Czesc!
Meine bessere Hälfte kommt aus Polen, genauer gesagt aus Oberschlesien (Zabrze, da wo unser Spielerheld und der aus meiner Sicht wirkliche sympathische Podolski heute kickt). Familie und Freunde aus der Ecke kommen aus einem eher großstädtisch-liberalen Milieu. Ich hab mittlerweile trotz der nach wie vor vorhandenen Sprachbarriere (Polnisch wird von mir nach wie vor als Verbrechen gegen die Menschlichkeit betitelt) einen guten Zugang zu Land und Leuten.
Der Pole ist ehrlicher und hilfsbereiter als der Durchschnittsdeutsche, entspannter sowieso. Im Regelfall auch gegenüber Ausländern. Vor allem in der noch lebenden Großelterngeneration gibt es hier und da aber recht festsitzende Vorbehalte gegenüber Deutschen. Dazu muss man wissen, dass nach der Zwangsumsiedlung aus den ehemaligen Ostgebieten Polens im heutigen Litauen, Weißrussland und der Westukraine nach dem zweiten Weltkrieg in die neuen Gebiete rund um Danzig, Stettin und Breslau jahrelanger Mangel und insbesondere bis zum Abschluss des Zwei-Plus-Vier-Vertrages im gesamten Land Unsicherheit darüber herrschte, ob die Bundesrepublik ihrerseits Forderungen zur Gebietsrückgabe der ehemaligen deutschen Ostgebiete aufmacht. Dieser jahrzehntelange Schwebezustand und dazu die politische Zwangszugehörigkeit zur Sowjetunion unter der kommunistischen Diktatur in der damaligen Volksrepublik mündeten in dieser Einstellung. Meine Generation (Mitte 30) sowie die Jüngeren erleben den Aufschwungs Polens seit dem EU-Beitritt 2004. Sie fühlen sich als stolze Polen, zeigen im Gegensatz zu uns gern Flagge und sehen sich gleichzeitig als überzeugte Europäer. Die Zeiten, in denen "der Pole" als billiger Handlanger und Malocher in den westeuropäischen Staaten verlacht wurde, sind vorbei. Das wissen die auch. Und ich halte trotz aller politischen Entwicklungen die EU-Osterweiterung nach wie vor für eine (bzw. fast schon die letzte) wirklich wegweisende und richtige Entscheidung auf europäischer Ebene.
Politisch wird in meinem Kreis das Lakaien-Ensemble um Jaroslaw Kaczynski genauso verachtet wie der vor allem auf deutscher Seite beinahe als Heilsbringer verschriene Donald Tusk. Muss keiner glauben, dass hier politisch die Messen zugunsten Deutschlands mit dem gesungen sind. Der ist einfach nur weniger schlimm als ein Kaczynski und seine PiS, die vor allem auf dem Land aber weiter mit ihrer Anti-Alles-(bis-aufs-Geld-aus-Brüssel)-Rhethorik verfangen. Umgekehrt schauen die Polen mittlerweile mit einigem Erstaunen auf unsere politischen Entscheidungsträger und die Entwicklungen im Land. Illegale Migration aus völlig kulturfremden Kreisen bspw. ist dort einfach nicht erwünscht und mit den nach wie vor recht überschaubaren Sozialleistungen werden die gerne nach Deutschland durchgeschoben. Kein Wunder, dass unsere Regierung mal wieder vollkommen nutzlose Grenzkontrollen durchführt. Bei den Ukrainern im Land sieht das anders aus. Wir haben selbst in einer Eigentumswohnung im Großraum Katowice eine Familie untergebracht. Die arbeiten fleißig u.a. im Zabka und große Vorbehalte sind dort (noch) nicht erkennbar. Die Energiepolitik ist auch so ein Feld. In den beiden großen Braunkohlerevieren Turow und Belchatow sowie - wenn auch immer weniger - im schlesischen Steinkohlerevier wird noch kräftig gefördert und verheizt. Der private Hausbrand führt vor allem im Winter zu nach wie vor erdrückend schlechter Luft in den Städten. Unsere Klimajünger wären nach drei Zügen erstmal für einen Monat außer Gefecht gesetzt. Allerdings zählt hier vor allem die Bezahlbarkeit und so ideologiegetrieben wie in Deutschland läuft das östlich von Oder und Neiße nicht. Und das wissen und wollen die auch.
Ansonsten habe auch ich hier und da bei den vielen Aufenthalten und Reisen durch das Land Vorbehalte von Einheimischen erlebt. Einen richtigen Aussetzer gabs mal in Danzig. Das sind dann im Regelfall die klassischen Hillbillys (oder sollte ich sagen Hilszkybylzkys?), die es hierzulande ebenfalls zuhauf gibt. Davon sollte man sich nicht irritieren oder verunsichern lassen. In meinem polnischen Freundes- und Bekanntenkreis jedenfalls wird kräftig mitgelacht, wenn ich mal wieder einen Witz auf ihre Kosten reiße, mein Geld im Portemonnaie ganz genau durchzähle und mich über das fehlende Finish bei der Gestaltung von Straßen und Bürgersteigen echauffiere.
Polen ist ein sehens- und bereisenswertes Land mit tollen Städten, einer wunderbaren Natur, bester Küche und nicht zuletzt liebenswerten Menschen.