Guten Morgen in die Runde!
Gern möchte ich mein Programm - ich war Ende September/ Anfang Oktober 2019 ebenfalls für 11 Tage in Japan - hier kurz vorstellen. Ich bin auch der Meinung, dass selbst mit den erwartbaren Einschränkungen man in Japan viel sehen kann. Vielleicht noch kurz zur Vorgeschichte: ich bin Anfang 30 und plane meine Reisen immer sehr kurzfristig. So auch den Trip nach Japan letztes Jahr. Da ich erstmals allein (weit weg) gereist bin, habe ich die Wochen bis zu meinem Jahrsurlaub eher mit Arbeit verbracht und die Urlaubsplanung vertrödelt. Jedenfalls habe ich im August meine beiden Flugtickets (MUC-KIX und HND-MUC) direkt bei LH und gleichzeitig meine beiden Hotels (2× Wing International, einmal in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof Shin-Osaka und in Tokyo natürlich direkt in Kabukicho
) gebucht. Vier Wochen später ging's dann los.
Groß vorbereitet habe ich mich nicht. Ich bin trotz Tripadvisor, Youtube & Co. immer noch ein Fan von gedruckten Reiseführern. Und so hab ich auch im Flugzeug das erste Mal den aktuellen Baedeker richtig zur Hand genommen und meine Tagesplanungen auf dem erstaunlicherweise 10.000 Kilometer langen Flug (bedingt durch Taifunausläufer und damit eine geänderte Flugroute) aufgestellt. Vorab hab ich mir noch den 7 Tage-Rail-Pass, eine Karte fürs Mobiltelefon besorgt und die Navitime-App heruntergeladen. Das wars. Und so sahen dann die 11 Tage aus:
Tag 1: Anreise Osaka, kurzes Einchecken im Hotel, dann ab zur Burg und Abends, nach einem Besuch auf der Plattform des Umeda Sky Building mit meiner japanischen App-Bekanntschaft (das hat gleich super nach Aktivierung der Simkarte auf der Zugfahrt vom Flughafen zum Bahnhof geklappt) Umeda unsicher gemacht. Tolles Essen und die Einführung in japanische Restaurantgepflogenheiten hatte ich damit auch hinter mir. Ein Tag Osaka reicht aus meiner Sicht aus, spannend war am Abend immer der Blick aus meinem Hotelzimmer u.a. auf die Inland-Widebodies von JAL und ANA im Anflug auf Itami.
Tag 2: Tagesausflug mit der Bahn nach Nara. Total klasse. Das kann man alles wunderbar zu Fuß erkunden und sich abseits der historischen Sehenswürdigkeiten einfach mal vom Leben (oder der Ruhe) in den kleinen Nebenstraßen treiben lassen. Da hab ich dann auch das erste mal erleben dürfen, dass Obst in Japan unfassbar teuer ist. Aber lecker.
Abends wieder zurück, den Railpass für den Folgetag aktivieren und gleich Sitzplatzreservierungen vornehmen lassen und natürlich noch ein Umtrunk in Umeda.
Tag 3: früh los und schon um 6Uhr mit dem Shinkansen nach Hiroshima. Schon klasse, dass man für die rund 350Km lange Strecke nicht mal 1 1/2h Stunden braucht. In Hiroshima angekommen, bin ich einfach zu Fuß losgestiefelt und hab mir erstmal den Shukkei-en angeschaut, ein wunderbar gepflegter kleiner Garten in der Nähe des Bahnhofs. Danach weiter zu Fuß zum Castle, alles angeschaut, um dann Richtung Atomic Bomb Dome, Friedenspark und Friedensmuseum aufzubrechen. Dazwischen noch eine gefühlt zu kräftig in schwarz übermalte alte Eisenbahn bewundern dürfen. Tja, das gesamte Ensemble aus Überresten, Erinnerungen und Austellungen rund um den 2. Weltkrieg und den 6. August haben mich offen gestanden tief bewegt. Hiroshima ist schon allein dafür aus meiner Sicht ein Pflichtbesuch, wenn man zumindest das erste Mal in Japan unterwegs ist. Im Anschluss bin ich die komplette Strecke vom Friedenspark zum Bahnhof Nishi-Hiroshima gelaufen, um einfach das Flair dieser recht modernen und wiederaufgebauten Stadt aufzunehmen. Am Bahnhof angekommen, bin ich dann halt noch bis zur Fähre und mit der dann rüber auf die Insel Miyajima getuckert. Die Aussicht von Berg ist natürlich fantastisch und trotz des mutmaßlichen Touri-Charakters der bisherigen Route ist es einfach schön und sehenswert. Um 23Uhr ging's dann wieder mit dem Shinkansen zurück nach Osaka, dieses Mal dann aber ohne Abendprogramm.
Tag 4: Tagesausflug nach Kyoto. Eine unglaublich tolle, aber auch an manchen Stellen von Touristen (wie mir) vollkommen überlaufene Stadt. Nach dem Besuch des Fushini-Inari-Schreins hatte ich bereits keine Lust mehr. Ich bin dann trotzdem noch einmal durch die Stadt zum Goldenen Tempel gefahren, hab mir das angetan und dann alle ausgewiesenen, weiteren Sehenswürdigkeiten einfach links liegen gelassen und Kyoto abseits der Touriströme bis zum Abend zu Fuß erkundet. Wunderbar! Kleine Restaurants, tourifreie, wunderschöne Parks und am Ende ein toller Bahnhof zum Erkunden (Stichwort Dachterasse). Kyoto ist, wie der Rest auch, aus meiner Sicht einfach ein Muss.
Tag 5: aufgrund der Tatsache, dass ich weder den Jetlag, noch das sonstige Schlafdefizit bisher richtig ausgleichen bzw. aufholen konnte, habe ich mich an meinem letzten Tag in der Region Osaka für einen ruhigen Ort und damit Himeji Castle entschieden. An dem Tag war fast nichts los und ich hatte die Burg zumindest gefühlt für mich alleine. Einzig und ausgerechnet eine kleine deutsche Reisegruppe (alle 50+), die sich gegenseitig die Taschen vollgehauen haben, wie exklusiv ihre Japanreise doch bisher verlaufen sei, hat die Stimmung ein wenig getrübt. Am Abend hab ich dann mit meiner tollen Japanerin noch ein wenig gekocht und in einer kleinen Bar den Tag ausklingen lassen.
Tag 6: Abreise aus Osaka am Samstag mit dem Shinkansen und Ankunft am frühen Nachmittag in Tokyo. Nach Ankunft in Shinjuku war ich zunächst dermaßen überwältigt von den Menschenmassen, dem Lärm und den bunten Farben, dass ich mich in meinem Hotel in Kabukicho unter der Dusche erstmal sammeln musste. Danach mit App-Bekanntschaft Nummer zwei das Viertel unsicher gemacht. Was mal wieder auffiel, waren die irgendwie stets lärmenden und aufdringlichen Briten und Amis. Ich bin wie die Japaner da eher ein Leisetreter. Ein Hotel mitten in Kabukicho bedeutet natürlich zumindest Abends immer Krach, Hektik und Lärm bis mindestens Mitternacht. Wer Erholung sucht, sollte sich entweder ein anderes Viertel, oder ein besseres Hotel suchen. Auf der anderen Seite super Anbindung auch an den überregionalen ÖPNV durch die Nähe zum Bahnhof Shinjuku.
Tag 7: die eigentliche Tagesplanung war schon zum Frühstück Makulatur. Der Sake hing in meinem Kopf und ich einfach nur in den Seilen. Ich bin dann am späten Vormittag und mit flauem Magen mit der Bahn nach Akihibara gefahren, mal gucken was da so los ist. Es war Sonntag und einfach nur brechend voll. In der Akiba Cultures Zone hab ich mir dann mal reingezogen, was sich der Anime- und Manga-Fan so reinzieht. Wirklich interessant und teilweise echt strange. Aber leben und leben lassen existiert nicht nur als Kalenderspruch in meinem Kopf. In diesem Viertel zu flanieren macht schon Spaß. Im Anschluss bin ich dann wieder mit der Bahn nach Shibuja und zur gleichnamigen berühmten Kreuzung gefahren. War natürlich gleichfalls proppenvoll. Damit hatte ich dann auch mein obligatorisches Protzbild und -video a la "schaut her, ich bin so hip und im overcrowedeten Shibuja" im Kasten. Die Rache für diese Überheblichkeit kam natürlich prompt. Mir war zwar durch den Vorabend noch richtig übel, Hunger hatte ich trotzdem irgendwie. Und so hab ich das einzige Mal in einem überfüllten McDonald's das 610Yen-Special bestellt und mich in meiner armseligen Lage mit meinem Rucksack in einen Kokon eingenistet. Das klappt prima und zeigt, dass man selbst mit extrem wenig Platz seine Ruhe haben kann. Aus dem Grund ist Business oder First, selbst Premium-Eco im Gegensatz zur Auffassung einiger hier dann eben selbst auf Langstrecke kein Muss.
Na ja, am Abend ging's dann wieder und ich bin nach einem langen Spaziergang in meinem Viertel zur Abwechslung mal recht zeitig ins Bett gegangen.
Tag 8: raus aus Tokyo, ab ins Grüne und ans Meer. Mit meiner flüchtigen Bekannten bin ich dann nach Kamakura gefahren. Die Tempelanlage kann man sich ebenso wie die Buddhastatue schenken, viel besser war da der Besuch am Strand. Einfach mal einen ganzen Tag rumlungern, baden und sich ab und an ein Eis gönnen. Das war dann der einzig echte Erholungstag in meinem Urlaub. Abends noch schön essen und auf einen Absacker in die Bar. Perfekt.
Tag 9: letzter Tag vom Railpass, also ab nach Nikko. Der Shinkansen und der Zubringer ab Utsunomiya fast leer. Dazu top Wetter. Die ganzen Anlagen in Nikko sind echt sehenswert, zumal wenn nix los ist. Ich bin dann mit dem Bus noch hoch zum Chuzenjisee mit Zwischenhalt an der Seilbahn (sollte man unbedingt machen) und hab da ein wenig die Gegend erkundet. Einfach wunderbar, schön grün, sehr ruhig und ein toller Kontrast zum hektischen Tokyo. Viel mehr gibt's hier gar nicht zu erzählen. In und um Nikko alles abzuklappern dauert einen ganzen Tag. Ich bin dann sehr spät erst wieder nach unten zum Bahnhof gefahren und mit dem letzten Zug nach Tokyo rein. Und selbst zu so später Stunde sind die Japaner in ihren Officelooks noch unterwegs. Wahnsinn, wobei die am Ende auch nicht produktiver sein werden als wir bzw derjenige, der mal 8 Stunden am Stück am Schreibtisch den Hintern zusammenkneift.
Tag 10: hier hab ich Tokyo nochmals unter die Lupe genommen. Als erstes ging's auf den Skytree, wobei ich lange gehadert habe, nicht vielleicht doch den Tokyo Tower zu besuchen. Aber egal, Ticket gekauft und ohne Warteschlange ging's nach oben. War sonnig, aber diesig. Von da oben bekommt man erstmal ein Bild von den Ausmaßen dieser Metropolregion. Jedenfalls muss ich jetzt immer wieder schmunzeln, wenn bspw. so mancher (Neu-)Berliner meint, er lebe zumindest geographisch in einer Großstadt. Keep on dreaming. Da lobe ich mir aber mein kleines 600.000er-Leipzig. Nicht zu groß, nicht zu klein und kein Anflug von Größenwahn.
Danach gings zum Asakura-Schrein, wobei ich da wieder mein Kyoto-Erlebnis hatte, sprich einfach überlaufen und zu voll. Im Anschluss bin ich noch auf die Insel Daiba gefahren, wobei schon die Fahrt mit der Yurikamone ein atmosphärisch tolles Erlebnis ist. Warum bin da rüber gefahren bin? Nun, ich liebe Riesenräder und eine Fahrt ist in jeder Großstadt für mich ein Muss. Übrigens kann ich wiederum nicht verstehen, wer sich auf Daiba in eines der vermutlich eher hochpreisigen Hotels einquartieren lässt. Da ist nichts los und die Atmosphäre stimmt aus meiner Sicht einfach nicht. Der Strand und Blick auf die Rainbowbridge sind zweifelsohne klasse, aufgrund der weiten Fahrwege in die eigentlichen Zentren Tokyos wär das aber nix für mich. Zum Abschluss ging's jedenfalls noch auf den Südturm des Shinjuku Government Building. Da hat man sogar kostenlos eine klasse Aussicht über das nächtliche Tokyo.
Tag 11: letzter voller Tag in Japan. Da war ich dann ein bisschen shoppen, schlendern und den restlichen Tag im Goyen Park. Und da es mir die Japaner vorgemacht haben, hab auch ich auf einer der Parkbänke die Ergebnisse verarbeitet, ein wenig geschlafen und die Ruhe genossen. Abends ging's dann nochmal fein essen und ein wenig tanzen.
Tag 12: schlechtes Wetter, feucht-schwül, in der Rushhour mit meinem Rucksack und Reisekoffer in die völlig überfüllten und tatsächlich allesamt unpünktlichen Bahnen Richtung Haneda. Völlig durchgeschwitzt, musste ich mich da erstmal als einfacher Ecopassagier ohne Lounge- bzw Duschmöglichkeit in den restrooms frisch machen. Ich habs überlebt und so ein wenig zur atmosphärischen Grunstimmung Tokyos hat die Szene auch gepasst. Natürlich im A350 der LH Sitzplatz 28A gebucht und noch einen super Blick über Tokyo nach Abflug genießen können.
Soviel zu meiner Reise. Ich weiß, da ist viel Prosa dabei, hoffe aber dennoch, dass ich dich und vielleicht auch andere ein wenig inspirieren kann. Die Route hat zwar was vom Touri-Pfad Nummer 1, allerdings war die Reise auch aufgrund der Kurzfristigkeit eher als sneak preview gedacht, da ich Japan unbedingt nochmal und dann in anderen Ecken erkunden möchte. Zum anderen habe ich einfach das für mich beste in den 11 Tagen rausgeholt. Man wird sehen, was corona-bedingt möglich sein wird und was nicht. Zwar werde ich in diesem Jahr nicht mehr mit dem Flugzeug verreisen und auch über dem nächsten Jahr hängen noch dicke Fragezeichen, Japan ist und wird nichtsdestotrotz immer eine Reise wert sein und bleiben.