COUCHSURFING in Japan - März 2025

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Notausgang

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18.03.2023
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BER
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Guuuuten Abend!

Nachdem ich hier viele viele Reiseberichte gelesen und genossen habe, möchte ich auch von meiner letzten Reise berichten. Ich bin letzten Monat für 3 Wochen nach Japan zum Couchsurfen* geflogen. Das ist irgendwie langweilig, weil gerade gefühlt jeder nach Japan fährt, aber auch richtig spannend, weil Japaner nicht mal ihre eigenen Freunde allzu regelmäßig ins eigene Wohnzimmer lassen (man geht dann wohl eher auswärts essen). Und es ist spannend, weil ich dadurch kaum Touri-Attraktionen, aber viel mehr nischige Sachen sehen konnte. Aus meiner ersten Couchsurfing Reise wurde schnell die beste Reise bisher (nach 25 Ländern) - ich hoffe ihr versteht im Laufe des Berichts warum.


(*Couchsurfen: Name für Online-Plattform und gleichzeitig Konzept, bei denen man Fremden eine Couch (o.ä.) kostenlos zum Nächtigen anbietet. Sinn ist der kulturelle Austausch, die meisten Host sind auch selbst Surfer)

Kurz Meta-Infos, bevor es richtig los geht:
3 Wochen, Regionen Tokyo & Kansai (Osaka/Kyoto). Flug war LH714/715 MUC<->HND für angenehme ~1000€.
Werde so viel Einblicke wie möglich geben, auch in die genauen Kostenpunkte der Reise (für Nachahmer).

Abschnitte:
6.-8. März - Nackenschmerzen - Hinflug / Tokyo
8.-11. März - Kaiserschmarrn auf Japanisch - Tokyo

11.-13. März - Nächtliche Klappstuhl-Bier-Romantik - Osaka
14.-18. März - Catan, Kyoto und ein Holzmeister im Wald - Kyoto
19.-22. März - "Perfekt, dann trinkst du heute alles!" - Tokyo
23.-26. März - Baseball ist eigentlich wie Brennball - Tokyo / Rückflug
Nach der Reise - Fazit & Finanzen


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Juhu!
 
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Notausgang

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18.03.2023
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6./7./8. März - Nackenschmerzen

Ich war Ende 2023 schonmal in Japan. Damals mit einem sehr guten Freund, war halt einfach ein Zielland auf unserer Liste. Klassische Touri-Tour, Tokyo, Osaka, Hiroshima, Kanazawa. Ich fand das japanische Alphabet schon eine ganze Weile cool & hatte damals vorher noch die beiden Grundalphabete & die Zahlen gelernt. Das hat (logischerweise) fast nichts gebracht; aber als ich von dieser Reise auf dem Rückweg war, habe ich mir fest in den Kopf gesetzt, in 1-1,5 Jahren mit richtigem Japanisch zurückzukehren. Letztes Jahr Ende Mai hab ich dann angefangen, zwei dicke Bücher durchzuarbeiten und möglichst viel Youtube auf Japanisch zu schauen. Ich war ehrlich gesagt schon etwas aufgeregt, als es dann mit dieser Reise los ging, am Ende war das ja irgendwie auch eine Prüfung. Was, wenn ich ein unfähiges Opfer bin und trotzdem jedes mal den Übersetzer rauskramen muss? Immerhin hab ich das ja neben der Uni gemacht, mit nur so 30-60min Lernzeit täglich (insgesamt also irgendwas bei 230h)

Ach, und ich wollte unbedingt mal Couchsurfing probieren. Ich hab schon einige Surfer gehosted, aber das war das erste mal als Surfer für mich. Umso perfektere Gelegenheit übrigens, Sprachkenntnisse zu testen/üben!

Abflug
Da ich studiumsbedingt noch Wahlberliner bin und mein Flug ex München ging, bin ich am Vortag zu einem alten Schulfreund nach München gefahren. Am nächsten Morgen ging es dann auch relativ zeitig los. Abflug zwar 12:00, ich war aber nicht in Halbergmoos, sondern irgendwo in München Südwest.
Das war wieder eine der Reisen, wo mit Betreten des Flughafens dieses Kribbeln losging. Ist auch mein erster Lufthansa Flug seit langem, bestimmt 6-7 Jahre oder so. Und ich sollte (teilweise) enttäuscht werden! Aber das Terminal 2 in München ist wirklich ganz nett. Warum ist das FREE_WIFI_MUNICH eigentlich so schnell?

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Blablabla Flug abheben Reisehöhe etc etc das Standardprogramm. Ich fand es echt schön, bei Langlangstrecke (12-14h) mal wieder mit einer deutschen Crew unterwegs zu sein. Trotz Economy war der Service angenehm, aber v.a. der A350-900 war ein Traum. Viel Platz zum Stehen (hinten), scheinbar tolle Druckluftkabine (ich hab ultra-empfindliche Ohren) und allgemein bequem. Aber das Essen.. was ist denn das für ein Essen? Also ich sehe ja total, dass das Economy ist und habe wirklich keine Ansprüche gehabt (ist ja sogar eine Couchsurfing Reise). Aber das Frühstück (mit dem Spinat), das ist doch kein Rührei? Das sieht eher nach Kartoffeln aus. Wurde nach Flügen mit z.B. Etihad (siehe mein Profil, Flugessen-Postings) jetzt bei Lufthansa wieder zurück in die Economy-Realität geholt. Immerhin war der Sitznachbar angenehm, hab mich viel austauschen können.

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Irgendwann war ich dann in Haneda gelandet, Einreise, Gepäckabholung, Zug in die Stadt. Für die erste Nacht hatte ich mir ein Hostel (für zu teure 50€) genommen und erstmal mein Gepäck abgeladen. Es war noch Vormittags, richtig einchecken war also nicht. Auf die Frage, ob ich denn eventuell trotzdem in den Gemeinschaftsduschen duschen gehen könne - ich würde auch einen Obulus entrichten - wurde nur mit Kopfschütteln und "no no no no" geantwortet.
Also stand ich da, etwas verschwitzt und mit brutalen Nackenschmerzen. Geistesblitz! Es gibt doch diese Manga-Cafes! Also diese Comic-Läden, in denen man sich für ein paar Yen eine Kammer oder sogar Dusche für eine Stunde mieten kann! Also hab ich Wechselwäsche aus dem Gepäck genommen und bin ins nächste Manga-Cafe gegangen. Hab dann einige hundert Yen (ein paar Euro) bezahlt und konnte zumindest duschen. Nackenschmerzen hatte ich immer noch.

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Für den ersten Tag zu ca. 14:30 war ich mit einem japanischen Freund aus der Uni verabredet, der die Semesterferien zufällig auch in seiner Heimat verbracht hat. Nach dem duschen war es 13 Uhr durch - auf meiner ToDo-Liste stand eigentlich nur noch eine Mahlzeit. Oh diese Nackenschmerzen! "Ok, bitte was, so krasse Nackenschmerzen hatte ich noch nie - ich suche mir jetzt eine Nackenmassage oder sowas. Oh schau an, da ist eine!". Bin da rein, hab nach 30min Nackentreatment gefragt. Und: Ich hab das komplett auf Japanisch gemacht! Das, und die darauf folgende Konversation, in der die ältere Dame am Tresen wissen wollte wie ich heiße, wo ich wohne, was ich arbeite und was ich hier sehen will. War fairerweise auch nicht wirklich sprachlich anspruchsvoll, waren ja immerhin eher Standardsätze. Und es ist nicht so, dass ich meiner Sprachkenntnisse selbstbewusst genug geworden war. Stattdessen war ich einfach leicht frustriert, jedes mal auf die Mitarbeiter zu warten, wenn sie hinter einem Vorhang verschwinden, um ihr Handy mit Google Translate (auf voller Lautstärke) rauszukramen. Die Massage war übrigens echt gut. Extrem schmerzhaft ("ja, stärke ist gut - nein, tut nicht weh - ja, ich mag tokyo - nein, ich bin nicht aus amerika"), aber danach hatte ich einfach überhaupt keine Schmerzen mehr. Juhu!

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Nach meiner ersten Mahlzeit in diesem Lande (hab einfach irgendwas genommen, so sah es dann auch aus ⬆️) hab ich mich mit besagtem Kollegen getroffen. Nachdem wir eine Weile durch die Straßen geschlendert sind und uns über die wirklich grauenvolle Pollensaison beschwert haben, sind wir Nudeln essen gegangen ("Tsukemen", siehe hier drunter). Das sind irgendwo so Dipnudeln, die man häppchenweise vom Teller nimmt und dann in die Suppe eintunkt, bevor man sie isst. Komplett verstanden hab ichs ehrlich gesagt nicht. Trotzdem: Das war das beste japanische Nudel-Suppen-Erzeugnis, was ich bis heute gegessen hab! War auch irgendein nischiger Laden, wo er wohl vor seiner Deutschland-Ära Stammkunde war.

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Er hatte noch eine Verabredung, ich war super müde, also bin ich in mein Hostel. "Wtf, was ist das für eine riesige Katze?". Und haha, der Fußweg von Shinjuku-Bahnstation zum Hostel ging in etwa 10min. Und das waren lange 10 Minuten:

"SIR! What are you looking for tonight?? Sex?"
"eyyyy yoooo my man, looking for some girls? 😉"
"hey do you want to have some fun tonight?"
"yoo wassup, looking for special massage? 😉"


Das, aber ungefähr 30 mal. Man stelle sich das beim Lesen mit stark klischeehaftem zentralafrikanischen Akzent vor.
Ich glaube, ich habe jetzt verstanden, warum der Kumpel mich ein paar Stunden zuvor so angegrinst hat und meinte: "und das war eine ganz normale Nackenmassage, ja? 😆". Ein paar Googlesuchen später kam die Erleuchtung: Mein Hostel ist in Shinjuku. Im Viertel Kabukicho. Das Top 1 Rotlichtviertel in Japan. Und das statistisch kriminellste! (Wahrscheinlich trotzdem ungefährlicher als so ziemlich jeder deutsche Bahnhof nach 0 Uhr). Und die afrikanischen Männer von vorhin sind beruflich Rotlicht-Anwerber, die wohl vor allem auf männliche Solo-Touristen aus sind. Juhu!

Wie dem auch sei - am nächsten Tag bin ich pünktlich 10:00 aus dem Hotelfahrstuhl in den Sonnenschein Tokyos getreten. Von den Anwerbern von letzter Nacht keine Spur. Ich hab am Vormittag für einen Kumpel noch ein paar Anime-Sachen (so Sticker und Pins und sowas) eingekauft. Überspringe ich hier mal, diese Anime-Läden waren aber auch eine leicht reizüberflutende Erfahrung. Vor allem, weil ich selber nicht so viel damit anfangen kann.

Im nächsten Abschnitt geht es weiter mit der Ankunft bei meinem ersten Couchsurfing-Host. Obwohl eher Plural: dreiköpige Familie, Mann, Frau, Kind. Anfang 30, Anfang 30, 8. Und weil ich schon wusste, dass die praktisch kein Englisch sprechen, wurde das nochmal extra spannend. Und ja, ich war sehr aufgeregt.

Juhu!
 

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Belpmoos

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30.11.2023
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Hört sich sehr interessant an, da les ich gerne mit! Bin gespannt auf deine Couchsurfing Erfahrungen.
Das erinnert mich an meine erste Japanreise vor 20 Jahren. Hatte da das Glück, 2 Tage bei einem japanischen Freund und seiner Familie verbringen zu dürfen. War eine super Erfahrung.
 
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Bayer59

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18.09.2013
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Vorab schon mal vielen Dank. Wird sicher ein sehr interessanter Bericht. der Einstieg = 🔝
 
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Notausgang

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8.-11. März - Kaiserschmarrn auf Japanisch

Leicht gequetscht stand ich samt Gepäck dann irgendwann im Zug zur Bahnstation meines ersten Couchsurfing-Hosts. Übrigens ein guter Zeitpunkt, um über das Gepäck zu sprechen: Ich wusste, dass nur Handgepäckkoffer + Rucksack zu wenig wird, um später z.B. Schallplatten und andere Mitbringsel transportieren zu können. Gleichzeitig wollte ich bei Gastgebern aber auch nicht mit einem XXL-Touri-Schrank-Koffer in die Tür fallen, üblicherweise wird Couchsurfing eher mit leichtem Gepäck betrieben. Meine Zwischenlösung war schließlich ein Handgepäckkoffer + ein North Face Duffel Bag der Größe S (später noch zu sehen). Anders ausgedrückt: das Volumen zweier Handgepäckkoffer. Leider musste ich diesen Duffel Bag (da formähnlich einer Reisetasche) auf dem Rücken tragen, was in quetschigen Tokyoter Zügen schon leicht unbequem werden kann. Den anderen Fahrgästen habe ich damit auch keinen Gefallen getan, werde das zum nächsten Besuch wohl definitiv überdenken müssen.

Wie dem auch sei - die Familie hat in Ikebukuro gewohnt, direkt neben einer Bahnstation, die nur ca. 10min von Shinjuku & Shibuya (den beiden größten Bahnhöfen der Welt nach Passagieren) entfernt ist. Mega! Nicht so mega war mein Handyakku, der dank eSIM und ständiger Fotos die Prozente schneller runter ist als ich meine Gastgeber finden konnte. Hab also noch schnell geschrieben, dass ich an der Bahnstation warte und eine große gelbe Tasche auf dem Rücken habe. Nachdem ich ca. 5 Minuten mein Leben überdacht und jedem Japaner kritisch in die Augen geblickt habe (um zu erkennen, ob das die vom Couchsurfing-Profil sind), kam endlich die Erlösung in Form von 3 Menschen (~30, ~30, 8) und einer Powerbank. Nach den ersten Worten auf dem Heimweg (ja, tokyo war toll bisher - nein, ich bin erst gestern gelandet - ja, wir haben wirklich kein generelles tempolimit - ja, sonntags sind wirklich alle läden zu) wurde ich langsam warm mit der Sprache (Englisch war ja nicht).
Kurz darauf durfte ich mein Gepäck in meinem Zimmer für die nächsten Tage abstellen. Richtig gehört, Zimmer: Obwohl japanische Wohnung tendenziell eher (zu) klein sind und Couchsurfing nunmal nicht Roomsurfing oder Airbnb heißt, habe ich ein eigenes (wenn auch überschaubares) Zimmer mit Tisch, einem viel zu bequemen Bett und genug Platz für meine Tasche bekommen. Als Mitbringsel aus Deutschland hatte ich verschiedenste Sorten dieser Hitschies Drachenzungen dabei. Das sind so saure Gummitier-Streifen mit irgendwelchen Fantasiegeschmäckern. Die Tochter (8 Jahre) hat sich riiiessig darüber gefreut, glücklicherweise hatte ich vorher (von vorherigen Couchsurfing-Gästen bei derselben Familie) den Tipp bekommen. Direkt danach gab es Abendbrot. Fun fact: Abendbrot heißt auf Japanisch u.a. 晩ご飯 (bangohan), wörtlich übersetzt Abendreis :D

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Es gab Sukiyaki, eine Art Tisch-Hotpot mit Wagyu (oder wahlweise eben anderem Fleisch). Ich habe mich mit Fotos eher noch zurückgehalten, daher muss es eins aus dem Internet tun. Nach diesem wirklich grandios leckerem Abendessen und ein wenig Austausch über Leben, Arbeit, Studium, Zukunft und co. wurden mir vom Nachwuchs stolz die Spielesammlung präsentiert - darunter auch eingejapanischte Klassiker von HABA und AMIGO. Vor allem aber durfte ich mich im großen Jengaturnier mit der ganzen Familie messen (ich hab verloren). Ich wurde auch gefragt, was ich den konkret in Japan vorhatte. Die Wahrheit war: keine Ahnung, bisschen erkunden halt, die Leute werden schon Interessant genug sein. Das kann man natürlich nicht so sagen, glücklicherweise hatte ich aber für den Fall unerträglicher Langeweile eine lange To-Do-Liste an Tatigkeiten geschrieben, die ich mir auch Solo vornehmen könne. Die wollten sie natürlich prompt sehen und durch ChatGPT (als Übersetzer) jagen - und waren... begeistert?
Bis hierhin war meine Reise echt toll - und auch, wenn ich keine 48h im Land war, hat es sich so angefühlt, als wären es schon 3-4 Tage gewesen.

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Am nächsten Tag (ein Sonntag) ging es gegen 8 Uhr morgens los nach Hajioji - ein Ort am Rande von Tokio, der international für fast gar nichts bekannt ist (und teilweise auch so aussah). Uns sollte dabei ein religiöses Feuerfest erwarten, sowas wie ein japanisches Osterfeuer. Auf die Frage, ob sie denn gläubig sein, wurde mit einem Lächeln abgewunken, das Feuerfest hätte aber online cool ausgesehen (hat es wirklich).
Bevor das passiert ist, ging es aber auf eine überschaubare Bergwanderung von ca. 2 Kilometern, die wir in stolzen 70min geschafft hatten (haha). Der Ausblick von oben war sogar so schön, dass ich auch hier wieder vergessen habe, Fotos zu machen. Das große Feuerfest war allerdings schon bald, daher mussten wir ein wenig schneller runterkommen, als wir hoch sind. Kein Problem: Irgendjemand hat an diesen Hügel einen Doppelmayr-Frankenstein-Economy-Sessellift konstruiert, der uns für 5€ und ohne Sicherheitsbügel in wackeligen 3 Minuten ins Tal zum Feuerfest befördert hat. Dieses Feuerfest lies dann allerdings doch etwas auf sich warten - und nachdem uns bewusst wurde, dass dem ganzen ein Gebet von 1-2h vorauseilt, wurde sich schleunigst meiner To-Do-Liste gewidmet. (Halloooo, Leute, das war nur für Notfälle, bitte fühlt euch jetzt nicht verpflichtet meinen Scheiß mitzumachen)

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Ein Punkt auf meiner Liste war Sushiro - eine Kette für günstiges Fließbandsushi mit genug Filialen, dass die nächste nur ca. 20min entfernt war. Das war auch super lecker und so, aber in mir hat sich schon etwas die Sorge breitgemacht, dass sich die drei jetzt irgendwie verpflichtet fühlen, mir meine Wunschliste zu erfüllen. Da hatte ich eine andere Idee: Ich koche etwas. Etwas, was bei uns regelmäßig als Hauptspeise & Dessert gegessen wird: Kaiserschmarrn. Begeisterung. (Habe ich noch nie gekocht, aber das schien wie ein solider Kompromiss aus Zutatenmangel und geschmacklicher Kompatibilität). Nachdem wir uns also auf eine erstaunlich lange Suche nach Puderzucker und Rosinen gemacht hatten, ging es Zuhause ans Werk. Ich hab die Hoheit über die Küche übertragen bekommen, die Tochter wollte natürlich mithelfen. Das war soweit auch kein Problem, aber die Tochter spricht nunmal Japanisch. Das Rezept, was ich offen hatte, war Deutsch. Und ich hab gleichzeitig eben zum ersten mal Kaiserschmarrn gekocht.

Als wir die Eier getrennt und verrührt hatten, kam als nächstes der Zucker rein. Nachdem sie stolz die befohlenen 190g in die Schüssel gekippt hat (die Eltern haben aus dem Wohnzimmer leicht verwirrt und gespannt in die Wohnküche geblickt), musste ich stocken: "Oh nein". Die 190g bezogen sich natürlich auf das Mehl, nicht auf den Zucker - hatte ich aber falsch übersetzt (und auf den identisch aussehenden Zucker/Mehl Packungen auch nicht weiter erkannt). Nachdem ich meine innerliche Krise (und Peinlichkeit) überwunden hatte, ging es für mich nochmal zum Supermarkt. 6 Eier. Packung Zucker. Diesmal richtig. Eier trennen. Schlagen. Alles reingeben und mischen. Uuuuund in die Pfanne! Juhuu! Jetzt kann ja nichts mehr schief gehen - dachte ich.
Habt ihr schonmal Eier in einer Eisenpfanne ohne Beschichtung gekocht? Ich war komplett an meine schöne beschichtete Fissler-Pfanne gewöhnt und habe einige Augenblicke gebraucht um zu realisieren, dass ich gerade einen Ei-Teig in einer Eisenpfanne brate. Joa, long story short, das wurde natürlich nichts, das Ei ist unten trotz reichlich Öl die ganze Zeit angebrannt und oben flüssig geblieben. Am Ende kam etwas heraus, was eher an ein schlechtes Rührei erinnert: (Ja, da ist Puderzucker drauf)

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Ich habe gebetet, dass diese Familie noch nie echten Kaiserschmarrn gesehen hat. Ich konnte mit der Demütigung meiner Kochkünste zwar leben, viel mehr beschäftigt hat mich aber, dass ich dieser großzügigen und super lieben Familie etwas serviert habe, was so selbst die Lufthansa Economy unterboten hat. ABER! Aber aber aber! Es hat erstaunlich gut geschmeckt. Die Zutaten waren am Ende immerhin die gleichen und ein wenig Kruste hatte es dank der Pfanne geschmacklich auch noch. Ein Teil davon wurde der Tochter als Schulsnack für den nächsten Tag eingepackt (die arme).

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Nachddem die Tochter irgendwann baden und ins Bett ist, wurde mit "Kirin Grapefruit" aus der Dose angestoßen. Das ist tatsächlich ein Getränk, was ich schon länger mal probieren wollte. Ist wie Schöfferhofer Grapefruit, nur mit mehr Brause, weniger Grapefruit und deutlich mehr Alkohol. Daran, dass man sich dort beim Anstoßen nicht in die Augen schaut, muss ich mich echt noch gewöhnen. Auch daran, dass ich die nächsten 2,5 Wochen wesentlich mehr Alkohol als sonst trinken würde - normalerweise stoße ich 4-5 mal im Jahr auf etwas Besonderes an, nicht 4-5 pro Abend.

Montag, 9 Uhr, Sonnenschein, ich bin super ausgeschlafen und glücklich. Der Hausherr ist auf Arbeit (auf der er dann auch erstaunlich lange blieb), die Tochter in der Schule und die Frau hat Homeoffice gemacht. Ich habe mich - bevor es nach Shimo-Kitazawa ging - daneben gesetzt und eine Bewerbung für ein Sommerpraktikum in Hong Kong geschrieben (die zu meinem Glück inzwischen auch durchging, Flugbuchung steht dann auch bald an). Sie hatte mir nebenbei von ihrer anstehenden Europareise erzählt: Sie und die Tochter wollen nach Barcelona, Venedig, Frankreich - und: Berlin! Na Mensch, was für ein Zufall. Da sie Frankfurt->Berlin noch keinen Zug und Berlin->Venedig noch keinen Flug gebucht hatten, habe ich mich als selbsternannter Flugzeugliebhaber natürlich direkt zum Dienst gemeldet und die Europaneulinge beraten. Was den Flug betrifft: Am Ende wurde es Ryanair, weil das die einzige Direktverbindung zwischen Berlin und Venedig ist. Ja, ich habe sie vorgewarnt - die Freude über den günstigen Preis trotz Kind und großem Rimowa-Aufgabegepäck hat aber deutlich überwogen. Wir haben uns dann noch eine Weile über Lebensziele etc. unterhalten, bevor es für mich los ging nach:

Shimo-Kitazawa. Die Second-Hand und Schallplattenhochburg im Raum Tokyo. Und der Ort, an dem ich mir erhofft habe Trance-Schallplatten (Trance = eine bestimmte Musikrichtung elektronischer Musik) zu finden. Das ist in Läden in DE gefühlt unmöglich, dort wird man lediglich von Jazz und den Beatles erschlagen. Mit großer Hoffnung bin ich also in einen Laden nach dem anderen und hab wie ein Roboter die Regale gescannt. Und Tatsache: "Disk Union" hatte Trance-Schallplatten. Eine beachtliche Auswahl sogar. Der Haken: Ich werde ja noch 2,5 Wochen durch Japan reisen, da will ich ja nicht jetzt schon 10 Stück mitnehmen. Also habe ich erstmal eine mitgenommen und mich wie ein kleines Kind gefreut. (Habe die inzwischen übrigens auch gehört und bin nicht enttäuscht)

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Nachdem ich mich noch in Hardwareshops nach günstigen Wiis (Nintendo Wii, diese Konsole aus den 2000ern mit Bewegungssteuerung) umgeschaut hatte, ging es zurück zur neuen Heimatbasis in Ikebukuro. Auf dem Heimweg habe ich dann noch einen Zwischenstopp im Supermarkt gemacht, um mehr Getränke zu kaufen, ich habe mich am Vortrag schließlich auch bei denen bedient. Das ganze hin- und hergefahre hat erstaunlich viel Zeit gefressen, so war es draußen schon langsam dunkel geworden und die Tochter war aus der Schule zurück. Nachdem mir stolz die Spiele auf der Nintendo Switch präsentiert wurden, gemeinsam Abendbrot gekocht / gegessen wurde und ich ein paar Bilder aus Deutschland gezeigt habe, ging es auch schon ins Bett. Also für die Tochter. Die Gastgeberin und ich haben uns mit einem weiteren Grapefruit-Sprudelalkoholgetränk auf die Couch gesetzt und über unsere liebsten japanischen Youtube-Kanäle ausgetauscht (da gab es tatsächlich eine Schnittmenge). Nachdem wir uns eine Weile über Gott und die Welt unterhalten hatten, saß ich da auf der Couch, mit der dritten oder vierten Dose in der Hand. Und ich hab nachgedacht. Vor allem darüber, wie gut mein Japanisch denn nun eigentlich ist. Scheinbar ja gar nicht so übel; ich bin hier unter Japanern und kommuniziere seit 3 Tagen nur auf Japanisch und bisher komplett ohne Google Translate. Natürlich verstehe ich viele gesprochenen Wörter überhaupt nicht; und natürlich sind manche Umschreibungen komisch (ich musste z.B. aus Miete dann "Haus-Bezahlung" machen, als es um Mietpreise in Tokyo und Berlin ging), aber irgendwie hat es ja halbwegs geklappt. Das war ein tolles Gefühl. Hatte ich so zum ersten mal und werde ich nicht so schnell vergessen. Mit steigendem Alkoholpegel sind mir dann auch Wörter und Sätze rausgerutscht, bei denen ich erst nach dem Aussprechen verstanden habe, was ich gesagt habe (und dass das gar nicht so schlechte Antworten waren). (Das war dann schon etwas verwirrend).

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Irgendwann kam dann der Mann auch nach Hause (japanische Arbeitskultur und so, war schon Mitternacht durch) und nach einem weiteren Highball (Longdrink) hab ich mich an meine Couchsurfing Anfragen erinnert. Da ich noch nicht für alle Tage Gastgeber hatte (genau genommen für keinen einzigen der kommenden Tage), hatte ich am Morgen ein paar Anfragen an potenzielle Gastgeber verschickt. Als ich gerade mein Handy rausholen wollte, wurde ich gefragt, wo ich denn später in Tokyo bin, also ob ich ein Hotel gebucht habe oder wie das läuft. (Kontext: ich fahre am nächsten Tag zwar nach Osaka, verbringe die letzte Woche aber auch nochmal in Tokyo). Ja, antworte ich, ich habe tatsächlich für ein paar Tage Hotels gebucht, aber nur als Backup. Eigentlich steht Couchsurfing auf dem Plan, da warte ich noch auf Antworten.

Sie: キャンセルできる? (Kannst du [die Hotels] noch stornieren?)

ich: そう (Ja, schon)

Er: キャンセルして!(Dann mach!) (mit einem Grinsen)


Ich hab in dem Moment natürlich schon verstanden, dass sie mir gerade anbieten, einfach nochmal vorbeizukommen, aber ich war mir irgendwie nicht 100% sicher. Also hab ich kurz überlegt, wie ich das weiter formuliere... und hab gefragt, wie sie das meinen. Sinngemäß: "Ja, wenn du eh in Tokyo bist und noch keine Verabredung mit einem anderen Host hast, dann komm doch einfach wieder vorbei!". Ich hab mich in dem Moment riiessig gefreut. Das ist auf so einem kurzen Reiseberichtstext gar nicht so leicht rüber zu bringen (vieles lasse ich ja auch aus), aber die 3-4 Tage bei denen waren echt mega schön. Dann auch noch angeboten zu bekommen, später nochmal eine Woche vorbeizuschauen, war mega. Wie kann das alles so gut laufen? Ich hätte auch 3 Wochen alleine in irgendeinem Hotel hocken können.


Am nächsten Morgen ging es dann aber erstmal (zum ersten mal) nach Osaka. Oh, und mir ging langsam die saubere Wäsche aus. Mehr dazu im nächsten Abschnitt ;)
 
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Oliigel

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02.03.2019
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Super Reisebereicht bisher! Vielen Dank! Japan hatte ich bisher null auf der Liste, scheint aber mega interessant zu sein.

Leider haut Couchsurfing bei mir zeitlich nichtmehr hin und meinen letzten Gast hatte ich vor über einem Jahr, Kaiserschmarrn gabs bei mir aber bestimmt auch schon dreimal, wenn jemand hier übernachtet hat (y)
 
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Notausgang

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11.-13. März - Nächtliche Klappstuhl-Bier-Romantik

Dienstag
. Hochmotiviert stehe ich gegen 8 Uhr auf und verabschiede Gastgeber samt Tochter, die auf dem Weg zur Arbeit/Schule sind. Danach lege ich mich wieder schlafen.

Dienstag. Hochmotiviert stehe ich nochmal um 12 auf, gehe ins Bad, packe meine Sachen und verabschiede mich herzlichst von der Gastgeberin. Auf dem Weg zur Tokyo Station (Hauptbahnhof) suche ich mir einen geeigneten Minimarkt, um mich für die bevorstehende Shinkansenfahrt mit Nahrungsmitteln einzudecken. Als ich dann endlich im Bahnhof ankomme, steht mir aber erstmal eine Warteschlange bevor. Vor dem Ticketautomat. Was? Also entweder habe ich etwas missverstanden, oder das kaufen von Shinkansen-Tickets geht nur am Automat vor Ort, nicht etwa über eine Handyapp oder so. Man kann noch seine Mobilitätskarte (eine Art Prepaid-Kreditkarte mit lustigen Bildchen drauf) nutzen, um direkt in den Zug zu steigen, aber dann eben ohne Sitzplatzreservierung. (Ich hoffe ich hab da etwas falsch verstanden, das kann doch im Leben nicht wirklich nur so rückständig gehen; gerne korrigieren).
Edit: Ich habs zum Glück komplett falsch verstanden, es geht auch einfacher: siehe Kommentar von @Japandi
Aber hey: Nach 15min anstehen habe ich mein Ticket und darf zum Gleis pilgern, mich in die erstaunlich früh geformte Schlange stellen und dann irgendwann in den Zug einsteigen. Und ganz ehrlich: Mir wäre ICE fahren lieber - selbst mit einem, der 30min Verspätung hat. Selbst dann würde ich nämlich wesentlich weniger Zeit am Bahnhof verbringen, weil man bei uns eher so 5 Minuten zum Gleis braucht (gut, in Extremfällen wie Zürich oder Stuttgart auch mal länger), ich aber bereits seit einer Stunde durch den Tokyoter Bahnhof watschle. Und ja, ICEs fahren (je nach Region) auch über 300.

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Naja gut, wir wollen mal nicht nur meckern - vor Reiseantritt habe ich mir ein "Ekiben" geholt, also eine Frühstücksbox mit Reis und allerlei Schickschnack (war aber schon lecker). Im Zug selber war es außerdem traumhaft ruhig. Nachdem ich 2 Stunden lang gelesen habe, was gerade in Europa und Amerika abgeht (was zum Teufel), kam ich an in:

Osaka. Das New York von Japan? Vielleicht auch nur das Düsseldorf? Gibt es sowas?
Die Bahnahnsagen waren jedenfalls wesentlich enthusiastischer als die in Tokyo, fast, als hätte die Synchronsprecherin richtig Lust auf ihren Beruf gehabt. Was mir auch direkt auffällt ist der erstaunlich hohe Frauenanteil in Osaka. Wenn ich mich da so in der U-Bahn umsehe, sind das ja fast alles Frauen. Und die Männer sehen eigentlich auch aus wie Frauen. Verrückt.

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Ooohhh och nööööö
- das musste doch jetzt wirklich nicht sein; schnell weg hier. Sorrymasen, Gomennasorry, kommt nicht wieder vor, ich gelobe Besserung

(was habe ich denn die Tage für eine Tollpatschsträhne?)

Eingecheckt ins APA-Hotel meiner Wahl (Booking.com, Sortierung nach günstigste, dann das erste mit Privatsphäre und mehr als 5qm rausgesucht) habe ich erst einmal meinen Wäschebestand überprüft. Ja ja, ich weiß, Couchsurfing und so, aber ich will meinen Gastgebern nicht mit meiner Wäsche auf die Nerven gehen, daher mach ich das in einer Hotelnacht zwischendrin. Ich hatte definitiv genug Schmutzwäsche gesammelt, dass sich das Waschen lohnt - also hab ich alles in eine große Plastiktüte gefüllt und bin 10 Minuten zur nächsten Coin-Laundry (= Waschsalon) gestiefelt. Als ich gerade meine Wäsche reinfüllen will, bin ich dann aber doch etwas irritiert: wo stellt man denn hier die Temperatur ein?

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Bin ich zu doof zum Lesen? Als mir selbst Google Übersetzer nicht helfen konnte, habe ich dann einfach mal bei der groß angehefteten Support-Nummer angerufen - ich wollte ja nicht, dass mir meine ganze Wäsche auf 90 Grad durchgebrüht wird und einläuft. Geht keiner ran. Ok, nochmal mit Japanischer Vorwahl; geht auch keiner ran? Und warum schauen die mich von draußen alle so komisch an?

Einige Google-Suchen später kam dann die Erleuchtung: In Japan wäscht man kalt. I n J a p a n w ä s c h t m a n k a l t . Mit Kaltwasser. Nicht 60 Grad, nicht 40, nicht 30 nicht 20 - Kalt. Hääää??? Das ist doch mega unhygienisch? (Später finde ich dann heraus, dass man üblicherweise einen Haufen Chemikalien reinknallt, um Bakterien etc. abzutöten).
Nachdem ich 40 min online zu japanischen Waschmaschinen gelesen habe, ist meine Wäsche auch schon fertig. Also stapfe ich die 10min mit einem - kaltem - Wäschehaufen zurück zum Hotel und mache mich ans Aufhängen. Das war dann auch recht schnell getan, ich hatte schließlich vorgesorgt und mir eine Reisewäscheleine besorgt: (aufgespannt von Kleiderhaken bis Fenster)

qpwokeqwe.jpg

Da sieht man übrigens auch besagtes Gepäck (nicht vom Rucksack irritieren lassen, der wird bei Ortswechseln in der gelben Tasche verstaut).
Klimaanlage auf hohe Stufe und ab ins Bett. In dem Moment war ich zufrieden. Unterstimuliert - ich hatte heute nichts anderes gemacht außer Zug fahren und Wäsche waschen - aber zufrieden. Und irgendwie habe ich in der knappen Woche genug erlebt, damit ich auch jetzt schon wieder zufrieden nach Hause fahren könnte. Und hey, es kommen ja noch zwei!

Fairerweise wusste ich da noch nicht, dass ich am nächsten Morgen eine Stunde meine Wäsche fertigföhnen durfte. Weder Nacht noch Klimaanlage hatten genug für die Lufttrocknung getan. Nachdem das erledigt war, ging es weiter in ein Hostel. Ich hatte beschlossen, nicht ausschließlich Couchsurfing zu machen, sondern auch mal einige Tage mit einem anderen Deutschen herumzureisen, den ich auch zufällig über die Plattform gefunden hatte. Wir hatten uns 2 Nächte in das Hostel eingebucht (24€ die Nacht) und für den Abend verabredet. Das Hostel war wirklich sehr gut, ich bin eigentlich auch kein Hostelfan, das soll also schon was heißen. Bis zum Abend hatte ich aber noch ungefähr 10 Stunden, also ging es nach Nipponbashi - einer absolut touristenüberfluteten Meile an Konsumtempeln mitten in Osaka. Das hat dann auch die Suche nach einer Frühtücksoption erheblich erschwert. Ich hatte Lust auf ein japanisches Nudel-Suppen-Erzeugnis. Das gab es auch, touribedingt aber für den doppelten Preis (15-20€) wie üblich (7-10€). Die Läden sahen zwar alle schön aus, aber genau deswegen auch extrem unauthentisch und viel zu touristisch. Also bin ich in einer Seitengasse nach der anderen, um genau das zu finden, wovor ich am Ende stand: Ein kleiner, enger Laden, in den man durch die riesigen Vorhänge kaum durchschauen konnte. Und kein einziges lateinisches Zeichen irgendwo in Sichtweite. Suuuper!

いらっしゃいませ‼︎
(willkommen!!)


Der Ramen-Chef deutet vorsichtig in Richtung Bestellautomat. Habe ich jetzt leider kein Bild von, ist aber einfach ein großer Kasten, wo man oben Geld reinwirft, ein Gericht (ohne Bilder) auswählt und am Ende ein kleinen Bestätigungszettel und Wechselgeld bekommt. Ich habe dann das Gericht genommen, von dessen Namen ich die meisten Zeichen entziffern konnte, und habe mich an den leeren Bartresen gesetzt. Na da bin ich ja mal gespannt.

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Das hat .. erstaunlich gut geschmeckt! Und für 5€? Inklusive Wasser? Inklusive Trinkgeld (weil man in diesem Land keins gibt)? Daran könnte ich mich gewöhnen. Vor allem aber sollte ich öfter in kleine, ausladende Geschäfte in der hintersten Ecke gehen. Der Ladenbesitzer ist nicht allzu gesprächig, verbeugt sich bei meinem Verlassen aber wirklich erstaunlich tief und bedankt sich ebenfalls.
Danach bin ich noch ein bisschen über diese Neonmeile gelaufen, war jetzt aber wirklich nicht allzu spannend. War ehrlicherweise mehr Reizüberflutung als alles andere. Irgendwann habe ich dann nochmal Hunger bekommen und zum ersten mal Gyudon (Eine Schale mit Reis und Rind, darüber meist ein rohes Ei) gegessen. Das Schnellrestaurant hatte eine interessante Anordnung - hatte ein wenig so gewirkt, als wollte man explizit nicht, dass Augenkontakt zwischen Kunden entstehen könne.

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Später bin ich zurück zum Hostel - meine Reisebegleitung war auch eingetroffen. Nachdem er sein Gepäck abgestellt hatte, haben wir uns an einen Tisch gesetzt und ausgetauscht, wie denn die letzten Tage und Wochen denn so waren. Er war schon seit 2 Monaten in Japan, einen davon hat er bei einer japanischen Familie verbracht. Nach ein wenig Politik beschlossen wir, dann doch nochmal ein Abendbrot zu suchen und landeten schlussendlich bei diesem Festmahl:

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Am Tag darauf sind wir ca. 20km quer durch Osaka gelaufen. Wir haben das Osaka Castle gesehen, dann aber beschlossen, dass die Ansicht von außen reicht - und wollten dann zum Wasser pilgern. Das haben wir - dank einer wirklich super platzierten Baustelle - leider dann nicht mehr geschafft, aber immerhin hatten wir ausgiebig Gelegenheiten zu diskutieren, ob die Ampeln grün oder blau sind. In Japan sind manche/einige/viele/wenige/keineAhnung Ampeln tatsächlich deutlich bläulicher als unsere - und in der japanischen Sprache sagt man auch "es ist blau, wir können", selbst wenn die Ampel eine Deutsche und damit ganz klar grün ist. Das kommt zusätzlich wohl auch daher, dass man im Japanischen früher nicht zwischen grün und blau unterschieden hat; ähnlich, wie die Russen zwischen zwei Blaus unterscheiden, wir aber eben nicht.
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Oh, und auf dem Weg wurde der eine oder andere Schallplattenladen entdeckt. Mal wieder mit einer wesentlich besseren Auswahl als aus der Heimat bekannt - und ja, ich konnte nicht widerstehen :)
Nach einer weiteren Reis-Rind-Schale wurde es draußen langsam dunkel; wir haben uns im Minimarkt noch ein Dosenbier sowie zuckrige Snacks besorgt und sind langsam zurück ins Hostel, um uns mit Klappstühlen aufs Dach zu hocken.

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Die Atmosphäre war schon echt schön - leichtes Rauschen der Stadt im Hintergrund, klassische Klappstuhl-Bier-Romantik, frische Luft und ein neues Land, das ich gerade erst so richtig angefangen habe zu erkunden. Toll.

Er: "Light pollution ist schon echt krass"

Ich: "Was meinst du?"

Er: "Naja schau dir das doch mal an.. das leuchtet als wäre es erst abends. Wie viel Uhr haben wir?" [23:44]


Er hatte mir dann noch mehr von der Familie erzählt, bei der er war. Ich habe währenddessen umso mehr das Gefühl verstanden, was ich seit dem Verlassen der Couchsurfing-Gastgeberfamilie in Tokyo hatte; Klar, ich hatte mich mit denen einfach richtig gut verstanden und es hat zeitlich und persönlich einfach vieles gepasst, aber da war noch mehr. Zum einen war da auch die Tatsache, dass ich bis kurz vor Reiseantritt eine sehr fordernde Klausurenphase hatte und das jetzt echter Urlaub war. Zum anderen aber.. wie selbstverständlich (für ein paar Tage, am anderen Ende der Welt) in einer so harmonisch wirkenden Familie als Gast aufgenommen zu werden, hat mich viel mehr aus der Bahn geworfen als erwartet.

Okay reicht. Danach sind wir schlafen gegangen, haben uns entschlossen unseren Aufenthalt in Osaka nicht zu verlängern und haben und mental darauf vorbereitet, am nächsten Tag nach Kyoto zu fahren - für den für mich unerwartetsten Teil der Reise. Mehr dazu morgen ;)
Beitrag automatisch zusammengeführt:

Das erinnert mich an meine erste Japanreise vor 20 Jahren. Hatte da das Glück, 2 Tage bei einem japanischen Freund und seiner Familie verbringen zu dürfen. War eine super Erfahrung.
Das glaube ich :D Vor 20 Jahren sah's ja bestimmt auch nochmal wesentlich weltfremder aus als heute?

Danke!

Leider haut Couchsurfing bei mir zeitlich nichtmehr hin und meinen letzten Gast hatte ich vor über einem Jahr, Kaiserschmarrn gabs bei mir aber bestimmt auch schon dreimal, wenn jemand hier übernachtet hat (y)
Ich hoffe, dass der dann aber besser aussah ;)
 

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Notausgang

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18.03.2023
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14.-18. März - Catan, Kyoto und ein Holzmeister im Wald

Auf dem Weg nach Kyoto wollten wir einen Zwischenstopp in Nara machen. Haben wir auch gemacht, Rehe gesehen, Klassiker, fand ich jetzt nicht so spannend. In Kyoto selber war ich schonmal und fand es echt erstaunlich uninteressant. Trotzdem war ich gewillt dem ganzen eine zweite Chance zu geben, also kamen wir gegen 17 Uhr in unserer Bleibe für die nächsten zwei Nächte an. Ein "Guesthouse", also im Grunde einfach ein Airbnb mit geteiltem Badezimmer. Beim Einchecken sagte man uns, unser Zimmer wäre im ersten Obergeschoss - damit wir unser Gepäck allerdings nicht hochschleppen müssen, könne sie das auch einfach mit dem Mitarbeiterfahrstuhl hochfahren. Also haben wir unser Gepäck überreicht und haben uns erwartungsvoll vor unsere Zimmertür gestellt - nur um dann keinen Fahrstuhl zu sehen. Was sie uns nicht gesagt hat: Der Fahrstuhl hält nur im Erdgeschoss und im dritten Obergeschoss. Wir durften also ganz nach oben, um unser (ich betone: ) - Handgepäck - 2 Etagen runter zu tragen, anstatt es einfach gleich die eine hochzutragen. Na Mensch, das hat sich ja richtig gelohnt. Das Zimmer war aber eigentlich ganz nett: So ein klassischer Tatami-Boden, gute Ausstattung und super Lage.

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Inzwischen war es langsam an der Zeit, sich über den weiteren Tagesverlauf Gedanken zu machen. Hunger haben wir nicht wirklich, aber wir waren immerhin in einer Millionenstadt, irgendwas wird es hier ja geben?
Und das gab es: Online haben wir ein Brettspielcafé gefunden, dass genau heute ein offenes Treffen veranstaltet. Man konnte also einfach hingehen und mitmachen. Das klingt doch super: neue Leute, neue Locals, eine Beschäftigung... Moment nur 1 eingetragener Teilnehmer? Ach, das passt schon.

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Schließlich war es nicht ein, sondern 7 Teilnehmer, inklusive des Betreibers: Nate. Der Betreiber war ein Amerikaner (der seit 20 Jahren in Japan lebt), wir haben uns an einen Tisch mit noch mehr (2) Amerikanern gesetzt und die Siedler von Catan gelernt. Vom Namen kannte ich dieses Brettspiel schon ewig, nicht aber die genauen Regeln und den Spielablauf. Nachdem die restliche Besucherschaft dieses Etablissements sich langsam ausgedünnt hat, kam Nate irgendwann an unseren Tisch rüber und hat uns für unsere schlechten Züge und Deals ausgelacht. Später ist er dann eingestiegen - und obwohl das Café eigentlich um 23:00 Uhr schließt, haben wir bis 4:00 Uhr morgens Wolle, Holz und Lehm gehandelt;

Nate: "Oooh you're from Germany?"

Wir: "Yesss"

Nate: "Ooohh, so you probably know the Spihl dé Jaars?"
(scharfes S bei Spihl)

Wir schauen verwirrt


Nate: "Spihl dé Jaars!!! That famous german award!"

Wir schauen nochmal verwirrt - am Ende kramt er eine der Boxen raus, zeigt uns das Subjekt der Verwunderung und schaut uns mit offenem Mund erwartungsvoll an:


spiel-des-jahres-4x3-53-700x525.png

Wir: "OooooohhhhhhhhhhhhhhhhhhHH"

Nate: "So you know it?"
(schaut dabei noch erwartungsvoller)

Wir: "No."


Direkt auf die Erkenntnis unserer Mächtigkeit der deutschen Sprache folgte ein Wettbewerb, welcher der Amerikaner denn am besten "Die Quacksalber von Quedlinburg" aussprechen könne. Wir durften Jury spielen.

Ich habe mir stark vorgenommen, an meinen Vorurteilen gegenüber Amerikanern zu arbeiten; ehrlicherweise machen die es mir manchmal aber nicht leicht. Eine alte Interaktion, die ich bis heute nicht aus dem Kopf bekomme:

New York City, 2023 - Ich sitze mit 3 ehemaligen Klassenkameraden und einem amerikanischen Bekannten unseren Alters in einer Burgerbude in Manhattan. Wir unterhalten uns über Träume, Ziele, und berufliche Ausrichtung. Wir sind gerade in dem Alter gewesen, in dem man für gewöhnlich langsam aus der Probezeit vom Autoführerschein rauskommt; unser amerikanischer Kumpel hatte den aber noch nicht gemacht. Fragt er: (sinngemäß ins Deutsche übersetzt)

Er: "Oh mein Gott, ich möchte unbedingt [wenn ich meinen Führerschein mache] stick driving lernen. Also Schalten mit Knüppel. Kennt ihr das? Wahrscheinlich nicht oder? So Schalterautos habt ihr ja vermutlich nicht in Deutschland oder?"


Wir schauen ihn verwirrt an und überlegen uns, wie wir vermitteln, dass jeder einzelne von uns seit Jahren einen Schalterführerschein hat -

Er: "Oh schauts, da kommt unser Wasser. Das ist New Yorker Leitungswasser, das ist richtig gut. Kann man bei euch Leitungswasser überhaupt trinken eigentlich?"

Natürlich sind lange nicht alle so, genau deswegen möchte ich an diesen Vorurteilen arbeiten. Aber wie gesagt; das macht sich manchmal halt echt schwer; so hat der einer der amerikanischen Catan-Fans dann mehrfach gefragt, warum er denn nicht direkt ohne weiteres nach Japan ziehen könne, er habe doch die amerikanische Staatsbürgerschaft. Das wurde dann nur noch übertroffen vom gemeinsamen Rätselraten, ob Großbritannien denn nun in Europa liegen würde oder nicht, schließlich sind sie ja nicht mehr in der EU.

Gegen einen kleinen Obulus konnte man sich auch mit wahlweise Smoothies oder Alkohol aus dem Tetrapack betrinken. Da es der gesamten Truppe dann aber doch nach einer vollwertigeren Mahlzeit gelüstet hat, sind wir nach einem Abschiedsfoto zum einzigen noch geöffneten Ramen-Laden weit und breit: Ichiran. Hab ich bis dahin auch noch nie gehört, scheint eine Kette mit 24h Budget-Ramen zu sein, war aber eigentlich ziemlich gut:

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Am Folgetag sind wir erst gegen 14 Uhr aufgestanden, wir waren ja auch extrem spät ins Bett. Was macht man also, wenn der halbe Tag weg ist? Richtigg, man geht was Essen und wieder zum gleichen Brettspielcafé:

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Fairerweise hatten wir uns vorgenommen, dieses mal früher nach Hause zu gehen, um vom nächsten Tag auch was zu haben. Da die Suche nach weiteren Couchsurfing Hosts obsolet wurde - ich würde ja einfach wieder zur selben Familie zurückkehren - musste ich irgendetwas mit meinen deutschen Mitbringseln anstellen. Das waren insbesondere mehrere 100ml-Fläschchen Berliner Luft und noch ein Stapel Hitschies Drachzungen (diese sauren Gummibärstreifen). Die sieht man da auch rechts im Bild liegen; die Amerikaner waren begeistert. Wir waren an dem Abend nur noch zu viert - Nate (der Betreiber), ein Freund von ihm und wir. Nachdem ich langsam besser in diesem Brettspiel wurde, ging es dieses mal aber wirklich früher ins Bett.

Damit wir am nächsten Tag was machen können? Genau, Klassiker, irgendwelche Tempel und Schreine anschauen. Zu unserem Glück hat es auch kräftig geregnet, sodass kaum Touris weit und breit waren. Ein Traum.

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Nachdem wir brav unsere Fotos gemacht hatten, hat sich langsam der Bauch zu Wort gemeldet. Die japanischen Mikroportionen hatten für gerade einmal 3 Stunden gesättigt. Also Google Maps rausgeholt, ein nahegelegenes Lokal gesucht und losmarschiert. Auf dem Weg dorthin sind wir - in einer sehr leblosen Wohnsiedlung - an einem Haus vorbeigekommen, an dem eine dicke, fette, deutsche Fahne hing. Sieh an, was ist denn das? "German Bakery". Na das wollen wir doch mal sehen. Nachdem wir unser neues Mittagessen gefunden hatten, sind wir grinsenden Schrittes hinein und haben in zwei Gängen Donauwelle, Frankfurter Kranz und Sachertorte begutachtet.

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Als wir dabei waren, uns wie Bolle über die Abwechslung zum Reis und Nudelalltag zu freuen, hat immer mal der Bäckermeister aus seiner Kammer hervorgegrinst; der war nämlich tatsächlich Deutscher. Als wir fertig waren haben wir dann noch ein paar Worte gewechselt und schließlich ein Erinnerungsfoto geschossen (Erinnerung für uns, dem Bäcker dürfte das herzlich egal sein, wahrscheinlich kommen solche wie wir fast jede Woche dort rein).

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Langsam war es auch Zeit, in das neue Hotel einzuchecken. Das vorherige hatten wir nur für 2 Nächte gebucht, verlängern wäre absurd teuer geworden. Also haben wir noch eine Nacht in ein anderes eingebucht - in der Erwartung, dass das dann auch die letzte nacht in Kyoto werden würde.
Nachdem wir das Hotel dann gefunden hatten (das war schwieriger als erwartet, weil es zwei der selben Kette gab, die exakt gleich hießen, aber in unterschiedlichen Straßen waren - wir waren zuerst beim Falschen) und das Gepäck abgeladen hatten, wurde es erstmal Zeit für ein Geschäft. Auf dem Klo.

Ich habe mich bisher nicht ausgiebig mit japanischen Toiletten beschäftigt, vor allem nicht mit den diversen Sprüh und Saugfunktionen. Der Sitz ist beheizt - dss ist nach Umgewöhnung ganz angenehm - und die Spülung spült halt. Sollte sie. Leider hat die Spülkraft nicht ausgereicht. Und so stand ich ratlos dort, ungewillt, dem Hotelpersonal diese Sonderaufgabe zu überreichen. Der Kollege aus dem Nebenzimmer warf ein, ich solle den Spülknopf doch einmal besonders lange drücken. Nichts tat sich. Die nächste Idee war dann, den Duschkopf als Spülung zu verwenden, da ist sicherlich mehr Druck hinter. Nichts tat sich.
Also wurde es Zeit für einen letzten Versuch. Er hat sich an die Wand zur Toilettentür gestellt, die Hand durch die spaltweit geöffnete Tür, in Bereitschaft am Spülknopf. Ich habe in meiner linken Hand den Duschkopf (in Richtung Unfallstelle gerichtet), in meiner rechten Hand die Armatur. Wir machen uns bereit, alles, was dieses Bad an Wasserspülkraft aufbringen kann, gleichzeitig zu mobilisieren.

DREI!! - wenn das nicht klappt.. keine Ahnung
ZWEI!! - es fühlt sich almählich so an, als würden wir eine neue Rakete ins All schicken.
EINS!! - okay okay komm schoooon -

NULL!!!!!
es spült
und es spült
Wassermassen werden hinuntergeschossen

...
Erfolg!!!


Bildschirmfoto 2025-04-09 um 13.50.15.png

Ich entschuldige mich der unangenehmen Anekdote, aber im Ernst: Warum haben die Toiletten manchmal so super wenig Spülkraft?
Nachdem sich das erledigt hatte, ging es weiter in die Stadt. Inzwischen war es langsam schon abends, entsprechend die Atmosphäre:

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Nachdem wir in einem weiteren Nudelsuppenspeisenladen halt gemacht haben, ging es zeitig ins Bett - wir wollten morgen sehr früh nochmal eine Touristenattraktion sehen (Fushimi Inari, ein Schrein in einem Wald), aber ohne Touristen. Tatsächlich war die Sorge wieder relativ unbegründet, wir haben uns im großen Schrein-Wald nämlich so arg verlaufen, dass wir ca. eine Stunde lang keinen einzigen Touristen gesehen haben.

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Dafür war irgendwann eine erstaunlich lebendig wirkende Holzhütte zu sehen; in der scheinbar auch jemand saß. Je näher wir kamen, desto mehr Holzkunstwerke konnten wir auf der Terasse erkennen. Das hatte alles schon fast etwas mystisches - der leere Wald, diese geheimnissvolle Hütte.. zumindest so lange, bis wir ein Schild sahen, auf dem Stand, dass hier auch Holzbearbeitungskurse angeboten werden, man könne sogar mit Visa bezahlen. Der Hüter der Hütte hat uns irgendwann hineingewunken und Hausschuhe hingestellt. Auf ein "Wir wollen nur schauen, keinen Kurs belegen 😅" folgte ein "Heute gibt es auch keinen Kurs 🙂". Und so saßen wir schließlich ca. eine Stunde beim Holzmeister und haben über seine Werke, sein Leben und unsere Leben geredet. Auf die Frage, woher er denn so fließend Englisch spreche, entgegnete er, er höre gerne Radio. Aha. Tatsächlich aber hat seine Redensart manchmal der eines Nachrichtensprechers geähnelt, das war dann doch ganz amüsant.

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Der Mann auf der Erdkugel ist beispielsweise Donald Trump, das Werk gibt es im Original in X-facher Größe irgendwo im Ausland und ist Kritik an der Politik ums Pariser Klimaabkommen. Ich habe ehrlicherweise einen Augenblick gebraucht, um Trump zu erkennen, aber ganz allgemein waren seine Werke wirklich beeindruckend. Vor allem die Details. Er verkaufe seine Werke in einem Laden oben an der Bergspitze, aber hier bietet er leider erst wieder in ein paar Wochen einen Kurs an, sagt er.

Als wir den Fuß wieder raussetzen, müssen wir erstmal tief durchatmen. Das war unerwartet. Und unerwartet intensiv. Deswegen reist man ja aber, oder?

--

Am Abend ging es wieder wohin? Genauuu, ins Brettspielcafé. Genauer gesagt zu den beiden Amis, mit noch mehr blauen Drachenzungen und Berliner Luft. Mir hat der ständige Regen etwas zugesetzt, entsprechend fragte ich, ob es denn auch Tee gäbe. Es gäbe Tee, wird entgegnet, aber weder Topf noch Wasserkocher. Man könne den ja aber auch in der Mikrowelle erheizen. Und so genoss ich meinen Mikrowellen-Kamilletee an meinem letzten Brettspielcafebesuch in Kyoto.
Der Abend war dann aber tatsächlich ziemlich kurz, so sind wir sehr früh ins Bett, um den nächsten Tag noch einmal zu nutzen. Wir sind vor allem Kyoto rauf und runter gelaufen, haben nochmal alle zentral gelegenen öffentlichen Kulturanlagen aufgesucht und sind auch in ein Museum, was die Ausstellungsstücke einfach verkauft? Also da war dann einfach so ein Preisschild an den Sachen dran - interessant. Mahlzeiten des Tages waren zum Frühstück testhalber eine französische Bäckerei und später Curry-Udon (weiteres Nudel-Suppen-Erzeugnis).

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An dem Punkt waren schon über 1,5 Wochen vorbei, trotzdem stand noch über eine Woche Tokyo bevor. Also war es an der Zeit, mir über eine neue To-Do Liste Gedanken zu machen..
 

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Japandi

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06.04.2014
1.484
910
BRN
Vielen Dank für den sehr unterhaltsamen Reisebericht - super geschrieben!

Aber das mit dem Shinkansen hast du schon nicht so korrekt gesehen:
Natürlich kann man online das Ticket kaufen inkl. Sitzplatz (und Rabatt!). IC-Karte registrieren, damit durch das Gate und man erhält noch ein kleines Papierticket mit Sitzplatzangabe dazu. Und normale Tickets kann man natürlich auch im Vorfeld und an diversen Bahnhöfen kaufen, da muss man sich nicht vor Ort anstellen.
Und zum Zeitvergleich: Also ich bin so 10 Minuten vor Abfahrt dort und das auch nur, weil ich vor Abfahrt noch Bento + Getränke kaufe (Richtiges Bento, nicht deine Supermarkt-Version...). Zeit von Yamanote-Line zum Shinkansen sind 2-5 Minuten. Da bist du in Berlin auch nicht schneller. Dass du als Neuling länger brauchst ist ja klar, aber auch kein fairer Vergleich ;)
 

MANAL

Erfahrenes Mitglied
29.05.2010
14.818
10.096
Dahoam
Sehr interessanter Reisebericht, vielen Dank für's mitnehmen. Couchsurfing wäre nichts für mich, umso interessanter finde ich deine Erfahrungen. Auch schön, dass du so offen auf ein Land zugehst und alles mal probierst und nicht den Tourimassen folgst. Durch familiäre Beziehungen bin ich selber schon oft in Japan gewesen und habe auch Japan von der Nicht-Touri-Seite gesehen. Das ist schon eine Welt für sich. Vor allem eine die ein Durchschnittstouri nicht erlebt.

Bin gespannt was du noch alles erlebt hast. Lese sehr interessiert mit.
 
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Notausgang

Reguläres Mitglied
18.03.2023
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BER
Natürlich kann man online das Ticket kaufen inkl. Sitzplatz (und Rabatt!). IC-Karte registrieren, damit durch das Gate und man erhält noch ein kleines Papierticket mit Sitzplatzangabe dazu. Und normale Tickets kann man natürlich auch im Vorfeld und an diversen Bahnhöfen kaufen, da muss man sich nicht vor Ort anstellen.
Und zum Zeitvergleich: Also ich bin so 10 Minuten vor Abfahrt dort und das auch nur, weil ich vor Abfahrt noch Bento + Getränke kaufe (Richtiges Bento, nicht deine Supermarkt-Version...). Zeit von Yamanote-Line zum Shinkansen sind 2-5 Minuten. Da bist du in Berlin auch nicht schneller. Dass du als Neuling länger brauchst ist ja klar, aber auch kein fairer Vergleich ;)
Ohhh Gott sei Dank, deinen Beitrag habe ich mir mal gespeichert - danke! Ich hatte auch was mit online Reservierung gesehen, aber nur für einen langsameren Zug (Tokyo-Osaka 4h), nicht den Nozomi. Wo bekommst du denn richtiges Bento?
Und ja, als Neuling braucht man einfach wesentlich länger, da hast du schon Recht. Fairerweise bin ich nicht von Yamanote zum Shinkansen, sondern von Marunouchi; das sind dann schon nochmal ein paar Meter extra. Ich bin jetzt insgesamt 7 oder 8 mal Shinkansen gefahren und habe außer in Kobe nie das Gefühl gehabt, ich könnte in 3 Minuten (mit Gepäck) schon beim Zug sein. Aber das kommt dann vielleicht wirklich mit der Zeit :)

Couchsurfing wäre nichts für mich
Darf ich fragen warum? Wegen der mangelnden Privatsphäre oder weils ja eigentlich Fremde sind?
Sehr interessanter Reisebericht, vielen Dank für's mitnehmen
Danke!
 
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Hene

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27.03.2013
4.860
4.255
BER
Japan hatte ich bisher null auf der Liste
Es wird Zeit, dass es auf die Liste kommt! -1, die Japanistik studiert hatte, hat mich damals auf den Geschmack gebracht. Waren zweimal zu zweit da und ich jetzt schon einmal allein. Ist ein Land, in das man immer sehr gern zurückkehrt, weil es einfach so simpel zu bereisen ist und trotzdem viel Tiefe hat. Zugegeben, man muss sich manchmal zwicken, wenn JapanerInnen wieder irgendwie für uns absurd handeln oder etwa raushauen. Irgendwo an der okhotskischen Küste Hokkaidos fragte man mich doch letztes Jahr mit etwas Unglauben, ob ich auch mit Stäbchen essen könne😁
Beitrag automatisch zusammengeführt:

Wegen der mangelnden Privatsphäre
Ich schätze das und auch weil man oft auf harten Futtons schlafen muss.
 
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Japandi

Erfahrenes Mitglied
06.04.2014
1.484
910
BRN
Ohhh Gott sei Dank, deinen Beitrag habe ich mir mal gespeichert - danke! Ich hatte auch was mit online Reservierung gesehen, aber nur für einen langsameren Zug (Tokyo-Osaka 4h), nicht den Nozomi.
Für den Tokkaido-Shinkansen (Tokyo-Osaka-Hakata) hier:

Alles reservierbar ab 30 Tage vorher, und erstaunlicherweise auch eine gute englische Website dazu. (Die Reservationsseite von JR East für die Shinkansen gen Norden ist absichtlich nur für Japaner / Inländer ausgelegt)

Wo bekommst du denn richtiges Bento?
Zum Beispiel in den Bahnhöfen, üblicherweise in spezialisierten Bento-Shops bzw. manchmal in Kombination mit Souvenirs.
Qualität deutlich über dem, was man im Supermarkt / Konbini bekommt. Und immer mit einem Thema, z.B. Zutaten einer speziellen Region oder Route.
Beim Shinkansen gibts üblicherweise immer was nach den Bahnsteigsperren, an grossen Bahnhöfen wie Tokyo Station natürlich auch unendlich viele weitere Möglichkeiten, dort besonders im Bereich der konventionellen Linien (Gransta EInkaufszentrum) bzw. ausserhalb im Ostbereich (Yaesu).
Ich gehe meistens aus Gewohnheit zum Ekibenya Matsuri, im Zentralkorridor (EG) unterhalb Gleis 6 und 7 der konventionellen JR Linien. Sehr grosse Auswahl (100+ verschiedene Bentos), immer ein enormes Gewusel an Leuten aber alles geht sehr schnell.

Das ist jetzt auf Ekiben bezogen, du kannst natürlich auch sonst Bentos fürs Mittagessen kaufen. Da gibt es auch eigene Ketten bzw. eigenstände Shops für, z.B. Hotto Motto, oder in jedem grösseren Department Store typischerweise im UG, wo es die ganzen Essenssachen gibt.

Bin gespannt wie es bei deinem Bericht weitergeht!
 
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MANAL

Erfahrenes Mitglied
29.05.2010
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Dahoam
Darf ich fragen warum? Wegen der mangelnden Privatsphäre oder weils ja eigentlich Fremde sind?
Sowohl als auch. Ich habe abends ganz gerne meine Ruhe, will eine zuverlässig saubere Umgebung und brauche auch ein gutes Bett um vernünftig zu schlafen. Ansonsten kann ich den nächsten Tag komplett in die Tonne treten wenn ich völlig übermüdet bin. Daher bin ich am liebsten in soliden Kettenhotels (in Japan primär Crowne Plaza, Doubletree, Hilton) wo ich weiß dass ich mich auf einen guten Schlaf und auch Ruhe verlassen kann.

Bzgl. Bentos würde ich mich an den Kiosken an jeden Bahnhof umschauen. Selbst kleinere Bahnhöfe haben immer wieder eigene Bentos mit saisonalen Spezialitäten aus der Region. Für mich gehört es zu jeder Japanreise auch regelmäßig Bentos unterwegs zu kaufen und im Zug zu genießen. Man erlebt da auch die unglaublich vielfältige Kulinarik des Landes wobei allein die Aufmachung des Bento schon fast ein Kunstwerk an sich ist.
 

Notausgang

Reguläres Mitglied
18.03.2023
32
386
BER
Für den Tokkaido-Shinkansen (Tokyo-Osaka-Hakata) hier:
Ahhhh super, danke! Ich dachte du meinst klook o.ä.
Zum Beispiel in den Bahnhöfen, üblicherweise in spezialisierten Bento-Shops bzw. manchmal in Kombination mit Souvenirs.
Qualität deutlich über dem, was man im Supermarkt / Konbini bekommt
Tatsächlich stammte diese Box aus einem Ekiben-Shop in diesem Gransta-Markt, war aber auch eher eine der mäßigen. Die vom Rückweg (Foto morgen) sah schon eher nach was aus

Ansonsten kann ich den nächsten Tag komplett in die Tonne treten wenn ich völlig übermüdet bin. Daher bin ich am liebsten in soliden Kettenhotels (in Japan primär Crowne Plaza, Doubletree, Hilton) wo ich weiß dass ich mich auf einen guten Schlaf und auch Ruhe verlassen kann.
Versteh ich voll, hab ich auch mehr als einmal gemerkt. Glücklicherweise hatte ich oft einfach Glück mit Bett und ruhiger Umgebung, aber z.B. das erste Hostel der Reise (die erste Nacht) war (was das betrifft) komplette Katastrophe. Aber für die gesamte Reise habe ich das Risiko auf starke Rückenschmerzen & sehr schlechten Schlaf in Kauf genommen
Beitrag automatisch zusammengeführt:

Man erlebt da auch die unglaublich vielfältige Kulinarik des Landes wobei allein die Aufmachung des Bento schon fast ein Kunstwerk an sich ist.
Absolut! Ist auch der Hauptgrund, warum ich die immer wieder kaufen will
 
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Notausgang

Reguläres Mitglied
18.03.2023
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BER
19.-22. März - "Perfekt, dann trinkst du heute alles!" - Tokyo

Tschüss Kyoto - reicht dann auch. Kyoto eine zweite Chance zu geben hat sich für mich definitiv gelohnt. Nicht nur habe ich einige Brettspielefans gut genug kennen gelernt, um sie das nächste mal wieder zu besuchen, auch habe ich von Kyoto als Stadt einen viel besseren Eindruck. Werde ich realistisch gesehen das nächste mal trotzdem auslassen, inzwischen will ich auch mal Fukuoka und Hokkaido sehen.
Auf dem Weg zur Bahnstation - an der ich mir übrigens ein wesentlich besseres Bento als bei der Hinfahrt besorgt hatte - ist mir auch zum ersten mal so richtig aufgefallen, wie unglaublich langsam Krankenwägen dort fahren. Warum ist das so? Teilweise schalten die jede Extrasirene an, die sie haben, fahren aber Schrittgeschwindigkeit - bei freier Straße.

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Zurück in Tokyo war ich direkt wieder mit der Couchsurfing-Familie vom Anfang verabredet. Soll heißen, ich fuhr zu Ihnen, stellte mein Gepäck ab und durfte die Jacke direkt wieder anziehen: Es wurde reserviert:

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In einem sehr einheimisch aussehendem Restaurant - das Viertel hatte jetzt ohnehin einen wirklichen Ausländermangel - habe ich das wahrscheinlich beste price/perfomance Essen jemals gegessen. Ich wurde aber eingeladen - zu meinem Unmut, ich wollte mich ja irgendwann mal auch über ein paar Highballdosen hinaus revanchieren. (dazu sollte ich aber schon bald Gelegenheit bekommen). Im Ernst: das hat richtig gut geschmeckt.
Als mir irgendwann klar wurde, dass Gastgeberin und Tochter bereits am Folgetag nach Europa aufbrechen würden - nicht erst in 2-3 Tagen - habe ich mir einen Wecker auf 6 Uhr gestellt; ich wollte mich ja schließlich auch persönlich verabschieden. Nachdem ich das getan hatte bin ich natürlich sofort wieder ins Bett und habe keinen weiteren Wecker gestellt.

Im zweiten Post ("Kaiserschmarrn... [...]") hatte ich erwähnt, dass ich meine Schallplattenkaufsucht auf später verschieben wollte, damit sie unterwegs nicht zu Schaden kommen. Jetzt war der perfekte Zeitpunkt dafür, ich würde meinen Schlafplatz bis zum Abflug ja nicht nochmal ändern und hatte somit genug Platz.

(An dieser Stelle möchte ich nochmal erwähnen, wie unglaublich dankbar ich der Familie dafür bin; ich hatte sogar einen Schlüssel bekommen. Auch wenn inzwischen genug Couchsurfing Hosts zugesagt hatten (musste ich dann auf ein Treffen downgraden), hatte ich mir meine letzte Woche wesentlich holpriger vorgestellt - und wesentlich schlafgestörter. Das war so natürlich überhaupt keine Sorge mehr. Bilder des Zimmers werde ich hier nicht hochladen, aber ich hab geschlafen wie ein Baby.)

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Jedenfalls; Schallplattenshopping. Ich bin dieses mal zwar wieder nach Shimo-Kitazawa - der Ort, an dem ich eine süchtig machende Auswahl meines Lieblingsgenres gefunden hatte - habe dann aber dort festgestellt, dass sich die Auswahl sehr geändert hatte. Platten dieser Musikrichtung gab es zwar noch, aber ehrlicherweise keine, die ich nach Hause transportieren würde - nichtmal für 80% Rabatt. Aber hey, lernt man draus - in Japan muss man schönes scheinbar direkt kaufen, wenn man's wirklich haben will.
Dafür bin ich danach zu Tower Records (und ein paar anderen Läden, in denen ich nicht gekauft habe). Der Tower Records in Shibuya ist ein X-stöckiger Vinyltempel mit gefühlt allem, was das CD/LP-Liebhaberherz begehrt. Dort habe ich dann einen kleinen Stapel Studio Ghibli Platten mitgenommen (teilweise auch für Freunde), einfach weil sie weniger als halb so teuer wie in Deutschland waren. Und Tax kam da noch runter! (Habe mich selbstverständlich an alle deutschen Einfuhrregularien gehalten ;) )

Nachdem das dann erledigt war, wollte ich noch nicht nach Hause - sondern schon wieder in ein Brettspielcafé. Fairerweise hatte ich die Empfehlung bekommen, das auch mal in Tokyo zu probieren. Ich war ja inzwischen sowieso auf den Geschmack gekommen.
Meine Schallplatten wollte ich dorthin aber natürlich nicht mitnehmen. Kein Problem: So gut wie jeder Bahnhof hat einen oder mehrere Coin Locker (Münzschließfächer). Ich liebe diese Dinger. Das ist jetzt nicht das neue iPhone, haben wir in Deutschland am Ende ja auch. Aber jeder, der sein Gepäck schonmal in sowohl z.B. München Hbf als auch z.B. Shibuya eingeschlossen hat, weiß, dass da Welten zwischen liegen. Die an deutschen Bahnhöfen sind oft (nicht immer) leicht schmutzig, man darf - sofern man überhaupt passendes Münzgeld hat - auch die ganze Zeit einen leicht keimigen Schlüssel mit herumtragen. In Japan sind die meistens sauber wie geleckt, meist günstiger (fairerweise v.a. wegen des schwachen Yen) und vor allem: Man braucht weder Kleingeld noch Schlüssel. Meistens kann man einfach die Mobilitätskarte (IC-Card) dranhalten. Sowohl um zu bezahlen, als auch zum spätereren Öffnen. Wenn man diese tolle Mobilitätskarte auf dem Handy eingespeichert hat - wie die scheinbar meisten, die dort ein Smartphone haben - reicht sogar das aus. Das ist unverhältnismäßig viel komfortabler, finde ich. Fairerweise gibt es dafür an den meisten deutschen Bahnhöfen meist mehr Schließfächer.

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Ok, genug über Sclhießfächer geschwärmt, mein eigentliches Ziel waren ja wieder die Brettspiele. Mein Magen kennt keine Gnade, entsprechend wurde ich erneut zu einer Einkehr in ein Yoshinoya (Japanische Fast-Food-Kette) genötigt:

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Der Brettspielabend selber war sehr nett. Die Atmosphäre in Kyoto hat mir besser gefallen - einfach weil es hier so viele Menschen waren - aber ich hatte meinen Spaß, habe einige neue Spiele gelernt und bereue nichts.
Das ist gelogen, ich bereue etwas: der Cafébetreiberin gesagt zu haben, woher ich denn komme.

"OOOOhhh Germany? You know the Spihl dé Jaars?"

nicht schon wieder

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Ein paar Snacks aus dem Konbini später habe ich mich aufs Ohr gehauen. Den folgenden Vormittag habe ich vor allem genutzt, um mich meinen Universitären Verpflichtungen zu widmen. Tatsächlich war diese Japanreise nämlich eine Art professionelles Prokrastinieren. Ca. eine Woche nach der Reise - das entspricht 4-5 effektiven Lerntagen - stand mir die größte Klausur im aktuellen Abschluss bevor; und ich war richtig schlecht vorbereitet (mehr dazu im letzten Post). Also habe ich mir fürs gute Gewissen schließlich eine tolle Übersicht geschrieben, um zumindest pseudowissenschaftlich zu bestätigen, dass 5 Lerntage in Deutschland ausreichen. Entsprechend habe ich mich im Anschluss der Buchung zweier Baseballtickets gewidmet. Am Sonntag (morgen) wollte ich nämlich mit dem Gastgeber zum ersten mal in meinem Leben Baseball schauen. Tickets für Tokyo Giants gekauft (hoffentlich im richtigen Fanblock), ausgedruckt und schließlich irgendwann in die Stadt gefahren - besagter Gastgeber würde noch eine ganze Weile auf Arbeit sein.
Ich war für den Abend mit ein paar (fremden) Deutschen verabredet. Wir wollten in eine Karaokebar, haben aber nach dem Absenken des Gesäßes auf das erstaunlich bequeme Sofa festgestellt, dass uns die Aktion 24€ pro Stunde kosten würde. Pro Person. Na Mensch, okay, trinkt alles was ihr könnt Leute, immerhin haben wir Nomihodai (All You Can Drink), einer stellt einen Timer auf 55min.

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Als wir wieder aus diesem durchaus netten Etablissement wieder herausgestolpert kamen, ist eine unserer Truppe in eine Dreiergruppe Japaner hineingefallen. (Sie hatte das mit dem All You Can Drink wirklich sehr ernst genommen). Da ich als einziger Anwesender der Gruppe irgendwie mit denen kommunizieren konnte, habe ich mich mit denen dann recht schnell verstanden; und so sind wir zu viert weitergezogen. ("Ja, in Deutschland darf man schon vor 20 Jahren trinken - ja, das ist legal - keine Ahnung, immerhin können da die Eltern noch mit Acht geben")

(Keine Sorge, der angetrunkenen Kollegin ging es zügig besser, wurde auch gut umsorgt).
Schließlich wollte ich ja vor allem Einwohner kennen lernen, Deutsche gibt es in Deutschland genug. Aber nicht nur deswegen: Die andere Gruppe wollte in den Club und feiern gehen. (Hab ich jetzt nichts per se dagegen, werde ich dort vielleicht auch noch irgendwann machen, aber ehrlicherweise gibt es in Berlin keinen wirklichen Mangel an guten Einrichtungen solcher Art). Ich hatte aber einen anderen Punkt auf der To Do Liste, der mich wirklich vorzüglichst angelächelt hat:

[ ] in eine zufällige Bar gehen.

Sodann, die Dreigruppe Japaner war der Hilfe mehr als gewillt, so fand ich zügig eine abgelegene, kleine, gemütliche Bar mit klassischem Tresenlayout. Vorsichtig habe ich die Schiebetür erst einen Spalt geöffnet, um die 200 Millisekunden bis zur ersten Reaktion der Belegschaft für einen ersten Eindruck zu nutzen. Schnell wurde ich von einem Mann mittleren Alters hereingewunken. Das sei mein erstes mal in einer japanischen Bar, sagte ich - "kein Problem", entgegnet er, "dann probierst du heute alles". Ich setze mich vorsichtig auf den Hocker, lege meine Jacke ab und blicke nochmal zur Tür. Dort stehen die drei Japaner immer noch, alle drei erwartungsvoll an die Scheibe geheftet; und zeigen mir auf diesen Blick gleichzeitig einen Daumen hoch.

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Nachdem wir Familienstand, Berufung und Nationalität durch haben, erfahre ich, dass er nicht etwa mittleren Alters ist, sondern 68. Was? Wie? Wie kann das denn sein? Hat man mit 68 noch so volles Haar? Und warum ist er so Fit?
So habe ich den Abend schließlich damit verbracht, sämtliche Sorten Sake (heiß, kalt, irgendwas dazwischen) und Bier zu probieren. Und es war seehr lecker (also der Sake). Vor allem aber habe ich mich viele Stunden mit ihm (und zweitweise auch der Barkeeperin) unterhalten. ("Ja, in Deutschland darf man schon vor 20 Jahren trinken - ja, das ist legal - keine Ahnung, immerhin können da die Eltern noch mit Acht geben").
Das war einer meiner Lieblingsmomente auf der ganzen Reise, einfach weil es so zufällig und perfekt war.

(Zwischendurch werden kleine Cracker in einem Weinglas serviert)

Ich habe an diesem Abend mit Sicherheit mehr getrunken als die 12 Monate davor. Wie gesagt, allgemein trinke ich eher weniger. Trotzdem war dieser Abend locker in meiner Top-3-Liste an Momenten, für die es sich gelohnt hat Japanisch zu lernen. Nur mit Englisch hätte ich recht zügig wieder kehrt machen können (oder den Translator auspacken können).

Leicht schwummerig und äußerst zufrieden trete ich den Heimweg an. Zu Fuß, die Bahnen fuhren schon lange nicht mehr.
Die Atmosphäre war aber umso besser:

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Neben der sehr humanen Rechnung in der Bar habe ich die wesentlich größere Rechnung dann am Folgetag bekommen: Mich hatte der Mischkonsum (ich war ja vorher auch in dieser Karaokebar) so aus der Bahn geworden, dass ich den ganzen Tag fast nichts gemacht habe. Ich habe geschlafen, gelegen, dann wieder geschlafen, dann wieder gelegen. Immer in der Hoffnung, dass mein Bauch sich wieder beruhigt und ich Appetit bekomme. Immerhin habe ich schon am Vormittag vorgesorgt gehabt - das Baseballspiel sollte morgen ja schon um 14:00 starten.
 
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MoonAlliance

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In einem sehr einheimisch aussehendem Restaurant - das Viertel hatte jetzt ohnehin einen wirklichen Ausländermangel - habe ich das wahrscheinlich beste price/perfomance Essen jemals gegessen.
Erst einmal DANKE für's Mitnehmen, ein toller Bericht.
Kannst Du das Restaurant und Adresse benennen? Bin im Juni vor Ort und folge gerne Deiner Empfehlung.
 

Notausgang

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18.03.2023
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Erst einmal DANKE für's Mitnehmen, ein toller Bericht.
Kannst Du das Restaurant und Adresse benennen? Bin im Juni vor Ort und folge gerne Deiner Empfehlung.
Klar, hier: https://maps.app.goo.gl/YBNiUdNRoGQ9vjaD7
Ist vom Typus jetzt aber nichts sonderlich besonderes, Restaurants dieser Art gibt es dort wirklich zu Hauf. Mir hatte es einfach wesentlich besser als die üblichen Ramen & Yakitori-Läden gefallen, in denen ich bis dahin am häufigsten war. Ein großer Teil meiner Euphorie kam auch aus der guten Atmosphäre und den guten Umständen des Abends :)
(Trotzdem Empfehlung, falls du in der Nähe bist)
 

Notausgang

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23.-26. März - Baseball ist eigentlich wie Brennball

Baseball im Tokyo Dome. Tokyo Yomiuri Giants gegen Chiba Lotte Marines (Nachbarstadt). Geil.
Gegen 12 Uhr habe ich mich mit meinem Gastgeber am nächsten 7 Eleven neben dem Stadion verabredet (er hatte die Vornacht seine Eltern besucht, ich war alleine im Haus gewesen). Dank Pollenallergie und diesbezüglich wirklich brutalen Zuständen in Tokyo bin ich nochmal fix rein, um mir ein paar mehr Taschentücher zu kaufen. Kurz darauf darauf waren wir auf der Suche nach der ersten Mahlzeit des Tages. Auswahlkriterium war dabei vor allem, ob wir es mit Anstehzeit und Esszeit noch rechtzeitig ins Stadion schaffen. Schlussendlich wurde es dann ein Burgerladen (Shake Shack), dessen To-Go-Boxen eine schon wirklich ironische Größe hatten.

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Das war mein erstes mal in einem Baseballspiel. Und auch das erste mal in einem Stadion der Größe, überhaupt. Entsprechend positiv überwältigt war ich auch von der Atmosphäre vor und während des Spiels.

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Was unsere Sitzplätze betrifft habe ich einfach mal gehofft, dass das passt. Ich hatte mich ein wenig von ChatGPT beraten lassen, welche Plätze man für eine gute Sicht unbedingt meiden sollte und entsprechend gekauft. Zu meinem Glück habe ich Plätze im Fanblock der Giants erwischt; denn: die Giants sind die Lieblingsmannschaft meiner Begleitung.
Während die kurze Tanzshow (vor dem eigentlichen Spiel) läuft, versuche ich im Schnelldurchlauf Baseball zu verstehen. Parallel hat er versucht die Regeln auf Japanisch zu erklären, was bedingt der Lautstärke und meiner wirklich beeindruckenden Unkenntnis des Spieles nur schwer funktioniert hat. Aber: Ab dem Punkt, wo ich aus dem Augenwinkel das Wort "Brennball" auf meinem Handy gelesen habe, haben seine Erklärungen Sinn ergeben und ich konnte dem Spiel eigentlich recht solide folgen. Zwischendurch hatte man jede Menge Gelegenheiten Bier und kleine Handspeisen zu kaufen; entweder an einem der unzähligen Stände oder von einer der "Bierfrauen", die mit Rucksack-Fässern durch die Gänge liefen. Leider haben die Giants am Ende verloren, wenn auch nur knapp.
Ist aber auf jeden Fall etwas, was ich das nächste mal wieder machen möchte - vielleicht dann mit mehr Wissen über Baseball.

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Wir hatten uns inzwischen schon gute 5 Stunden in Tokyo Dome City (der Distrikt rund um das Stadion selber) aufgehalten, die logische Konsequenz war eine Mahlzeit - dieses mal bei einem Koreaner. Das war auch wieder erstaunlich lecker, ich kannte aus Korea bisher nur Korean Fried Chicken (und bin großer Fan).
Der Tag war noch nicht vorbei, so sind wir danach noch in eine etwas abgelegenere Karaoke-Bar. Leider kann ich bei nur wenigen japanischen Liedern mitsingen, gleiches galt für ihn und englische Lieder. Allgemein war die Liedauswahl überschaubar. Als ich dann aber zu 99 Luftballons angestimmt habe, ist er auf einmal mit eingesprungen - das Lied ist wohl auch hier recht bekannt.

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Montag, 24. März. Übermorgen fliege ich schon zurück, allmählich macht sich Abschiedsstimmung breit. Ich war zum Nachmittag wieder mit dem Kollegen vom Anfang verabredet (der Japaner, der auch an meiner Uni studiert). Vorher wollte ich in Harajuku nach einem Laden sehen, der von einem der Fitness-Youtuber betrieben wird, die ich zum Japanisch-lernen schaue. Großer Fehler, die Menschenmassen in Harajuku sind wirklich abartig. Nur ganz knapp weniger schlimm als die Metro in der Rush Hour (obwohl eng stehen einfacher ist als eng zu gehen).

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Wir wollten uns dann wieder an der Shibuya Station treffen, was sich als erstaunlich schwierig herausgestellt hat: wir hatten keinen Ausgang spezifiziert, das Ding hat aber über 60. GPS hat praktisch nicht funktioniert und weder er noch ich kannten jeden Winkel dieser Station. Nach einigen Treppen, Rolltreppen und Brücken im Kreis hatten wir uns dann irgendwann gefunden und sind in ein Famiresu (Familienrestaurant), genauer: die Kette Gasto (ガスト). Familienrestaurants sind dort scheinbar ein kulturell wertvoller Ort. Man sitzt da auch gerne mal mehrere Stunden, kann allerlei Essen günstig bestellen und die Getränke werden einem fast hinterher geschmissen. Das Essen war natürlich geschmacklich simpel, aber das war okay.

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Die Zeit dort haben wir - neben erneuter Beschwerden über die katastrophale Pollensaison und Austausch über die Vorkommnisse der letzten 2 Wochen - auch für die Uni genutzt: nach der Rückkehr nach Deutschland stand für ihn eine Klausur an, die ich schon geschrieben hatte. Die Fragestellungen der (Alt)Klausur(en) sind aber auf so unnötig kompliziertem Deutsch formuliert, dass er noch nicht recht verstanden hatte, was genau die in der Klausur überhaupt abfragen wollen. Und das, obwohl sein Deutsch wirklich gut ist.
Nachdem siebten Orangensaft und einem kurzem Spaziergang haben wir uns irgendwann zu einer von ihm empfohlenen Sake-Bar verlaufen. Die Atmosphäre war super gemütlich, die anderen Gäste super gesprächig und die Stimmung gut. Es gab allerlei Reisweinerzeugnisse, dessen Namen und Inhaltsstoffe ich nichtmal im geringsten lesen konnte. Fairerweise haben dort Zeitweise 3-4 Japaner (!!!!) vor einer Flasche gehockt und versucht zu entziffern, was denn der Name davon ist. Nicht etwa, weil das so krakelig und schief geschrieben war, sondern weil es in dieser Sprache so absurd viele Schriftzeichen gibt (50.000, aber ~2.000 reichen für Normalsterbliche meistens), dass solche Erlebnisse auf der Reise keine Seltenheit waren. Nur so im Kontrast: Mit Umlauten und ß hat unsere Sprache 30.

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Nach meinem letzten - sehr schönen - Abend in einer Bar ging es langsam wieder zurück nach Hause. Ich bin vorher nochmal in einen Maruetsu (Supermarkt), um mir ein paar Gewürze nach Deutschland mitzunehmen, die dort importiert das doppelte kosten (z.B. viele Furikake).

Den letzten Tag habe ich mich mit Bekannten aus Berlin getroffen. Erst Ueno Park - ohjemine was sind das denn schon wieder für Menschenmassen - dann sind wir weiter zur Station Nakano. Neben der Station gibt es ein idyllisches Viertel mit allerlei Restaurants, Izakayas und Essensständen, große Empfehlung.

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Nach ein paar Fleischspießen ging es schließlich zur Tokyo Teleport Station nach Odaiba. Klingt alleine der Name nicht schon geil? Die Station befindet sich auf einer Insel in der Bucht von Tokyo. Diese "Insel" hat auch einen Strand (Odaiba Beach), wo wir den Sonnenuntergang genießen wollten. Richtig, richtig dicke Empfehlung. Der Strand + Sonnenuntergang ist der Hammer und die Fahrt übers Wasser sehr cool. Generell hatte dieses Viertel schon einen leicht futuristischen Vibe, wenn auch einen nicht ganz fertiggestellten.

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Bevor ich die letzte Nacht Schlaf bekommen sollte, gab es noch eine letzte Sache zu erledigen: ein letztes Bier mit meinem Host. Ich habe die Reise ein wenig Revue passieren lassen, habe Fotos gezeigt - und wir haben über Zukunftspläne und Träume gesprochen. Die gute Laune des Abends konnte auch der von Lufthansa zugewiesene Mittelsitz nicht mehr zerstören, das war wirklich die mit Abstand coolste Reise bisher.

Der Rückflug war relativ unspektakulär: Ich bin mit der "Magdeburg" 14 Stunden über den Nordpol zurück nach München, von dort dann weiter zu einem Zwischenstop. Das Essen an Bord war besser als auf dem Hinflug. Fairerweise sollte man das nicht als Metrik nehmen, es war immer noch bedeutend schlechter, trockener und geschmackloser als in ähnlich teuren Economy-Produkten. Was Gepäck und Mitbringsel betrifft, hatte ich zum Glück weniger zu tragen als erwartet. Das hatte aber auch einen guten Grund; ich wollte nämlich so packen, als würde ich ohnehin irgendwann wieder zurückkehren. Schließlich habe ich auch genau das vor.

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Nach der Reise - Fazit & Finanzen

Japan ist richtig cool. Das Land wird zwar viel zu oft durch Popkultur und co. maßlos überromantisiert, hat abseits der Touristenmassen und Lonely Planet Trampelpfade aber unglaublich viel zu bieten. Deutlich mehr als die kunterbunte Popkultur suggeriert. Und auch wenn die Menschen als verschlossen gelten, ist dem spätestens nach 1-2 Bier nicht mehr so (geringer Alkoholtolleranz sei dank).

Warum genau war das jetzt für mich aber die beste aller Reisen bisher?
Ich bin dort mit einer Mission hingekommen (mein Japanisch testen und verbessern). Diese Mission ist am Ende ausdrücklich geglückt. Ich habe eine Menge Leute kennenlernen dürfen, die diese Reise für mich unvergesslich gemacht haben. Zu keiner Zeit hat mich das Land überfordert, habe ich mich verloren gefühlt oder das Gefühl gehabt, dass es "langsam ja auch mal reicht". Ich habe super vieles zum ersten mal gemacht (Baseball, Bars, Couchsurfing, Catan, Sake, Karaoke, sämtliche Speisen, etcetc...) und es nicht nur nie bereut, sondern auch komplett neue Interessen entdeckt. Ich hatte ursprünglich die Sorge, dass ich nach 3 Wochen unter ständig wechselnden Gesichtern erstmal Urlaub vom Urlaub brauche und das mit der (letzten, größten und schwersten) Uniklausur nach der Reise etwas gefährlich wird. Das Gegenteil war der Fall: Ich habe ohne Jetlag problemlos den Rückstand aufholen können, die Klausur war danach überhaupt kein Problem. Zwischendurch war ich noch mit der Couchsurfing Gastgeberin samt Tochter (während ihrer Europareise) in Berlin essen (und hatte endlich mal die Chance, mich zumindest ein wenig zu revanchieren) und verabredet, beim nächsten mal definitiv wieder etwas zusammen zu unternehmen.

Das wars mit dem Reisebericht, vielen Dank fürs Lesen :)


Finanzen

Ich erfasse meine Reiseausgaben gerne sehr akribisch, daher hier eine möglichst genaue Übersicht;
Meine erste Japanreise hatte mich grob 2500€ für 2 Wochen gekostet, entsprechend schien mir ein Budgetlimit von 3000-4000€ angemessen. Am Ende wurden es ca. 2400€ für die 3 Wochen. Das ist wirklich sehr in Ordnung, vor allem weil ich weder bei Essen noch Unternehmungen gespart hab (abgesehen davon war ich relativ sparsam unterwegs).
Was das Thema Couchsurfing betrifft: Couchsurfing ist kostenlos, aber nicht kostenlos. Je nach persönlicher Einstellung kann man sich bestimmt auch für 0€ durchboxen, aber wenn man vor Ort nicht mit leeren Händen auftauchen und sich nicht nur durchfressen will, ist man da schonmal ein paar Euro los. Die 113€ in der Übersicht beziehen sich entsprechend auf deutsche Mitbringsel und sowas wie Einkäufe oder Baseball-Tickets - also alle Kosten, die ich ohne Couchsurfing nicht hätte. Trotzdem finde ich das preislich absolut human, zumal mein Ziel auch nicht Kostenreduktion sondern Erlebnismaximierung war.


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