RETRO-Tripreport : Flugzeugträger !!

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fleckenmann

Erfahrenes Mitglied
01.05.2015
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Rhein Main
Www.worldofaviation.org
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Hallo zusammen,

heute mal ein Tripreport, der fast 10 Jahre zurückliegt, aber ein "Once in a lifetime" Erlebnis war, an dem ich Euch gerne teilhaben lassen möchte.

Bedingt durch meinen Job und meine Fliegerbegeisterung bekommt man über die Jahre immer mal wieder einmalige Chancen auf etwas Besonderes. Seit Jahren betreibe ich mit einem Freund zusammen eine kleine Webpräsenz für Flugzeug-Enthusiasten und habe früher auch mal für das eine oder andere Magazin geschrieben oder fotografiert.
Über einen kontakt bei der US Navy bekamen wir Mitte 2007 kurzfristig die Möglichkeit, zwei Tage auf einem aktiven US Flugzeugträger im persischen Golf zu verbringen. Wir müssten uns dafür nur in 3 Tagen in Bahrain einfinden, wo man uns dann abholen würde.
Nach wilder Diensttauscherei und kurzfristiger Gulf Air Buchung konnte das Abenteuer dann tatsächlich beginnen.
Ich muss zugeben, dass ich trotz Dutzender vorheriger reisen noch nie so nervös war wie am Abflugtag. Wir wussten erstens nicht genau, was uns erwartet, wohin es überhaupt geht und wann wir wie wieder zurückkommen würden. Der Träger war damals im aktiven Einsatz, es wurden tägliche diverse Missionen nach Afghanistan geflogen. De facto würden wir uns also im Krieg befinden.....
Gulf Air flog damals noch mit Großgerät nach FRA und der sonderbemalte A330 brachte uns nach Manama









Vorsichtshalber hatten wir uns für 3 Tage im Mövenpick Hotel am Airport eingenistet, um auf Abruf bereit zu stehen. Das Hotel machte einen top Eindruck und der erste Abend wurde zur Beruhigung an der Bar verbracht.









Am nächsten Morgen dann die Nachricht, wir würden gegen 12.00 im Hotel abgeholt werden und von dort auf den amerikanischen Bereich am Airport gebracht zu werden. Die Spannung stieg langsam ins Unermessliche....

Kurz nach zwölf kommen dann 2 Offiziere ins Hotel und fahren uns mit einem Humvee in das Abfertigungsterminal der US Streitkräfte am Airport. Neben unserem Flug gingen an dem Tag noch ein Metroliner zur Sigonella NAS und eine World MD11 irgendwo in die USA von hier.
Tatsächlich gab es im Terminal auch eine Sicherheitskontrolle, die die Soldaten MIT ihren MP's und Gewehren durchlaufen mussten. Wir übrigens auch, so ziemlich als einzige unbewaffnet. Wir wurden streng angehalten, keine Fotos zu machen und sind dem natürlich nachgekommen.

Kurz nach 15.00 Uhr dann endlich unser Aufruf, zusammen mit einem einzigen weiteren Passagier und etwas Fracht ging es raus aufs Vorfeld zur C-2 Greyhound https://de.wikipedia.org/wiki/Grumman_C-2 , umgangssprachlich nur COD genannt. Da sich der Träger immer in Bewegung befindet, kann so ein Flug von einer halben Stunde bis zu mehreren Stunden dauern, bei uns wurden es am Ende nur gute 50 Minuten.





Bei der C-2 handelt es sich natürlich nur ein absolutes Mittel zum Zweck, wahnsinnig laut und aufgrund des Klimas vor Ort wahnsinnig heiß. Zusätzlich zur Schutzbrille und den Ohrschützern gibt es natürlich auch den obligatorischen Fallschirm.
Falls jemand fragen will, man unterzeichnet vorher eine Einverständniserklärung, die auf jedwede Gefahren hinweist und den Versicherungsschutz seitens der US Navy ausschließt.

Meine Anspannung ist mittlerweile auf dem Max Level angekommen, als es endlich losgeht. Nach kompletten Flug über Wasser entdecken wir nach 50 Minuten die USS John C. Stennis https://de.wikipedia.org/wiki/USS_John_C._Stennis_(CVN-74), ein nuklearbetriebener Träger der Nimitz Klasse.

Den Ausblick wird ich wohl niemals vergessen.....













nach einer Runde um den Carrier kommt dann das Kommando aus dem Cockpit......Brace Brace Brace.......es geht also los



Wir erwischen das Cable und kommen innerhalb von einer Sekunde zum stehen. Da man falsch herum sitzt, wird man in den Sitz gepresst....
 

fleckenmann

Erfahrenes Mitglied
01.05.2015
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Teil 2 : Da sind wir also endlich....mitten im persischen Golf auf einem Flugzeugträger. Schnell werden wir entladen und zu unserem PR Offizier in die Offiziersmesse gebracht. Nach einem freundlichen Bekanntmachen geht es direkt auf die Brücke, der Kapitän möchte uns gerne auch mal kennenlernen. Damit hatten wir nicht gerechnet, fühlen uns aber durchaus geehrt. Die Amerikaner haben allem Anschein nach ein sehr offenes Verhältnis zu "Aussenstehenden", uns wird explizit erlaubt alles zu fotografieren, man hätte keine Geheimnisse.


Anhand der Koordinaten haben wir also jetzt eine genaue Einschätzung, wo wir uns befinden. Die Stennis muss sich natürlich permanent in internationalen Gewässern befinden, daher muss dauernd ausreichend Abstand zum Festland gehalten werden.

Nach dem Schnack mit dem Kapitän bekommen wir unsere Flight Deck Einweisung. Wir müssen die ganze Zeit weiße Anzüge und Hörschutz sowie Helme tragen, ein eigener Security Offizier wird uns draussen begleiten und aufpassen, das wir uns nicht in Gefahr begeben. Schwere Unfälle gehören leider immer mal wieder zum Alltag dort, die Kombination aus hektischem Betrieb, Waffen, Kerosin und kaum Platz trägt nicht wirklich zur Sicherheit bei.

Dann geht es bei 45 Grad raus aufs Flugdeck, was dementsprechend mega aufgehitzt ist. Unter dem Anzug ist es wahnsinnig heiß, ich trinke insgesamt mehr als 5 Liter, was aber kaum ausreicht. Und wir laufen nur mit der Kamera dort rum und müssen nicht mal arbeiten.....

Als Erstes laufen wir zu unserer C-2, die anscheinend einen Schaden am Triebwerk hat, jedenfalls läuft dort massig Flüssigkeit aus und mehrere Mechaniker sind wild am gestikulieren. Gut dass die immerhin bis zu unserer Landung durchgehalten hat :eek:





Wir kommen gerade richtig zur abendlichen Outboundwelle und begeben uns direkt Richtung Katapult, um die startenden Hornets zu begutachten









Das Ganze ist eine perfekt abgestimmte Choreographie, um in kürzester Zeit den kompletten fliegenden Verband in die Luft zu bekommen. Dabei darf nix schiefgehen, hier ist eigentlich keinerlei Platz für Fehler. Der Katapultstart wird unterirdisch überwacht und ausgelöst.




Das Katapultseil wird quasi permanent von Mechanikern überwacht und geprüft.


Irgendwie ist das ganze ein surreales Szenario. Man steht da wie im Film und beobachtet, während eine Maschine nach der anderen teilweise schwerbewaffnet startet. Aber vom Gefühl einfach nur megageil (y).






Zu unserem Glück waren damals nicht nur Hornets und Super Hornets (F-18) an Bord, sondern auch noch eine Staffel von S-3 Vikings, die mittlerweile leider Geschichte sind https://de.wikipedia.org/wiki/Lockheed_S-3





Dann macht sich auch die Hawkeye auf, quasi die AWACS Version für Flugzeugträger. Um Platz zu sparen, können alle Flieger ihre Flügel anklappen, wie hier schön zu sehen ist.



Während die Sonne langsam am Firmament untergeht, gehen wir nochmal rein, um etwas zu trinken und uns zu erfrischen. Auch von drinnen ist der Ausblick einfach nur genial.



 
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fleckenmann

Erfahrenes Mitglied
01.05.2015
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Teil 3 : Leider hat unser Public Relations Offizier keine allzu guten Nachrichten für uns....das Triebwerk der C-2 scheint ein größeres Problem zu haben und daher steht der ganze Ablauf unseres Besuches in Frage. Evtl. müssen wir länger bleiben, werden mit dem Hubschrauber ausgeflogen oder man kann eine Ersatz C-2 organisieren. Das bedeutet allerdings, das wir mit als Erste evtl. am nächsten tag ausgeflogen werden, damit die neue C-2 mehrere Legs absolvieren kann. Es bleibt also spannend...wir werfen noch kurz einen Blicks aufs Flight Deck, bevor es für uns in die Offiziersmesse zum Abendessen geht







Wir bringen unser Zeug noch schnell in unsere Kabine, die für das sonst gebotene absoluter Luxus ist. Nur zwei Betten und ein eigenes Waschbecken hat hier kaum jemand. Die Duschen müssen wir uns allerdings mit der Crew teilen. Wir entledigen uns unserer komplett nassen und durchgeschwitzten und dreckigen Klamotten und inspizieren unser Nachtlager







Vom Essen selber habe ich keine Bilder gemacht, aber das Prinzip an Bord ist eigentlich folgendes.....jeder arbeitet bis zu 16 Std am Tag, bekommt aber sonst alles geboten, was man so braucht, wie z.B. sehr sehr gutes Essen in riesigen Mengen. Wir haben Glück und sind an einem Dienstag an Bord, dem TACO TUESDAY. Es gibt mexikanisches Essen bis zum Abwinken und wir hauen ordentlich rein. Ich trinke dazu noch knapp 2,5 Liter Root Beer und wir rollen danach in die tieferen Etagen der Stadt auf dem Wasser.
Wir bekommen als erstes den gewaltigen Ankerraum zu sehen, man kann sich ja in Etwa vorstellen, was die Ankerkette so aushalten muss bei den Ausmaßen dieses Kolosses.







Dann geht es für uns kurz auf die Kabine, um 2 Uhr werden wir für die Nightsession wieder abgeholt. Von dieser habe ich leider keine brauchbaren Bilder, aber dafür ein 30 Minuten Video. Im kompletten Dunkel ist das landen noch schwieriger und wir sehen diverse Durchstartmanöver. Kurz vor der Landung muss jeder Pilot Vollschub geben, damit die Energie zum Abheben reicht, wenn alle drei Arresting Cables verfehlt werden. Das Ganze ist ein Höllenspektakel, wahnsinnig laut und durch die Funken auch teilweise extrem imposant. Gegen 4 fallen wir dann todmüde ins Bett, über uns befindet sich eines der Kabel und bei jeder Landung gibt es einen Schlag in der Kabine. Aber selbst das stört uns nicht mehr, vor lauter Erschöpfung ist mittlerweile alles egal.

Der nächste Morgen beginnt ruhig und friedlich, bis mittags ist kein Flugverkehr angekündigt, damit die Crews sich von der Nacht erholen können. Das gibt uns Zeit, in aller Ruhe draußen rumzuspazieren und alles unter die Lupe zu nehmen. leider erfahren wir auch, dass bei der nächtlichen Mission zivile Opfer zu beklagen waren, was die Stimmung doch sehr trübt....



Ein Großteil der Flieger steht oben geparkt, in den Werkstattabteilungen eine Etage tiefer wird ebenfalls fleißig gewerkelt. Dafür gibt es extra Flugzeugaufzüge, um die Flieger unter Deck zu bringen.




So sieht ne SideWinder aus der Nähe aus....





Wir machen ordentlich Fahrt, damit die Stennis sich für die nächste Flugphase wieder in die richtige Position bringen kann.



Mit die wichtigste Aufgabe an Bord haben die Jungs, die alle Manöver auf dem Flight Deck koordinieren. Auf einem Miniaturschiff wird jederzeit alles mit Hilfsmitteln so dargestellt, wie es in der Realität auf dem Deck aussieht. Nur so kann gewährleistet werden, das alles immer zugänglich bleibt.



Dann schauen wir uns die Arrestor Kabel an, je nach anfliegendem Flugzeugtyp wird die Spannung variabel eingestellt.










Damit der Schub beim Katapultstart maximal ausgenutzt werden kann, klappt eine Betonklappe hinter dem Flieger hoch. Solltet ihr Euch auch mal auf einem Träger befinden....tretet nicht nach einem Start auf diese Betonklappe.....meinem Kumpel sind in Sekundenschnelle die Sneaker geschmolzen :p







Dann erhalten wir die Nachricht, dass gleich eine neue C-2 landen wird, um uns abzuholen. Nachteil.....wir müssen früher los als geplant......Vorteil.....wir werden einen Katapultstart am eigenen Leib erleben dürfen.





Wieder nehmen wir also Platz und warten gespannt, wie es sich wohl anfühlen wird....



Und dann kommt es wieder, das Signal aus dem Cockpit und booooom, schon sind wir in der Luft. Alles geht so schnell, man verliert für einen Moment die Orientierung und den Atem und dann ist der Spuk auch schon vorbei. Zur besseren Belüftung fliegen wir die ganze Zeit mit geöffneter Heckklappe, dann übermannt mich die Müdigkeit und ich werde erst wieder durch das Aufsetzen wach. Das Abenteuer ist zu Ende.....

 
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crossfire

Erfahrenes Mitglied
15.04.2012
2.010
531
Alter Verwalter!! Wie geil ist das denn,ich bin absolut begeistert - Dein Report ist schon jetzt in der Top Five meiner Rangliste! Vielen Dank f.teilen! (y)
 
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Zottel

Erfahrenes Mitglied
19.03.2014
409
47
Fellbach
Oh wow, so was mal erleben zu können (y) Gehört wirklich in die Kategorie: ONCE in a lifetime.

Vielen Dank für den auch wieder so gut geschriebenen/beschriebenen Bericht

Was hast Du sonst noch alles Spannendes erlebt und uns bisher verschwiegen? Damit will ich aber nicht sagen, dass Deine anderen Reiseberichte nicht spannend waren :D
 
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MANAL

Erfahrenes Mitglied
29.05.2010
14.606
9.545
Dahoam
Hammerbericht!!! Dürfte einer der beeindruckendsten hier im VFT sein. Danke dass Du dieses tolle Erlebnis mit uns teilst. (y)

Ein Erlebnis von dem wohl jeder Flugzeugfreak nur träumen kann. Und für die meisten wird es auch im ganzen Leben ein Traum bleiben. v.a. mal Start und Landung auf einen Träger zu erleben. Alleine ein Tag darauf ohne Start/Landung wäre schon der Hammer.
 

bfk

Erfahrenes Mitglied
19.05.2013
630
40
FRA
Gigantisch! Darf man fragen, was du beruflich so anstellst, dass es dir solche außergewöhnlichen Trips ermöglicht?
 
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tarantula

Erfahrenes Mitglied
02.02.2011
2.481
2.018
Löhne
Genialer Bericht, tolle Fotos. Sehr beeindruckend und mal was ganz anderes. So einen Tripreport habe ich hier noch nie gelesen.

Toll, dass du sowas erleben konntest.
 
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matzedd

Erfahrenes Mitglied
29.07.2010
300
0
Einfach unglaublich toll und wohl ein Traum von so fast jedem in diesem Forum. Vielen Dank dafür.[emoji106]
 
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snickerz

Erfahrenes Mitglied
07.01.2013
1.045
-1
FRA & VIE
Einfach nur WOOOWWW! Echt genialst....

Deine Gefühle, die Du beschreibst, bevor es nach Bahrain ging kann ich nach empfinden, als es für das erste mal nach Riad ging...
 
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