AB: hoehere Gewalt?

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Anonym12392

Guest
Wenn es tatsächlich ein Medical war, ist das schon höhere Gewalt ein Aussergewöhnlicher Umstand (=keine 600€). AB muss dies beweisen. Welchen der beiden Rückflüge sie deswegen canceln, dürfen sie vermutlich schon selbst entscheiden. Man hat da kein Recht drauf, dass die "TXL-Maschine" gefälligst auch nach TXL zurückfliegt.

Auf Umbuchung auf den nächsten Rückflug (carrierunabhängig) hätte man in jedem Fall Anspruch gehabt. Die daraus resultierenden Schäden (unbezahlter Urlaub?) könnte man möglicherweise geltend machen.

Ich würde zu einem spezialisierten Anwalt gehen
 
Moderiert:

on_tour

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01.08.2010
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Wenn es tatsächlich ein Medical war, ist das schon höhere Gewalt (=keine 600€). AB muss dies beweisen. Welchen der beiden Rückflüge sie deswegen canceln, dürfen sie vermutlich schon selbst entscheiden. Man hat da kein Recht drauf, dass die "TXL-Maschine" gefälligst auch nach TXL zurückfliegt.

nach der Definition reicht wohl auch der in China umgefallende Sack Reis.
 

umsteiger

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22.01.2012
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Zu den einzelnen Fragen:

Ein Medical ist zweifellos ein außergewöhnlicher Umstand (um "höhere Gewalt" geht es bei der 261/2004 nicht).

Da dieser definitiv NICHT den auszuführenden Flug betraf, mangelt es bereits an der erforderlichen UNMITTELBARKEIT. Daher bereits KEINE außergewöhnlichen Umstände.

Jedenfalls aber stellt die Entscheidung vor Ort, die eigentlich verfügbare Maschine für einen anderen Flug zu verwenden, eine organisatorische Maßnahme dar. Außergewöhnliche Umstände sind also auszuschließen.

Zudem ist nach dem Sachverhalt von einer ANNULLIERUNG, nicht von einer Verspätung auszugehen, da AB ihren ursprünglichen Flugplan offensichtlich aufgegeben und durch einen neuen ersetzt hat. Das ist deswegen nicht ganz unwichtig, weil die Frage der Ausgleichszahlung bei Verspätungen ja vom EuGH in den nächsten Jahren vermutlich erneut entschieden werden muss.

BEWEISEN müssen die beiden GAR NICHTS (außer, dass sie am Flughafen waren). Die Darlegungs- und Beweispflicht liegt vollständig bei der Airline.

Ansprüche: Ausgleichszahlung und Ersatz möglicher Kosten für Verpflegungsmehraufwand, sollte AB nicht ausreichend Mahlzeiten etc. zur Verfügung gestellt haben.

Erfolgswahrscheinlichkeit: Annähernd 100 Prozent.

Da auch noch gefragt wurde, ob AB es auf eine Verhandlung ankommen lässt: Ja, das tut AB meistens. Es wird dann gerne im Termin ein Vergleich geschlossen. Wird der widerrufen, folgt von der Airline oft ein Anerkenntnis. Es kommt also relativ selten zu "echten" Urteilen, aber in die Verhandlung geht die Airline sehr wohl.
 
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Anonym12392

Guest
Die Aussage, dass der Medical nicht den auszuführenden Flug betrifft, kann ich nicht teilen. Jede Airline hat jederzeit - auch sehr kurzfristig - die freie Entscheidung, welche Maschine sie für welchen Flug einsetzt. Ich habe noch nicht von Rechtsprechung in dem Zusammenhang gehört, die sich auf "vorgesehene Maschinen" bezieht, lasse mich aber gerne eines besseren belehren.

Wenn AB z.B. den schwach ausgelasteten TXL-Flug cancelt, damit der stark ausgelastete DUS-Flug durchgeführt werden kann, ist das schon ein sehr guter Grund, denn der Schaden an der Gesamtkundschaft wird dadurch gemindert.

Allerdings scheinen mir 30 Stunden Wartezeit auf den Rückflug als zu lange. Laut Rechtsprechung müssen Airlines in gewissem Rahmen Ersatzmaschinen bereithalten, sodass die 600€ eben deshalb fällig werden dürften (Zu lange Verspätung = "Annulierung")

Ich würde auch eine Klage versuchen.
 

umsteiger

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Nein, grundsätzlich bedarf es der Unmittelbarkeit. Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Art. 5 Abs. 3 EU-Verordnung, wonach die Annullierung/Verspätung auf die außergewöhnlichen Umstände "zurückgehen" müssen. Heißt: Sie müssen direkte Folge sein. Bei einer organisatorischen Entscheidung sind aber bereits denklogisch immer auch andere Faktoren für die Streichung/Verzögerung ursächlich.

Der BGH hat sich einmal mit der Frage (am Rande) auseinandergesetzt und hält eine Berufung auf Art. 5 Abs. 3 auch bei Umständen zumindest für MÖGLICH, wenn keine Unmittelbarkeit vorliegt. Aber nur unter ganz eingeschränkten Voraussetzungen: In dem dort zu entscheidenden Fall konnte eine KLM-Maschine nicht in TXL zur Verfügung gestellt werden, weil sie in AMS zusammen mit 20 weiteren KLM-Maschinen wegen Nebels festsaß. Selbst das reichte dem BGH noch nicht aus. Vielmehr hätte KLM darlegen und beweisen müssen, dass sie wirklich alles versucht hat, eine Ersatzmaschine in TXL bereitzustellen.
 
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Anonym12392

Guest
Was dein Beispiel mit Unmittelbarkeit zu tun hat, erschließt sich mir nicht. Aber im Umkehrschluss würde dies ja bedeuten, dass Airlines bei aussergewöhnlichen Umständen nicht im Gesamtkundeninteresse umdisponieren dürfen würden, sondern strikt nach der betriebsinternen Liste vorgesehener Maschinenumläufe canceln müssen. Das kann auch nicht das Gelbe vom Ei sein.
 
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Ed Size

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Du musst wirklich gar nichts beweisen können, in so einem Fall? Was wenn AB behaupten würde, sie haben einen Alternativ Flug angeboten, dieser wurde aber abgelehnt weil die beiden noch einen Abend in NY verbringen wollten?
 

umsteiger

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Aber im Umkehrschluss würde dies ja bedeuten, dass Airlines bei aussergewöhnlichen Umständen nicht im Gesamtkundeninteresse umdisponieren dürfen sondern strikt nach der betriebsinternen Liste vorgesehener Maschinenumläufe canceln müssen. Das kann auch nicht das Gelbe vom Ei sein.

Das ist ein Missverständnis, was leider speziell auf Amtsgerichtsebene auch immer wieder besteht. Selbstverständlich DARF die Airline umdisponieren und MUSS nicht nach einer betriebsinternen Liste (was immer du damit meinst) canceln. Die Ausgleichszahlung ist keine Vertragsstrafe oder so. Sie ist, der Name sagt es, ein AUSGLEICH. Der Fluggast erhält für das Dispositionsrecht der Fluggesellschaft eine Kompensation. Beide stehen also spiegelbildlich zueinander. Mir erscheint das ziemlich fair.
 
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umsteiger

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Du musst wirklich gar nichts beweisen können, in so einem Fall? Was wenn AB behaupten würde, sie haben einen Alternativ Flug angeboten, dieser wurde aber abgelehnt weil die beiden noch einen Abend in NY verbringen wollten?

Das sind zwei Paar Schuhe. Die Ausgleichszahlung ist ja ZUSÄTZLICH zur Ersatzbeförderung anzubieten. Relevant wäre die Behauptung nur, wenn AB behaupten würde, eine Ersatzverbindung angeboten zu haben, die es den beiden ermöglicht hätte nicht früher als eine Stunde vor planmäßigem Abflug abzufliegen und TXL max zwei Stunden später als geplant zu erreichen. Dann wäre die Ausgleichszahlung nämlich nicht fällig. Allerdings reicht es nicht, dass AB so etwas "behauptet". Das müsste die Airline auch beweisen.

Ich muss mich korrigieren. Oben hatte ich geschrieben, die beiden müssten nur beweisen, dass sie am Flughafen waren. Da der Flug ja gestrichen wurde, brauchen sie nicht einmal das zu beweisen. Ihre Beweispflicht beschränkt sich darauf, dass sie den ursprünglichen Flug tatsächlich gebucht haben. Mehr nicht. Also gar kein Problem!
 
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Ed Size

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Dann bräuchten sie einen Zeugen...

Das ist klar, aber was wird nicht alles vor gericht behauptet. Mir hat mal ein Anwalt gesagt das ich nur gewinnen kann wenn ich mind. einen Zeugen mehr habe als die Gegenseite, und die Gegenseite hatte immer einen Zeugen mehr als ich :)
 

Ed Size

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Das sind zwei Paar Schuhe. Die Ausgleichszahlung ist ja ZUSÄTZLICH zur Ersatzbeförderung anzubieten. Relevant wäre die Behauptung nur, wenn AB behaupten würde, eine Ersatzverbindung angeboten zu haben, die es den beiden ermöglicht hätte nicht früher als eine Stunde vor planmäßigem Abflug abzufliegen und TXL max zwei Stunden später als geplant zu erreichen. Dann wäre die Ausgleichszahlung nämlich nicht fällig. Allerdings reicht es nicht, dass AB so etwas "behauptet". Das müsste die Airline auch beweisen.

Ich muss mich korrigieren. Oben hatte ich geschrieben, die beiden müssten nur beweisen, dass sie am Flughafen waren. Da der Flug ja gestrichen wurde, brauchen sie nicht einmal das zu beweisen. Ihre Beweispflicht beschränkt sich darauf, dass sie den ursprünglichen Flug tatsächlich gebucht haben. Mehr nicht. Also gar kein Problem!

Heisst das, dais seelenruhig im Hotel liegen bleiben kann wenn ich weiss das mein Flug gestrichen wurde:confused:
 

TXLover

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13.08.2010
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Mir hat mal ein Anwalt gesagt das ich nur gewinnen kann wenn ich mind. einen Zeugen mehr habe als die Gegenseite, und die Gegenseite hatte immer einen Zeugen mehr als ich :)
Ich bin ja äußerst zurückhaltend bei Anwaltsschelte, aber durch so einen generalisierenden platten Blödsinn disqualifiziert man sich als Rechtsvertreter vollkommen.

Es sei denn, dieser "Rechtshinweis" ist Dir von einem Anwalt der Gegenseite erteilt worden, da kann der Zweck schon mal die Mittel heiligen. ;)
 

Xexor

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08.09.2009
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MUC
Erstmal Danke für die Hilfe an alle. Bin was Recht angeht absoluter Laie ;)

So hab nochmal mit meiner Schwester gesprochen.
Der TXL Flug sollte ja ursprünglich stattfinden der DUS Flug war schon gecancelt und Passagiere nach DUS wurden schon ins Hotel geschickt. Da hat AB es sich nochmal anders überlegt und die Maschinen getauscht.
Das hat unter anderem dazu geführt das Leute die nach DUS fliegen wollten garnicht mitgekommen sind weil sie schon im Hotel waren. Was Zeugen angeht hat meine Schwester wohl ne Liste mit 12 oder 13 Leuten die auch hängen geblieben sind mit deren Adressen.

@Umsteiger: Wenn AB es auf eine Verhandlung ankommen läßt würde das ja wenn ich recht informiert bin heißen das meine Schwester+ Schwager und Anwalt nach Berlin reisen müssen da dort der Gerichtsstand von AB ist.
Wie verhält sich das mit den anfallenden Kosten?
 

umsteiger

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22.01.2012
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@Umsteiger: Wenn AB es auf eine Verhandlung ankommen läßt würde das ja wenn ich recht informiert bin heißen das meine Schwester+ Schwager und Anwalt nach Berlin reisen müssen da dort der Gerichtsstand von AB ist.
Wie verhält sich das mit den anfallenden Kosten?

Die Kosten des Rechtsstreits, wozu auch Anwalts- und Reisekosten gehören, sind grundsätzlich vom Verlierer zu tragen. Gerichtsstände sind Charlottenburg und Wedding. Also vor dem AG Wedding, um der Airline den "Heimvorteil" zu nehmen. :p Wenn die beiden sich anwaltlich vertreten lassen, brauchen sie auch nicht nach Berlin zu reisen. Wäre für einen Fünf-Minuten-Termin ja auch ziemlicher Blödsinn.
 

jubo14

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29.03.2010
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zwischen DTM und PAD
Es gibt dabei aber immer eine Sache zu beachten.

Vor Gericht neigen Airlines gerne dazu, sich mit dem Hinweis auf die nächst höhere Instanz (was weitere Kosten und Zeitverlust mit sich bringt), zu vergleichen.
Bei einem Vergleich, also ohne Urteil zahlt aber jeder seine Kosten selber.
 

Airsicknessbag

Megaposter
11.01.2010
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14.882
Das ist in der Pauschalitaet nicht richtig.

Richtig ist, dass man im Vergleich oft uebereinkommt, die jeweiligen Kosten des Rechtsstreites gegeneinander aufzuheben, aber a) steht es ja jedem frei, so einen Vergleich zu schliessen oder nicht und b) waere das im Fall eines nicht zu erwartenden wenigstens haelftigen Unterliegens keine sehr angemessene Verteilung.
 

jubo14

Erfahrenes Mitglied
29.03.2010
1.027
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zwischen DTM und PAD
Das ist in der Pauschalitaet nicht richtig.
Da sagt das Rechtsanwalts Vergütungs Gesetz aber etwas anderes!

Dort ist in Anlage 1 und 2 expliziet festgelegt, was ein Anwalt von seinem Mandanten bei einem Vergleich zu bekommen hat.
Und das Wesen eines Vergleiches ist es ja eben, dass sich beide Parteien einigen, Gerichtskosten werden gegeneinander aufgerechnet, sprich es fallen keine an.
Nur die Anwälte zahlt jeder selber.
Um das zu ändern, braucht es nicht den Vergleich, da braucht es dann schon ein Urteil.
 

Airsicknessbag

Megaposter
11.01.2010
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Nein.

Die Kosten, die beim Vergleichen entstehen, also Anwalts- und Gerichtsgebuehren, jeweils soweit Anwalt und/oder Gericht ueberhaupt involviert sind, sind gesetzlich geregelt.

Wie diese Kosten verteilt werden, wer sie traegt, ist den Parteien im Rahmen der Vertragsfreiheit ueberlassen. Sie orientieren sich dabei oft an der Quotelung, die in einem dem Vergleich entsprechenden Urteil getroffen worden waere.

Beispiel: K verklagt B auf Zahlung von 1.000 EUR. Ein Vergleich wird geschlossen, dass B K 750 EUR zahlt. Dann wird B im Normalfall auch 75 % der Kosten tragen. Oder aber Parteien und Gericht betuppen ein bisschen eine Rechtschutzversicherung: Dann lautet der Vergleich auf einmal, dass Bs RV die Kosten des Rechtsstreits traegt, dafuer zahlt B K nur noch 700 EUR.

Merke: Ein Vergleich ist ein Vertrag ( Legaldefinition in § 779 BGB), im Rahmen dessen man innerhalb der gesetzlichen Grenzen vereinbaren kann, was man will.
 
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umsteiger

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22.01.2012
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In der Tat. Dem ist nicht viel hinzuzufügen. Speziell bei fluggastrechtlichen Fällen kommt es gar nicht so selten zu vergleichen, die faktisch Anerkenntnisse sind. Da verpflichtet sich dann die Fluggesellschaft beispielsweise, annähernd den vollen Betrag oder sogar im Ergebnis mehr, als eigentlich eingeklagt worden ist, zu zahlen UND die Rechtsverfolgungskosten vollständig zu tragen.

Im Übrigen sind Vergleiche kein Teufelswerk. Im Idealfall sind sie bestens geeignet, den Rechtsfrieden zwischen den Parteien wieder herzustellen. Das ist dann eine Win-Win-Win-Win-Situation. Die letzten beiden "Win" für die beteiligten Anwälte, weil die eine zusätzliche Gebühr kassieren. Klar, die Realität ist bisweilen eine andere: Da wird dann eine Partei bisweilen auch schon mal zum Vergleich "genötigt", weil die Anwälte, der Gegner und das Gericht eine "heimliche Koalition" bilden. Aber ein Anwalt, dem etwas an seiner Mandantschaft liegt, wird seinen Mandanten nicht für eine zusätzliche Gebühr "verkaufen". Und dann gilt es eben, gegenüber Gericht und Gegner Stärke zu zeigen. Dass Richter bisweilen keine Lust haben, ein Urteil in einer zumal nicht selten komplizierten Rechtsmaterie zu verfassen, ist menschlich. Und da wird dann schon mal mehr oder weniger subtil versucht, der Partei mit der stärkeren Rechtsposition Angst zu machen, indem auf das Risiko einer Berufung, die Möglichkeit einer Aussetzung etc. hingewiesen wird.