Der Arbeitsmarkt ist völlig in Ordnung. Der kommt da an, wo er immer hin wollte und sollte.
Das ist wieder so ein Traumvorstellung. Ich werfe dir jetzt mal vor, dass du keine Ahnung hast, was in gewissen Branchen und Gesellschaftsschichten abgeht.
Aus ökonomischer Sicht, zumindest gemäss der Lehre, die sich in den 90ern durchgesetzt hat, ist das natürlich richtig. Das Problem ist nur - zumindest behaupte ich das, dass es die unsichtbare Hand nicht gibt. Der Leitspruch: "Wenn es der Wirtschaft gut geht, geht es auch der Gesellschaft gut", ist falsch oder stimmt nicht zwangsläufig. Denken wir einfach mal an die Privatisierung des Gesundheitswesen auf den Philipinnen, als extremes, negatives Beispiel. Ein gut funktionierendes System mit Gratisversorgung für die Armen. Finanzierbar. Durch die Privatisierung haben die Armen keinen Zugang mehr zur medizinischen Pflege, weil sie es sich nicht leisten können. Entweder kommt die Kohle her oder man stirbt halt (z.b. weil ich mir keine neue Neire leisten kann). Aus ökonomischer Sicht ist das der Gang der Dinge und die unsichtbare Hand regelt das dann schon.
Das Problem ist, dass die gesellschaftlichen Interessen eben nicht deckungsgleich mit den ökonomischen Interessen sind. Ein Mitarbeiter von EW will einen sicheren Arbeitsplatz und einen Lohn der zum Leben reicht. Ein Ökonom, habe jüngst wieder mit einem diskutiert, sagt, dass ein Lohn nicht zum Leben reichen muss. Jedem seinen Platz. Nur - und dieser Zusammenhang ist aus meiner Sicht wichtig - hat das Gebären der Wirtschaft Auswirkungen auf die Gesellschaft - und in Demokratien ist das eben nicht egal. Wer will schon in einem instabilen Land investieren. Politische Unsicherheit, Streiks und Unruhen. In Europa ist mit dem Aufkommen neuer Parteien Instabilität erkennbar. Warum kam es soweit? Warum kam es zum Brexit? Warum zur Masseneinwanderung in der Schweiz? Die Atnwort? Dummes Volk, undankbar etc. Die Wahrheit will man nicht sehen, weil es nicht sein darf. Ich mag mich an keinen Politiker erinnern, der der dieser Frage vertieft nachging und sich gefragt hat, was können wir tun, um das zukünftig zu verhindern.
Der Grund liegt eben in den 4 Freiheiten, die solche Kontrukte wie EW überhaupt ermöglichen. Der Arbeiter fühlt sich schutzlos den wirtschaftlichen Kräften ausgeliefert. Da kann man noch solange mit wirtschaftlichen Konzepten und Erklärungen kommen. Deswegen wählt er trotzdem oder erst recht eine Protestpartei.
Die 4 Freiheiten der EU und damit auch die Arbeits- und Niederlassungsfreiheit fördert einen Wettbewerb unter den Arbeitern Europas. Das ist im Sinne der Wirtschaft aber nicht im Sinne all derjenigen, die der Konkurrenz ausgesetzt sind. Wenn sich für eine einfache Stelle 300 Leute bewerben, dann ist eben etwas aus dem Gleichgewicht geraten. Und übrigens als weitere Folge werden immer mehr Jobs gar nicht mehr ausgeschrieben (glaube mittlerweile 60% der Jobs gehen unter der Hand weg). Ich komme als Externer gar nicht mehr ran ohne Connections. Soviel zu jedem zu dem Job, für den er befähigt ist. (Abegsehen davon sind viele in Jobs, zudem sie nicht befähigt sind). Den perfekten Menschen und das perfekte Auswahlsystem gibt es nicht. Genausowenig wie die unsichtbare Hand, die dafür sorgt, dass jeder dort landet, wo er hingehört.