12. Tag
Nach einer weiteren Nacht bei Lena und Maxim, die am Abend bei Bier, Pizza und Khinkali (gefüllte Teigtaschen) gespannt meinen Geschichten vom Kurilensee gelauscht hatten, war frühes Aufstehen angesagt. Um 4.45h ging es aus den Federn, ohne Frühstück ins Taxi, um 6h musste ich bereits im Schlittenhundelager meiner Moskauer Mitreisenden sein. Dieses umfasst auch ein traditionelles korjakisches Zelt aus Fellen, das als Aufenthaltsraum mit Lagerfeuer in der Mitte dient. Sehr gemütlich!
Am Horizont kurz vor Sonnenaufgang zeichneten sich bei klarem Wetter bereits die beiden aktiven Hausvulkane von Petropavlovsk ab, der Korjakskij und der Awatscha (ca. 30 km entfernt). Letzterer (2.741 m) hier mit aus dem Krater aufsteigenden Rauchschwaden, sollte heute unser Ziel sein.
Per KAMAZ ging es zunächst nach Jelisovo und von dort im Bett eines Flusses über unwegsames Gebiet zum Basislager auf Rund 600 m Höhe.
Der Awatscha gilt als einer der am schwersten zu besteigenden Vulkane der Halbinsel. Rund 2.100 Höhenmeter gilt es, bis zum Kraterrand zu überwinden. Hinzu kommt, dass es nur im unteren Teil einen richtigen Wanderweg gibt, die letzten besonders steilen 700 Höhenmeter zum Konus hingegen muss man durch lockere Vulkanasche: ein Schritt hoch bedeutet einen halben wieder zurück rutschen.
Bei bestem Wetter ging es gegen 8.30h los, gegenüber strahlte der Korjakskij (3.456 m) mit seinen zahlreichen Schneefeldern in der Sonne.
Überrascht war ich von der Vielzahl von Wandergruppen und einzelnen Alpinisten. Einige, die bereits in der Nacht losgelaufen waren und den Aufstieg in Rekordzeit bewältigt hatten, kamen uns bereits gegen 10h entgegen. Andere rannten praktisch an uns vorbei, wobei auch wir ein zackiges Tempo hielten. Gegen 12h erreichten wir den Sattel des Awatscha auf ca. 2.000 Höhe. Es war nun Zeit für eine Pause mit Wurststullen, Bananen und Schokolade. Während wir verschnauften, kam auch der Awatscha wieder aus den Wolken hervor.
Das Wetter kann hier dank der vom Pazifik heranziehenden Wolken schnell umschlagen, stürmischer Wind und horizontal fliegender Schneeregen sind auch im August mehr Regel als Seltenheit. Wir hatten Glück und konnten bei Sonnenschein den Aufstieg zum Kraterrand machen.
Nach insgesamt weniger als sechs h Aufstieg (Schulterklopf) erreichten wir den Gipfel. Der hufeisenförmige Kraterrand wird in schwefelhaltigen Rauch gehüllt, allzu lange Aufenthalte hier oben sollte man vermeiden. Und auch nach Möglichkeit nicht allzu langer an einem Ort stehen, denn der Untergrund ist teilweise kochend heiss. Die rechte Seite des Kraterrands ist von neongelber Farbe, der linke strahlend rot. Dies kontrastiert toll mit der schwarzen Farbe der erstarrten Lava im Schlund des Vulkans. Fantastisch.
Da es sich inzwischen wieder zugezogen hatte, es zog wie Hechtsuppe und es noch dazu urplötzlich zu regnen anfing, machten wir uns vor einer lautstark zeternden chinesischen Gruppe gegen 16h an den Abstieg. Dieser ging dank rutschender Asche und über Schneefelder rasend schnell und auch recht schonend für die ja auch nicht mehr so jugendlichen Gelenke. In einer h waren wir zurück am Sattel und bei nun wieder halbwegs sonnigen Wetter gegen 19h im Basislager.
Hier wartete bereits ein deftiges Abendessen aus Hühnersuppe, Buchweizen und Hackbraten auf uns.
Was für ein Tag! „Besser als Berge können nur Berge sein, auf denen ich noch nicht war“, was hat er Recht der Vysotskij, der Alpinist.