Die alte Beamten-Bahn, die in deinen Gedanken herumschwebt, gibt es heute genauso wenig, wie es heute noch die alte Beamten-Post (sowohl im Hinblick auf DHL/Post als auch auf Magenta/Telekom) gibt. Natürlich gibt es noch Altlasten, aber diese halten den Betrieb anscheinend nicht so sehr auf, wie du es dir vorstellst.
Das Problem sind die mangelnde finanzielle Ausstattung sowie die politische Führung; heute vielleicht auch noch der Fachkräftemangel. Ich würde gerne sehen, was in Deutschland los wäre, wenn die Straßeninfrastruktur die letzten 30 Jahre so sehr vernachlässigt worden wäre, wie die Schiene.
Woher nimmst du denn deine Annahme, dass es die "verkrustete" Bundesbahn noch gibt? Die Mitarbeiter, welche die "verkrusteten Strukturen" aufrecht erhalten, müssten ja über kurz oder lang wegpensioniert werden, so dass sich das Problem mittelfristig eh auflöst; die Bundesbahn gibt es schließlich seit 30 Jahren nicht mehr, daher dürften heute bei der Bahn kaum noch Menschen arbeiten, welche diese noch erlebt haben.
Das erlebe ich anders. Ich finde, es braucht Reformen und einen Kulturwandel. Natürlich gibt es bei der DB Bereiche, in denen hervorragend gearbeitet wird.
Generell, so mein Dafürhalten, ist die DB in vielen Berichen ein ineffizienter Laden, vielleicht hat es auch etwas damit zu tun, dass man in Deutschland generell bürokratischer und "verregleter" ist. Z.B. im Baumanagement. In anderen Ländern plant man die Bauarbeiten mit durchgehendem Betrieb und schliesst die Strecke nur nachts und am Wochenende, die DB ordnet immer gleich eine lange Totalsperre an. Dazu kommunizieren offenbar die einzelnen Bahn-Abteilungen nicht miteinander, die eine Hand weiss nicht, was die andere macht und das hat ganz viel damit zu tun:
Eher daran, dass "Dienst nach Vorschrift", "haben wir schon immer so gemacht" und "50% Leistung reichen auch" amgesagt sind.
Tunnelblick eben. Der DB-Alltag sieht leider all zu oft so aus (Ereignis aus dem Jahre 2023):
Ein Kunde vergisst im Zug von Schaffhausen Richtung Basel Bad einen Gegenstand im Zug. Der eifrige SBB-Beamte will den DB-Bahnhof X anrufen, damit er ihn aus dem Zug holt. Der nimmt ab, sagt, dass sei nicht seine Aufgabe. Der Gegenstand liegt dann am Bahnhof Y, wie später der eifrige SBB-Beamte mühselig herausfindet. Er ruft dort an und es wird ihm bestätigt. Aber der Fundgegenstand wird nur auf schriftliche Aufforderung an den Bahnhof Schaffhausen versendet. Er weigert sich, eine Mail-Adresse rauszurücken, es müsse per Fax zugeschickt werden. Nur gibt es am Bahnhof Schaffhausen keinen Fax. Liegt es an den Strukturen? An der Kultur? Flexible Bahnangestellte hätten die Sache doch in fünf Minuten geregelt. Das ist eben auch die DB.
Zu deinen weiteren Ausführungen: Glaubst du denn, dass es besser wird, wenn der Bahnverkehr privatisiert wird?
Nein, ich bin klar gegen die Privatisierung. Ich glaube aber, dass die Befürworter einer Aufsplittung darin den ersten Schritt zur Privatisierung sehen. Aus meiner Sicht dürfen die Bereiche, welche für die Allgemeinheit wichtig sind, nicht privatisiert werden. Leider haben eben die Anhänger von Privatisierungen nicht unrecht, wenn sie sagen, Monopole neigen zur Ineffizienz, genauso, wie ihre Aussage, dass Privatisierungen zu besserer Qualität und tieferen Preisen führt, halt auch nicht generell zutrifft. Es gibt effiziente Monopole und gute private Anbieter kein Zweifel, die Frage ist, wie wir einen ineffizienten Laden zu mehr Effizienz bringen können, gerade wenn es sich um einen Grossbetrieb handelt, bei dem mit viel Widerstand aus den eigenen Reihen zu rechnen ist, weil Veränderung mit Verschlechterung (mehr Arbeit, andere Aufgaben etc) gleichgesetzt wird.
Wir mussten damals alle in eine Art Dienstleistungskurs. Das war mehr ein Gespräch über die Zukunft, so wie wir sein wollen und was uns wichtig ist. Jeder musste gehen und manch einer sah darin eine Kriegserklärung, damit meine ich Totalverweigerung und unaufhörliches Gemotze. Lokführer waren damals eine ganz schwierige Spezies, ich denke, da hat sich über die Jahre einiges getan.