Crash: Ju-Air JU52 - 04.08.2018

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FREDatNET

Erfahrenes Mitglied
11.07.2010
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VIE
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Ab welcher Flugzeuggröße gilt das? 19 Passagiere (die Grenze Commuter/Large Aeroplane)?
Im Kleinflugzeug muss man ständig angeschnallt sein.

Im Zusammenhang mit Loss of Control (durch Schwerpunktwanderung...) vielleicht ein genauso relevanter Aspekt, wie bei den Überlebenschancen ?

Bedenke bitte, dass in der Ju keine Trennung von Kabine und Cockpit existent ist. Ein Pax im Gang kann mithin bei entsprechender Turbulenz oder Fluglage durchaus im Cockpit aufschlagen, was das weitere Fliegen erschweren kann :eek:.

Ich würde die Maßnahme auch nicht als „bekloppt“ abqualifizieren. Macht vielleicht auch Sinn. Nur wieso kommt das gerade jetzt und nur als Lex JU?

Deshalb würde ich eine Begründung begrüßen, es wäre ja denkbar, dass es Indizien gibt die mit dem Absturz in Verbindung stehen, dann sollte man das aber auch öffentlich sagen.
 

Goliath

Erfahrenes Mitglied
11.05.2009
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Gut möglich dass es Indizien gibt. In der offiziellen Mitteilung des BAZL (Link) heisst es noch etwas spezifischer:

Drittens sollen die Passagiere während des Fluges zudem angeschnallt bleiben und nicht mehr frei im Flugzeug zirkulieren können. Dies gilt auch für Besuche im Cockpit während des Fluges.
 

Goliath

Erfahrenes Mitglied
11.05.2009
8.783
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meine.flugstatistik.de
Der Sprecher des BAZL sagt jetzt in einem Interview im Blick:

Grund für die Anschnall-Pflicht: «Wir wissen nicht, was passiert ist zum Zeitpunkt des Absturzes. Es könnte sein, dass Passagiere herumgelaufen sind und dadurch den Schwerpunkt des Flugzeugs verändert haben. Möglich ist auch, dass die Piloten im Cockpit gestört wurden», sagt Bazl-Sprecher Urs Holderegger zu BLICK

Daraufhin konfrontiert BLICK Ju-Air-Sprecher Christan Gartmann mit der neuen Absturz-Theorie des BAZL. «Reine Spekulation», ist Gartmanns erste Reaktion. Das Flugzeug hat grosse Fenster, eigentlich müsse man nicht aufstehen, um zum Flugzeug rausschauen zu können. «Wenn jemanden bei einem Flug am Matterhorn vorbei aufstehen wollte, um kurz ein Bild zu machen, war das bisher kein Problem», sagt Gartmann.
 

Airsicknessbag

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11.01.2010
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Ich würde die Maßnahme auch nicht als „bekloppt“ abqualifizieren. Macht vielleicht auch Sinn.

Genau. Folgendes Szenario erscheint absolut realistisch: Ein Passagier nach dem anderen ist einzeln nach hinten gegangen. Die Piloten haben jedesmal ein bisschen nachgetrimmt. Und dann sind alle auf einmal nach vorne gestuermt. Nase nach unten, zack feddich. Es ist anzunehmen, dass die gesetzten Silver Ager auf Weinreise ins Tessin sich aehnlich lustige Spaesse ausdenken wie die jungen Rekruten damals, als die Ju noch im aktiven Militaereinsatz war, nicht wahr?

Eine nachvollziehbare Massnahme waere die Aufhebung der Drosselung der Motoren gewesen. Aber nein, Laermschutz ist heilig.

Das ganze riecht nach einer Nadelstichtaktik, um die Ju Air zum Aufgeben zu bringen, weil es fuer ein unverbluemtes Grounding noch nicht ausreicht.
 
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Erfahrenes Mitglied
01.06.2018
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Eine nachvollziehbare Massnahme waere die Aufhebung der Drosselung der Motoren gewesen.
Da sich die Motoren bei Nutzung der ehemals vollen Leistung mit heutigem Sprit binnen Minuten zerlegen, würde das alle JUs binnen einiger Stunden für immer grounden, da ja keine Ersatzmotoren mehr hergestellt werden. Das wäre in der Tat eine hocheffektive Maßnahme, zukünftige Unfälle zu vermeiden.

Es sei denn du meinst damit, eine Raffinerie zu finden die 30er Jahre Sprit herstellt, um die Motoren ungedrosselt betreiben zu können...

Sind die Motoren hardwaremäßig gedrosselt? Ist da nicht einfach vorgeschrieben, nicht mehr als XX% der Leistung zu nutzen?
Gute Frage... Es gibt dem BMW 132 ja in zwei Varianten, als "Höhenmotor" BMW 132 A Reihe 3 mit 70mm Vergaser und als "Bodenmotor" BMW 132 E Reihe 2 mit 56mm Vergaser. Der Höhenmotor muss in niedriger Flughöhe vom Piloten manuell gedrosselt betrieben werden (O-Text im Handbuch: "Die Motoren BMW 132 A Reihe 3 sind als Höhenmotor mit vergrößerten Luftdüsen so eingeregelt, dass sie auch bei 5 Minuten Kurzleistung in Meereshöhe nur gedrosselt laufen dürfen" bzw. "Der Flugmotor BMW 132 A Reihe 3 ist ein Höhenmotor der am Boden nicht mit voller Gasdrosselöffnung laufen darf. Zur Gewährleistung der Betriebssicherheit ist es deshalb unbedungt erforderlich die (...) gegebenen Leistungsgrenzen einzuhalten".
Die Motoren waren also schon immer gedrosselt, jetzt nur auf andere Limits. Ich vermute, es ist auch heute noch der Pilot, der dafür verantwortlich ist. Man wird jederzeit alle Hebel voll nach vorne schieben, und den Motor zerstören können. Allerdings nur in niedriger Höhe, ab welcher Höhe der Motor heute hardwaremäßig limitiert ist weiss ich nicht, mit dem Originalsprit waren es mal mit Verstellpropeller 900m für Kurzleistung, 1500m für erhöhte Dauerleistung, 1900m für Dauerleistung und 2500m für Reiseleistung, bzw. immer 900m bei Festpropeller (jeweils bei Normatmosphäre, damals noch nicht ISA sondern Cina) ab wo man "alle Hebel auf Anschlag" schieben konnte.

Mit einem alten Auto kann man auch nicht einfach im 1. Gang 10 Minuten Vollgas geben, ohne das wesentliche Teile des Motors durch die Gegend fliegen. Es gab mal Zeiten, da hat man Flugzeug- und Fahrzeugführern zugemutet, ihr Gerät innerhalb der Betriebsgrenzen zu betreiben... In einer Zeit in der es "hip" ist Regeln zu brechen, oder alles "intuitiv bedienbar" sein muss, kommt man nicht mehr drumrum alles hardwäremäßig zu begrenzen. Heute begrenzt die Motorsteuerung auch im 1. Gang die Drehzahl, egal wie lange der Fahrer Vollgas gibt, bzw. mit dem elektrischen Gaspedal vergeblich versucht, tatsächlich Vollgas zu geben.

Jedes moderne FADEC Strahltriebwerk ist gedrosselt, in neudeutsch "Flat rated". Die Elektronik erledigt das für den Piloten.
 

Airsicknessbag

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11.01.2010
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Ich denke nicht, die verfügten Massnahmen sind ja nun nicht wirklich einschneidend.

Ohne die Moeglichkeit, aus den verschiedenen Fenstern zu gucken, verschiedene Perspektiven wahrzunehmen und das Cockpit zu besuchen, ist ein Ju-Flug eine stinklangweilige Angelegenheit - laut, langsam, unbequem, nervig. Ich hatte dieses Jahr erstmalig einen laengeren Flug (zuvor Frankfurt-Mainz, Dortmund-Essen und Essen-Moenchengladbach), naemlich Duebendorf-Memmingen-Oberschleissheim. Die ersten 20 Minuten waren spannend, rumlaufen, Flugzeug erkunden, Motoren aus verschiedenen Perspektiven fotografieren. Den Rest der Zeit, in dem ich freiwillig sitzenblieb (Landschaft nicht so spannend und Flugzeug zu Ende erkundet) habe ich eigentlich nur darauf gewartet, dass wir endlich wieder landen.
 

Airsicknessbag

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11.01.2010
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Gute Frage... Es gibt dem BMW 132 ja in zwei Varianten, als "Höhenmotor" BMW 132 A Reihe 3 mit 70mm Vergaser und als "Bodenmotor" BMW 132 E Reihe 2 mit 56mm Vergaser.

Ja, gute Frage, danke fuer die interessanten Ausfuehrungen. Aus der Typenbezeichnung Ju 52/3mg4e schliesse ich, dass es ein 132 A sein muesste.
 

kingair9

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18.03.2009
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Unter TABUM und in BNJ
Auf Seite 1 dieses Threads habe ich einen Screenshot eingefügt gehabt, in dem zu lesen ist, was ein erfahrener Bergflieger im AVHerald geschrieben hat.

Hier ist er noch mal - vor allem den Teil 2/4 mit der empfohlenen Seite und Flugrichtung und mit der Gefahr der anderen Seite und Flugrichtung lesen.

Anhang anzeigen 116662

Man vergleiche jetzt bitte diesen Text mit der neusten Update-Meldung aus dem Herald von heute:

AVHerald meinte:
On Aug 21st 2018 Switzerland's SUST announced they have opened an investigation into the crash. The SUST reported the aircraft entered the enclosed valley southwest of Piz Segnas on a northeasterly heading. Approaching the northern end of the valley the aircraft initiated a left turn which developed into a spiral descending trajectory. A brief time later the aircraft impacted terrain almost vertically. All 17 passengers and 3 crew died in the impact, the aircraft was destroyed, no third parties were harmed, there was minor land damage.

:censored:
 
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bursche99

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14.07.2011
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Hatte ich auch damals gelesen und schon so ein Szenario vermutet, und dann lass noch ein paar Paxe alle auf eine Seite laufen für "mag auch schauen, lass mich mal"... und ab geht's...
aber es ist noch sehr viel Spekulation dabei, und wird vermutlich auch nie ganz aufgeklärt werden, außer man findet / wertet noch Handys und Co aus die mehr Aufschluss über die letzten Sekunden geben...
 

masi1157

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24.07.2013
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...und dann lass noch ein paar Paxe alle auf eine Seite laufen
In einer Ju52 "läuft" man nicht auf eine Seite, da kommt man allenfalls bis in den Gang, und der ist 30cm neben dem Sitz und man sieht nichts mehr, wenn man da steht. Mal ganz davon abgesehen, dass die Schwerpunktverschiebung nicht groß sein wird, selbst wenn es alle gleichzeitig versuchen würden. Bestenfalls beugt man sich zur anderen Seite.


Gruß, Matthias
 

kingair9

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18.03.2009
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Unter TABUM und in BNJ
In einer Ju52 "läuft" man nicht auf eine Seite, da kommt man allenfalls bis in den Gang, und der ist 30cm neben dem Sitz und man sieht nichts mehr, wenn man da steht. Mal ganz davon abgesehen, dass die Schwerpunktverschiebung nicht groß sein wird, selbst wenn es alle gleichzeitig versuchen würden. Bestenfalls beugt man sich zur anderen Seite.


Gruß, Matthias

Ändert trotzdem nichts am beschriebenen Nord-Süd-Szenario, welches immer wahrscheinlicher klingt...
 

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01.06.2018
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Zumal die interessante Aussicht "kurvenaussen" gewesen wäre, also die Schwerpunktverschiebung aufrichtend gewirkt hätte...
 
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Goliath

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11.05.2009
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Neuigkeiten heute:

Basler Zeitung: «Schwerwiegende Schäden»: Ju-Air ab sofort gegroundet


Das Bazl verbietet der Airline bis auf weiteres den Flugbetrieb der beiden in Dübendorf stationierten Ju-52

[...]

Die Untersuchung des Wracks der am 4. August 2018 abgestürzten Ju-52, in der 20 Menschen starben, habe schwerwiegende strukturelle Schäden im Bereich der Flügelholme ergeben, teilte das Bazl am Dienstag mit. Die Ju-Air ist nach eigenen Angaben mit diesem vorübergehenden Grounding einverstanden.
 

Airsicknessbag

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11.01.2010
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Unabhaengig davon, dass diese Maengel nicht die Absturzursache sind, finde ich das extrem erschreckend: Ju-Air behauptete nach dem vorlaeufigen Grounding, waehrend jener Pause die Maschinen gruendlich durchgecheckt und dabei festgestellt zu haben, dass diese in perfektem Zustand seien. Und dabei haben sie solche Klopper nicht gefunden?!?
 
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alex42

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02.04.2012
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Die entsprechende Pressemitteilung findet sich auf der Ju-Air-Seite sogar genau unter der aktuellen Nachricht:

Wir prüfen in genau festgelegten Zyklen alle wichtigen Teile des Flugzeuges und haben in den vergangenen Tagen zusätzliche Kontrollen durchgeführt. Dabei sind keine Besonderheiten zutage getreten. Unsere beiden JU-52 sind ohne Einschränkung „fit to fly“.
 

Airsicknessbag

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11.01.2010
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Original:

https://www.sust.admin.ch/inhalte/AV-berichte/HB-HOT_ZB_D.pdf

Interessant auch der darin enthaltene "Aufruf an die Bevölkerung":

"Die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle (SUST) bittet weiterhin um die Mithilfe der Bevölkerung. Für die Untersuchung des genannten Unfalls wird die Einsendung folgender Materialen erbeten:

[...]

- Fotos und Videos, die in den Jahren 2016 bis 2018 während eines Fluges mit einem Flugzeug des Musters Ju 52/3m («Tante Ju») der Ju-Air mit einem Smartphone (oder mit einer Kamera mit GPS-Sensor) aufgenommen wurden.

- GPS-Tracks, die in den Jahren 2016 bis 2018 während eines Fluges mit einem Flugzeug des Musters Ju 52/3m («Tante Ju») der Ju-Air aufgezeichnet wurden.

[...]

Die Angabe von Kontaktinformationen ist für allfällige Rückfragen wünschenswert; die Einsendung kann aber auch anonym erfolgen. Idealerweise enthält die Einsendung Informationen über Ort, Datum und Zeit der Aufnahmen."

Die wollen der Ju-Air jetzt wohl wirklich bzgl. fliegerischen "Rowdytums" an den Kragen.
 
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alex42

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02.04.2012
4.143
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Aus dem Bericht:

"An den Holmen, Scharnieren, Beschlägen der Tragflügel und im Bereich der Kabinenbodenplatte am Wrack der HB-HOT wurden erhebliche Korrosionsschäden gefunden. Zwei der drei Motoren waren mit neuangefertigten Nockenscheiben ausgerüstet, die Mängel aufwiesen. [...] Bei der Untersuchung der Instandhaltungsarbeiten wurden verschiedene Unzulänglichkeiten insbesondere der Dokumentation bei der Ausführung von grösseren Modifikationen und bei der Bewirtschaftung von Ersatzteilen festgestellt. Solche Mängel stellen ein potentielles Risiko dar."

Und Ju-Air-Chef Waldmeier behauptet allen Ernstes, der Rost könnte ja auch nach dem Absturz entstanden sein? Wahrscheinlich genauso wie die ebenfalls von der Sust bemängelten Fehler bei der Dokumentation der Wartungsarbeiten und beim Ersatzteilmanagement...

Der Ju-Air-Krisenkommunikator, der extra angeheuert wurde und Waldmeier einfangen sollte, bearbeitet gerade vermutlich mit dem Vorderkopf seine Schreibtischplatte.