Für den nächsten Tag war der Höhepunkt der Reise geplant, ein Gorilla-Tracking im Volcanoes NP.
Über viele Jahre war die Begegnung mit den Menschenaffen der Hauptanlass für Touristen nach Ruanda zu reisen. Ebenso alt ist die Konkurrenz von Uganda, der DRC und Ruanda um dieses Klientel, wobei Ruanda sich einen gewissen "elitären" Ruf bei den Gorilla-Wanderungen erworben hat, nicht nur, weil die exquisitesten Unterbringungsmöglichkeiten in näherer Umgebung zur Verfügung stehen, die auch wohlhabendere Reisende incl. High Society bzw. Jet Set zufriedenstellen. Auch die Permit-Preise fürs Gorilla Tracking sind in Ruanda seit Jahren am höchsten, seit 2017 liegen sie bei 1.500 USD pro Nase fix. Im Virunga NP in der DRC jenseits der Grenze waren die Kosten mit ca. 400 USD budgetfreundlicher, der Nationalpark ist allerdings aktuell noch aus pandemischen Gründen geschlossen. Uganda lag bzw. liegt kostentechnisch irgendwo dazwischen. Die gezahlten Gebühren wurden in den Schutz der Primaten und ihrer Lebensräume gesteckt, damit in Zusammenhang auch in Community Development in den dicht bevölkerten ländlichen Regionen am Fuss der Virunga-Vulkane investiert.
Die Nachfrage war trotz der Kosten für die Permits bis zum Corona-Ausbruch durchgängig hoch: In Ruanda musste man diese mehrere Monate im voraus erwerben, um eine Chance zu haben, eine der 100 zugelassenen Besucher pro Tag zu sein. Unter den jetzigen Bedingungen kann man morgens in die Nationalparkverwaltung spazieren und sich ein Permit bestellen.
Am Morgen war heute fast ausschlafen angesagt, um 6h weckte mich das Handy. Mein Muskelkater vom gestrigen Bergsteigen war deutlich spürbar und ich schwor mir, es heute leichter anzugehen. Nach einer heißen Dusche, der Wasserdruck war interessanterweise deutlich besser als am Morgen davor, und einem kräftigen Frühstück holte mich der Fahrer ab. An der Nationalparkverwaltung auch heute nicht viel los: Geschätzt 10-15 Touristen waren zum Gorilla Tracking erschienen. Meine Gruppe bestand aus einem Pärchen um die 60 aus Austin, Texas, und mir. Wir wurden von unserem Guide gebrieft zu den Schutzbemühungen für und Verhaltensregeln beim Zusammentreffen mit den Gorillas (incl. möglicher Beruhigungsgeräusche im Fall von Panik unter den Gorillas).
Uns wurde glücklicherweise eine Gruppe direkt am Rande des Nationalparks "zugewiesen", mit meinen müden Knien hätte ich keine 6h zu den entfernteren Trupps wandern können. Gegen 7.30h machten wir uns auf den Weg zum Trailhead, dem Hauptplatz eines Dorfes. Von dort ging es zu Fuss durch die Kartoffel-, Bohnen- und Mais-Mischkulturen der Bewohner mit gelegentlich Knoblauch dazwischen (sehr durchdacht zur Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit, muss ich als leidenschaftlicher Gärtner zugeben)
Nach ca. 20min erreichten wir den Waldrand, auch hier mit einer Mauer gesichert. Von dort ging es durchs dichte Unterholz bergan. Nach nur ca. 5 min. trafen wir auf die Tracker, die die Gorillagruppe begleiten und ließen Rucksäcke und Wanderstöcke zurück.
Und dann standen wir praktisch auch sofort vor den Gorillas, genauer vor einem der Silberrücken der Gruppe, ein imposantes Männchen von ca. 230kg Gewicht, das uns neugierig beäugte.
Nach und nach tauchten auch die anderen Mitglieder der Gruppe auf, darunter einige halbstarke Männchen, auch bei den Gorillas die, vor denen man sich am meisten Hüten sollte, da sie zu übertriebenen Gesten und Aggressivität neigen. Und sich nach Angaben des Guides auch gern mit Bambussprossen alkoholisieren.
Ingesamt war die Gruppe recht relaxt unterwegs und vor allem die Weibchen überwiegend am Dösen. Nur die ganz kleinen Mitglieder der Gruppe sprangen ausgelassen herum, auch auf ihren Eltern, die das ohne viel Murren über sich ergehen ließen.
Ein wirklich überwältigendes Naturerlebnis, muss ich sagen, denn man sieht und spürt die Emotionen und die Kommunikation in der Gruppe ziemlich hautnah. Auch wenn man angehalten wird, möglichst 10m Abstand zu den Tieren zu halten, ist das nicht immer möglich in dem unübersichtlichen Gelände. Einmal wurde ich fast von einem Männchen von hinten angerempelt.
Leider verging die Stunde mit den Gorillas wie im Fluge und wir wurden vom Guide zum Rückzug gedrängt. Aus den Dörfern klangen uns die typischen Geräusche entgegen und schon nach wenigen Minuten Marsch saßen wir wieder auf der Weide am Waldrand mit einem genialen Blick auf die Vulkane der Virunga-Kette und genossen unser mitgebrachtes Frühstück.