Kommentar vom Banker:
Du bist nicht empfindlich oder ähnliches, du kennst nur die Prozesse nicht. Es ist nicht mehr so wie früher.
1990: Der Kunde hatte sein Girokonto und seine Kapitalanlagen etc. bei der Bankfiliale um die Ecke. Der Berater kannte den Kunden meist persönlich oder konnte zumindest aufgrund von Obligo/Gehaltseingang die Bonität grob einschätzen. Eine Lastschrift von American Express über 60 DM wäre wahrscheinlich in dem Fall zähneknirschend eingelöst worden. Zähneknirschend, weil du nicht die Eurocard der Hausbank hast, sondern American Express. Damals war es ja auch noch etwas besonderes "mit seinem Namen zu bezahlen" (Werbung AmEx) und man hat dafür auch eine Jahresgebühr bezahlt und für sein Girokonto auch Kontoführungsgebühren. Im Gegenzug hat einen der Berater auch nicht so oft mit teuren Investmentfonds und Zertifikaten über den Tisch gezogen.
2012: Wie du selber schreibst hast du hier und da ein paar kostenlose Girokonten (bei der Eröffnung gibt es ja häufig noch 100€ dazu), die kostenlose VISA der DKB und so weiter. Deine Hausbank wechselst du so oft wie deine Automarke oder die Marke deines Mobiltelefons. Der Berater (bei einer Filialbank) kennt dich deshalb höchstens von irgendwelchen Listen, die er abtelefoniert um dir irgendwelche Produkte aufzuschwatzen, das kostenlose Girokonto muss ja irgendwie finanziert werden. Deine Depot führst du bei einer günstigen Online Bank und für deine Baufinanzierung hast du dir die günstigste Bank von Interhyp raussuchen lassen. Bei einer Direktbank gibt es keine Bankkaufleute mehr, nur angelernte Call Center Agents und angelernte Sachbearbeiter.
Die Arbeitsprozesse werden wie in der Automobilindustrie am Fließbank zerlegt. Der Sachbearbeiter bearbeitet den ganzen Tag z.B. nur Freistellungsaufträge (dein Brief wurde von einer Maschine geöffnet, gescannt, die Schrift wurde erkannt und anhand der Kontonummer und der Formularkennung mittels eines Barcodes muss der Sachbearbeiter nur noch abgleichen, ob das System schon alles richtig eingetragen hat). Ach ja, deine Lastschrift gibt ein Computer zurück.
2034: Es gibt noch ein paar Filialbanken, die Mitarbeiter führen dort aber nur noch Beratungen durch. Die vom Kunden unterschriebenen Anträge werden in der Maschine eingelesen, alle weiteren Prozesse und sämtliche Tätigkeiten von filiallosen Banken werden dort bearbeitet, wo man sämtliche Prozesse (Callcenter, Bearbeitung, Zahlungsverkehr, Marketing,...) am günstigsten eingekauft hat. Im Jahr 2034 finden deshalb die meisten Tätigkeiten auf dem afrikanischen Kontinent statt, da dort die Löhne immer noch sehr gering sind und die Mitarbeiter über Internetsprachschulen die wichtigen Weltsprachen gelernt haben und die Mittelschicht in China, Indien und den arabischen Ländern inzwischen den Markt dominiert. Dort sind die Löhne inzwischen viel zu hoch, aber aufgrund der dort vorhandenen motivierten Fachkräfte und der unternehmensfreundlichen Politik haben sich auch die Unternehmenszentralen der weltweit führenden Konzerne dort angesiedelt. So sind sie auch näher an den Hauptabsatzmärkten.
Ach so: Bereits bei der Zahlung des Rechnungsbetrages von 600 Renminbi Yuan (das ist die dann führende Weltwährung) für einen Bioburger in einem Restaurant in Rio de Janeiro mit deiner ChinaExpress Kreditkarte wurde online errechnet, dass aufgrund deiner Kredithistorie (hier fließt Ausbildung, früheres Verhalten, Wohnanschrift und ein DNA-Scan mit ein) die Kreditausfallwahrscheinlichkeit bei 0,04% liegt. Der Betrag wurde also genehmigt und per Cashpoolverfahren wird die Kreditkartenabrechnung, welche synchron mit deiner monatlichen Gehaltszahlung fällig ist, von einem deiner weltweit verstreuten Konten belastet.