13. Tag; Cap d’Agde St. Remy de Provence
Nach 9 Tagen war sie um, unsere Zeit in Cap d’Agde für 2017. Wir haben es mal wieder in vollen Zügen – trotz des schlechten Essens – genossen, Tage völlig abseits der anerzogenen christlichen Konvention.
Natürlich gab es auch negative Aspekte, denn unsere Wohnung war grauenhaft, obwohl aus der Kategorie ‚Luxe’. Wenn ich z.B. aus dem Bett aufstand, befand ich mich bereits automatisch in der Küche, zwei Schritte nach links im Wohnbereich, 3 nach rechts im Badezimmer. Nicht sehr praktisch wenn man weniger Schlaf benötigt als der Partner.
Es ist schon seltsam, dass man sich im Urlaub eine Wohnung
antut, welche maximal 1/20 der eigenen Wohnung ausmacht, man zudem auch noch – im Gegensatz zu zuhause – selbst Putzen und Waschen muss. Fragt mich mal wann ich zuletzt zuhause den Fußboden aufgewischt, das Geschirr abgespült oder gar eine Waschmaschine entladen habe.
Aber was tut man nicht alles für die Party, und die war, wie immer, absolut genial.
(es wird sehr darauf geachtet, dass im Club keine Fotos gemacht werden).
Von unseren 9 Tagen war wir 8x im ‚Glamour’, zwei Mal kann ich von mir behaupten mehr als genug Vodka zu mir genommen zu haben, was sich dann auch gleich am nächsten Tag bitter in Form von Kopfschmerzen rächte. Am Strand waren wir nur 3x,
es war teilweise einfach zu windig und wolkig – oder wir hatten besseres vor.
Was wir wieder gesehen & erlebt haben, unglaublich, manchmal auch ‚too much’. Einige hauen sich wohl dermaßen alle Arten von Drogen in den Kopf – ansonsten kann ich mir es nicht erklären. Um diesen Ort auch nur ansatzweise zu verstehen, die Reichweite von ‚too much’, muss man ihn erlebt haben. Cap d’Agde ist einmalig auf diesem Planeten, weshalb die Besucher auch immer internationaler werden. Süd- und Nordamerikaner kommen schon lange, doch nun werden auch die ersten Inder und Chinesen gesichtet, so wie Gott sie erschuf.
Ja, das Essen, das war wirklich mal wieder schrecklich, egal ob am Strand
oder abends in Restaurants. Okay, die Austern kann man essen, frisch und lecker (ich esse sie mit Zitronensaft & etwas Tabasco) – aber der Rest, brrrrr! Selbst gescheite Croissant bekommt man nicht. Irgendwann haben wir abends auf Baguette, Käse & Pastete umgestellt, obwohl auch nicht in Topqualität verfügbar.
Natürlich kann man das Village auch verlassen, aber dann fühlt man sich plötzlich so seltsam: alle sind so sittsam angezogen. Trotzdem haben wir es einmal in ein Fischrestaurant geschafft – war aber auch nur ‚okay’.
Vielleicht noch interessant für Euch: Russen, bzw. russischsprachige, bleiben gerne unter sich. Man unterhält sich gerne mit Gott und der Welt – aber im Endeffekt werden anderssprachige dann doch nicht in die Gruppe gelassen. Dies liegt einmal an der Sprachbarriere, aber eben auch an der anderen Mentalität & Humor. Auch haben viele einfach Angst vor ‚den Russen’, denken wir seien eh alle von der Mafia – was uns auch einige Mal gesagt wurde.
Für 2018 haben wir schon vor Abreise wieder gebucht, so konnten wir uns für das nächste Mal ein ordentliches Apartment mit separatem Schlafzimmer sichern.
Nun aber zur Weiterreise:
Normalerweise muss man die Schlüssel der Wohnung bis 10 Uhr bei der Agentur abgegeben haben, etwas schwierig wenn man die Nacht noch gefeiert hatte. Aber während der Reservierung für 2018 konnte ich einen ‚Late-Check-Out’ bis 11:30 aushandeln.
Obwohl erst um 4 im Bett, war ich schon wieder um 08:30 wach, besorgte Croissants, trank einen Café au Lait und schmiss dann, ganz zu ihrem Unbehagen, V. aus den Federn. Frisch gemacht, die restlichen Sachen in die Reisetaschen geschmissen und zum Ausgang des Villages gefahren, wo wir uns ein letztes Mal mit unseren Freunden trafen, Schlüssel und WiFi-Router (EUR 7/Tag) bei der Agentur abgaben.
Für einige unserer Freunde stand eine lange Rückreise an, manche fuhren nur bis zum Flughafen in Barcelona, andere machten sich per Auto auf den Heimweg nach Moldavien, Kaluga und Moskau.
Wir hatten wohl den kürzesten Weg des Tages, fuhren zu unserer Verwunderung ohne Stau nach St. Remy de Provence, wo ich schon seit fast 20 Jahren meine Südfrankreichurlaube ausklingen lasse.
Für eine einzige Nacht sah ich nicht ein fast EUR 500 für die wunderschöne ‚L’Oustau de Baumaniere’ in Les Baux auszugeben, hatte mich im Vorfeld nach einer günstigeren Unterkunft in der Umgebung von St. Remy umgesehen.
Die Wahl fiel auf ein kleines Hotel, ähnlich der L’Oustau, nördlich von St. Remy, dem ‚Mas Lou Figoulon’. Auch hier handelt es sich um ein typisches provenzalisches Steinhaus, umgeben von einem wunderschönen Garten, so wie man es in der Provence erwartet.
Unser Zimmer mit Blick auf Garten & Pool
war sehr hübsch, für EUR 95/Nacht inklusive Frühstück ein sehr guter Deal, keineswegs EUR 400 schlechter als die L’Oustau, auch wenn man mit einigen negativen Punkten (nur ein Handtuch pro Person, kein Internet im Zimmer, kein Kühlschrank) leben muss.
Nachdem ich unsere Taschen ins Zimmer gebracht hatte, ging es mit knurrenden Mägen ins Zentrum von St. Remy,
die Auswahl an Restaurants war am Sonntag nicht besonders gut. Egal, wir wollten eh nur etwas Kleines, ließen uns von Tripadvisor führen, suchten einen Platz auf der hübschen Terrasse des ‚Toute Une Epoque’,
bestellten eiskalte Coke Zero, einen Salat mit Gänseleber und Gänsebrust
sowie ‚Magret de Canard’ mit Gemüse und Kartoffelgratin.
Das Essen war durchaus okay, obwohl nicht der Knaller das beste der letzten 10 Tage.
Nachdem wir EUR 50 bezahlt hatten, schlenderten wir noch etwas durch die wunderschöne Altstadt von St. Remy,
besuchten die frisch renovierte Kirche mit ihrer interessanten Orgel.
Selbst eines dieser unsäglichen Fish-Spas sahen wir hier.
Nun ging es über Nebenstraßen in Richtung Les Baux, zum einen um dem Massenanstrom zu entgehen, zum anderen da man von dieser den besten Blick auf Les Baux hat,
ohne sich mit tausenden in der Nachmittagshitze durch die schmalen Gassen der mittelalterlichen Stadt zu quälen (haben wir schon hinter uns).
Über die Hauptstraße zurück nach St: Remy, vorbei an den römischen Ruinen zu unserer Unterkunft, wo wir etwas Schlaf der vorherigen Nacht nachholten.
Bei nur einer Nacht in der Provence muss man sich natürlich auf das Wichtigste beschränken, also das absolute Lieblingsrestaurant, in meinem Fall das ‚Ou Ravi Provencau’ in Maussane-les-Alpilles.
Dieses Restaurant besteht seit 1964 –
und ich nehme an die Speisekarte ist noch immer fast dieselbe. D.h. echte provenzalische Küche, ohne moderne Einflüsse von Chi-Chi-Cha-Cha.
In den letzten Jahren wurde das Restaurant vom Gründer an seine Tochter übergeben, welche das Restaurant etwas mehr in Richtung chique trimmte, es aber noch immer gemütlich hielt. Vorbei jedoch die Zeiten in welchen der rustikale Patron selbst an den Tisch kam, die Gäste begrüßte und Bestellungen aufnahm. Heute ist alles eleganter, der Service sehr aufmerksam.
Trotzdem gibt es noch die alten Gerichte, die provenzalische ‚Pistou’, den hausgeräucherten Schinken, die Kutteln vom Lamm und die in Grand Marnier eingelegten Trockenpflaumen.
Leider gab es bei unserer Ankunft ein Problem mit der Reservierung – man hatte uns fälschlicherweise für Samstag statt Sonntag eingetragen, und das Restaurant war voll besetzt. Wir nahmen an der Bar Platz,
bestellten Kir Vin Blanc & Coke Zero, erhielte, um die Wartezeit zu überbrücken, Röstbrot mit gesalzener Butter sowie Radieschen & Tapenade.
Schon nach kurzer Zeit erhielten wir einen schönen Tisch im hübschen Innenhof, welcher wegen der umschließenden Mauern windgeschützt ist.
Wir erhielten die Speisekarte und entschieden uns für das Menü zu EUR 57, welches Vorspeise, Hauptgericht, Käseauswahl, Dessert, eine Flasche Wein (für 2 Personen) und Kaffee enthält.
V. wählte die provenzalische Pistou,
ihrer Meinung nach die südfranzösische Ausführung von Borschd, ich die hausgemachte Gänseleberterrine mit einer Marmelade von roten Zwiebeln und rustikalem Röstbrot.
Die Suppe war hervorragend, wenn auch viel zu viel, die Gänselebeterrine so wie sie sein sollte, mit viel Geschmack, kein Vergleich mit der zum Mittagessen. Vor allem aber die Marmelade von der roten Zwiebel überzeugte, war nicht so pappsüß, überlagerte den feinen Geschmack der Leber nicht.
Als Hauptgericht entschieden wir uns für den provenzalischen Lammrücken, in Bratgrat roh/bleu, dazu einen überbackenen Auflauf von Makkaroni und Käse (also Mac&Cheese).
Das Lamm war unglaublich lecker, butterzart, selbst in der fast rohen Ausführung. Aber auch der Makkaroniauflauf wusste zu überzeugen.
Im Anschluss wurde die Käseauswahl aufgetragen, links Schafskäse, in der Mitte Kuhmilchkäse, rechts Ziegenkäse, vieles aus lokaler Herstellung.
Wir entschieden uns für eine Auswahl von Schaf und Ziege, dazu Konfitüre von Feige und Orange.
Guter Käse ist eine Wucht. Mir persönlich hat es zwar geschmeckt, aber ich bevorzuge Ziegen- und Schafskäse mehr in der gereiften, intensiveren Ausführung.
Zum Abschluss das Dessert, für V. geeistes Nougat mit Lavendelhonig,
für mich meine geliebten Trockenpflaumen in Grand Marnier.
Das Nougat war für meinen Geschmack zu neutral, nicht süß genug, die Pflaumen aber, wie immer, einfach ein Traum.
Zur Rechnung ein Espresso und schon waren wir wieder auf der Straße in Richtung St. Remy. Statt des direkten Weges entschied ich mich für den Umweg über Les Baux, so dass V. die nächtlich beleuchtete Skyline der Stadt unter einem wahnsinnig schönen Sternenhimmel betrachten konnte.
Zurück ins Hotel, wo der Tag sein Ende fand.