22. Tag; Sevilla - Lissabon
Frühzeitig packten wir unsere Koffers ins Auto und verließen Sevilla in Richtung Lissabon. Die Fahrt sollte über die kostenfreie A-66 zuerst nach Norden und dann über die gebührenpflichtige A-6 und A-2 nach Lissabon gehen, insgesamt knapp 450 Kilometer.
Da wir im Hotel nichts gefrühstückt hatten, das letzte richtige Essen schon einige Zeit zurück lag, stellte sich nach einiger Zeit ‚Hunger’ ein. So legten wir auf der A-66 einen kurzen Stopp an einer Autobahnraststätte ein, nahmen Café con Leche und ein Tortilla, gefüllt mit Käse & Schinken, zu uns.
100 Kilometer vor der Spanischen-Portugiesischen Grenze meldete sich auch unser CLS, wollte ebenfalls gefüttert werden. Als zu EUR 80 Diesel nachgefüllt, nicht schlecht für 1'000 Kilometer Fahrt seit der letzten Füllung.
Weiter ging es mit Cruise-Control auf 135 bis wir in auf der portugiesischen A-6 die erste Mautstation erreichten und ein Ticket zogen.
Plötzlich sah ich im Rückspiegel 2 Fahrzeuge regelrecht heranzoomen, ein Audi und ein BMW mit portugiesischem Kennzeichen, welche an der elektronischen Abregelung fuhren. Ich dachte mir, wenn die Portugiesen so fahren, dann kann es am Sonntag nicht besonders viele Kontrollen geben und gab Gas, hängte mich mit 250 km/h an die beiden auf der fast leeren Autobahn.
Zum Glück fuhren diese ebenfalls bis Lissabon – und so gingen die 200 Kilometer wie im Flug und wir errichten sehr früh die Zahlstelle. EUR 16.85 abgedrückt und weiter über die A-2 in Richtung Zentrum. Vor der Brücke musste ich mich nochmals in die Schlange stellen, um EUR 1.65 Brückennutzungsgebühr zu zahlen.
Die Fahrt über die Brücke erinnerte uns stark an San Francisco, der Blick auf Fluss und Stadt ist einfach umwerfend.
Diesmal führte mich das Mercedes-Navi perfekt zum Hotel, dem ‚Torel Palace’, einem kleinen Hotel mit ca. 25 Zimmern, welches in einem wunderschönen Gebäude aus dem Jahre 1902 untergebracht ist.
Die Lage des Hotels ist perfekt, auf einem der Lissaboner Hügel, mit traumhafter Aussicht auf die Innenstadt und den Rio Tejo.
Ich hatte ursprünglich ein Standardzimmer zu EUR 183/Nacht inkl. Wi-Fi, Parken und Frühstück gebucht, jedoch von einem Upgradeangebot des Hauses zu EUR 25/Nacht inkl. Schokolade und einer Flasche Champagne Gebrauch gemacht.
Um 12:00 fuhren wir vor, wurden extrem freundlich begrüßt, auf der Terrasse mit einem Welcome-Espresso versorgt, eingecheckt und informiert, dass unser Zimmer noch nicht für uns fertig sei. Kein Problem, wir wollten eh in die Stadt, meine +1 hatte wieder Hunger.
Nachdem uns das Gepäck und Autoschlüssel abgenommen wurde (Parkservice gibt es auch) bekamen wir noch eine Karte mit händisch eingezeichneten Restaurantempfehlungen überreicht. Los ging es, hinunter in die Stadt.
Wir liefen Richtung Innenstadt,
über die Prachtmeile mit den international üblichen Luxury-Stores und mussten leider feststellen, dass sonntags sowohl die Hotelempfehlungen wie auch meine selbst herausgesuchten Restaurants geschlossen hatten.
So gingen wir zuerst in die ‚Confeitaria National’,
wo ich mir zuerst zwei ‚Pastel de Nata’, welche ich schon aus Macau kenne und liebe, besorgte und gleich ‚to go’ verputzte. Köstlich!!!
In die Fußgängerzone, am Lift vorbei (welcher gerade renoviert wird) zu den üblich verdächtigen Touristenrestaurants. Meine +1 wählte ein Gericht, frittierten Kabeljau mit gemischtem Salat und Reis
- ich ließ es lieber bleiben und genoss meine Coke Zero.
Und wieder mal hatte mein Instinkt Recht – der Fisch war völlig fettig, zu lange frittiert.
Kurz zu Vodafone, eine SIM-Karte mit 1 GB Daten besorgen, an einem wunderschönen Platz vorbei,
der historischen Straßenbahn, welche für ihr Alter sehr schnell fährt, ausweichend,
liefen wir noch über die Rua da Prata durch den ‚Arco da Rua Augusta’
zum ‚Praca do Comercio’, setzten uns auf die Ufermauer, genossen Aussicht und den kühlenden Wind vom Ozean.
Der öffentliche Strand erinnerte mich doch sehr an den von Odessa: zugemüllt und von besoffenen Menschen besiedelt.
Aber zum Glück werden diese ja von Jesus im Hintergrund bewacht.
Zurück vorbei am Art-Deco Hafengebäude
zur Standseilbahn,
welche uns nach oben zum Hotel brachte (teuer, EUR 3.60/Fahrt).
Das moderne Fortbewegungsmittel Lissabons scheint übrigens das indische Tuk-Tuk zu sein, man sieht sie überall in Massen und allen Farben. Eine 1.5 km-Fahrt zum Hotel sollte EUR 20 kosten. Wer’s braucht...
Im Hotel angekommen war unser Zimmer für uns bereit. Nach einer ausgiebigen Hotelführung am Frühstücksraum und der Bar vorbei,
wurden wir auf unser Zimmer, eine Junior-Suite mit Balkon und Stadtblick gebracht.
Das Zimmer an sich,
der kleine Nebenraum, in welchem sich der Schrank sowie Minibar und Safe befinden, sowie auch das Badezimmer
sind ein Traum – genau mein Geschmack. Selbst meiner +1 gefällt es außergewöhnlich gut. Selten dass wir uns bei der Inneneinrichtung so einig sind.
Auch die Schokolade & der Champagner warteten schon auf uns.
Nochmal nach unten auf die wunderschöne Terrasse, Füße hochgelegt und den Ausblick mit einem Coke Zero genossen.
Nachdem wir uns etwas ausgeruht hatten ging es gegen 19:30 zum Abendessen. Der Hauptgrund für Lissabon war, wie könnte es anders sein, ein Restaurant, welches ich bereits in 2011 besucht hatte, noch bevor es extrem populär wurde.
Die ‚Cervejaria Ramiro’ liegt unweit unseres Hotels – trotzdem entschlossen wir uns das Auto zu nehmen und fanden direkt vor dem Eingang einen Parkplatz.
Obwohl wir extra früh am Restaurant ankamen war die Schlange bereits ziemlich lang
– allerdings nicht so lange wie 15 Minuten später.
Nach ca. 20 Minuten Wartezeit wurde uns ein Tisch im 1. OG zugewiesen, einer Erweiterung des ursprünglichen Restaurants.
Als uns der Kellner die Speisekarte auf einem Tablet auf den Tisch stellte, wir zwischen 6 verschiedenen Sprachen (inklusive Russisch) auswählen konnten, wurde ich etwas skeptisch.
Ob wohl bei diesem Boom die Qualität noch mit der vor 4 Jahren vergleichbar sein wird?
Wir bekamen ein Bier und eine Coke Zero, bestellten dann beim überausfreundlichen und flinken Kellner unser Essen.
Zuerst erhielten wir eine Platte Pata Negra, also einen sehr dunklen Schinken vom Iberischen Schwein. Was hier serviert wurde war ausgezeichnete Qualität, mit einem sehr erdigen Geschmack, perfektem Fettanteil. Auch das Röstbrot dazu, bereits mit gesalzener Butter bestrichen, köstlich.
Weiter mit ein paar Seeschnecken – frisch, sehr intensiv im Geschmack. Mal wieder nicht das Ding meiner +1.
Dafür machte sich diese umgehend über die Knoblauch-Muscheln her, schön heiß, mit einer Menge Knoblauch und etwas Petersilie.
Auch bei den Austern war sie nicht zu bremsen: schön groß und fleischig, besonders eiweißhaltig. Nur mit etwas Zitrone beträufelt ein Hochgenuss.
Schon kam mein bevorzugtes Gericht, ‚Percebes’,
auf Deutsch ‚Entenmuscheln’. Diese hatte ich bereits vor 4 Jahren gegessen und wusste, dass ich diese nochmals essen musste. Percebes sind speziell, sehr mineralhaltig im Geschmack, sehr fischig – und eine riesige Sauerei sie zu essen (was man im Anschluss an meinem T-Shirt sah).
Schon kamen unsere Giant King Prawns,
perfekt nur auf einer Seite gegrillt, noch schön glasig. Von der Zubereitung die Zweitbesten, die ich je gegessen hatte (die Besten gab es in Thailand, zwischen Bangkok und Ayutthaya).
Noch etwas Krabbe, auf portugiesisch zubereitet.
Ich mag hier vor allem wie der Kopf zubereitet wird, das Fleisch bzw. das gestockte Eiweiß mit Semmelbröseln, Mayonnaise und anderen Zutaten vermischt. Nachdem der Kopf leergelöffelt war, machen wir uns über die Beine und Scheren her, öffneten diese mit einem bereitgelegten Hartplastikhammer.
Wir waren gesättigt und verlangten nach Espresso und Rechnung. Zwar fiel diese wesentlich höher als bei unseren Essen in Spanien aus, aber für das was wir an Meeresfrüchten hatten, inkl. 2 Bier und einer Coke Zero, waren knapp EUR 125 nicht gerade viel.
Noch eine Coke Zero auf den Weg mitgenommen und so verließen wir das Restaurant, vor dem sich noch immer eine Schlange Wartender befand.
Auf ging es zur nächtlichen Besichtigung Lissabons per Auto. Wir tuckerten durch die Stadt, über Alleen, durch enge Gassen, bergauf, bergab – wobei uns der Straßenbelag teilweise doch sehr an die Ukraine erinnerte: Schlaglöcher, welliger Kopfsteinbelag, welcher teilweise einfach mit einem großen Eimer Teer oder Beton ausgebessert wurde.
Wir kamen an der herrlich beleuchteten Kathedrale vorbei,
an Plätzen mit berauschendem Ausblick über die Stadt
und auf die Festung,
fuhren weiter in Richtung des westlichen Stadtteil ‚Belem’, wo sich der ‚Torre de Belem’, einem wunderschönen Turm aus dem beginnenden 16. Jahrhundert im Fluss befindet.
Zurück in Richtung Hotel, vorbei an einem Aussichtspunkt auf Brücke und Jesus,
wo wir noch eine Coke Zero auf der Terrasse mit einmaligem Ausblick in Richtung Stadt und Fluss genossen.
Für mich ist und bleibt Lissabon die schönste Hauptstadt der EU, eine Stadt bei weitem nicht so perfekt wie z.B. Madrid oder Paris – dafür aber mit viel mehr Charme (zudem erinnert sie mich in vielen Punkten an Odessa).