3. Tag, 05.06.2016
Heute Nacht konnte ich noch die Armada der Straßenwaschfahrzeuge vor unserem Hotel aufnehmen.
Früher hatten wir dies auch in Kiev, aber diese sehr angenehme Einrichtung wurde bei uns abgeschafft, wahrscheinlich aus Kostengründen. Hier in Moskau werden jedenfalls noch nächtlich die Straßen gewaschen.
Als wir heute zum Frühstück erschienen waren wir erstaunt wie voll das Restaurant war. Grund für die hohe Auslastung – und damit die hohen Preise – sind sowohl das aktuelle BRICS Meeting und das Formel E Rennen.
Noch verwunderter waren wir dann aber über die Manieren der Westeuropäer beim Frühstück. Statt das Brot zum Schneiden mit der Serviette anzufassen, wurde jedes Brot in die Hand genommen. Wer will bitte dann noch von einem solchen Brotlaib essen? Wir bestimmt nicht. In letzter Zeit beobachte ich diese Unart leider immer häufiger.
Da meine +1 dringend neue Schuhe benötigt (sie hat ja nur ca. 50 Paar), ging es zuerst zum ZUM – was leider nicht den gewünschten Erfolg brachte. Weiter zur wunderschönen ‚Petrovskii Passage’,
jedoch auch hier ohne Erfolg. Bemerkenswert ist jedoch, dass Kleidung und Schuhe in Moskau ca. 20% günstiger sind als in Kiev oder Odessa.
Als wir zu unserer geplanten Sightseeingtour (Universität, Gorki Park, Park Museon und Denkmal von Juri Gagarin) aufbrechen wollten, machte uns das Wetter leider einen Strich durch die Rechnung. Denn bei eisigem, starkem Wind und zeitweise Regen machen solche Outdoor-Aktivitäten keinen Spaß.
Also ging es zu Fuß vorbei am Kreml
zum Pushkin Museum.
Den Eintritt in Höhe von 300 Rubel/Person bezahlt und das beeindruckende Innere betreten.
Leider fiel uns schnell auf, dass es sich bei fast allen ausgestellten Statuen um Kopien handelte.
Was soll das? Wenigstens handelt es sich bei der Gemäldegalerie, der Ägyptischen, Zypriotischen und Italienischen Abteilung um Originale. Auch ein Teil des Trojanischen Goldschatzes wird noch ausgestellt.
Ich erinnere mich noch gut an meinen ersten Besuch, 1995: damals gab es im Obergeschoss eine Gegenüberstellung der Propaganda-Plakate aus der Hitler- und Stalin-Zeit. Dies war damals sehr beeindruckend, da sich diese doch sehr ähnelten. Mich wunderte damals, dass in Russland so etwas ausgestellt wird.
Nach 1 ½ Sunden waren wir durch und gingen weiter zur Christ-Erlöser-Kathedrale,
welche zwischen 1995 und 2000 - angeblich auch mit Mafia-Geldern - originalgetreu wieder aufgebaut wurde.
Nein, keine Sorge, diesmal sind wir Deutschen an der Zerstörung nicht schuld, sondern Josef Stalin persönlich. Dieser beschloss an Stelle der Kirche den neuen, monumentalen, 415 Meter hohen Palast der Sowjets zu errichten und ließ die Kirche 1931 sprengen. Da der Bau des Palasts jedoch nie über die Fertigstellung der Fundamente hinauskam, wurde das Vorhaben aufgegeben und stattdessen aus den Fundamenten ein riesiges beheiztes Freibad für die Moskowiter errichtet.
Nicht nur das Äußere, welches ich schon etliche Male gesehen hatte, auch das Innere ist durchaus beeindruckend – nur darf man keine Fotos machen...
Nach der ganzen Kultur war es nun wieder Zeit uns den wichtigen Dingen des Lebens – Schuhen – zuzuwenden. Auf der Straße konnte ich noch dieses Ungeheuer aufnehmen:
Per Metro ging es von der Station ‚Kropotkinskaya’
über die Zwischenstation ‚Biblioteka imeni Lenina’ zur Station ‚Smolenskaya’. Vor allem die obere Halle mit ihren Mosaiken ist sehr eindrucksvoll.
Schön, dass solche Dinge als Zeichen der Geschichte eines Landes beibehalten – und nicht wie gerade in der Ukraine entfernt werden.
Leider wurde meine +1 auch in der LOTTE-Mall nicht fündig und so ging es per Taxi zurück zum Hotel, wo wir noch etwas Zeit am Pool und im Fitness-Raum verbrachten.
Am Abend war eigentlich das ‚White Rabbit’ geplant – doch dieses war bereits am Donnerstag für den heutigen Abend ausgebucht, keine Chance, selbst über den AMEX Concierge. So reservierten wir einen Tisch im zur selben Gruppe gehörenden und in Tripadvisor höher gerankten ‚Selfie’.
Um 20:00 wurden wir von Freunden im Hotel abgeholten, machten uns per Auto auf den Weg. Im Restaurant angekommen mussten wir leider feststellen, dass zwar der Ausblick recht nett ist,
das Restaurant uns aber nicht besonders zusagte.
So fuhren wir auf gut Glück weiter zum ‚White Rabbit’ (gerade auf Platz 21 für Restaurants in Europa gewählt) und versuchten unser Glück mit viel Charme. Und, welch Wunder, uns wurden Plätze an der Bar angeboten, bis ein Tisch frei werden würde.
Kaum hatten wir die ersten Cocktails vor uns (und ich mein Coke Zero), kam eine der sehr freundlichen (und hübschen) Damen und führte uns zu unserem Tisch im Obergeschoss
mit herrlichem Ausblick über Moskau in der Abenddämmerung.
Das Menü ist interessant, umfasst einige neu interpretierte Russische sowie eine Auswahl internationaler Gerichte.
Als ersten Gang wählte meine +1 einen Borschd mit kleinen Fischen, ich eine Okroshka auf Basis von Kvas.
Beides war ‚okay’ – aber ich habe schon bessere Okoshka gelöffelt.
Da wir schon wussten, dass die Gerichte sehr klein sind, entschieden wir uns als Zwischengericht für ein paar Piroggen, gefüllt mit Fleisch, Fisch und Pilzen
sowie für eine Portion Ravioli gefüllt mit Murmansker Krabbe.
Und hier zeigte sich wirklich die Qualität der Küche: die Piroggen waren unglaublich ‚fluffy’, mit leckerer Füllung – aber das Beste waren die Ravioli, traumhaft krabbig im Geschmack (nur leider zu wenig).
Das Hauptgericht meiner +1 waren mit Hasenfleisch gefüllte Kohlrouladen,
Ich erhielt Hasenzungen in einem Senf-Kartoffelpüree.
Vor allem die Hasenzungen waren köstlich, nur leider viel zu wenig, 4 Gabeln und das Hauptgericht war vertilgt. Leider war ich so gespannt auf dieses Gericht, dass ich vergaß ein Foto zu machen (aber ich hätte eh ein Mikroskopobjektiv gebraucht).
Deshalb musste es noch ein Dessert sein, in meinem Falle ein Casatta mit herrlicher Fruchtsauce.
Ich versuchte auch von den zahlreichen Cocktails und muss selbst als Antialkoholiker zugeben, dass diese Spitze waren.
Lustigerweise trafen wir noch ein paar ‚Instagram-Freunde’, also Menschen, welche wir noch nie persönlich getroffen haben – sondern uns nur gegenseitig über Instagram folgen. Diese setzten sich dann zu uns und wir hatten einen sehr lustigen Abend bis nach 2 Uhr – die Rechnung kam übrigens auch hier auf knapp über US$ 200 – nur inklusive der ganzen Cocktails..
Anzumerken sei noch, dass man als Raucher auch Vorteile hat: nämlich diesen wundervollen Ausblick von der Raucherterrasse.