"Früher" hat der Staat auch mal selbst 9% für seine Schulden gezahlt.
"Heute" verschuldet sich dieser Staat bei negativen -0,5%.
Man muß halt einfach mal zur Kenntnis nehmen, daß wir kapitalmarktseitig nicht mehr in den 70er, 80er und frühen 90iger Jahren leben.
Ich verstehe Dich richtig, dass Du ernsthaft meinst, dass das Zinsniveau 2017 siginifikant anders war als 2020? Der zitierte Artikel stammt aus 2019 und behandelt einen 2017 ausgereichten Kredit, für den offenbar 9% Zinsen fällig waren.
In dem verlinkten Artikel finde ich übrigens keinen Beleg für die steile These, dass ein faktisch
zahlungsunfähiges Luftverkehrsunternehmen wie die Lufthansa oder Swiss
gegenwärtig Kredite für Negativzinsen erhält, also dass Swiss den aktuellen Kredit für 2% erhält. Das Stichwort Negativzinsen fällt im Kontext der Kapitalbeschaffungskosten durch die Banken, nicht der Ausreichung des Kredits, der, wie explizit erwähnt wird, zu marktüblichen Konditionen erfolgt - und wenn ich es richtig verstehe, bekommt der Bund für seine Bürgschaft on top 2,5 %. Ein kleines, aber wichtiges vom Tagesanzeiger berichtetes Detail ist ferner, dass die Lufthansa der Swiss ein üppiges Darlehen geben muss, damit der Bund ebenfalls mitzieht. Wie gut, dass die Lufthansa auf einem Berg Kundengelder sitzt, um ihren Töchtern Darlehen geben zu können.
Interessant fand ich übrigens diese Passage:
Andere Fluggesellschaften hingegen betteln nicht beim Staat. Sie machen das, was jede Aktiengesellschaft tut, die Liquidität benötigt: Sie führen eine Kapitalerhöhung durch. Die amerikanischen Fluglinien Southwest und United haben sich dazu entschlossen. Singapore Airlines besorgt sich bei den Aktionären umgerechnet 6,8 Milliarden US-Dollar. Zusammen mit einer Wandelanleihe könnte die asiatische Fluglinie sogar mehr als zehn Milliarden Dollar auf dem Kapitalmarkt beschaffen..... Michael Winkler, Analyst bei der Zürcher Kantonalbank, sagt: «Auch die Lufthansa könnte sich Liquidität über eine Kapitalerhöhung bei privaten und institutionellen Investoren holen.» Der Grund, warum sie das nicht mache, könnte sein, dass die «bestehenden Aktionäre dadurch stark verwässert werden, was nicht in ihrem Interesse ist». Für sie und auch für das Management, das selbst viele Aktien besitzt, wäre es «sicher besser, wenn sich die Lufthansa die nötige Liquidität beim Staat zu möglichst günstigen Konditionen abholt», sagt Winkler.
Dass Aktionäre (einschließlich solche aus dem LH-Vorstand) es ungern sehen, dass ihr Investment verwässert wird, ist allzu menschlich. Ob diesen Wunsch nun aber gerade ein Fließbandarbeiter, eine Erzieherin oder ein Müllwerker durch mit seinen Steuergeldern finanzierte Kreditgeschenke erfüllen sollte?