Interessanterweise schaffen es Publikationen wie die "Bild", Normalverdienern einzureden, sie würden den Staat finanzieren und Andere würden auf ihre Kosten leben. Tatsächlich muss man schon recht gut verdienen, um netto mehr zu zahlen als zu bekommen und selbst dann kann es sein, dass man irgendwann Krebs hat und unfreiwillig so hohe Kosten für die Gesellschaft erzeugt, dass man noch wieder Nettoempfänger ist. Das hängt auch stark davon ab, wie lange man lebt und eine Rente bekommt. Wenn jemand wirklich so viel verdient, dass er Nettozahler ist, müssen wir kein Mitleid mit ihm haben. Dann hat er mehr von diesem System profitiert als die meisten anderen Menschen.
Die USA sind ein ganz anderes Wirtschaftsmodell, das man aber als gescheitert ansehen kann. Dort sind Einkommensteuern geringer und der Staat hält sich aus viele Dingen raus. Die Staatsquote liegt bei 38%, aber viele lebensnotwendige Dinge sind astronomisch teuer. So etwas wie Bildung, Krankenversicherung und sogar eine Autoversicherung. Einen Gerichtsprozess kann in den USA kaum jemand bezahlen. Gleichzeitig ist der Mindestlohn in einigen Staaten bei 7,25 Dollar und für Kellner teilweise nur bei 2,13 Dollar, weil ihnen unterstellt wird, sie könnten vom Trinkgeld leben.
Urlaub haben viele Amerikaner nur 14 Tage im Jahr, trauen sich aber oft nicht, diesen zu nehmen, weil sie Angst haben, sie würden dann gefeuert. Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gibt es meistens nicht und auch keine Elternzeit. Sie mögen deutlich mehr verdienen als wir, haben aber kaum etwas davon.
In den USA gibt es in den meisten Städten keinen brauchbaren öffentlichen Nahverkehr, dafür aber Straßen, Brücken und Tunnel, die bei jeder Benutzung Geld kosten. Viele Siedlungen werden privat verwaltet. Es wird immer schwieriger, ein Haus zu finden, dass nicht zu einer "Home Owner's Association" gehört. Die sind mit ihrer Regeln noch strikter als deutsche Kleingartenvereine und kosten den Hausbesitzer hunderte Dollar im Monat. Der Hausbesitzer hat etwa so wenig Rechte, als würde er das Haus mieten, aber die Kommunen freuen sich, weil ihnen viel Arbeit abgenommen wird. Das sind so die Nachteile, wenn der Staat sich zurück zieht.
Ich hoffe allerdings, dass wir es irgendwann schaffen, ein Wirtschaftssystem zu entwerfen, in dem Menschen nicht mehr 40 Stunden pro Woche arbeiten müssen. Die Diskussion wird ja gerne in den sozialen Medien geführt. Dort werden Menschen, die für weniger Arbeit plädieren, als faul bezeichnet. Wenn der Fortschritt aber dazu führt, dass Menschen weniger arbeiten müssen, ist das zu begrüßen. Früher musste man Wäsche per Hand waschen. Heute muss ich nur noch die Wäsche in die Maschine tun und am Ende wieder raus nehmen und aufhängen. Das ist für mich schon genug Arbeit. Arbeiten um des Arbeiten willen hat keinen Sinn.
So sehr mich die ständigen neuen Steuern auch ärgern, so froh bin ich, dass wir keine amerikanischen Verhältnisse haben. Man finden auf YouTube immer mehr Berichte von Menschen, die aus den USA nach Europa gezogen sind und trotzt des niedrigen Einkommens nicht mehr zurück wollen, weil sich hier der Staat wirklich um sie kümmert.