Hohe Berge - Wandern wie im Zoo
Das Wetter ist heute nicht so gut, wie vorhergesagt - zum Glück, denn unsere Beine sind nach den 18 km doch etwas zu schwer für die ursprünglich geplante große Wanderung zu den Drei Zinnen. Daher fahren wir ins Sextener Tal und laufen heute eine kleine Runde mit 12 km und 400 Höhenmetern am Kreuzbergpass an der Grenze zwischen Südtirol und Venetien...
... nach dem Frühstück natürlich.
Heute gibt es Rührei mit Räucherforelle (die es hier statt Räucherlachs gibt und die etwas kräftiger im Geschmack ist) sowie French Toast, den ich mit Pistazien- und Nougatcreme verziert habe. Dazu Obst.
Danach ein Müsli für den täglichen Müsli-Contest. Der Gatte scheidet allerdings wegen nicht konkurrenzfähiger Darbietung heute laut eigener Aussage aus. Ich habe also kein Foto für ihn.
Glück für mich, meines ist nun auch nicht gerade ein Ausbruch künstlerischer Kreativität.
Nachdem wir es irgendwie zwischen Horden von Radfahrern und Sperrungen wegen Markttages aus Innichen heraus und ins Sextener Tal hinein geschafft haben, fahren wir mit einem kurzen Abstecher zum Auskundschaften des Parkplatzes Fischleintal (der wesentlich größer ist, als ich ihn aus den späten 80ern in Erinnerung habe, und heute, vermutlich wetterbedingt, sogar nach 10 Uhr noch freie Plätze hätte) zum Kreuzbergpass. Das Wetter ist heute nicht so wahnsinnig einladend und die Gipfel wolkenverhangen, aber da wir sowieso überwiegend im Wald laufen, ist das nicht ganz so schlimm. Zunächst treffen wir auf eine Gruppe etwas verloren wirkender Senioren, die einen Lago di Rospi suchen. Leider können wir ihnen auch nicht weiterhelfen. Wir versuchen, ihnen wenigstens auf der Karte ihren Standort zu zeigen, aber auch das funktioniert nicht, da sie vehement darauf beharren, dass wir nicht gerade (offensichtlich) in der einzigen Spitzkehre des Weges stehen, sondern viel weiter oberhalb. Nunja, da können wir dann auch nicht weiterhelfen. Wir folgen daher weiter unserem Weg Richtung Casa di Coltrondo und ich fotografiere endlich mal die hübschen blauen Blumen, die aussehen, als hätte man Enzian mit Basilikum gekreuzt.
Kurz darauf treffen wir auf einen Wegweiser zum Lago di Rospi! Da es sich nur um einen wenige Meter weiten Abstecher von unserem Weg handelt, schauen wir uns einmal diesen sagenumwobenen See, der auf keiner unserer Karten zu finden war, an. Offensichtlich ist er ausgetrocknet. Wir fragen uns, ob die Senioren ihn erstens je gefunden haben und zweitens sehr enttäuscht waren.
Wir setzen unseren Weg durch bewaldetes Sumpfland
zur Casa di Coltrondo fort, die hübsch bemalt aber auch dank möglicher Anfahrt mit dem Auto recht voll ist.
Die Aussicht ist weiterhin mäßig, die Gipfel umwölkt und grau.
Wir entschließen uns, mal einen Blick auf die ein paar Meter oberhalb an einer Stichstraße gelegene Casa di Rinfreddo zu werfen, ob sich dort eine Einkehr lohnt. Zumindest lohnt es sich, ein Foto von der Felswand unterwegs zu machen.
Kurz vor der Hütte kommen uns ein paar Wanderern entgegen, die uns informieren, dass die Hütte heute geschlossen hat, da das Dieselaggregat defekt ist. Dafür liegt gegenüber gerade eine hübsche weiße Wolke im Kar. Zumindest für zwei Fotos war der Abstecher also gut.
Als wir auf dem Rückweg wieder an der Casa di Ccoltrondo (wir befinden uns gerade im italienischsprachigen Teil Italiens und nicht mehr in Südtirol, daher heißen die Hütten hier Casa) vorbeikommen, treffen wir auf eine sehr sympatische und freundliche Herde Esel.
Sogar sehr flauschigen Nachwuchs haben sie dabei.
Alleine dafür hätte sich der Abstecher zur geschlossenen Hütte gelohnt, eben waren die Esel noch weit und breit nicht in Sicht. Neben den obligatorischen und heute mal nicht fotografierten Kühen leben hier auch noch einige sehr schöne Hühner.
Sobald der große Parkplatz der Hütte hinter einem grasbewachsenen Hügel außer Sicht ist, kann man auch noch ein schönes Panoramafoto nebst Hütte machen.
Danach geht es weiter durch Wald und Sumpf, man könnte zeitweise glauben, wir seien doch wieder in Schweden unterwegs. Nur nach Elchen muss man hier wohl keine Ausschau halten.
Nachdem sich der Lago di Rospi als so unkooperativ erwiesen hat, wird hier jeder wassergefüllte Tümpel gefeiert und dokumentiert.
Nagut, der hier spiegelt wenigstens auch noch schön.
An einem Bach entlang über feuchte Wiesen nähern wir uns der Nemesalm. Wir sind also wohl wieder im deutschsprachigen Südtirol angekommen.
Hier werden wir neben einsetzendem Regen vor einer Herde prächtiger Ziegen vor schönem, wenn auch wolkigem Panorama begrüßt.
Neben den Ziegen leben hier noch Kühe, Hühner und sogar Puten. Außerdem noch zwei Hunde und ein paar nette Menschen, die die Hütte bewirtschaften und uns mit Kaffe, Apfelstrudel, Schorle und Speckknödelsuppe versorgen, während wir genüsslich den Regen abwarten.
Von links nähert sich nicht nur besseres Wetter, sondern auch noch eine Yoda-Wolke. Man erkennt eindeutig die Ohren und den Kopf.
Nachdem der Regen nachgelassen hat und die Sonner langsam ein wenig (und gleich auch sehr warm) herauskommt, setzen wir unseren Weg mit den letzten 3,5 km zurück zum Parkplatz fort.
Während wir die sumpfigen Wiesen des Naturschutzgebietes bewundern, werden wir von zwei reiselustigen Kühen überholt, die offenbar während unserer Jause auf der Alm die Besitzer gewechselt haben. Sie scheinen die Fahrt zu genießen und wirken sehr entspannt in ihrem Anhänger.
Der restliche Abstieg ist ein wenig anstrengend über ausgewaschene Waldpfade, feuchtes Gestein und einige sehr hohe, ausgewaschene Stufen, dennoch kommen wir gut, wenn auch etwas angestrengter als geplant, am Auto an. Zurück im Hotel gönnt sich der Gatte ein paar Saunagänge und ich mir ein Nickerchen, das wechselhaft schwüle Wetter verursacht mir Kopfschmerzen. Bis zum Abendessen fühle ich mich wiederhergestellt und so können wir uns wieder dem selbst für unsere Verhältnisse überdimensionierten Fünfgängemenü widmen. Dazu wird dem Gatten ein Gösser Pils vom Fass gereicht. Ich habe gestern Abend gefallen am Gösser Zwikl dunkel gefunden, nicht nur wegen des großartig und lautstark beim Öffnen ploppenden Bügelverschlusses. Ich ernte pikierte Blicke im Restaurant.
Die Vorspeise, Tomaten und Büffelmozarelle mit Gazpacho hat man eine angenehme Größe und ist sehr lecker. Heute Abend ist auch das Personal entspannter und wesentlich freundlicher als die letzten Abende. Ob es daran liegt, dass einer der Chefkellner, der sehr streng wirkt, heute frei hat... wir finden die etwas ruhigere, entspannte Stimmung jedenfalls sehr angenehm.
Weiter geht es mit einer ebenfalls sehr guten und wohl proportionierten Fischsuppe mit Rotbarbe und Garnele. Heute stimmt bisher alles.
Da wir ja lernfähig sind, teilen wir heute einfach den Nudelgang, der sehr lecker mit Tomaten-Specksauce und Parmesan ist, aber als 3. Gang locker für zwei reicht. Wir wundern uns weiterhin, dass wir offenbar die einzigen zu sein scheinen, die auf Nachfrage des Restaurant-Chefs, ob wir zufrieden mit dem Essen sind, dies zwar bejahen, aber beharrlich auf die überdimensionierten Portionen hinweisen. Naja, inzwischen nehmen sowohl Restaurant-Chef als auch wir es mit Humor, wir wissen uns ja zu helfen, und es hat sich jetzt eben zu einer Art Running-Gag zwischen uns und dem Chef entwickelt. Wie die anderen Gäste das Überstehen, ist uns weiterhin ein Rätsel, zumal es ja auch noch ein riesiges Antipasti- und Käsebuffet gibt. Wir vermuten, es beschwert sich sonst einfach keiner und man lässt einfach stehen, was zu viel ist. Das widerspricht uns jedoch, da ja immer ein Produkt und jede Menge Arbeit in so einem Essen steckt, also versuchen wir, andere Lösungen zu finden, wie Speisen zu teilen oder Gänge auszulassen.
Als Hauptgericht habe ich das Goldbrassenfilet vom Grill mit Bohnen in (reichlich) Olivenöl und Zucchini,
der Gatte ein Kalbskarree mit Salbeijus, Brückenkartoffeln und gratinierter Tomate.
Es war beides sehr lecker, die Hauptgerichte allerdings alleine schon wieder beachtlich. Den Nachtisch lassen wir heute aus, es gab ja schon ein gewaltiges Stück Apfelstrudel in der Regenpause auf der Alm.