Tag 3 - Tag für +1
So langsam gewöhnten wir uns an die lokale Zeit. So waren wir heute erst irgendwann um nach 7 Uhr in der Lounge zum Frühstück, sodass wir diesmal nicht die einzigen Gäste sein sollten. Dennoch konnten wir wieder einen Platz am Tresen neben dem Fenster erhaschen, wo ich mir wieder meinen Bagel mit Philadelphia, Industriescheibenkäse, Bacon und Hot Sauce zusammen baute.
Heute wollte +1 gerne zwei Freundinnen treffen, mit denen er vor knapp 20 Jahren in Bangkok studiert hatte und die er aufgrund ihrer Auswanderung in die USA seitdem nicht mehr getroffen hatte. So machten wir uns nach dem Frühstück zu Fuß ganz langsam auf den Weg zur verabredeten Location. Das Erste, was mir auf dem Weg dorthin auffiel, war ein Parkhaus, das eine selbst im Vergleich zu München ambitionierte Preisgestaltung hatte.
Wenig später entdeckten wir einen sehr idyllischen Garten mitten im eng bebauten Umfeld, den wir uns genauer ansahen.
Im weiteren Verlauf des Fußwegs hatten wir mal wieder einen tollen Blick auf das One World Trade Center.
Unterwegs gab es dann zwar auch noch einen Markt mit Kleidung, Deko, Kosmetik und Essen aus verschiedensten Ländern, aber habe ich es dummerweise versäumt, dort die Kamera zu zücken.
Da wir noch ein wenig Zeit bis zum vereinbarten Treffen mit den Beiden hatten, entdeckten wir die Umgebung des von den beiden thailändischen Ex-Kommilitoninnen von +1 vorgeschlagenen Cafés, was uns u.a. zum Washington Square Park führte.
Wir nahmen auf einer Bank Platz und beobachteten das illustre Treiben in diesem Park. Es war eine Mischung aus alternativen Aktivisten, Lebenskünstlern, Personen mit eindeutigen Anzeichen von massivem Substanzmissbrauch aber auch vielen New Yorkern, die offenbar einfach das wundervolle Wetter genießen wollten.
Eine Weile später machten wir uns dann auf den Rückweg.
Gemeinsam mit den beiden quirligen Damen tranken wir dann einen Kaffee, der wirklich ordentlich war. +1 und die beiden Mädels hatten sich nach fast 20 Jahren enorm viel zu erzählen. Ich lauschte ihnen, konnte aber nicht allen Details folgen. Man schwelgte wohl einerseits in den Erinnerung des Studiums in Bangkok, unterhielt sich über gemeinsame Freunde, die über den Erdball verstreut zu sein scheinen, und über das eigene heutige Leben. Nachdem wir uns nach ca. zwei Stunden voneinander verabschiedeten, bemerkte +1 mir gegenüber sein Unverständnis darüber, dass beide Freundinnen wohl auch nach fast zwei Jahrzehnten in den USA keinerlei Krankenversicherung ihr eigen nennen konnten. Auf seine Frage, was sie im Falle einer ernsten Krankheit machen würden, antworteten sie offenbar, dass sich das wohl finden würde. +1 erkannte, dass seine Wahl für Deutschland, wo er seit seiner Ankunft vor über zehn Jahren ununterbrochen krankenversichert war, offenbar keine ganz schlechte Wahl war.
Wir spazierten die 5th Avenue in Richtung Norden, wo +1 als Mode-Designer zwei Modeschulen besuchen wollte. Die Erste unterhielt zwar ein imposantes Gebäude, hatte aber keinerlei Angebot für Besucher, sodass es hier nur ein Foto wurde.
Da bei uns Beiden so langsam der Hunger einsetzte, suchte ich nach einer einfachen Möglichkeit, diesen zu stillen. Es wurden Pizza Slices, die in einer Seitenstraße der 5th Ave jetzt nicht wirklich günstig waren, aber halbwegs schmeckten.
An der Wall of Fame waren unzählige Personen abgebildet, die hier offenbar gespeist hatten. Lediglich ein bekanntes Gesicht konnten wir erfolgreich identifizieren: Morgan Freeman
Nach der kleinen aber ausreichenden Stärkungen spazierten wir weiter gen Norden.
Leider mussten wir feststellen, dass das Flatiron-Gebäude eingerüstet war. Aber ohnehin stand die Sonne nicht günstig für ein Foto.
Erstaunt nahmen wir zur Kenntnis, das Straßen offenbar zur Außengastronomie umgewidmet worden waren. Schanigärten sind wohl nicht nur eine Entwicklung in München.
Das nächste Ziel war das "Fashion Institute of Technology", das auf +1s Liste stand und ein eigenes Museum bot.
Wenig später lernte ich, wie sich +1 in einem Telekommunikations-Museum, die ich äußerst gerne besuche, fühlen musste. +1 inspizierte die zahlreichen hochwertigen und teilweise mehrere Jahrzehnte alten Kleider Stück für Stück genauestens. Ich machte schnell ein paar lieblose Fotos von den offenbar wertvollen Objekten und setzte mich in eine Ecke, um mich mit meinem Smartphone zu beschäftigen, während ich darauf wartete, dass +1 ebenfalls genug hatte, was wenig überraschend einige Zeit länger dauern sollte.
Unser nächstes Ziel war die
Christopher Street, in welcher sich
am 28.06.1969 Homosexuelle erstmals gegen Polizeiwillkür auflehnten. Dies gilt als Startpunkt von u.a. der Schwulenbewegung sowohl in den USA als auch international. Die heutigen Umzüge, die oftmals immernoch CSD (Christopher Street Day) oder auch Gay Pride genannt werden, gehen auf diesen Vorfall zurück. Nicht nur weil +1 und ich heute von einer in den meisten westlichen Ländern vorhandenen Gleichstellung homosexueller Menschen und Paare profitieren, wollte ich unbedingt diesen geschichtsträchtigen Ort besuchen.
Wir besuchten das "Gay Liberation Monument", das zu meiner Irritation von zahlreichen Polizisten geschützt wurde. Nicht, dass ich es schlecht finden würde, dass die Polizei so ein Denkmal bewacht, aber irgendwie war ich irritiert, dass das offenbar notwendig war.
Unweit des Denkmals liegt das
"The Stonewall Inn", jene Bar in der vor 53 Jahren die Geschichte der Schwulenbewegung ihren Anfang nahm. Selbstverständlich mussten wir hier einkehren und ein Getränk konsumieren.
Das offenbar nur für das "Stonewall Inn" gebraute IPA der Brooklyn Brewery war kein Highlight und ich bin weiterhin kein Freund von Dosenbier in der Gastronomie, aber das Gesamtkunstwerk hier gefiel uns.
Nachdem die Sonne mehr und mehr von Wolken verdeckt wurde und ein frischer Wind aufzog, bereute ich es, keine einzige warme Jacke mit in die USA genommen zu haben. Irgendwie hatte ich den Wetterbericht vor Abreise deutlich wärmer in Erinnerung. Auch fühlte ich mich bereits ein wenig angeschlagen, sodass ich mich nach Wärme sehnte. So suchten wir per Google Maps nach einer Einkaufsmöglichkeit für warme Kleidung, kamen aber erstmal unweit der Christopher Street an einem Straßenschild vorbei, dass gut ins Viertal passte:
Die weitere Suche nach warmer Oberbekleidung war recht schwierig. Im direkten Umfeld der 5th Ave war es einfach nur teuer. Hier wirkten jegliche zu Hause gehörten Empfehlungen, viel Platz im Koffer für die Rückreise zu lassen, wie Hohn. In Ermangelung von erschwinglichen Alternativen wurde es irgendwann eine leichte wärmende Funktionsjacke bei Uniqlo, die hier mit 49 USD sogar deutlich teurer war als zu Hause, wo sie laut Internet nur 39 Euro gekostet hätte.
Nichstsdestotrotz war ich dankbar für die wärmende Jacke und wir machten uns auf zu dem Wan-Tan-Restaurant, dass uns +1s ehemalige Kommilitonninen empfohlen hatten. Obwohl es erst früher Abend war, mussten wir mit dem letzten freien Tisch Vorlieb nehmen. Darüber hinaus hatte kurz vor uns wohl eine größere Gruppe eine umfangreiche Bestellung aufgegeben, sodass wir einige Zeit warten mussten, bevor unsere Gerichte an den Tisch kamen.
Sowohl die Nudeltaschen als auch die Nudelsuppe mit der Hausspezialität, den besonderen Wan-Tans, waren wirklich gut und entschädigten für die Wartezeit.
Nach der Stärkung ging es zurück auf unser Hotelzimmer, um uns frisch für unseren zweiten Musicalbesuch zu machen. Mit der bekannten Metro-Verbindung ging es dann wieder zum Broadway, wo wir aufgrund der frühen Ankunft noch den Time Square und Umgebung besuchten.
Kurz vor Beginn der Vorstellung machten wir uns dann auf zum Marquis Theatre, offenbar dem einzigen Muscial-Theater, das sich in einem Hotelgebäude (Marriott Marquis New York) befindet. Für das Musical "Beetlejuice" hatte ich am Vortag wieder über eine Lotterie günstige Tickets (diesmal 50 USD pro Person) erhalten können.
Die Tickets, die wir diesmal nur wenige Stunden vor der Veranstaltung per E-Mail erhielten, waren deutlich besser als gestern. Wir saßen unten im Orchestra, das überraschenderweise auch am Wochenende nicht ausgebucht war. So hatte ich neben mir einen freien Platz und konnte meine Beine maximal ausstrcken. Auch wenn es nur ein seitlicher Blick auf die Bühne war, war dieser jedoch sehr gut.
Auch von diesem Musical wusste ich im Vorfeld fast nichts. Tatsächlich sollte uns dieses jedoch ebenfalls sehr gut gefallen. Es war wieder eine sehr humorvolle und lebendige Darstellung, bei der wir dieses Mal zwar die gesungenen Stücke nicht wirklich kannten, aber bei der die gesamte Geschichte wirklich super unterhaltsam war. So langsam werde ich doch zu einem Musical-Fan.
Das Musical endete gegen 22 Uhr. Nachdem auch heute wieder ein Tag mit mehr als genug Fußkilometern war, ging es nach dem Musical wieder direkt zurück ins Hotel, wo wir Beide übermüde ins Bett fielen.