10. Tag: Kamakura mit Shigeru, einem Guide von Tokyofreeguide - Teil 1
Irgendwas mach ich wohl falsch, denn ganz offen: Es kostet richtig Arbeit, in der von mir gewählten Form einen Trip-Report zu schreiben. Und drum dauert es auch so lange, bis die nächste Fortsetzung kommt.
Doch hier wenigstens der erste Teil zu Kamakura. Und morgen der zweite Teil - das Wichtigste ist bereits vorbereitet.
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Die Bigapplegreeters sind hier sicherlich den meisten bekannt, zumindest kann man das annehmen, wenn man die vielen Berichte und Anfragen zu New York sieht. Für die wenigen anderen eine kurze Erklärung: Die Bigapplegreeters sind eine ehrenamtliche Organisation von New Yorkern, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, in ca. dreistündigen völlig kostenlosen Touren den Besuchern von New York City ihren ganz persönlichen Big Apple zu zeigen. Bevorzugt zeigen sie dabei das Viertel von New York, in dem sie selbst leben, und vermitteln damit natürlich einen Blick auf die Stadt, den kein Reiseführer geben kann.
Solche Greeter Organisationen gibt es mittlerweile in vielen Ländern und Städten - einen Überblick gibt
Global Greeter Network: Home - ; in Deutschland aktuell z.B. in Berlin, Dresden, Essen, Hamburg, München, Stuttgart...
In Tokyo gibt es gleich zwei solche Organisationen: die
http://www.tokyogreeters.org/ und die
TOKYO FREE GUIDE - Volunteer Tour Guide Service in Tokyo. Während die eine Organisation etwa dem New Yorker Modell folgt, bieten die Free Guides die Möglichkeit, die Ziele ohne Einschränkungen selbst zu wählen.
Bei meiner ersten Tokyo-Reise war meine Anfrage leider erfolglos geblieben, doch diesmal hatte ich mehr Glück. Bereits vor meiner Abreise bekam ich die Zusage und gleich danach meldet sich mein Guide auch persönlich. Shigeru arbeitet als Travel Agent bei einem großen Energiekonzern, wo er die Auslandsreisen der ca. 600 Wissenschafter der Organisation zu Kongressen, Studienaufenthalten etc. organisiert.
Eigentlich hätte ich ihn ja am liebsten gleich gefragt, ob er mich nach Kamakura begleiten könnte, doch getraute ich mich nicht, da dies ja weit außerhalb liegt und schlug stattdessen das Edo-Tokyo-Museum vor. Seine Antwort war eindeutig: Das wäre zu schade, denn dort im Museum gebe es freiwillige Führer, stattdessen könnten wir doch zusammen nach Kamakura fahren. Ihr könnt Euch denken, wie happy ich war.
Doch vorweg eine kurze Bemerkung: Zu Kamakura gibt es auf dem Netz eine Unmenge Information und es wäre ein Leichtes, mit viel Cut-and-Paste hier einen ellenlangen Sermon einzufügen. Da derart Ausführliches aber wohl nur wenige interessieren dürfte, habe ich mich für eine andere Lösung entschieden: Hier gibt es nur kurze Einführungen und Erklärungen zu den Bildern und für diejenigen, die tiefer einsteigen wollen, eine Auswahl der Links, die ich am interessantesten und hilfreichsten fand.
Für mehr Info hier die angekündigten Links:
Kamakura (History and Historic Sites)
eine sehr fundierte japanisch-englische Seite zur Geschichte und den historischen Stätten von Kamakura; leider ohne Angaben zum Autor, liegt aber auf dem Kamakura Citizens Net.
https://thomasgittel.wordpress.com/
Der Blog von Thomas Gittel, einem deutschen Expat, der seit Jahren in Tokyo lebt, enthält drei ausführliche Beträge zu Kamakura:
Kamakura 1 - Natur & grandiose Architektur
Kamakura 2 - Japans alte Hauptstadt mal ganz anders
Kamakura 3 - Auf den Spuren des großen Sektengründers Nichiren und des Lotos-Sutra
Sein Blog bietet auch eine Menge Info zu Tokyo.
Und natürlich nicht zu vergessen der Blog unserer Kollegin, die ebenfalls Wanderungen zu Kamakura beschreibt:
[JP] Die Kamakura – Daibutsu – Wanderung 鎌倉 大仏 | WanderWeib
Kamakura, etwa 50 km oder eine Bahnstunde von Tokyo entfernt, war von 1185 bis 1333 also der Zeit des Kamakura Sogunats Regierungssitz Japans. Aus dieser Zeit gründet sich auch die heutige historische und kulturelle Bedeutung der Stadt, das in Japan als "Klein-Kyoto" gilt. Diese Bedeutung manifestiert sich vor allem in der unglaublichen Vielzahl von buddhistischen Tempeln und Shinto Schreinen. Am bekanntesten ist sicher der Kotoku-in, der Tempel mit dem großen Buddha, doch gibt es daneben alleine weitere 150 Tempel und über 40 Schreine. Keine Angst: Wir haben nicht alle angeschaut ;-)..
Auf Shigeru's Vorschlag trafen wir uns bereits um 8 Uhr im Hilton, ich mit zwei kleinen Geschenken von zu Hause und aus Budapest für ihn, die er leider den ganzen Tag mitschleppen musste, da er abends nicht zum Hotel zurückkommen wollte. Genaueres hatten wir noch nicht ausgemacht, ich hatte nur gesagt, dass es nicht unbedingt der große Buddha sein müsse. Also wieder mein täglicher Weg zur Shinjuku Station und diesmal mit der Bahn nach Kamakura, eine Stunde Fahrt mit einmal umsteigen bis zur Kamakura Kita Station im Norden der Stadt.
Am Bahnhof gab es eine Karte und weitere Info, doch leider nur in japanisch - ohne Guide wäre ich also komplett aufgeschmissen gewesen. Mit der Karte und Shigeru's Hilfe ergab sich aber Route, die einige der wichtigsten Tempel und den wichtigsten Schrein umfasste:
• Engaku-ji
• Tokei-ji
• Jochi-ji
• Kencho-ji
• Hachiman-gu
• Myohon-ji
• Hongaku-ji
Der Engaku-ji liegt fast direkt neben der Bahnstation. Um 1280 gegründet ist er einer der wichtigsten Tempel des Zen-Buddhismus und einer der Haupttempel der Rinzai-shu, der zweitgrößten Schulen des Zen-Buddhismus in Japan. Über die Jahrhunderte mehrfach zerstört, zuletzt beim Kanto-Erdbeben 1923, zeigt er heute nach jahrzehntelangem Wiederaufbau etwa die Gestalt der Anlage aus dem ausgehenden 18. Jahrhundert.
Samnon, das Haupttor, durch das man die weitläufige Anlage betritt. Das Tor wurde 1785 errichtet.
Blick in das Gebälk des Sanmon.
Hokan Shaka Nyorai, das wichtigste Objekt der Anbetung im Engakuji Tempel.
Butsuten, die Haupthalle, in der sich die Statue des Hokan Shaka Nyorai befindet.
Tempelgarten im Engakuji, 1969 nach einer alten Ansicht rekonstruiert, heute als "national treasure" ausgezeichnet.
Kaikibyo, das Mausoleum von Hojo Tokimune, dem Gründer des Klosters. Der heutige Bau soll um 1811 errichtet worden sein.
Eines der vielen Tempelgebäude des Engakuji - tut mir leid: mehr kann ich nicht sagen.
Schnitzerei im Durchgang eines der Tempeltore
Ogane - Tempelglocke, die 1301 gegossen wurde und heute als "National Treasure" eingestuft ist.
Blick auf den Fuji von der Aussichtsterrasse bei der Tempelglocke; Ausschnittsvergrößerung aus einer Tele-Aufnahme. Dank gutem Tele immer noch ordentliche Qualität.
Hier ganz zu sehen: eine Tempelglocke in klassischer Form im Tokeiji Tempel, der in der Edo-Zeit vor allem dafür bekannt war, dass dort Frauen Zuflucht fanden, die sich scheiden lassen wollten.
Im Garten des Tokeiji Tempels.
Stufen, treppauf, treppab - alle Tempel, die ich gesehen habe, liegen am Hang in kleinen Seitentälern von Kamakura.
Bereits im Jochiji, dem nächsten Tempel, den wir besucht haben. Der Tempel soll ebenfalls Ende des 13. Jahrhunderts gegründet worden sein, wurde aber auch im Kanto-Erdbeben 1923 zerstört. Alle Gebäude daher aus späterer Zeit, wobei mich hier wie im Engakuji die Strohdeckung überrascht hat.
Statue des Glücksgotts Hotei auf dem Gelände des Jochiji. Seinen Bauch zu streicheln, soll Glück bringen.
Am Eingang zum Jochiji, eine der zehn Quellen von Kamakura.
Im Kenchoji, ebenfalls ein Tempel der Rinzai Schule, werden Einführungen zur Zen-Meditation und auch Meditationssitzungen angeboten. Der Tempel ebenfalls in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts gegründet, war lange Zeit einer der einflussreichsten Tempel von ganz Japan.
Die Buddhahalle Butsuden wurde 1647 aus Edo nach Kamakura transloziert.
Kultfigur des Jizō, Beschützer der Armen und der Kinder, wohl nach dem Großbrand von 1414 entstanden.
Die Lehrhalle Hattō stammt aus dem Jahre 1814 und ist das größte hölzerne Gebäude in Ostjapan.
Eine der Hallen des Kenchoji.
Das Karamon, ein Tor im sog. chinesischen Stil, am Zugang zum Abtsquartier. Das Tor wurde jüngst restauriert und ist als wichtiges Kulturgut klassifiziert.
Hinter dem Abtsgebäude der als besonderes Geschichtserbe ausgezeichnete kleine Garten mit dem Sanpekichi Teich. Das Gebäude rechts von 2002, der ursprünglich vom Gründer des Klosters angelegte Garten wurde 2003 zum 750jährigen Jubiläum des Klosters wiederhergestellt.