Sorry, ich verstehe die ganze Diskussion nicht. Weder zusätzliche technische Maßnahmen noch Anordnungen wie die Zweipersonen-Regel noch regelmäßige Untersuchungen des Geistes-/Seelenzustandes der Piloten werden die Sicherheit schaffen, die sie vorgeben. Enden wird das Ganze bei halbdurchdachten Maßnahmen, die lediglich den Anschein höherer Sicherheit vortäuschen. Zudem: Ist hier eigentlich bekannt,
- daß Gewalttaten depressiver Menschen sehr selten sind?
- daß nach dem letzten deutschen Gesundheitssurvey im Lauf eines einzigen Jahres jeder Zehnte an einer Depression erkrankte
- daß in unserem Land jedes Jahr sechs Millionen Menschen an depressiven Störungen leiden
- daß Gewalttaten von psychisch Kranken in Relation zur Gesamtheit der Risikopersonen extrem selten sind und daher die Identifikation potentieller Täter durch Präventionsmaßnahmen schier unmöglich ist.
Die Sicherheitsmaßnahmen und zusätzlichen Checks werden sicherlich kommen, doch ich fürchte, sie werden nicht wirklich die Sicherheit schaffen, die sie vorgaukeln. Wichtiger und dringlicher schiene mir ganz Anderes: Wir als Gesellschaft und die Lufthansa und andere Fluggesellschaften als Unternehmen bräuchten eine Kultur, die psychische Erkrankungen nicht stigmatisiert, sondern zulässt, dass Betroffene derartiges eingestehen und damit auch innerhalb des Unternehmens auf Hilfe und ggf. Alternativen zur bisherigen Aufgabe hoffen dürfen. Dies gilt selbstverständlich nicht nur für die Luftfahrt, sondern für alle Branchen und gesellschaftlichen Bereiche.
Daß wir hiervon meilenweit entfernt sind, zeigt die hiesige Diskussion und ebenso das Medienecho auf diese schreckliche Katastrophe. Ich fürchte, daß dies alles die Vorurteile gegen psychisch Kranke verschärfen wird.
Viele der hier geäusserten Gedanken stammen nicht von mir, sondern aus dem Artikel "Die Angst, die wir verschüttet glaubten" von Asmus Finzen, eremitierter Professor der Sozialpsychiatrie, in der heutigen Ausgabe der FAZ. Für mich neben dem Leitkommentar von Miriam Meckel in der heutigen Ausgabe der Wirtschaftswoche der wichtigste Artikel zum aktuellen Diskussion.