3/1. Tag; 4. Winterreise 2017/18
Nachdem wir am zweiten Tag das Zentrum der Stadt angesehen hatten, waren für den dritten Tag Vororte und religiöse Einrichtungen geplant.
Um diese zu erreichen, hatte ich, zum Ärger aller Taxifahrer, welche uns bisher gefahren hatten, einen Mietwagen bei AVIS für den Rest der Reise gebucht.
So nahmen wir nach dem Frühstück ein Yandex-Taxi zum Courtyard Marriott am Liberty Square, wo wir, trotz des heftigen Verkehrs, um kurz nach 10 Uhr eintrafen. Meine Reservierung wurde von der sehr freundlichen Dame bestätigt, allerdings hatte angeblich, trotz Bestätigung, AVIS Deutschland meinen Status nicht hinzugefügt. Trotzdem, auf Nachfrage, gab es den gewünschten Upgrade um einen Klasse sowie das kostenlose Hinzufügen des Zweitfahrers.
Solange uns die Dame alle möglichen Sehenswürdigkeiten sowie deren Erreichbarkeit anhand einer Karte erklärte, fuhr ein weiterer Mitarbeiter den Wagen, einen Toyota Land Cruiser Prado neueren Baujahrs, vor.
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Nachdem wir das Auto inspiziert hatten und trotz nur 41'000 Kilometern unzählige Vorschäden registriert hatten, schwangen wir uns ins Auto und fuhren los Richtung Norden.
Zum Glück hatte sich der Verkehr gelegt und so kamen wir recht zügig aus der Stadt hinaus. Autofahren in Georgien ist eine Gewöhnungssache – und das schreibe ich trotz Erfahrung in vielen Ländern. Hatten wir am Vortag schon erlebt, dass die Überquerung einer Straße an einem Zebrastreifen eine lebensgefährliche Angelegenheit ist, so bestätigte sich heute, dass Georgier eigentlich immer fahren als hätten sie mindestens 2 Liter Wein und eine Flasche Wodka getrunken. Fahrbahnmarkierungen, soweit vorhanden, werden übersehen, der Blinker scheint einen unbekannte Neuerung zu sein etc.
Trotz aller Widrigkeiten schafften wir es unfallfrei aus der Stadt hinaus, alles sehr grau und staubig. Auf der Autobahn vorbei an einem Staudamm,
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bevor wir uns auf Nebenstraßen in die Berge quälten. Waren wir schon am Vortag über den Zustand der Bauwerke in Tbilisi schockiert, so waren wir außerhalb der Hauptstadt regelrecht entsetzt. Valentynas Tante, aus den Vorstädten Kievs keine goldenen Wasserhähne gewöhnt, meldete sich von der Rückbank, tat ihr Entsetzen kund. Keine Ahnung wieso dem in Georgien so ist – aber viele Bauten aus der Sowjetzeit, auch dem Ende, also keine 30 Jahre alt, wurden nie fertiggestellt oder zerfallen schon wieder. Sicher, vereinzelt sieht man dies auch in der Ukraine oder Russland – aber eben nicht in diesen Mengen.
Abseits der Hauptverbindungsstraßen ließ auch der Zustand der Straßen sehr nach, ich war froh mit dem Toyota Land Cruiser keine besondere Aufmerksamkeit auf Schlaglöcher legen zu müssen – ich hatte genug zu tun anderen Autofahrern auszuweichen, welche uns in der Straßenmitte entgegenkamen.
Nach guten 30 Minuten Fahrt kam unser erstes Ziel in Sicht, das Jvari Kloster aus dem 6. Jahrhundert mit hervorragendem Blick auf Mzcheta, der historischen Hauptstadt Georgiens.
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Die Kirche des Klosters, zwischen 586 und 605 erbaut ist das Urmodell vieler orthodoxen Kirchen der Region,
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mit einem zentralen Raum, an welchen vier ¾ Zylinder-Apsiden angeschlossen sind (auch ‚Tetraconch’ bezeichnet).
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Bevor wir die Kirche betraten gönnten wir uns zuerst einen Blick auf Mzcheta und den Zusammenfluss der Flüsse Aragwi & Kura.
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Durch die exponierte Lage des Klosters auf einem Steilhang wehte ein eisiger Wind – und so betraten wir schnell das Innere der Kirche. Dieses Innere spiegelte für mich die typische orthodoxe Kirche wieder,
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dunkel, erdrückend, einfach nur unangenehm. So machte ich schnell ein Foto, ging wieder nach draußen und zurück hinunter zum Auto.
Nachdem wir nun den Ausblick auf Mzcheta genossen hatten, ging es nun in die ca. 3'000 Jahre alte ehemalige Hauptstadt und das heutige religiöse Zentrum Iberiens (Vorgängerstaat Georgiens) bzw. Georgiens. Wir ignorierten die ganzen Parkplatzwärter uns fanden einen kostenlosen Parkplatz an der Hauptstraße, liefen knapp 10 Minuten zur Swetizchoweli-Kathedrale.
Zu unserer Verwunderung durfte man das Gelände betreten ohne Eintritt zu entrichten,
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standen vor der ‚Kathedrale der lebensspendenden Säule’.
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In der zweitgrößten Kirche Georgiens, errichtet zwischen 1010 und 1029 (das ursprüngliche Kirchengebäude wurde bei der Invasion der Araber, Perser & Mongolen beschädigt bzw. zerstört), wurden über Jahrhunderte die georgischen Könige gekrönt und begraben, zudem ist sie die Hauptkirche der georgischen Apostelkirche.
Um den Ort auf welchem die Kirche steht ranken sich Legenden:
'Es heißt, die Heilige Nino habe den Zusammenfluss von Kura und Aragwi als Platz für die erste Kirche in Georgien ausgewählt und dabei auf eine alte Erzählung zurückgegriffen.
Danach reiste ein aus Mzcheta stammender georgischer Jude namens Elias nach Jerusalem, um im Prozess gegen Christus für ihn zu sprechen. Doch er kam zu spät, erlebte nur noch die Kreuzigung. Am Hügel Golgatha soll er einem römischen Soldaten dessen Gewand abgekauft und es nach Georgien gebracht haben. Daheim in Mzcheta hätte seine Schwester Sidonia es an sich gedrückt und sei sofort gestorben. Weil man das Gewand nicht aus ihrer Umklammerung habe reißen können, sei sie mit ihm begraben worden. Auf ihrem Grab sei später eine riesige Zeder gewachsen.
Die Heilige Nino soll angeordnet haben, die Zeder zu fällen und über dem Grab die Kirche zu bauen. Aus dem Zedernholz sollte eine Säule für den Kirchenbau entstehen. Doch die Säule ließ sich nicht aufrichten. Nino soll eine ganze Nacht gebetet haben, dann sei ein Engel in einem hellen Licht erschienen, der die Arme hob. Darauf habe sich die Säule aufgerichtet, sei zur Erde gesunken und der Bau konnte vollendet werden. Später soll die Zedernsäule eine heilige Flüssigkeit produziert haben, die Menschen von allen Krankheiten heilen konnte.
Die Legende gab der Kathedrale ihren Namen: Sweti zchoweli heißt „lebensspendende Säule“. Die mythische Symbolik der himmlischen Säule hat ihre Parallele in der wundersamen Gründung der armenischen Kathedrale von Etschmiadsin durch den heiligen Gregor, wie sie von Agathangelos überliefert ist.'(Wikipedia)
Wir betraten die Kreuzkuppelkirche,
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betrachteten die Grabstätten
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und Fresken.
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Was etwas nervte war eine sehr aufdringliche Dame, welche uns (und anderen) mehrfach ihre Dienste als Guide anbot – erfolglos.
Wir verließen das Gotteshaus, sahen zum Erstaunen das Auto des verantwortlichen Geistlichen,
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verließen das Gelände in Richtung Samtavro-Kloster.
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Dieses Frauenkloster wurde bereits im 4. Jahrhundert gegründet, der Sakralbau der ‚Heilige-Nino-Kirche’ stammt dagegen aus dem 11. Jahrhundert.
Ich warf einen kurzen Blick ins Innere, wurde von einem Herrn sofort zusammengeschissen als ich ein Foto machte – obwohl es kein Schild ‚Fotografieren verboten’ gab.
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Wir verließen das Klostergelände und liefen zurück zum Auto, vorbei am für mich interessantesten Bauwerk der Stadt, dem ehemaligen Kinopalast, unter welchem sich eine archäologische Ausgrabungsstätte befindet.
Das Kino befindet sich gerade im Umbau zu einem neuen Kinogebäude mit Restaurant und Außenterrasse (Fertigstellung 2019), so dass man wegen eines Bauzauns nicht das ganze Gebäude betrachten konnte. Das wichtigste war jedoch zu sehen, das große Mosaik aus der Sowjetzeit, welches zum Glück auch nach der Renovierung erhalten bleibt.
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Wir setzten uns bei herrlichem Wetter in unser Auto, fuhren nach Westen an der Burgruine Bebrisziche
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aus dem 14. Jahrhundert vorbei nach Mukhrani.
In Mukhrani dann die Überraschung:
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eine Stalin-Statue, auch noch auf einem Kinderspielplatz. Das ist in ungefähr so als ob man in Deutschland oder Österreich eine überlebensgroße Adolf-Hitler-Büste auf einem Kindergartengelände aufstellen und stehen lassen würde. Wir waren fassungslos!
Ziel war das ‚Chateau Mukhrani’,
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dem ehemaligen Wohnsitz des Bagrationi-Adelsgeschlechts, welches in 1876 die Technik der Weinherstellung aus Frankreich nach Georgien brachte.
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Wir betraten das Kellergewölbe des in Renovierung befindlichen Schlosses, wo sich neben einem Ausstellungsweinkeller
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das Restaurant und der Zugang zur Weinherstellung befand.
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Wir suchten einen Tisch, nahmen Platz und erhielten die Speisekarte, welche in Georgisch, Englisch und Russisch ausgeführt war. Allerdings sprach unser Kellner kaum Russisch, bestand auf Englisch – was er aber auch sehr schlecht beherrschte.
Valentyna fragte nach einem Glas trockenen aber leichten Rotweins, bekam zum Probieren ein Glas eines sehr schweren Rotweins. Als sie nach einem anderen Wein fragte, sagte der Kellner recht laut und sehr bestimmt, dass er keine Ahnung von Wein hätte, er nicht unzählige Flaschen Wein öffnen würde bis er einen leichten gefunden hätte – soviel zum ‚rustikalen’ Service in Georgien.
Ich beschwerte mich ob des Verhaltens, worauf der Sommelier erschien, uns einen leichten Rotwein treffend empfahl, sich für das Verhalten des Kellners entschuldigte.
Als Vorspeisen bestellten wir einen Salat mit gebratener Forelle
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und zwei ‚Chikhirtma’ Suppen, eine traditionelle Georgische Hühnersuppe.
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Der Salat war sehr ‚normal’, das Dressing fettig – die Suppen waren jedoch wunderbar, wurden sehr heiß serviert. Man sollte aber auf der Karte erwähnen, dass man nach dem Genuss dieser Suppe keine Angst vor Vampiren haben muss – denn sie strotzte vor Knoblauch.
Was man allerdings den Herrschaften dieses Restaurants noch beibringen sollte: Vorspeisen gehören gemeinsam serviert, nicht mit einem Abstand von 20 Minuten! Valentyna meinte dass dieses Restaurant wie eine Sowjetische Babuschka in einem Dior-Mantel wäre.
Weiter mit Shashlik vom Kalb, Georgischen Würstchen und Kartoffeln, absolut nichts besonderes.
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Die Mädels entschieden sich zu einer 20 minütigen Weintour, mit der Erklärung dass die gesamte Produktion nach Russland und China verkauft würde,
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(Holzfässer aus Frankreich)
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ich trank einen Espresso und entspannte, zahlte die Zeche.