Gibt es eine Verjährung bei nicht gestellten Rechnungen?

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Flying Lawyer

Erfahrenes Mitglied
09.03.2009
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Ganz einfach; wenn ich weiß, daß ich noch nicht bezahlt habe, würde ich das auch nach 10 Jahren noch tun. Ehrensache!

Bei einigen Kommentaren hier ist aber anscheinend das "Recht haben" der willkommene Vorwand um nicht zu zahlen. Alles eine Frage Treu und Glauben etc. ;)
Dann hast du entweder sehr viel Zeit Dir alles zu merken oder einen unendlich großen Kopf. Mit Treu und Glauben hat das nichts mehr zu tun. Treu und Glauben sagt mit dem Gesetz, dass man nach mehr als drei Jahren mit so alten Forderungen nicht mehr zu kommen braucht.
 

Flying Lawyer

Erfahrenes Mitglied
09.03.2009
6.710
4.417
Mit dem neuen Bauvertragsrecht stimmt das so nicht mehr, 650g Abs. 4 BGB:

"Die Vergütung ist zu entrichten, wenn
1. der Besteller das Werk abgenommen hat oder die Abnahme nach § 641 Absatz 2 entbehrlich ist und
2. der Unternehmer dem Besteller eine prüffähige Schlussrechnung erteilt hat."

Für den Leistungszeitraum, um den es in der Frage des TO geht spielt die Neuregelung aber keine Rolle.
Das ist richtig. Es ist aber nicht jede Handwerkerleistung ein Bauvertrag.
 
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LH88

Erfahrenes Mitglied
08.09.2014
15.394
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Ach, und dieser "Mangel" befreit dich dann -nicht nur juristisch- von deiner Zahlungspflicht. Gehst du danach noch feiern?
Es geht hier um Recht, daraus ergeben sich Pflichten und eben Rechte, und ich habe schon Sachen erlebt wo unter vormals echten Freunden plötzlich 5 stellige Beträge auf Grund der eingetretenen Verjährung nicht gezahlt wurden.

Ich verhalte mich als Kunde und als Lieferant korrekt, das erwarte ich auch von der Gegenseite. Da bin ich recht Leidenschaftslos.

Als Unternehmer stellen sich da auch noch steuerrechtliche Fragen, was z.B. wenn ich im Jahr der Leistung einen steuerpflichtigen Gewinn gemacht habe und meinen Gewinn auf Grund der nicht gestellten Rechnung nicht abziehen konnte? In den letzten drei Jahren aber keinen Gewinn gemacht habe wegen Corona? Und sich daher mein Verlust erhöht?

Bei hohen Summen könnte so etwas dann direkt in Insolvenz führen, würdest du das machen? Wenn dein Unternehmen ansonsten noch relativ vernünftig dasteht?

Genau daher muss es nach vollziehbare Verjährungsfristen geben, die gibt es ja sogar bei Steuerforderungen.

Zum Thema Ehrensache, das ist ein überstrapazierter Begriff, welche Ehre verliert man denn wenn man gegenüber einer fremden Person seine Rechte benennt?
 
Zuletzt bearbeitet:

PAXfips

Erfahrenes Mitglied
15.12.2016
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676
HAM
Mal noch so der Gedanke zu "warum kommt der damit jetzt an?": Steuerpruefung beim Handwerker?
 

xcirrusx

Erfahrenes Mitglied
16.10.2012
4.170
1.746
KUL (bye bye HAM)
Dann haette ihn sein Steuerberater in den drei Folgejahren jeweils an die OPOS Liste erinnert und wann er sich endlich darum kuemmert. Sollte keine Rechnung gestellt worden sein, ist das im Bereich der Gewinnsteuer harmlos. Interessant wird die Umsatzsteuer, da diese gemaess dem Leistungszeitraum gemeldet und abgefuehrt werden muss.
 
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Flying Lawyer

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09.03.2009
6.710
4.417
Dann haette ihn sein Steuerberater in den drei Folgejahren jeweils an die OPOS Liste erinnert und wann er sich endlich darum kuemmert. Sollte keine Rechnung gestellt worden sein, ist das im Bereich der Gewinnsteuer harmlos. Interessant wird die Umsatzsteuer, da diese gemaess dem Leistungszeitraum gemeldet und abgefuehrt werden muss.
Wo kommt eine Umsatzsteuerlast her, wenn keine Rechnung gestellt wurde? Wenn der Gute bilanziert, hätte er vielleicht die fertige aber noch nicht berechnete Leistung als Halbfertigprodukt oder so bilanzieren können, dann würde es in der Gewinnbesteuerung relevant. Aber Umsatzsteuer? Als Finanzamt würde mich hier interessieren, wenn zigtausende Material eingekauft wurden, nicht mehr als Vorräte in der Bilanz sind und keine darauf bezogenen Umsätze vorhanden sind. Das schreit dann nach Entnahmen, die der Prüfer auch nicht findet. Aber nach allem was oben steht, ging es um kleine Summen, so dass das alles akademisch ist.
 
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Micha1976

Erfahrenes Mitglied
09.07.2012
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Als Unternehmer stellen sich da auch noch steuerrechtliche Fragen, was z.B. wenn ich im Jahr der Leistung einen steuerpflichtigen Gewinn gemacht habe und meinen Gewinn auf Grund der nicht gestellten Rechnung nicht abziehen konnte? In den letzten drei Jahren aber keinen Gewinn gemacht habe wegen Corona? Und sich daher mein Verlust erhöht?
Es hat schon Fälle gegeben, in denen deswegen Schadenersatzansprüche gegen den Handwerker bestanden.
 

TheEntrepreneurLawyer

Aktives Mitglied
21.06.2022
107
58
Fall: Rechnung kommt nach über 10 Jahren für eine Dienstleistung.

Das es eine Verjährungsfrist von 3 Jahren gibt ist mir bekannt, ABER erst nach erstellen der Rechnung. Ich kann dazu im Netz nix finden und es geht auch nicht um hohen Summen. Aber ich finde es durchaus ungewöhnlich eine Rechnung erst Jahrzehnte später zu stellen...
Der Verjährungsbeginn ist nicht von der Rechnungsstellung abhängig. Entscheidend ist (u.a.) die Anspruchsentstehung. Der Anspruch ist entstanden, wenn die geschuldete Leistung vollständig erbracht ist (oder bei vereinbarten Meilensteinen die betreffenden Meilensteine erreicht sind).
 

hollaho

Erfahrenes Mitglied
22.10.2016
1.259
916
Bei über 10 Jahren und dem niedrigen Betrag würde ich mich auch erstmal auf den Standpunkt "Sind Sie sicher, dass das nicht längst bezahlt ist?" stellen.

sorry, aber 10 Jahre hebe ich Belege nicht auf. Spätestens nach 5 Jahren gehen normale Rechnungen durch den Schredder.
Eine Rechnung nach 10 Jahren zu stellen ist sehr ungewöhnlich, geradezu kurios, aber erst mal zulässig und auch nix Ehrenrühriges.

Ähnliches gilt für die Antwort "die Rechnung kann leider nicht mehr nachvollzogen werden, da wir keine Unterlagen für Vorgänge aufheben, die mehr als 4 Jahre zurückliegen und somit verjährt sind".
Ich denke, man sollte beides nicht moralisch oder sonst wie überbewerten, sondern pragmatisch sehen. Wenn das ein kleiner Handwerker ist und ich mich noch gut dran erinnere, daß das nicht bezahlt ist und der Betrag stimmt, kann ich das bezahlen. Ansonsten antworte ich wie oben dargestellt und die Sache ist geregelt. Kein großes Ding und viel Aufwand muß ich mir da nicht machen - wenn ich das kompliziert nachforschen müßte, ist die Antwort wie oben beschrieben und das ist dann ebenso ok.

Sieht der Gesetzgeber übrigens ebenso pragmatisch. Verjährte Ansprüche in Rechnung stellen ist zulässig. Es liegt am Empfänger, die Einrede der Verjährung zu erheben. Tut der das, ist der Anspruch dahin. Eine Zahlung ist allerdings auch in keiner Weise sittenwidrig oder rückforderbar in dem Falle. Es bleibt letztendlich dem Empfänger überlassen, ob er der Rechnung widersprechen will.
 

flyingcircus

Erfahrenes Mitglied
05.05.2014
806
407
Bei Handwerkerdienstleistungen ist es ja nicht selten, gleich in Bar abzurechnen...
Das sind dann die Handwerker, die auch keine Rechnung stellen. 😂

Dann kannst Du die Tätigkeit nicht von der Steuer absetzen- das Finanzamt
hat die komische Angewohnheit, eine Rechnung und ggf. auch noch den Überweisungsnachweis sehen zu wollen.
 

Mulder_110

Erfahrenes Mitglied
04.05.2012
2.202
512
Verjährungsfrist drei Jahre mit Beginn des Verjährungslaufes an dem Jahresende, welches der Fälligkeit folgt. Handwerkerforderungen werden mit Abnahme fällig, nicht mit Rechnungsstellung. Eine Rechnung ist zur Fälligkeit nicht erforderlich.
Häh? Aber das ist doch praktisch gesehen Quatsch. Dann könnte man ja absichtlich die Rechnung erst nach 6 Wochen stellen und direkt Anwaltskosten mit anfallen lassen, da der Schuldner ja bereits in Verzug ist. Damit wären Missbrauch doch Tür und Tor geöffnet?!
 

Flying Lawyer

Erfahrenes Mitglied
09.03.2009
6.710
4.417
Häh? Aber das ist doch praktisch gesehen Quatsch. Dann könnte man ja absichtlich die Rechnung erst nach 6 Wochen stellen und direkt Anwaltskosten mit anfallen lassen, da der Schuldner ja bereits in Verzug ist. Damit wären Missbrauch doch Tür und Tor geöffnet?!
Verzug setzt nach dem Gesetz nicht nur eine Zahlungsverzögerung, sondern auch Verschulden voraus. Wenn der Schuldner nicht weiß, dass und was er zahlen soll, dann kann ihn kein Verschulden treffen. Bei Bauforderungen ist es inzwischen im Gesetz anders geregelt und es ist eine Rechnung erforderlich, aber hier kann - praktisch der gleiche Quatsch - der Gläubiger durch Unterlassung der Rechnungsstellung die Fälligkeit und damit die Verjährung einfach rauszögern.
 
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steroidpsycho

Erfahrenes Mitglied
03.12.2010
742
173
Wo kommt eine Umsatzsteuerlast her, wenn keine Rechnung gestellt wurde? Wenn der Gute bilanziert, hätte er vielleicht die fertige aber noch nicht berechnete Leistung als Halbfertigprodukt oder so bilanzieren können, dann würde es in der Gewinnbesteuerung relevant. Aber Umsatzsteuer? Als Finanzamt würde mich hier interessieren, wenn zigtausende Material eingekauft wurden, nicht mehr als Vorräte in der Bilanz sind und keine darauf bezogenen Umsätze vorhanden sind. Das schreit dann nach Entnahmen, die der Prüfer auch nicht findet. Aber nach allem was oben steht, ging es um kleine Summen, so dass das alles akademisch ist.

Die Umsatzsteuer ensteht im Kalendermonat der Leistungserbringung (bei Sollversteuerung), § 13 Abs. 1 Nr. 1 UStG, Rechnungsstellung oder Vereinnahmung des Entgelts sind hierfür nicht erforderlich.