Aeroflot SU1492 Crash landing in Moskau

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cockpitvisit

Erfahrenes Mitglied
04.12.2009
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2.690
FRA
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Die Spoiler gehen bei allen mir bekannten Flugzeugtypen erst hoch, wenn die Sensoren in den Fahrwerksbeinen „am Boden“ signalisieren. Bei einer Känguru Landung kommt dieses Signal nicht.

Laut dem von mir verlinkten russischen Artikel (habe nicht komplett übersetzt, sorry) gehen im "Direct Mode" die Spoiler nicht automatisch hoch, sondern müssen vom Piloten aktiviert werden. Das sei hier nicht geschehen.

Dass es "entgegen der Checkliste" ist, scheint beim genauen Hinsehen aber eine nur Interpretation der russischen Journalisten zu sein, das von ihnen zitierte Dokument sagt lediglich, dass die Crew die Spoiler nicht per Hand aktiviert hat.
 

Allererste Reihe

Erfahrenes Mitglied
07.05.2012
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4
Süddeutschland
Sorry aber es gibt eigentlich kein einziges Flugzeug mit MTOW = MLW!

Die (Ground)spoiler kommen in aller Regel mit main landing gear strut compressed, das geschieht auch bei bounced landings. Ausnahme ist meist nur Power / Thrust größer xy TRQ / N1.

Die Spoiler / Speedbrakes von Hand by FBW Flugzeugen ziehen kann im Direct Law aber erhebliche und unerwartete Auswirkungen haben.
 

Airsicknessbag

Megaposter
11.01.2010
21.574
15.292
:confused: MTOW knapp 46 t, MLW 41 t. Landung wurde hier schon sehr frueh mit 42 t berichtet. Da koennten die 1,6 Tonnen nun nach leichter Praezisierung schon hinhauen. Wobei das bisschen drueber nicht viel ausmachen darf.
 

Fighti

Erfahrenes Mitglied
19.08.2014
3.042
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MLA
"the crew received 5 cycles of predictive windshear warnings "Wind Shear ahead, go around!"

Gab es nicht erst vor kurzem einen Crash in Russland, wo die Crew trotz windshear meinte den Vogel landen zu müssen, was auch zu viel Kaltverformung führte? Sochi oder so?
 

Volume

Erfahrenes Mitglied
01.06.2018
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the crew received 5 cycles of predictive windshear warnings "Wind Shear ahead, go around!".
Vapp was determined to be 155 KIAS,
at 16 feet AGL the speed was 170 KIAS
Pilotenfehler in anspruchsvollem Wetter... 15kt zu viel sind jetzt nicht deutlich "zu schnell" für böiges Wetter mit wiederholten Windscherwarnungen.
a "GLIDESLOPE" warning occurred, descending between 180 to 40 feet the engine thrust was increased
the engine thrust was reduced to idle. At that point the captain began to apply oscillating pitch inputs
Von erhöhtem Schub in Bodennähe Gas weggenommen, bedeutet im direct mode ein sehr deutliches Absenken der Nase, dann bei Überfahrt überzureagieren ist jetzt nicht völlig unnachvollziehbar... Vor allem wenn man gerade zum ersten mal das Flugzeug im Direct Mode landen sollte... Für Normalsterbliche vielleicht damit zu vergleichen, ein Auto mit ausgefallener Servolenkung präzise durch einen Hindernisparcours zu steuern.
Overweight, Direct Mode (also auch ohne Autospoiler) und anspruchsvolles Wetter, das sind ja gleich drei Wünsche auf einmal, das geht nun wirklich nicht.

Es wird noch mal interessant werden, was zu den ersten Meldungen von Feuer an Bord noch an Fakten herauskommt. Das könnte die Piloten (selbst wenn es Fehlalarm war) ziemlich unter Druck gesetzt haben, die Landung unter Bedingungen fortzusetzen, unter denen man normalerweise durchstarten würde.
Erfahrungsgemäß bleiben einem bei Feuer an Bord noch etwa 15 Minuten, bis man am Boden sein muss, sonst ist die Sache gelaufen.
 

MitLeser

Erfahrenes Mitglied
18.06.2015
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73
laut AVHerald:
1. Touchdown mit 158 KIAS
2. Touchdown mit 155 KIAS
3. (finaler und fataler) Touchdown mit 140 KIAS.

Der erste Feueralarm (aft Cargo Department) bei 100 KIAS (also deutlich nach der Landung), 16 Sekunden später dann auch in der Tail Section des Flugzeugs. Das (in Kombination mit den G-Daten beim Auftreffen und den Videos) spricht schon sehr klar dafür, dass das Feuer beim Aufprallen (Aufsetzen kann man da ja schon fast nicht mehr sagen) entstanden ist, und nicht Grund war für selbiges. Das einzige, was ich recht fraglich finde (Aber natürlich durch die Menge an kritischen Ereignissen begründet sein kann) ist, dass der Feuerlöscher erst 40 Sekunden nach dem Alarm ausgelöst wurde. Ist das Standard-Prozedur (in der Richtung: Erst mal abwarten, ob es nicht ein Fehlalarm ist, bevor ich den Cargo Hold flute), oder hatten die Herren in Reihe 0 einfach vorher zu viel zu tun?
 

Volume

Erfahrenes Mitglied
01.06.2018
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Ich denke nicht, dass hier irgendein Feuerlöscher irgendeine Wirkung gehabt hätte.
Das NTSB hat ja schon vor Jahrzehnten die Effektivität einer Sprinkleranlage in der Kabine in Versuchen bestätigt, sie hat die Dreifachwirkung den Rauch niederzuschlagen, die Passagiere nass zu machen und das Feuer zu bekämpfen. Wird aber von den Airlines als zu schwer angesehen...
 

Luftikus

Megaposter
08.01.2010
24.502
10.404
irdisch
Die elektronische Flugsteuerung war stark eingeschränkt nach dem Blitzschlag. Das dürfte die Ursache für die sehr harte Landung gewesen sein und dass möchte man nicht so gern an die große Glocke hängen.
 

HDH Aviation

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25.02.2018
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D-AIEP
Die elektronische Flugsteuerung war stark eingeschränkt nach dem Blitzschlag. Das dürfte die Ursache für die sehr harte Landung gewesen sein und dass möchte man nicht so gern an die große Glocke hängen.

Das war der Auslöser. Die Ursache für die harte Landung war, dass der PIC im Endanflug die Triebwerkspower deutlich erhöht hat und somit ein Flare nicht mehr möglich war.
 
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01.06.2018
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danke für diese überaus hilfreiche und schnelle Zusammenfassung. Ich hätte mir sonst glatt die Mühe gemacht 92 Seiten voller Details zu lesen...

Wer doch noch etwas mehr wissen will, kann das kürzer z.B. hier nachlesen. Schon interessant, das im "direct mode" (der übrigens eigentlich nur bei Airbus so heisst...) auch die Autospoiler deaktiviert sind, und die Piloten nicht mehr durchstarten konnten (obwohl sie es versucht haben), nachdem die Trust reverser einmal aktiviert waren.
 

cockpitvisit

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04.12.2009
5.165
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FRA
Dass die Hauptursache ein Pilotenfehler war, war schon vorher klar, der Bericht nur bestätigt, dass es keine unerwarteten Steuerungsprobleme gab.

Recht interessant sind die Ausführungen zur Ursache des Treibstofflecks und des Feuers (Seite 68, und dann Seiten 90-91).

Treibstoff sei erst nach dem 3. Aufprall auf die Landebahn ausgetreten. Dabei war bereits der 2. Aufprall heftig genug, um das Hauptfahrwerk zu zerstören bzw. in den Flügel reinzudrücken. Eine Anforderung, dass ein ggf. bereits beschädigtes Fahrwerk auch bei einem wiederholten starken Aufprall nicht die Treibstofftanks beschädigen darf, gibt's laut dem Bericht nicht. Also hat hier alles richtig funktioniert und es war kein - wie anfangs vermutet - Konstruktionsfehler, dass der Treibstoff ausgetreten ist.

Erstaunlich, wie unbeschädigt das Gepäck ist, auch im hinteren Teil der Maschine (Bilder auf der Seite 33-34).
 

Volume

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01.06.2018
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der Bericht nur bestätigt, dass es keine unerwarteten Steuerungsprobleme gab.
Wobei er eben auch sagt, dass bei allen bisherigen "Direct Mode" Landungen die untersucht wurden (6 Fälle, 2015-2018), PIOs auftraten. Allerdings nicht so ausgeprägt. Dies soll noch weiter untersucht werden.
Ausserdem sagt das FCOM wohl, dass -5kt/+20kt für eine Landung OK sind, in diesem Fall waren es +15 kt, also innerhalb der Limits. Es sagt auch, dass die Windshear-Warnungen ignoriert werden dürfen, wenn sie offensichtlich nicht zutreffend sind.
Die Piloten haben routinemäßig die Flight Spoiler gearmt, ich denke nicht dass sie sich bewusst waren, dass sie im "Direct Mode" deaktiviert sind... Der Bericht sagt nichts von einer AFM/FCOM Checkliste für Landungen im "Direct mode".

Interessant auch, dass beim Superjet der "Direct Mode" wohl nicht so ganz direct ist, das Flugzeug wird auch in diesem Modus noch über Drehratensensoren künstlich stabilisiert.

Auch schön zu sehen (zum schon dikutierten Thema des Durchbrennens) dass links die ersten 10 Fenster intakt sind, dann folgen 4 rausgefallene in einem Bereich mit unbeschädigter Farbe, dann erst kommt der offenbar vom Feuer beeinflusste Bereich. Das schon damals bei British Airtours aufgetretene Problem scheint also nach wie vor zu bestehen... Es braucht nicht viel Hitze, und die Fenster schrumpfen und fallen raus.
Tragisch, dass das Gepäck hinten unbeschadet überlebt hat, die Passagiere darüber aber tot sind.
 

zolagola

Erfahrenes Mitglied
02.01.2014
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FRA
Als Laie stellt sich mir die Frage ob der PIC an dieser Stelle (nach einer Windböe?) entscheidend falsch reagiert hat - kein Go-Around sondern nur eine (zu heftige?) Erhöhung der Triebwerksleistung um wieder auf den Gleitpfad zu kommen - Meinungen?

At 15:29:22, the FO called out that the landing decision height was close. The PIC confirmed continuing the approach.
At 15:29:31, at 270 ft (82 m) the aural annunciator system informed the crew on reaching the landing decision height minimum, it was repeated by the FO. Starting from that moment, there was noted fast increase of the downward glideslope deviation (up to minus 1.4 dots), which caused the TAWS "GLIDESLOPE" alert triggering to indicate the glideslope deviation The alert was on for 4 seconds. The PIC confirmed hearing the alert by saying "Advisory".
[...]
Simultaneously with the warning triggering, the PIC increased engines power (the trust levers were set to 24° to 23°, which caused the N1 increase up to 77 to 74%). The increase of the engine power caused the increase of the indicated air speed: when the aircraft was passing RWY threshold: at 40 ft (12 m) it was up to 164 kt(304 km/h), and by 16 ft (5 m)it was up to 170 kt (315 km/h).


Im Bericht finden sich zudem noch keine Angaben zu den Reaktionszeiten der Feuerwehr, die 14 Sekunden vor Stillstand des Fliegers (und 24 Sekunden nach dem ersten Touchdown) aktiviert wurde. Somit ist dieses Thema bis zum Erscheinen des Abschlussberichts erstmal außerhalb der Wahrnehmung der Öffentlichkeit.

At 15:30:24, the CVR recorded the controller's command: "Emergency service to the runway".
At 15:30:30 and at 15:30:34, the flight attendants' reporting’s of fire were recorded.
At 15:30:34, the "APU fire" event was recorded. The aircraft ground speed 25 kt (46 km/h).
At 15:30:38, the aircraft stopped its movement.
 

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Erfahrenes Mitglied
01.06.2018
11.931
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Im Bericht finden sich zudem noch keine Angaben zu den Reaktionszeiten der Feuerwehr, die 14 Sekunden vor Stillstand des Fliegers (und 24 Sekunden nach dem ersten Touchdown) aktiviert wurde. Somit ist dieses Thema bis zum Erscheinen des Abschlussberichts erstmal außerhalb der Wahrnehmung der Öffentlichkeit.
Da steht explizit, dass das noch untersucht wird.

Wenn Umkehrschub aktiviert ist, kann man sowieso nicht mehr durchstarten. Das gilt sonst auch.
Jein, das Problem hier war, das beides nicht ging... Mangels WoW Signal wurde der Reverser zwar gefahren, abder trotz gesetztem Umkehrschub keiner gegeben (beim ersten Bounce). Als man sich daraufhin entschied durchzustarten, ging auch das nicht, da der Reverser nicht verriegelt war... Blöd, wenn weder bremsen noch gasgeben funktioniert.
Hätte man natürlich beides wissen können. Eine super geschickte Konstruktion ist es trotzdem nicht (und ich will hier nicht mit dem Finger auf Suchoi zeigen, es sind auch die Behörden Schuld die nach betreffenden Unfällen entsprechende Blockmechanismen gefordert haben...). Es ist die selbe Diskussion wie bei MCAS, mit jedem "Pilotenunterstützfeature" das man hinzufügt, erreicht man in bestimmten Fällen auch genau das Gegenteil.

Die Russen sind durchaus gewohnt, schon kurz vor dem Aufsetzen den Umkehrschub zu aktivieren, es gibt diverse YouTube Videos von derartigen IL-62 oder Tu-134 Landungen...
 
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