere haben demnach ein Anrecht auf eine entsprechende Entschädigung. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) anhand eines Falls von KLM entschieden, als eine Verspätung aufgrund von Verzögerungen bei der Enteisung des Flugzeugs entstanden ist, wie aus einer Pressemitteilung von Flightright zu entnehmen ist.

Quelle: https://reisetopia.de/news/bgh-urteil-verspaetungen-auslagerung/
 

bugl

Erfahrenes Mitglied
03.09.2018
593
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Endlich. Das ist auch meine Ansicht. Der von der Airline ausgesuchte Erfüllungsgehilfe ist keine höhere Gewalt. Es steht der Airline frei sich geeignetere Dienstleister auszusuchen und/oder Regressansprüche vertraglich über das gesetzliche Maß zu definieren.

In der Regel habe ich als Passagier auch keine Ansprüche, wenn mir etwas in meiner Sphäre die Reise verunmöglicht und ich iher nicht vorgesorgt habe.
 

SF340

Erfahrenes Mitglied
16.12.2023
296
499
Endlich. Das ist auch meine Ansicht. Der von der Airline ausgesuchte Erfüllungsgehilfe ist keine höhere Gewalt. Es steht der Airline frei sich geeignetere Dienstleister auszusuchen und/oder Regressansprüche vertraglich über das gesetzliche Maß zu definieren.
Und genau das ist eben sachlich falsch. Viele Dienstleistungen, die Airlines an Flughäfen beziehen sind über Lizenzvergaben an bestimmt Anbieter gebunden. Gerade bei Bodenverkehrsdiensten und Enteisungsdiensten gibt es an vielen Flughäfen gar keine Wahlmöglichkeit oder die theoretische Möglichkeit das selber zu machen.
 

chrini1

Erfahrenes Mitglied
26.03.2013
6.641
5.361
HAM
Endlich. Das ist auch meine Ansicht. Der von der Airline ausgesuchte Erfüllungsgehilfe ist keine höhere Gewalt. Es steht der Airline frei sich geeignetere Dienstleister auszusuchen und/oder Regressansprüche vertraglich über das gesetzliche Maß zu definieren.

In der Regel habe ich als Passagier auch keine Ansprüche, wenn mir etwas in meiner Sphäre die Reise verunmöglicht und ich iher nicht vorgesorgt habe.

Leider ist diese Aussage nicht korrekt. An vielen Airports sind die Bodendienste nicht frei wählbar. In diesem Fall ja auch nicht. Wie hätte KLM hier die Verspätung vermeiden sollen? Am Ende zahlen wir das alle mit.
 

alinakl

Erfahrenes Mitglied
15.07.2016
4.358
1.823
Man sollte vielleicht ersteinmal abwarten bis die BGH Entscheidung vorliegt, denn diese scheint ja noch nicht veröffentlich worden zu sein.

Flightright spricht ja selbst vom Aktenzeichen X ZR 146/23 dieses ist aber beim BGH noch nicht aufrufbar.

Denn man wird sich in diesem Fall die genaue Begründung ansehen müsssen, warum eben in diesem Fall eine Haftung gegeben ist, grundsätzlich erscheint es aber völlig richtig, dass nur die Tatsache dass es sich um einen Erfüllungsgehilfen handelt welcher die Ursache gesetzt hat zu keinem pauschalen Ausschluss des Anspruchs führt, denn das würde es für die Gesellschaften vorteilhafter machen möglichst viele Teile der Leistung auf Erfüllungsgehilfen zu übertragen.

Aber es wird interessant sein, warum in diesem Fall eine Haftung besteht beim Thema Enteisung kommt ja schnell der Gedanke an schlechtes Wetter und ähnliches auf, was ja eher in Richtung auérgewöhnliche Umstände tendiert.

Auf der anderen Seite ist auch Bemerkenswert, dass Flightright diesen Fall durchgefochten hat, deren Geschäftsmethode besteht ja darin die sicheren Fälle zu übernehmen.
 
Zuletzt bearbeitet:

hollaho

Erfahrenes Mitglied
22.10.2016
1.187
795
Und genau das ist eben sachlich falsch. Viele Dienstleistungen, die Airlines an Flughäfen beziehen sind über Lizenzvergaben an bestimmt Anbieter gebunden. Gerade bei Bodenverkehrsdiensten und Enteisungsdiensten gibt es an vielen Flughäfen gar keine Wahlmöglichkeit oder die theoretische Möglichkeit das selber zu machen.

Leider ist diese Aussage nicht korrekt. An vielen Airports sind die Bodendienste nicht frei wählbar. In diesem Fall ja auch nicht. Wie hätte KLM hier die Verspätung vermeiden sollen? Am Ende zahlen wir das alle mit.
Es kommt auch nicht auf die freie Wahlmöglichkeit der Airline an sondern eben drauf, daß der Kunde sowieso keinen Einfluß auf die Erfüllungsgehilfen eines Anbieters hat und somit logischerweise der Anbieter (hier die Airline) für ihre Erfüllungsgehilfen haftet und sich nicht auf "außergewöhliche Umstände" berufen kann, wenn es der Erfüllungsgehilfte verkackt.
Wenn der Lohnsklave, den du bezahlst (ob via Monopol oder ausgesucht), es versaut, sind das eben "gewöhnliche" Umstände.

Und ich zahl das gerne mit, weil ansonsten ein riesen Schlupfloch entstanden wäre. Kein Wunder, daß unser BGH das auch nicht wollte. Keine Überraschung das Urteil, eher eine willkommene Bestätigung und Festigung der etablierten Rechtslage.
 

chrini1

Erfahrenes Mitglied
26.03.2013
6.641
5.361
HAM
Es kommt auch nicht auf die freie Wahlmöglichkeit der Airline an sondern eben drauf, daß der Kunde sowieso keinen Einfluß auf die Erfüllungsgehilfen eines Anbieters hat und somit logischerweise der Anbieter (hier die Airline) für ihre Erfüllungsgehilfen haftet und sich nicht auf "außergewöhliche Umstände" berufen kann, wenn es der Erfüllungsgehilfte verkackt.
Wenn der Lohnsklave, den du bezahlst (ob via Monopol oder ausgesucht), es versaut, sind das eben "gewöhnliche" Umstände.

Und ich zahl das gerne mit, weil ansonsten ein riesen Schlupfloch entstanden wäre. Kein Wunder, daß unser BGH das auch nicht wollte. Keine Überraschung das Urteil, eher eine willkommene Bestätigung und Festigung der etablierten Rechtslage.

Da stimme ich Dir grundsätzlich zu. Aber wenn man bedenkt, dass der BGH entscheidet, dass die Bahn nicht haftet, wenn die eigene Netztochter versagt, aber eine Airline haftet, wenn ein Partner eines Flughafenbetreibers in einem Drittland auf die Enteisung wartet, ist das schon kurios. Wir sollten allerdings noch einmal die Begründung abwarten.
 

Gulliver

Erfahrenes Mitglied
10.11.2009
1.600
29
Kerkrade (NL)
www.kuhnert.nl
...

Aber es wird interessant sein, warum in diesem Fall eine Haftung besteht beim Thema Enteisung kommt ja schnell der Gedanke an schlechtes Wetter und ähnliches auf, was ja eher in Richtung auérgewöhnliche Umstände tendiert.

Auf der anderen Seite ist auch Bemerkenswert, dass Flightright diesen Fall durchgefochten hat, deren Geschäftsmethode besteht ja darin die sicheren Fälle zu übernehmen.
Winterwetter, sprich Schnee und Eis im Winter sind ja grundsätzlich erstmal keine außergewöhnlichen Umstände. Man kann ja schon von einer Airline erwarten, dass sie im Winter geeignete Maßnahmen ergreift, z.B. den Flugplan eines Flugzeugs weniger dicht taktet oder mehr Reserve vorzuhalten.
Es gibt ja Tage im Winter mit relativ wenig Schneefall, an denen in Deutschland nichts mehr geht während man in Skandinavien wegen dieser Bedingungen nur müde lächeln würde.
Echte Chaostage mal außen vor, aber das kommt ja nun auch nur wirklich selten vor.

Vielleicht gab es so viele Fälle mit Winterwetter bzw. Anfragen dafür bei Flightright, dass es sich gelohnt hat, mal einen Testballon zu machen um im Erfolgsfall noch viel mehr Fälle bearbeiten zu können.
 
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malschauen

Erfahrenes Mitglied
05.12.2016
2.563
1.616
Es kommt auch nicht auf die freie Wahlmöglichkeit der Airline an sondern eben drauf, daß der Kunde sowieso keinen Einfluß auf die Erfüllungsgehilfen eines Anbieters hat und somit logischerweise der Anbieter (hier die Airline) für ihre Erfüllungsgehilfen haftet und sich nicht auf "außergewöhliche Umstände" berufen kann, wenn es der Erfüllungsgehilfte verkackt.
Wenn der Lohnsklave, den du bezahlst (ob via Monopol oder ausgesucht), es versaut, sind das eben "gewöhnliche" Umstände.

Ich bitte darum, das oberhalb deiner Antwort stehende Zitat richtig zuzuordnen. Dies ist nicht von mir.
 

alinakl

Erfahrenes Mitglied
15.07.2016
4.358
1.823
Winterwetter, sprich Schnee und Eis im Winter sind ja grundsätzlich erstmal keine außergewöhnlichen Umstände.
Mag sein, aber oft schränkt die Flugsicherung den Betrieb ein wenn das Wetter schlecht ist.

In diesen Fällen hat die Flugverkehrsunternehmen keine Möglichkeiten Einfluss zu nehmen, von daher wäre die Begründung des Urteils interessant, wenn zB die Enteisungsanlage einen Defekt hatte und es daher zu Verzögerungen kam, wäre es durchaus folgerichtig einen technischen Defekt beim Erfüllungsgehilfen auch KLM zu zurechnen.
 

N140SC

Reguläres Mitglied
01.01.2024
26
18
Man kann ja schon von einer Airline erwarten, dass sie im Winter geeignete Maßnahmen ergreift, z.B. den Flugplan eines Flugzeugs weniger dicht taktet oder mehr Reserve vorzuhalten.
Viele Probleme haben aber weder mit Airline noch Flugsicherung zu tun, sondern mit dem Airport von dem man fliegt. Man bekommt den als Kunde im Falle von Problemen zwar schlecht bis gar nicht zu fassen, hat aber schon bei der Buchung die Möglichkeit, sich einen auszusuchen, der weniger anfällig ist oder für besseres Krisenmanagement bekannt ist. Das verkompliziert die Reiseplanung, ist aber der Preis, den man zahlen muss, um stressfrei ins Wärme zu kommen.
 

Flying Lawyer

Erfahrenes Mitglied
09.03.2009
6.405
3.652
Mein Mitleid hält sich in Grenzen. Solange die Streichung oder die Verspätung der Airline und ihren Dienstleistern zuzuordnen ist, sollte diese sehr milde Haftung greifem. Wenn es um Verspätungen geht, dann ist die Haftung ohnehin begrenzt.

Wenn die Airline an Airports mit Nachflugverboten knapp plant, ist das kaufmännisches Risiko. Die LH hat gerade wieder einmal den letzten Flug von München nach Düsseldorf am 6. Oktober gestrichen und (nicht das erste Mal) und auch ich muss mich auf sowas einstellen. Persönliches Pech, Haftung gibt es hier keine. Wenn mein Taxibüttel im Berufsverkehr stecken bleibt, ist das auch mein Risiko. Wenn ich zu knapp plane, auch. Und wenn der Skytrain in Düsseldorf gerade mal wieder ausfält und ich nicht vom Flughafenbahnhof zum Terminal komme, hat die LH auch kein Mitleid und wartet (und kann das auch im Interesse der Einhaltung des Flugplanes nicht haben). Der EU Gesetzgeber hat entschieden, dass es eine recht weitreichende aber der Höhe nach sehr begrenzte Haftung für kurzfristige Streichungen gibt und das ist unternehmerisches Risiko einer Airline. Dass das alles in den Preisen eingepreist ist, davon können wir doch ohnhin alle ausgehen
 

alinakl

Erfahrenes Mitglied
15.07.2016
4.358
1.823
Das Urteil liegt ja nun im Volltext vor. http://juris.bundesgerichtshof.de/c...y?Gericht=bgh&Art=en&az=X ZR 146/23&nr=139019

Fazit:

Ein ziemlich wilder Ritt durch die Instanzen, das Amtsgericht bekommt ein zu 50% fehlerhaftes Urteil zugunsten des Klägers hin, das Landgericht scheitert völlig und der BGH kommt zu einer sachlich korrekten Entscheidung.

Pech der Reisenden war eben, dass schon eine kurze Verspätung ausreichend war, um den Anschluss zu verpassen was die eigentliche Höhe der Verspätung verursacht hat, dass im Winter eine Enteisung wahrscheinlicher wird, ist den Airlines bekannt und die müssen eben dann diese Verzögerung in den Flugplan einbauen eigentlich ziemlich einfach.

In der Sache wäre es aber für eine Privatperson ein Pyrrhussieg, denn weil völlig falsch die 600 Euro gefordert wurden, sind die 50% Kosten der 1. und 2. Instanz höher als die erhaltenen 300 Euro, hier hat aber Flightright aber höchstrichterliche Sicherheit geschaffen was sie sicher für andere Fälle nutzen können.

Auf der anderen Seite gibt jetzt auch noch eine ganze Reihe von Fällen weniger bei denen Flighright überhaupt eingeschaltet werden muss.
 
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spocky83

Erfahrenes Mitglied
21.12.2014
3.733
1.090
MUC, BSL
In der Sache wäre es aber für eine Privatperson ein Pyrrhussieg, denn weil völlig falsch die 600 Euro gefordert wurden, sind die 50% Kosten der 1. und 2. Instanz höher als die erhaltenen 300 Euro, hier hat aber Flightright aber höchstrichterliche Sicherheit geschaffen was sie sicher für andere Fälle nutzen können.

Ich frage mich ernsthaft, wie es zu dieser so offensichtlich in Teilen unbegründeten Forderung kommen konnte. Die Kürzung um 50% war ja völlig klar und, wie der BGH ja auch selbst anmerkt, hätte ausgerechnet einer in Sachen Fluggastrechte spezialisierten Klägerin so niemals unterlaufen dürfen. Selbst wenn der Fluggast unpräzise Angaben gegenüber Flightright gemacht haben sollte, wäre es immer noch eine ziemliche Schlamperei gewesen das nicht nachzuprüfen. Wirft kein gutes Licht auf das Unternehmen und die Kostenentscheidung ist nur konsequent.
 

alinakl

Erfahrenes Mitglied
15.07.2016
4.358
1.823
Ich frage mich ernsthaft, wie es zu dieser so offensichtlich in Teilen unbegründeten Forderung kommen konnte
Nun vielleicht war ursprünglich die Ankunftszeit strittig, es fehlten nur 9 Minuten, oder man hat die Methode versucht, dass die Kürzung bei Verspätungen nicht zur Anwendung kommt.

Daher wäre es interessant wie das AG die volle Höhe begründet hat, denn schon vor dem AG wird das Thema Kürzung ein Thema gewesen sein, denn eigentlich war ja der Teil schon als erledigt erklärt worden, was das AG Urteil über 600 Euro zugunsten der Kläger, nennen wir es mal neutral und freundlich, sehr überraschend ausgefallen ist.
 

Airsicknessbag

Megaposter
11.01.2010
20.737
12.855
Das AG hat dazu nichts begründet, weil, so das LG "das Amtsgericht übersehen hat, dass die Parteien den Rechtsstreit in Höhe von 300 EUR übereinstimmend für erledigt erklärt haben und nur noch ein weiterer Betrag von 300 EUR streitgegenständlich war :doh: " (Smilie nicht im Original ;))
 

alinakl

Erfahrenes Mitglied
15.07.2016
4.358
1.823
Das AG hat dazu nichts begründet, weil, so das LG "das Amtsgericht übersehen hat, dass die Parteien den Rechtsstreit in Höhe von 300 EUR übereinstimmend für erledigt erklärt haben und nur noch ein weiterer Betrag von 300 EUR streitgegenständlich war :doh: " (Smilie nicht im Original ;))
Klasse, der AG Richter versteht also etwas in der Sache vom Recht, ist aber total schlampig.

War das eigentlich ein Verfahren nach §495a ZPO? denn auch die vollen 600 Euro Streitwert würden ja gerade noch passen.