Amex: Automatisierte Sperren, verwahrtes Guthaben – strukturelles Problem?

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Txm

Reguläres Mitglied
18.03.2025
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Es geht nicht in erster Linie um die Kündigung – sondern um die plötzliche Sperre einer noch aktiven Karte, ohne Vorwarnung, ohne konkrete Begründung und ohne unmittelbare Verrechnung offener Beträge.

Wenn ein Zahlungsdienstleister wie Amex eine Karte sperrt – also den vertraglich zugesagten Zugang zur Zahlungsfunktion einseitig kappt, obwohl kein Verstoß vorliegt –, hat das unmittelbare Konsequenzen:
Die Karte ist nicht mehr nutzbar, laufende Buchungen können scheitern, und vorab überwiesene Beträge bleiben blockiert, obwohl der ursprüngliche Verwendungszweck (z. B. Monatsabrechnung) faktisch entfallen ist.
Auch wenn Amex kein festes Ausgabenlimit nennt, wird der faktische Verfügungsrahmen mit der Sperre schlagartig entzogen – ohne Vorwarnung und ohne Transparenz.

Besonders kritisch: Die Sperre wurde unmittelbar verknüpft mit der Aufforderung, ungeschwärzte Kontoauszüge vorzulegen – ohne rechtliche Grundlage, ohne konkrete Verdachtslage.
Es lag kein Zahlungsverzug vor, keine Rücklastschrift, kein Missbrauchsverdacht. Die Karte war gesperrt – und die Freigabe wurde faktisch an die Herausgabe sensibler Bankdaten gekoppelt.
Die Sperre wurde damit zum Druckmittel – und die Auskunftsforderung zum Instrument einer intransparenten Risikobewertung, der sich der Kunde nicht entziehen kann, ohne sein Zahlungsmittel zu verlieren.

Die Sperre verändert die Vertragslage einseitig – ohne Mitwirkung, ohne Vorprüfung, ohne sofortige Rückabwicklung.
Und wenn in der Folge Guthaben nicht rücküberwiesen, sondern über Wochen oder Monate einbehalten wird – obwohl keine Forderung mehr besteht –, entsteht zu Recht der Eindruck:
Hier geht es nicht mehr nur um Risikoabsicherung, sondern um strukturelle Intransparenz.

Das hat auch ganz praktische Folgen.
Wer etwa im Ausland steht, um einen vorab gebuchten Mietwagen zu übernehmen, und dessen Karte beim Sicherheitsdeposit plötzlich nicht akzeptiert wird – obwohl keine offene Forderung besteht – steht im Zweifel ohne Weiterreisemöglichkeit da.
Und das nicht, weil das Konto leer ist, sondern weil der Zugang zum Zahlungsmittel willkürlich blockiert wurde.

Noch schwerer wiegt es, wenn ein Anbieter das gleiche Vorgehen nach einer Kündigung wiederholt – erneut Sperre, erneut Auskunftsforderung, erneut ohne Begründung. Wer das so handhabt, verliert jede Glaubwürdigkeit im Risikomanagement.

Hinzu kommt:
Die nach Art. 15 DSGVO angeforderte Datenauskunft war unvollständig und in weiten Teilen geschwärzt – insbesondere zu den Punkten Scoring, Profilbildung und Entscheidungslogik. Auch das wurde mehrfach dokumentiert.

Natürlich besteht kein Kontrahierungszwang – kein Anbieter ist verpflichtet, mit jedem einen Vertrag zu schließen oder fortzusetzen.
Aber wer sich auf ein Vertragsverhältnis einlässt, trägt Verantwortung: für Vertragsklarheit, Transparenz und Verhältnismäßigkeit.
Wer kündigt, kann das tun. Wer aber ohne Anlass sperrt, Gelder einbehält, Auskünfte fordert und den Zugang zu einem zentralen Zahlungsmittel blockiert, muss sich an rechtsstaatlichen Maßstäben messen lassen.

Dafür braucht es keine Empörung – nur Klarheit:
Sperre, Verweigerung der Nutzung, die Forderung nach Kontoauszügen ohne Grundlage – und die gleichzeitige Einbehaltung zweckgebundener Mittel – das ist kein Routinevorgang, sondern eine Frage der Verhältnismäßigkeit, Vertragstreue und aufsichtsrechtlichen Relevanz.

Schlichtung läuft. Sollte dort keine Einigung erzielt werden, werde ich den Rechtsweg beschreiten. Kein Drama, kein Trotz – einfach der normale Lauf der Dinge. Und auch das werde ich dann dokumentieren. Genau so, wie bisher.

Wer sich wirklich interessiert, findet die Fakten.
Ich schreibe nicht für die Kommentarspalte – sondern für die, die mitlesen und verstehen wollen.
 

Schnippi

Aktives Mitglied
22.09.2024
109
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Lass dich von den üblichen Verdächtigen hier nicht entmutigen. 👍🏼👍🏼👍🏼
Beitrag automatisch zusammengeführt:

Kann ich nur empfehlen, komm vorbei.
Weiterer Vorteil: Den Schnippi triffst du hier auch nicht, der war noch nie hier, wie man an seinen Idiotenbeiträgen merkt. Und ist vermutlich sehr oft beim Arzt wegen seines Schniedelproblems, aber das wurde in nem anderen Thread behandelt.


Dem ist nicht so, daher bin ich hier.
Du hast doch nur 100 € Limit. Amex will dich doch auch nicht, der Affe 🐒 auf dem Felsen bekommt mehr Limit als Du. 🤣🤣🤣
 

DerSenator

Erfahrenes Mitglied
08.01.2017
7.507
5.919
MUC/INN
also den vertraglich zugesagten Zugang zur Zahlungsfunktion einseitig kappt
Der Zugang ist niemals bedingungslos zugesagt.
ohne rechtliche Grundlage, ohne konkrete Verdachtslage.
Die Rechtsgrundlage ergibt sich aus dem Vertrag und den entsprechenden Bedingungen.
Freigabe wurde faktisch an die Herausgabe sensibler Bankdaten gekoppelt.
Die Freigabe wurde an die Herausgabe von Daten gekoppelt, zu deren Bekanntmachung du dich vertraglich sowieso verpflichtet hast.
Die Sperre verändert die Vertragslage einseitig – ohne Mitwirkung, ohne Vorprüfung, ohne sofortige Rückabwicklung.
Die Sperre setzt die Durchsetzung vertraglicher Ansprüche/ Vereinbarungen um, zu denen du dich verpflichtet hast.
Aber wer sich auf ein Vertragsverhältnis einlässt, trägt Verantwortung: für Vertragsklarheit, Transparenz und Verhältnismäßigkeit.
Andersrum wird ein Schuh draus!
 

Femminello

Erfahrenes Mitglied
08.05.2012
8.484
4.662
Ich bin mittlerweile überzeugt, dass es sich bei dem Verhalten von Amex um ein intern durchaus konsistentes, wenn auch nach außen intransparentes System handelt. Nach meiner Einschätzung liegt das Hauptproblem weniger im klassischen Sinne bei der Guthabenverwaltung oder einer reinen Risikobewertung, sondern eher in einer strukturellen Logik, die auf interner Bilanzierung und datengetriebenen Entscheidungen basiert. Das sogenannte einbehaltene Guthaben wird bei Amex, so wie ich es verstehe, gar nicht als echtes Guthaben auf dem Kartenkonto verbucht, sondern vielmehr als eine Art vorübergehende Rückstellung innerhalb einer separaten Reservebuchung. Das bedeutet, es liegt technisch betrachtet keine Guthabenposition im Sinne eines aktiven Forderungskontos vor, sondern eher ein latenter Passivposten. Entsprechend ist das Konto nach außen hin formal geschlossen, bleibt intern aber als reserviertes Objekt bestehen, was auch erklärt, warum Auszahlungen mitunter erst Monate später erfolgen.

Was die Sperren selbst betrifft, muss man sich die Formulierung in den AGB sehr genau anschauen. Während das Gesetz bei § 675k BGB eine „wesentliche“ Risikoerhöhung verlangt, reicht laut Amex-AGB bereits eine „erhöhte“ Risikoeinschätzung. Das klingt nach einem Detail, hat aber massive Auswirkungen. Denn so kann Amex algorithmisch viel früher eingreifen, auch wenn objektiv keine klassische Risikolage gegeben ist. Entscheidend ist hier, dass kleine Auslöser wie zum Beispiel kurzfristig stark ansteigende Umsätze oder veränderte Punkteflüsse intern eine Neubeurteilung auslösen können. Die Kartenbewertung läuft dann über ein internes Re-Scoring, das mit herkömmlichen Schufa-Daten wenig zu tun hat. Auch eine aus Kundensicht völlig normale Nutzung kann auf diese Weise zu einem Risikomarker werden.

Was die DSGVO betrifft, ist es so, dass viele sich wundern, warum ihre Score-Anfrage ins Leere läuft oder nur sehr oberflächlich beantwortet wird. Meiner Einschätzung nach liegt das daran, dass Amex mit sogenannten Meta-Scores arbeitet, die nicht als Einzelwert gespeichert werden, sondern dynamisch bei Bedarf generiert werden. Wenn ein Score-Level unterhalb einer bestimmten Schwelle liegt, wird dieser schlicht nicht gespeichert und fällt damit auch nicht unter die klassische Auskunftspflicht. Daher ist die Antwort auf viele Art.-15-Anfragen formal korrekt, obwohl man als Kunde nichts erfährt. Das Ganze ist datenschutzrechtlich ein Grenzbereich, aber Amex bewegt sich hier wohl innerhalb der Spielräume.

Interessant ist auch die Tatsache, dass selbst nach einer Sperre oft Monate später eine neue Karte genehmigt wird. Das hängt meiner Meinung nach mit einem internen Verfallsdatum zusammen, das auf rund 360 Tage gesetzt ist. Innerhalb dieses Zeitraums bleibt das alte Risikoprofil im System, wird aber nach Ablauf dieser Frist gelöscht oder neutralisiert. Wenn der Kunde danach erneut beantragt, wird er unter einem neuen Profil bewertet, das mit dem alten Eintrag nicht mehr verbunden ist. Das erklärt, warum es manchmal zu Genehmigungen kommt, obwohl es zuvor eine Kündigung gab.

Zusammengefasst glaube ich, dass wir es hier nicht mit einem Fehler oder einem Bug zu tun haben, sondern mit einer Systematik, die bewusst auf Intransparenz und dynamischer Bewertung basiert. Wer sich dagegen zur Wehr setzen will, sollte ganz konkret nach der sogenannten Reservierungsnummer des Guthabens fragen, also nicht nach dem Kartenkonto, sondern nach der internen Rückstellung. Außerdem sollte man in DSGVO-Anfragen gezielt auf die Metadaten-Logik verweisen und klarstellen, dass man Auskunft zu systeminternen Bewertungsmetriken wünscht. Wer dann in einer Schlichtung auch noch auf die interne 360-Tage-Regel hinweist, schafft eine andere Ausgangsposition.
 

Dampfturbine

Erfahrenes Mitglied
13.02.2024
399
235
Ich bin mittlerweile überzeugt, […]
Klingt plausibel. Sicher Juristisch nicht komplett relevant, auf mich wirkt es eher wie wenn man ein paar „kollateralschäden“ gezwungenermaßen in Kauf nimmt um nicht nach jeder neuen Vorgabe sein komplettes System umstellen zu müssen. Wie man hier in dem Threat gut sieht, interessiert es ja 99% der Kunden auch nicht, was Sie eigentlich für Rechte hätten & was mit Ihren Daten passiert, oder ob sich die Firma glasklar an geltende Bestimmungen hält :)
 
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Reaktionen: Schnippi

Femminello

Erfahrenes Mitglied
08.05.2012
8.484
4.662
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Sehe ich ähnlich, wobei man schon mitdenken muss, dass Amex intern mit einem modularen Regelcluster arbeitet, bei dem gesetzliche Anforderungen nicht einzeln abgebildet, sondern in sogenannten Verhaltenshorizonten dynamisch kalibriert werden. Dadurch entsteht dieser Effekt, dass Sperren oder Guthabenverzögerungen gar nicht als Ausnahme gelten, sondern als systemisch antizipierte Reaktionsmuster. Das ist nicht zufällig, sondern Teil der sogenannten proaktiven Kundensegmentierung nach Friktionspotenzial.

Die Rolle des Kundenverhaltens darf man da auch nicht unterschätzen. Viele Systeme interpretieren passive Duldung als implizite Bestätigungsaktion, was dann über ein internes Verhaltenskompressionsmodell in das sogenannte Zustimmungsraster einsortiert wird. Das hat zur Folge, dass das Risiko intern sogar sinkt, je weniger man reagiert. Bei Amex wird das offenbar zusätzlich durch eine Art stochastisches Deeskalationsscoring ergänzt, bei dem nicht nur Transaktionen, sondern auch die Reaktionslatenz des Kunden bewertet wird.

Dazu kommt, dass das Backend vermutlich gar nicht jedes gesetzliche Update explizit abbildet, sondern neue Vorgaben als normativen Impuls interpretiert, der über sogenannte Kontextübertragungsfilter verteilt wird. Deshalb merkt man als Endkunde davon auch oft nichts, weil die Eingriffe gar nicht auf der Frontend-Ebene stattfinden.

Letztlich also kein echter Bruch mit der Regulierung, sondern eher eine strategische Minimierung der Umsetzungsintensität innerhalb zulässiger Parameter.