Nicht mehr benötigte Visa aus Reisepass entfernen

ANZEIGE

nobetterwaytocry

Erfahrenes Mitglied
24.10.2010
682
0
FRA
In Deutschland ist es nicht verboten, so das OLG Hamm im bereits vor einigen Seiten von europetrav verlinkten Urteil, das meine Zustimmung findet.

Ist es nicht relevant, das es sich in dem Fall um einen tuerkischen Pass handelte? Könnte vor einem deutschen Richter bei einem deutschen Pass doch anders aussehen, oder?
 

Airsicknessbag

Megaposter
11.01.2010
21.249
13.927
Nein:

Solange es nur um Urkunden im weitesten Sinne geht, wie im Fall des OLG Hamm, ist es ohnehin egal, da Urkunden definiert sind als "verkörperte Erklärungen, die vermöge ihres gedanklichen Inhalts dazu bestimmt sind, im Rechtsleben eine Tatsache zu beweisen und ihren Aussteller erkennen lassen" (BGHSt 3, 82 [84]). Darunter faellt unstreitig auch ein tuerkischer Pass, ebenso wie jedes einzelne Visum und jeder einzelne Stempel.

Sobald man in diejenigen etwas spezielleren, im Hammenser Fall nicht angeklagten, Urkundsdelikte kommt, bei denen es um Paesse etc. geht (vulgo "Passfaelschung"), ist die Rede von "amtlichen Ausweisen" (§ 273 StGB), um auch auslaendische Paesse etc. erfassen zu koennen, vgl. Beschluss des 1. . Hier wird - in unseren Faellen - eine Strafbarkeit immer daran scheitern, dass sie nicht "zur Taeuschung im Rechtsverkehr" erfolgt.
 
  • Like
Reaktionen: nobetterwaytocry

Ice_B

Erfahrenes Mitglied
22.11.2011
2.244
1
Münchener Outback
In Deutschland ist es nicht verboten, so das OLG Hamm im bereits vor einigen Seiten von europetrav verlinkten Urteil, das meine Zustimmung findet.

OLG Hamm Beschluss vom 26.05.1998 (4 Ss 88/98)
Mein Chinavisum von 2007 klebt uebrigens bombenfest.



Wo sind die Juristen? :D

@Airsicknessbag:

Das verlinkte Urteil findet nicht nur Deine Zustimmung. Dürfte aber daran liegen, dass dem geneigten Leser der im Urteil abgelehnten Rechtsnormen schon auffallen dürfte, dass diverse Tatbestandsmerkmale einfach nicht passen.

Zum tragen kommt in D daher nicht die Urkundenfälschung, mittelbare Falschbeurteilung oder Urkundenunterdrückung, sondern das "Verändern amtlicher Ausweise" gem. § 273 StGB.

Dass es sich bei dem Visum oder Stempel um eine Eintragung handelt dürfte wohl feststehen. Entfernt wurde es auch, also hätten wir schon mal die 1. Alternative erfüllt. Wenn das nicht zieht, dann zieht der "Gebrauch".
Lustig wirds im deutschen Recht bei der "Täuschung im Rechtsverkehr". Dürfte definiert werden als: "Jemanden zu einem rechtserheblichen Verhalten motivieren." Das kommt fraglos zum tragen, wenn man das Beispiel aus dem Thread nimmt, in dem das Visum entfernt wird, um noch 2 freie Seiten im Pass zu haben um die Einreise "nicht zu gefährden". Passt jetzt zwar nicht auf Deutschland, aber veranschaulicht die Sache schön. Womit der Vorsatz auch gleich als gegeben anzunehmen ist.

Wie gesagt, es ist in D verboten und daher strafbewehrt.

Ob es sich bei dem verwendeten Pass um einen deutschen oder türkischen handelt ist völlig uerheblich, Hauptsache amtlich und das sind Pässe in der Regel immer.
Die Frage nach den Besitz- oder Eigentumsverhältnissen ist daher auch müßig.
 

Airsicknessbag

Megaposter
11.01.2010
21.249
13.927
Schoenes Kontra, da musste ich doch etwas fuer mein Re ueberlegen:

Beim Entfernen eines Visums, um eine freie Seite zu erhalten und so die Einreise in bzw. Visumerteilung durch einen Staat sicherzustellen, der dies bei einem vollen Pass verweigerte, fehlt es bereits an der Taeuschung. Denn ich taeusche den suedafrikanischen Beamten nicht darueber, dass der Pass eine freie Seite hat - er hat sie auch tatsaechlich. Ich taeusche ihn allenfalls darueber, dass ich in China war, was aber wiederum nicht fuer die Einreisebewilligung bzw. Visumerteilung rechtserheblich ist.

Anders koennte es evtl. sein, wenn ich ein israelisches Visum entferne oder einen israelischen Stempel mit Briefmarken abdecke, um den libanesischen Beamten, ja, zu taeuschen.
 
  • Like
Reaktionen: Ice_B

Ice_B

Erfahrenes Mitglied
22.11.2011
2.244
1
Münchener Outback
Auch hervorragend gekontert ;-) wobei es nicht auf die Art der Täuschung ankommt. Im Zweifel kann der Grenzer erstmal den Verdacht hegen und unterstellen, das etwas (was auch immer, ist auch unerheblich) entfernt wurde, dass Einfluss auf die Entscheidung, ob Einreise oder nicht, hat. Denn warum sonst sollte man etwas aus seinem Pass entfernen? Jetzt glaubhaft darzulegen, dass man über nichts täuschen wollte liegt dann beim Reisenden. Dürfte aber schwerlich machbar sein. Das ist halt die Krux mit subjektiven Tatbeständen.
 

Airsicknessbag

Megaposter
11.01.2010
21.249
13.927
P.S.: Das waere ein schoener (Teil-?)Sachverhalt fuer eine Klausur in der grossen Strafrechtsuebung.

Der deutsche Staatsangehoerige A fliegt mit einem Flugzeug der South African Airways mit dem Kennzeichen ZS-SNC von Frankfurt nach Johannesburg. In seinem Pass klebt ein israelisches Visum, das eine volle Seite einnimmt, auf der gegenueberliegenden Seite befinden sich dazugehoerige Ein- und Ausreisestempel vom Flughafen Tel Aviv. Auf allen uebrigen fuer Visa und Sichtvermerke vorgesehenen Seiten seines Passes ist jeweils mindestens ein Stempel. Im Flugzeug entfernt A das israelische Visum rueckstandsfrei und klebt anschliessend einige deutsche Postwertzeichen ueber die israelischen Stempel. Dabei rechnet er damit, dass auf einer geplanten aber noch nicht gebuchten Reise in den Libanon der Beamte der Einreisebehoerde die Postwertzeichen fuer Gebuehrenmarken halten wird.

Ein- und Ausreise in Suedafrika verlaufen problemlos.

Pruefen Sie die Strafbarkeit des A nach deutschem Recht.

Bearbeitungshinweise:
- Nach dem suedafrikanischen Auslaenderrecht ist eine Einreise nur moeglich, wenn der Pass mindestens eine freie Seite hat.
- Nach dem libanesischen Auslaenderrecht ist eine Einreise nur moeglich, wenn der Pass keine israelischen Visa oder Stempel hat.
- Suedafrikanisches und libanesisches Strafrecht kennen eine Regelung, die § 273 StGB vollstaendig entspricht.
 
  • Like
Reaktionen: Ice_B

Ice_B

Erfahrenes Mitglied
22.11.2011
2.244
1
Münchener Outback
Und über welches Staatsgebiet fliegt er bei der eigentlichen "Tathandlung"? :D

Wobei ich die Lösung persönlich kurz fassen könnte:

A entfernt das Visum aus dem Pass in dem Wissen, dass sein Pass sonst nicht mehr visierfähig ist und ihm bei vollständiger Umsetzung südafrikanischen Rechts eine Einreiseverweigerung blühen würde. (Täuschungshandlung hinsichtlich der Gültigkeit des Passes zu Einreise). Die Frage, ob es sich um ein israelisches Visum handelt und eine Reise in den Libanon gelplant ist, ist insoweit unbeachtlich, als dass nach allgemeiner Auffassung, sowie völkerrechtlichem Anerkenntnis für Reisen ein Pass benötigt wird und Visa dem Verständnis nach, nach Erteilung, im Pass angebracht werden. Wenn dies so nicht beabsichtigt wäre, dann könnte man die Erteilung von Visa auf Blättern vornehmen und die südafrikanischen Gesetze würden eine Regelung hinsichtlich freier Seiten im Pass vermutlich nicht kennen. Hinsichtlich des (zumindest bedingten) Vorsatzes lässt der Sachverhalt keine Einwände erkennen. Ebenso verhält es sich mit dem Überkleben der israelischen Stempel. Sollte man andererseits zu dem Schluss kommen, dass die Stempel für den derzeitigen Sachverhalt unerheblich sind, wäre hier zumindest die Versuchsstraftat anzuprüfen. Die Tathandlung i.S.d. Nr 1 ist bereits erfolgt, hinsichtlich der "unmittelbarkeit" zum Erreichen des Erfolges ließe wahrscheinlich trefflich streiten. :D

Außerdem hab ich keinerlei Staatsexamen oder sowas, sonder war im lieber Kreide holen als im Hörsaal zu sitzen :eek:

Aber danke bis jetzt schonmal für eine interessante Diskussion.
 

Luftikus

Megaposter
08.01.2010
24.057
10.006
irdisch
Mit dem Klammeraffen eingetackerte Hinterlassenschaften darf man ja auch entfernen. Analog ist ein abfallendes Klebevisum sicher auch kein Problem. Stempel würde ich nicht rausradieren, aber im Prinzip ist der Pass für den aktuellen Reisebedarf und kein Archiv der Reisetätigkeit.
 

Ice_B

Erfahrenes Mitglied
22.11.2011
2.244
1
Münchener Outback
Mit dem Klammeraffen eingetackerte Hinterlassenschaften darf man ja auch entfernen. Analog ist ein abfallendes Klebevisum sicher auch kein Problem. Stempel würde ich nicht rausradieren, aber im Prinzip ist der Pass für den aktuellen Reisebedarf und kein Archiv der Reisetätigkeit.

Was herausfällt kann man nicht ändern. Stimmt. Bei EU Bürgern mag das nicht so auffallen, aber doch, der Pass ist zum Teil ein Archiv. Je mehr Reisen, desto weniger Fragen und desto geringer die Chance zurückgewiesen zu werden. (grundsätzlich)
 

globe

Erfahrenes Mitglied
Warum eigentlich Visa aus dem Reisepass entfernen statt diese einfach zu sammeln und zusätzliche Reisepässe anzufordern? Ist doch schön, wenn man sich so etwas nach Jahren anschauen und Geschichten oder Abenteuer damit verbinden kann..
 

unblack

UA-VollHONk.
02.08.2009
5.050
6
LEB/ERF
Auch hervorragend gekontert ;-) wobei es nicht auf die Art der Täuschung ankommt. Im Zweifel kann der Grenzer erstmal den Verdacht hegen und unterstellen, das etwas (was auch immer, ist auch unerheblich) entfernt wurde, dass Einfluss auf die Entscheidung, ob Einreise oder nicht, hat.

Nach der Argumentation wäre aber auch der Besitz eines Zweitpasses eine Täuschung und die Herausgabe somit illegal. Denn man könnte ja damit etwas vertuschen.
 
  • Like
Reaktionen: Luftikus

DSkywalker

Erfahrenes Mitglied
06.11.2011
5.291
2
MUC
Nach der Argumentation wäre aber auch der Besitz eines Zweitpasses eine Täuschung und die Herausgabe somit illegal. Denn man könnte ja damit etwas vertuschen.

Außerdem hat die Behörde in der Datenbank alle deine Ausweise stehen. In diesem Ausweisgesetz steht auch irgendwo, daß die Behörde es verlangen kann daß du alle Ausweise mal (auf dem Amt) vorzeigst...
 

unblack

UA-VollHONk.
02.08.2009
5.050
6
LEB/ERF
Außerdem hat die Behörde in der Datenbank alle deine Ausweise stehen. In diesem Ausweisgesetz steht auch irgendwo, daß die Behörde es verlangen kann daß du alle Ausweise mal (auf dem Amt) vorzeigst...

Und kann ich doch auch weiterhin. Es ging ja darum, dass man ggf. beim Grenzer etwas "vertuschen" will, wasauchimmer das ist.
Dass man abgelaufene Visa nicht aus dem Pass entfernen darf (ohne den Pass dabei zu beschädigen) halte ich für ne Überinterpretation und es ist bisher ja auch noch kein Fall bekannt, dass es irgendwo irgendwo mal deswegen Zoff gegeben hätte (die "Tatbestände" in den verlinkten Urteilen diesbezgl. drehen sich um etwas andere Sachverhalte. Im Zweifelsfall ist es rausgefallen; wer will Dir das Gegenteil beweisen?

Ich reise selbst seit 4 Jahren mit so einem Pass durch die Gegend und ich sehe auch keinen Anlass, mich deswegen jetzt heiß zu machen.
 

hegemonie

Erfahrenes Mitglied
19.02.2012
710
464
Ich habe in meinem Pass auch div. Leerseiten, da das eine oder andere Chinavisum nicht mehr kleben wollte. Jedoch fielen die Visa nicht rückstandsfrei heraus, sondern hinterließen einen hellgelben Klebstoff-Film.
Mich hat das nicht gestört und ich habe den Pass seitdem viele Male für die Einreise in div. Länder (USA, Ägypten, Hongkong, Taiwan etc.) verwendet. Zum Teil wurden auch Einreisestempel auf die "gelblichen" Seiten gedrückt.

Vergangene Woche bei der Ausreise aus BKK wurde der Pass jedoch vom Immigration-Beamten in die Mangel genommen. Er hat mir keinerlei Fragen gestellt, sondern ist, nachdem er 1 oder 2 dieser Seiten beim Durchblättern entdeckt hatte, gleich zum Supervisor gelaufen. Nach einer mehrminütigen Diskussion zw. den Beamten wurde der Pass dann vom einem Iphone mehrmals fotographiert und mir anschließend die Ausreise erlaubt.

Ich werde jetzt kein Risiko mehr eingehen, sondern mir einen neuen Pass besorgen.....