Volume, wir diskutieren hier Debundling & Continuous Pricing, sprich individuelle Offerten, welche es dir erlauben für genau das zu zahlen, was du auch brauchst und einen Preis zu bekommen, welcher nicht an einer Zahl hinter einem Buchstaben festhängt.
Nein genau da sprechen wir hier nicht von.
Ich kann eben genau nicht für das zahlen was ich brauche, sondern muss wegen nur einem einzigen Leistungsbestandteil das ich brauche das teuerste Packet, und damit eine ganze Hand voll Leistungsbestandteile nehmen die ich weder will, noch nutzen werde noch (verständlicherweise) bezahlen will.
Die Praxis ist seit Jahren, dass mir keine Airline mehr das bietet was ich brauche. Entweder ich zahle Phantasiepreise für ein Packet von ungewollten Dingen, oder ich bekomme nicht mal das Minimum aus meinem Anforderungskatalog.
Ich kann ja verstehen, wenn Wandel (insbesondere für ältere Semester) immer etwas befremdlich wirkt.
Vor allem wenn der Wandel von etwas das absolut Sinn macht und Jahrzehntelang funktioniert hat zu etwas geschieht, das nachweislich nicht funktioniert und auf abstrusen Theorien moderner Wirtschaftswissenschaftler basiert, die bisher nicht im realen Leben bestätigt werden konnten.
Wenn das aktuelle Airline-Geschäftsmodell doch ach so toll ist, warum ist die Luftfahrtbranche dann nicht für ihre exorbitanten Gewinne bekannt? Warum liegen sie im Vergleich bei der Umsatzrendite ganz weit abgeschlagen hinter den meisten anderen Branchen?
Bei mir (und mit > 1000 Flügen bin ich schon eine ernstzunehmende Stichprobe) schöpfen die Airlines jedenfalls absolut nicht meine Zahlungsbereitschaft ab. Sie könnten an mir signifikant mehr verdienen, aber in ihrer tollen Angebotspalette fehlt der gesamte Bereich zwischen völlig irrsinniges Schnäppchen und völlig utopische Abzocke.
Wenn man mir die Wahl zwischen einem €680 Economy Flug (mit Gepäck und Essen schon drin und Lounge und Sitzplatzreservierung über Status) oder einem €7200 Business Flug (auf anderer Route auch wahlweise €380 und €5800) dann bleiben am Ende 3000-4000 Euro potentiell möglicher Gewinn (=Differenz zwischen meinem Reisebudget und den Kosten mir das zu bieten was ich brauche) bei meinem Chef, statt bei der Airline zu landen. Dann habe ich am Ende keine Wahl, der teure Flug (mit 200% Gewinnspanne...) ist über meinem Budget, an dem Schnäppchenflug den ich dann nehmen muss verdient die Airline kein Geld.
In den Jahren vor Corona ist das mehr und mehr absurd geworden, die Airlines haben meinem Chef die Zehnteausende von Euro nur so nachgeworfen, die eigentlich für sie reserviert, und schon beim Kunden eingepreist waren. Wie blöd kan man sein? Dem selben Kunden ein lächerliches Schnäppchen und ein absurdes Wucherangebot anzubieten, und ihm die sehr vorhersehbare Wahl zu lassen?
Ich glaube schon rein theoretisch nicht daran, dass man die Chance hat mit diversifiziertem Preismodell, guten Algorithmen und excessivem Datensammeln jedem Kunden ein Angebot zu machen das ihn maximal abschöpft, die Praxis zeigt dann wie weit man damit vom Optimum weg ist. Die Airlines schaffen es ja nicht mal zu verarbeiten, welchen Einfluss der Status auf die Zahlungsbereitschaft hat (sprich: was man sowieso wegen Status bekommt, auch wenn es im Flugpacket und damit im Preis nicht drin ist). Wenn sich am Ende dank Status der effektive Unterschied nur noch auf Business Sitz oder Economy Sitz beschränkt, wie kann man die beiden Optionen mit €6500 Preisunterschied anbieten? Das ist doch ein Preismodell/Algorithmus Totalversagen. Und das passiert ständig.
Mit Finnair ist das wie mit Emirates, sie reden von einem theoritischen Business Light Tarif, über den man ja durchaus diskutieren könnte, bieten ihn dann aber nur auf einem Bruchteil der Flüge an. Die Frage ist doch überhaupt nicht, ob dieser Tarif meinen Bedürfnissen entspricht, die Frage ist doch ob er überhaupt angeboten wird.
Und das Hauptproblem ist halt, dass die Dinge die man tatsächlich leicht an den billigen Tarifen streichen kann am Ende kaum Kosten einspart, man bietet also eine um €100 preiswerter zu liefernde Option für €1000 weniger an. Denn bei nur €100 Unterschied, würde niemand den Tarif ohne Lounge, Sitzplatz und Gepäck nehmen. Dem Unterschied von Kostendifferenz und am Markt durchsetzbarer Preisdifferenz kann man nicht entkommen. Weshalb ja z.B. in der Autoindustrie das SUV Segment boomt während das Kleinwagensegment seit Jahren schrumpft. Das vermeintlich billige ist halt nicht wirklich billig, es billig anzubieten produziert Verluste.
Am Ende des Tages muss man wieder mit den realen Kosten leben, ob man sie nun beim Pricing völlig oldschool berücksichtigt, oder dieses völlig unabhängig davon modern gemacht hat. Die Kosten sind am Ende Realität, denen ist es völlig egal, ob man sie nun vorher betrachtet hat oder nicht, sie werden garantiert anfallen. Und die Kosten der "goodies" fallen halt beim Enpreis eines Fluges kaum ins Gewicht, genauso wie die Kosten der Karosseriegröße im Automobilbau. Luftfahrt ist nicht wie Aldi, wo man seine Gewinne auch mit den Pfennigartikeln machen kann, die im Einkauf noch viel billiger sind als im Verkauf.
Deshalb ist es keine sehr gute Idee, das untere Ende der Preisspanne auch noch künstlich zu erweitern, da macht man kein Geld. Und wenn man die Verluste versucht dadurch auszugleichen, dass man die zahlungskräftige Kundschaft abzockt, dann verliert man auch die bzw. erzieht sie zu Geiz-ist-geil-Kunden um. Was nicht nur theoretisch nachvollziehbar, sondern auch an den Zahlen der Airlines unschwer zu zeigen ist. Es sind nicht die Airlines mit den "ausgefallensten" Preismodellen die am besten in der Branche dastehen.