Ins Land der Huzulen

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unseen_shores

Erfahrenes Mitglied
30.10.2015
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Trans Balkan Express
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Tag 7: Ivano-Frankivsk

Sicherheitslage hin oder her: „Ivano-Frankivsk - here we come“ Die Stadt wurde als Stanislawow (Stanislau) 1662 vom polnischen Adelsgeschlecht der Potockis gegründet und wechselte seitdem wie alle Orte der Region häufig den Herrscher. Nach den Polen kam das österreichische Kaiserreich. K.u.k war aud bekannten Gründen kein Erfolgsmodell von Dauer; im Jahr 1919 folgte die Westukrainische Volksrepublik, deren Hauptstadt Ivano-Frankivsk war, es folgten die Polen. Im Herbst 1939 nutzte die Sowjetunion die Gunst der Stunde und besetzte die gesamte Region. Wie andernorts wütete der NKWD erst einmal. Im Jahr 1941 besetzten zunächst die Ungarn die Stadt, die diese im Juli an die Deutschen übergeben mussten. Damit war auch das Schicksal der jüdischen Bevölkerung besiegelt. Während das Massaker von Babyn Jar es sogar in die Geschichtsbücher geschafft hat, ist die Ermordung von 10-12.000 Juden in Ivano-Frankivsk aus dem Gedächtnis verschwunden. Das Massaker fand am 12. Oktober 1941 auf dem jüdischen Friedhof statt und als ob dies noch nicht genug wäre, wurden zu Sowjetzeiten Teile des Friedhofs in einen See umgewandelt. Die Spuren jüdischen Lebens sind mittlerweile weitgehend verschwunden.

Heutzutage ist Ivano-Frankivsk eine lebendige Stadt, in der versucht wird, den Krieg im normalen Leben auszublenden. Nach dem ukrainischen Dichter wurde die Stadt im Jahr 1962 umbenannt.

Wenn ich allerdings etwas gar nicht mag, dann sind es Witzbolde, die einen Handyklingelton im Stil einer Raketenwarnung verwenden. Es gibt in der westlichen Ukraine mindestens zwei davon.

Man merkt der Stadt die bewegte Geschichte an, barocke Kirchgebäude, eine zu einem Shopping Center umgewandelte österreichische Garnison, Gründerzeithäuser sowie ein Schwung Brutalismus. Es gibt viel zu entdecken, obwohl man einigen Gebäuden ansieht, dass ihnen die vielen Veränderungen nicht gut getan haben.

Das Bahnhofsgebäude sieht aus, wie der kleine Bruder das Bahnhofs von Lviv.

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Vor dem Bahnhofsgebäude steht wie an vielen Orten der Region eine Dampflok. Deren Geschichte ist wohl eng mit der der westukrainischen Volksrepublik verbunden. Beim nächsten Mal muss ich mir die Tafeln noch einmal genauer anschauen.


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Unweit des Bahnhofs befindet sich ein Ehrenfriedhof, an dem man die martialischen sowjetischen Denkmäler wohl bereits leicht umgestaltet hat.


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In der Bahnhofsstraße befinden sich viele interessante Häuser, die jedoch eine bessere Zeit hatten.


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Uns zog es zum Hotel Nadiya. Der Name Nadiya fiel in unserem Gruppenchat vor Reisebeginn häufiger. Mitforist @red_travels , der uns leider diesmal auch nicht auf dem ersten Stück der Reise begleiten konnte, hatte schon Sorge um meine Ehe. Da ich aber nicht an Objektophilie leide ist alles gut und meine Ehe gerettet. Im Hotel Nadiya wurden wir nett aufgenommen. Julius hatte über Expedia gebucht, ich über booking.xxx. Bei längeren Touren handhabe ich das so, dass ich bei einem bestimmten Anbieter durch buche, um nicht durcheinander zu kommen. Ich erhielt netterweise ein Upgrade. Allerdings kann auch Nadiya trügerisch sein, für einen möglichen weiteren Aufenthalt wollte ich das Hotel gleich wieder buchen, aber es ist bereits ausgebucht. So trügerisch ist die Nadiya.


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Wir warfen die Sachen ab, verschnauften etwas und zogen durch die Stadt.

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Ivano-Franko-Statue


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Das örtliche Theater, von dem es heißt, in den Brutalismusbau seien auch huzulische Elemente eingeflossen.

Das Stadtzentrum:

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Wegen des Wetters hatte ich keine Lust die Kamera auszupacken, es blieb bei ein paar Handyschnappschüssen.

Wir speisten in einer historischen Passage, meinen Burger gibt es zu gegebener Zeit im passenden Thread.


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Danach schlenderten wir noch durch den Ort, bevor wir den Abend in einer Bar ausklingen ließen.

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Gebäude der medizinischen Fakultät, das eher repräsentativen Zwecken dient.

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Griechisch-unierte Kirche. Die Außenaussicht gibt es am nächsten Tag.

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Ehemalige Kirche, die seit Sowjetzeiten ein Museum ist.


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Ehemaliges Bad.

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Gebäude des historischen Rathauses.

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Denkmal, dessen Bedeutung ich noch nicht recherchiert habe, vor der heutigen Stadtverwaltung.

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Ehemalige Synagoge


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Adam-Mickiewicz, das den Zweiten Weltkrieg auf abenteuerliche Art und Weise überlebt hat.

Übertrieben haben wir es nicht. Ich hatte wegen des kommenden Tages bereits in den Ernsthaftigkeitsmodus umgeschaltet. Aber sicher kann man in den studentischen Kneipen des Ortes auch gut abstürzen.
 

juliuscaesar

Megaposter
12.06.2014
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FRA
Hier noch ein schöner Blick auf die brutalistische Stadtverwaltung:
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Ivan Franko und die hübsche Nadyia im Hintergrund:
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So sah die Synagoge vor der Zerstörung durch die Nazis aus:
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Ivano-Frakivsk hatte einen sehr großen jüdischen Bevölkerungsanteil zu Beginn des 2. Weltkriegs. ~ 50% wenn ich mich recht erinnere.

Dampflokomotive und Bahnhof im Hintergrund:
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Auf dieser historischen Bahnstrecke kann man wunderbar die Städte

Chernivtsi-Kolomyia-Ivano Frankivsk-Lviv

kombinieren. Alle vier Städte sind sehenswert.