Tag 1: München – ZRH – Halifax – Porters Lake Provincial Park
Es geht los, und ausnahmsweise ist die S8, die mich vom Münchner Ostbahnhof ins Erdinger Moos kutschieren soll, heute sogar mal pünktlich. Allerdings nur in der Theorie. In der Praxis blockiert noch eine andere S-Bahn das Gleis: Zum Schichtwechsel ist die Ablösung des Fahrers nicht aufgetaucht. Ja, es ist Wiesnzeit in München.
Irgendwann schlurft dann doch ein S-Bahn-Chauffeur daher, und mit 15 Minuten Verspätung kann auch die S8 einfahren.
Swiss hat an diesem Sonntagvormittag Edelweiss damit beauftragt, die HB-JLT als Flug LX1101 am Gate G02 zu parken – eine zwölf Jahre alte A320-200 namens Madrisa. Das Boarding zieht sich, der Flug ist voll, es ist – richtig – Wiesnzeit in München.
Noch haben nicht alle Passagiere ihren Platz eingenommen, da fängt das Förderband zum vorderen Frachtraum plötzlich an, rückwärts zu laufen. Ein Gepäckstück nach dem anderen landet, obwohl zuvor schon verladen, wieder auf den Gepäckwagen. Irgendwann meldet sich auch der Captain: Passagier nicht erschienen, Gepäck suchen und ausladen, das dauert. Man kennt’s. Mit einer halben Stunde Verspätung geht es schließlich los, und ich bin froh, den früheren Zubringer genommen zu haben und nicht die knappe Verbindung mit nur etwa einer Stunde Umsteigezeit in ZRH.
Die Crew serviert ein warmes Frühstück.
Völlig okay für den kurzen Hüpfer.
In ZRH gibt‘s dann auch noch eine Außenposition im hintersten Eck des Flughafens. Aber ich habe ja Zeit. Also kurz in die Alpine Lounge, weil ich die noch nicht kenne. Dann mit der sehr vollen Heidibahn, durch das sehr volle Terminal E, in die sehr volle Senator Lounge. (WK-Flug, gebucht unter LX-Flugnummer auf 220er-LH-Ticket mit A3*G, öffnet wie erwartet die Türen.)
Schon länger war ich nicht mehr hier, insbesondere die Dessert-Auswahl scheint deutlich reduziert worden zu sein. Egal, die Terrasse ist noch immer schön, und so kann ich zuschauen, wie unsere A343 für den Weiterflug, die frühmorgens bereits aus Afrika angekommen war, von ihrer Parkposition zum Terminal E geschleppt wird.
Das Boarding verläuft geordnet, an Bord gibt’s wenig Überraschendes: Edelweiss hat das Business-Class-Gestühl von Swiss geerbt , etwas aufgehübscht und mit angenehmeren Farben überzogen (das LX-Braun war noch nie mein Ding). Der Thronsitz ließ sich nach der Buchung kostenlos auswählen.
Eigentlich könnte es pünktlich losgehen, doch es gibt erst einen Slot in frühestens 20 Minuten. Auf dem Rollfeld müssen wir noch zwei andere Flugzeuge passieren lassen, so dass die HB-JMF, 22 Jahre alt und auf den Namen „Belalp“ getauft, mit etwa 45 Minuten Verspätung abhebt. Im Laufe des Fluges wird daraus aufgrund starken Gegenwinds sogar noch ein bisschen mehr.
Nach dem Start von Bahn 16 und dem Durchbrechen der Wolkendecke eröffnet sich ein schöner Blick auf die Alpen.
Service und Essen sind solide.
Es gibt Tomaten-Büffelmozzarella als Vorspeise
und Birnen-Käse-Ravioli als Hauptgang.
Das Dessert (Schokoladenmousse) ist zu schnell vertilgt, um es auf ein Foto zu schaffen.
Der Anflug auf Halifax erfolgt aus Nordosten, und die ersten Ausblicke verheißen Gutes: Es hängt schon viel buntes Herbstlaub an den Bäumen, aber es ist auch noch Luft auf der nach oben offenen Indian-Summer-Skala.
Das Unschöne an der Edelweiss-Business-Class: Sie befindet sich hinter einem großen Economy-Abteil (das die Position von First & Stübli bei LX eingenommen hat) im mittleren Teil des Flugzeugs. Wird durch Tür 1L ausgestiegen, ist folglich das halbe Flugzeug bereits bei der Immigration. Zwar gibt es in Kanada die Möglichkeit, über die ArriveCAN-App vorab die Zollformalitäten zu erledigen, was eine separate Schlange und schnellere Einreise verspricht, aber: „Sorry, Sir, our systems are down“. Also in der normalen Schlange anstehen, bei der auch nur die Hälfte der Automaten funktioniert (der Einreisebereich in YHZ wird gerade umgebaut).
Kurzer Plausch mit der Grenzbeamtin. „Hiking in Cape Breton? Nice. Enjoy your stay.”
Avis Preferred hat
da was nichts vorbereitet, und so zieht sich die Abholung des Mietwagens etwas hin. Es wird dann ein Hyundai Elantra, Modelljahr 2025, 26000 km, in herrlichem Rostschutzfarbengrau. Eigentlich zwei Nummern zu groß für mich, aber wer will bei realpreisigen 313 Euro für elf Tage schon meckern.
Erster Stopp: Canadian Tire, eine kanadische Kette für Auto- und Campingzubehör. Für umgerechnet 7,02 Euro erstehe ich den vielleicht wichtigsten Ausrüstungsgegenstand der Reise, eine Schraubkartusche mit 226 Gramm feinstem Isobutan-Propan-Gemisch für den Gaskocher. Anschließend wird der direkt daneben liegende Walmart geplündert.
Erschrocken angesichts der hohen Lebensmittelpreise geht es schließlich in den Porters Lake Provincial Park, östlich von Halifax, das praktisch gelegene Ziel für die erste Nacht. Es ist schon dunkel, als ich endlich dort ankomme, und so wird das neu gekaufte, noch nie ausprobierte Zelt direkt mal bei Dunkelheit aufgebaut. Klappt sogar unfallfrei.
Leider ist dieser Teil, da der Reisebericht ursprünglich nicht geplant war, sehr, sehr textlastig geworden. Morgen geht’s dann – auch opulent-bildertechnisch – richtig los.