Schulschließungen als Reaktion auf Grippewellen sind ein alter Hut, schon seit vielen Jahrzehnten praktiziert, Stichwort Grippeferien. War in Deutschland m.W. bis in die 70er nichts Ungewöhnliches.
Man hörte und hört jetzt von mancher Seite "Schulen und Kindergärten sind keine Infektionstreiber" oder "Kinder sind nicht ansteckend". Das steckt m.E. Wunschdenken dahinter. Natürlich sind Schulen und Kindergärten Orte, wo Mitglieder aus ganz unterschiedlichen Haushalten zusammenkommen und längere Zeit zusammen sind. Wieso soll das nicht ein guter Austauschort für ansteckende Krankheiten sein? Eltern mit Kindern in dem Alter erfahren auch regelmäßig, dass diese diverse Krankheiten aus dem Kindergarten/der Schule mitbringen.
Auch wenn Influenza und Corona viel gemeinsam haben, bestehen doch Unterschiede. Es gibt Influenza-Varianten, die gerade für (junge) Kinder gefährlich sind und in wenigen Monaten mehr Todesopfer in dieser Gruppe gefordert haben als SARS-CoV-2 während der gesamten Pandemie. Ähnliche, für sehr Junge gefährlich Varianten, gibt es bei SARS-CoV-2 (zum Glück) noch nicht. Da geht es also nicht immer um die Konstruktion eines indirekten Schutzes für andere, wie es bei Corona der Fall ist.
Die Schulschließungen wurden damit begründet, dass man so Oma und Opa schützt. Es ging nicht um den Schutz der Kinder. Dieser indirekte Schutz ist unwissenschaftlich, weil die Kausalitäten andere sind. Ob die Enkel in die Schule gehen, ist für das Infektionsrisiko von Oma und Opa zunächst irrelevant. Oma und Opa müssen sich so oder so schützen, unabhängig von der Frage, ob die Enkel zur Schule gehen.
Statt dessen haben sich dann durch Schulschließungen in Verbindung mit “Bleib’ zuhause” massenhaft Enkel und Großeltern zuhause einander angesteckt.
Bei Schulschließungen aufgrund eines konkreten Ausbruchs ist das was anderes. Die sind auch wissenschaftlich zu rechtfertigen.
Und das Infektionsrisiko lässt sich durch Maßnahmen in der Schule erheblich reduzieren. Testen, Abstand, Maskenpflicht (wo kein Abstand möglich), Durchlüften. Man muss das Infektionsrisiko bei Bestehen solcher Maßnahmen betrachten.
Damit mache ich übrigens keinerlei Aussage dazu, ob Schul- oder Kindergartenschließungen ein sinnvolles oder vertretbares Mittel darstellen oder nicht. Diese Frage kann man m.E. übrigens nicht isoliert beantworten, sondern allenfalls in der Gesamtschau aller sonst (nicht) getroffenen Maßnahmen, da es einem Krankheitserreger ja egal ist, auf welchem Weg er sich verbreitet.
Ja, die politische Entscheidung ist eine andere Geschichte. Da haben praktisch alle Politiker gesagt, dass es falsch war und sie es nicht wieder machen werden.
Da kann man immer noch anderer Sicht sein, wird jedoch (fast?) keinen politischen Vertreter finden, der ihn da repräsentiert.
Der größte Fehler, den "die Politik" (und dazu gehören auch alle Landesregierungen) m.E. gemacht hat, ist dass sie nicht zum Wort gestanden ist, dass die Maßnahmen aufgehoben werden könnten, sobald jeder die Möglichkeit gehabt hatte, sich impfen zu lassen. Und das war, wenn man die Booster-Impfungen großzügig mitzählt (deren Sinnhaftigkeit zu kommunizieren, Spahn und die Stiko in Q3/2021 komplett vergeigt hatten), allerspätestens Anfang 2022 der Fall. So haben es auch viele europäische Länder dann ganz unspektakulär gehandhabt.
Es wurde sogar die Booster-Impfung bis Q03/2021 regelmäßig als falsch bezeichnet. Lauterbach tat die sogar bis ins Q04/2021 hinein. Das Motiv dafür war, dass man Angst hatte, dass nicht genügend Impfstoff vorhanden war.
Eigentlich hätte man ab August 2021 jeden boostern müssen, der dazu bereit war. Spahn hatte aber nicht genügend bestellt. Das Motiv dafür wär, dass man anderen Staaten nicht den Impfstoff “wegbestellen” wollte. Diesen Engpass gab es jedoch nicht. Als Ausgleich hat Lauterbach im Jahr 2022 dann zu viel bestellt.
Überhaupt waren viele der falschen politischen Entscheidungen anders motiviert als kommuniziert. Man ließ Stoffschals als der Maskenpflicht genügend zu, weil man Angst hatte, dass nicht genügend FFP2-Masken verfügbar waren. Natürlich gab es keinen Experten, der meinte, Stoffmasken seien auch ok. Es ist unverantwortlich, wenn man wissentlich Bürger suggeriert, sie könnten sich auf etwas verlassen, was bekanntermaßen wirkungslos ist. Das erhöht das Infektionsgeschehen, statt es zu reduzieren.
Dass man sich dann als "Kompromiss für Verängstigte" dann noch darauf verständigt hat, für ein weiteres Dreivierteljahr eine Maskenpflicht ausschließlich in Bahn und ÖPNV (und anfangs auch im Flugzeug, später dann - eigentlich ein Lacher - dann nur dort nicht mehr) vorzugeben, ist nur politisch, nicht mehr wissenschaftlich begründbar.
Ich wage zu behaupten, dass letztere Maßnahme kein einziges Leben (eines Geimpften) gerettet und keinen einzigen Fall von Long COVID, was man auch immer darunter genau versteht, verhindert hat. Die Durchseuchung fand nämlich auch so statt.
Diese Behauptung ist wahrscheinlich zutreffend. Zumal eine richtige und richtig getragene Masken den Träger schützt. Wer sich schützen wollte, konnte das ja tun. Es gab kein Maskenverbot.
Was vielen Leuten wohl nicht in den Kopf will: die ganzen Maßnahmen, die getroffen wurden, solange sie nicht so extrem sind wie die kompletten Abriegelungen, wie wir sie in China vor 12/2022 gesehen haben, erreichen allenfalls eine Verzögerung der Ausbreitung ("flatten the curve"), keine Verhinderung und auch damit keine Verhinderung der Durchseuchung. Sie können also nicht gegen etwaige langfristige Auswirkungen (aka "Long COVID") vorbeugen und damit auch nicht mit der Angst davor motiviert und begründet werden (was KL sehr ausgiebig in den Medien tat).
Kein Staat hält auf Dauer restriktive Maßnahmen aus. Wie gesehen, nicht mal eine extreme Diktatur wie China.
Doch Herauszögern bis alle geimpft sind, ist wichtig und rettet Leben.
Long-Covid ist unzureichend untersucht, um davor zu warnen. Es gibt unterschiedliche Verläufe von Covid. Leicht bis sehr schwer. Bei den leichten und bei den schweren Verläufe schädigt Covid auf unterschiedliche Weise. Vielleicht verursachen auch Pandemiemaßnahmen Long-Covid. Man weiss es (noch) nicht.
Eine weitere sehr unangenehme Eigenschaft, die zu Tage trag, war die Selbstherrlichkeit, mit der Leiter/Leitungen mancher öffentlicher oder vollständig öffentlich finanzierter Einrichtungen nach Gutdünken "per Hausrecht" Maskenpflichten verhängt haben. Das gilt leider auch für viele Universitäten.
Das Phänomen ist nicht beschränkt auf das Thema Maskenpflicht (aber dort leicht sichtbar); auch bei anderen Themen kann man erkennen, dass Leute dort ihr Amt, das eigentlich politisch neutral sein sollte, und die damit verbundene Machtstellung zur Durchsetzung ihrer politischen Agenda missbrauchen (denn das Thema Maskenpflicht war zweifellos zu einem politischen Thema geworden).
Überall, wo man das erhebliche Einschränken der Grundrechte von Nicht-Gefährdeten mit der Begründung des indirekten Schutzes der Gefährdeten begründet hat, hat man falsch gehandelt. Die Wissenschaft gab und gibt das nicht her. Es ist ein absurdes Konstrukt. Und das absurdeste war, dass man dabei den direkten Schutz vernachlässigt hat. Man hat Schulen geschlossen und dann die Enkel zur schwerkranken Oma ins Altersheim gelassen.
Ich bin persönlich auch für das Ergreifen wirksamer restriktiver Maßnahmen und gegen das Ergreifen unwirksamer restriktiver Maßnahmen.
Die Masse der Menschen und Politik hat gedacht, dass Maßnahmen automatisch helfen, wenn sie denn restriktiv sind. Nach dem Motto, was weh tut, hilft auch. Hat ja die Uroma schon gesagt. Wissenschaft geht anders.