für den beer run: eine kleine geschichtliche Erläuterung von orf.at:
Das Geheimnis liegt in der Kühlung
Untergäriges Lagerbier erobert von Wien aus die Welt.Ende der 1830er Jahre war Bier unpraktisch, trüb, fehleranfällig, häufig sauer - und meist nur kurze Zeit haltbar.
Dann kam Anton Dreher, revolutionierte die untergärige Braumethode und überschwemmte in der Folge Wien und den Rest der Donaumonarchie mit einem Bier, das die Trinkgewohnheiten nachhaltig verändern sollte: Das moderne Lagerbier war geboren.
Am 7. Juni vor 200 Jahren in Schwechat geboren, baute Dreher die dortige Familienbrauerei bis Mitte des Jahrhunderts zu einem hochtechnisierten Industrieunternehmen aus, das am Ende die ganze Monarchie mit Bier belieferte. Heute ist Lager das mit Abstand meistgetrunkene Bier in Österreich.
Lehrreisen durch Europa
Auf Reisen durch Europa hatte sich Dreher um 1837 gemeinsam mit Gabriel Sedlmayr, dem Sohn des Besitzers der Münchner Spatenbrauerei, in damaligen Hochburgen des Bierbrauens wie England schlau gemacht.
Dort hatte er auch die Methode kennengelernt, untergärig statt obergärig zu brauen. Dabei setzt sich die Hefe nach der Gärung gemeinsam mit weiteren Schwebstoffen auf dem Boden ab, während obergärige Hefen nach ihrem Absterben an die Oberfläche steigen und abgeschöpft werden müssen.
Bekannte Methode, unbekannte Anwendung
Zwar sei die Lagerbiertechnik schon 400 Jahre vor Dreher und Sedlmayr bekannt gewesen, schrieb der britische Bierkritiker Michael Jackson in seinem Standardwerk "Bier International". "Aber erst im 19. Jahrhundert verstanden sich die Brauer auf ihre Anwendung."
Denn ein entscheidendes Element fehlte noch: Untergäriges Bier benötigt in seiner Herstellung viel niedrigere Temperaturen als obergäriges - ein schwieriges Unterfangen in einer Zeit, die die Kühlmaschine noch nicht kannte.
Enormer Eisbedarf für Reifekeller
Dass in der Kühlung das Geheimnis lag, war Drehers eigentliche Revolution. Denn wohlschmeckend, stabil und klar wird das Bier erst durch eine lange Reifung bei nahezu null Grad.
Dazu ließ Dreher riesige Keller anlegen und im Winter enorme Mengen Natureis heranschaffen, mit denen er in der wärmeren Jahreszeit das reifende Bier kühlte - so konnte es lagern und kam zu seinem Namen "Lagerbier".
"Märzen" oder "Lager"?
Da das Bier bis dahin letztmals im März eingebraut wurde, hielt sich in Österreich und Süddeutschland auch die Bezeichnung "Märzenbier", während sich das neue Gebräu im Rest der Welt als "Lager" durchsetzte.
1841 brachte Dreher schließlich das "Klein-Schwechater Lagerbier" auf den Markt, kurz darauf folgten sein "Spezl" Sedlmayr in München und die Pilsner Brauerei in Böhmen. Zusammen sorgten sie dafür, dass binnen kürzester Zeit der neue Bierstil die alten obergärigen Braumethoden in ganz Kontinentaleuropa verdrängte.
Rötlich-malziger "Mittelweg"
Während Sedlmayr in München ein dunkles, süßes Bier braute und das Pilsner strahlend gelb und hopfenbitter war, wählte Dreher einen "Mittelweg". Der "Bierkönig", wie ihn Jackson - selbst eine Art König der Bierkritiker - nannte, erlangte seinen Ruhm mit einem malzigen, rötlichen Bier.
Drehers Bier war damit deutlich anders als jenes, das heute als Märzen in Österreich gebraut wird. Aufgrund der Röstung beim Mälzen war es voller im Geschmack und hatte seine charakteristische kupferrote Farbe.
"Wiener Stil" aus Wien verschwunden
Aus Österreich ist Drehers "Wiener Stil" weitgehend verschwunden, nachdem sich die Brauer immer mehr der verlockend goldenen Farbe des Pilsner Biers angenähert hatten. Mitgeholfen hatte dabei, dass sich zunehmend durchsichtiges Glas als Behältnis für Bier durchsetzte und die alten Ton- und Zinnkrüge verdrängte.
In Wien-Neubau versucht heute das Siebensternbräu mit seinem Märzen, das Dreher'sche Lager nachzuempfinden. Auch kleine US-Brauereien versuchen sich in einem Bier im klassischen "Wiener Stil". Drehers Originalrezepte gelten als verschollen.
Das Ende zweier Reiche
Das Ende des Ersten Weltkriegs hatte auch das jähe Aus für das Reich der Drehers bedeutet: Plötzlich waren ihre Brauereien verteilt auf mehrere Nachfolgestaaten der Donaumonarchie. In Österreich ist Dreher heute weitgehend unbekannt, in Schwechat erinnert ein Straßenname an ihn und seinen gleichnamigen Sohn.
In Triest und Budapest dagegen tragen Biere nach wie vor den Namen der Drehers, deren ehemalige Brauereien gehören internationalen Großkonzernen: Birra Dreher kam 1974 zu Heineken, wo mittlerweile auch die Schwechater Brauerei gelandet ist. Die Budapester Dreher Breweries wurden 1995 von SABMiller übernommen.
Was würdet Ihr ohne seine Erfindung machen??