Die Nacht war recht kühl gewesen, das Aggregat pumpte ordentlich kalte Luft ins Zelt. Diese Temperaturen waren wir gar nicht mehr gewohnt. Zuvor, in Agadez, schliefen wir immer auf der Dachterrasse unter freiem Himmel und zählten die Sterne bei Tiefsttemperaturen am Morgen von um die 28°C, tagsüber waren es 40-44°C.
Gegen 7 Uhr kroch ich aus dem Zelt, wollte mal sehen wie es draußen bei Tageslicht aussah, sofort fiel der Blick auf einen um die Zelte patroullierenden Soldat mit schwerer Waffe. Im Container mit sanitären Anlagen gab es etwas Verwirrung wegen der nicht eindeutigen Beschriftung. Hinter einer Tür waren Toiletten, hinter einer anderen Duschen, eine dritte führte zu Toiletten und Duschen. Die Frauen wußten wohl nicht genau wohin und so vermischten sich Männer und Frauen irgendwie. Die Dusche zum Aufwärmen nach der kühlen Nacht tat richtig gut, es gab sogar Warmwasser aus dem kochend heißen boiler. Auffallend war, dass 95% der Gestrandeten VOR dem Frühstück die Zähne putzten, mein Zahnarzt hat mir eingetrichtert es DANACH zu tun.
Es war noch etwas Zeit bis zum Frühstück und so versammelten sich alle auf einer Freifläche mit Sitzgelegenheiten. Das war wohl die partylocation im camp, "Sons of Bo'Goss".
Es gab eine kleine Freiluftbar mit Unmengen an Bierkästen der "Brasserie du Chad" im Abstellraum. Holztische sowie Holzbänke, Sonnenschirme und auch gemütliche Pergolas mit Ventilatoren standen wahllos verteilt herum. Große Bäume spendeten Schatten. Gegenüber der Bar gab es eine Bühne mit Leinwand, Licht- und Tonanlage.
Mit militärischer Pünktlichkeit wurde um genau 08:00 das Frühstück eröffnet. Am Eingang schnappte man sich ein Tablett, Besteck und Servietten. Dort stand auch ein Körbchen randvoll mit einzeln verpackten kleinen Tabletten. Wir dachten zunächst es sei Süßstoff, aber es war Doxycyclin für die Malaria Prophylaxe.
Der chef de cuisine begrüßte alle, offenbar ein Franzose in zivil, zeigte stolz was alles im Angebot ist. Die Kantine war wie ein buffet aufgebaut, das Angebot mehr als reichlich mit vielen aus Frankreich importierten Produkten. Jetzt konnte man richtig schlemmen, im Niger hatten wir zum Frühstück nur baguette mit Mamelade oder cornflakes. Leider hatten einige der Mitreisenden die Angewohnheit sich ihre Teller randvoll zu laden, hier und da kurz reinzubeißen, den großen Rest aber liegenzulassen, obwohl das Gebotene qualitativ voll ok war. Ich finde das respektlos, insbesondere in einer Weltgegend in der Hunger der lokalen Bevölkerung ein alltägliches Problem ist.
Nach dem Frühstück machten wir es uns an einem schattigen Plätzchen auf der Freifläche bequem, die Sonne knallte schon gut herein, es war extrem schwül. In der Pergola daneben war eine Gruppe Franzosen, alle trugen "France - centre de crise" Hemden, waren mit Arbeiten an laptops beschäftigt, hatten auch Taschen mit Unmengen an Funkgeräten dabei. Soldaten brachten ständig Nachschub an kalten Wasserflaschen.
Es bestand dann die Möglichkeit an das check-in Gepäck zu kommen. Das lagerte in einem Hangar in der Nähe. Soldatinnen eskortierten uns, zwischengelagert wurde es dann in "unserem" Zelt.
Die Hitze wurde immer drückender und so kam die Empfehlung in einen klimatisierten Aufenthaltsraum zu wechseln. Es war nun klar, dass es eine Kerngruppe an Soldaten und Soldatinnen gab, die sich um uns kümmern sollte, uns ständig umschwirrte, jedoch immer freundlich und hilfsbereit.
Der Aufenthaltsraum wurde dann für uns "freigeräumt", die normalen Soldaten durften nicht mehr hinein, außer natürlich unsere Betreuer. Hier gab es auch eine kleine Bar, Fernsehen, Spielekonsolen. Sogar ein Friseursalon ist angeschlossen und eine kleine gut sortierte boutique. Die Soldaten kaufen dort die Dinge des täglichen Bedarfs, es gibt alles von Getränke über Lebensmittel bis zu Hygieneartikeln, zu 100% importiert aus Frankreich. Die Preise liegen etwa doppelt so hoch wie in Europa aber deutlich unter dem, was man im Niger für importierte Waren zahlen muß. Es gab sogar eine winzige Souvenirecke, der wir natürlich nicht widerstehen konnten...wer weiss wann man nochmal in den Tschad kommt.
Gegen halb 11 wurden wir gebeten wieder zur Freifläche zu gehen, da es eine Ansprache gibt. Also suchten wir uns ein schattiges Plätzchen unter einem Baum. Jemand kam vorbei, sprach uns an ob wir "die Deutschen" seien, stellte sich vor als erster Sekräter der deutschen Botschaft in N'Djamena. Er habe gehört, dass wir im camp seien, wolle sich nach unserem Wohlbefinden erkundigen. Gut, eigentlich gab es nichts Besonderes, zur Weiterreise wußte er auch keine Details, so redeten wir etwas über den Niger und den Tschad, der im Norden mit Tibesti und Ennedi-Gebirge Schönheiten von Weltklasse bietet, leider wegen der Lage praktisch nicht bereisbar.
Inzwischen war das Gelände um die Freifläche mit Bändchen abgesperrt, in den Außenbereichen patroullierten Soldaten und Soldatinnen mit schweren Waffen. Eigentlich war klar: sie sollten aufpassen, dass niemand abhaut und in dem ziemlich großen camp untertaucht.
Es erschien wieder der Kommandant der Basis. Im Moment sei immer noch nicht klar wie es weitergeht, wahrscheinlich würde es abends einen Flug geben, wahrscheinlich nach CDG. Wir wurden gebrieft, dass wir uns frei bewegen dürfen im Bereich Zelte-Freifläche-Aufenthaltsraum. Andere Bereiche seien tabu. Wir wurden gebeten keine Fotos zu machen und, falls es doch welche gebe, sie wegen Sicherheitsbedenken keinesfalls im internet zu verbreiten (ich denke das Bild oben aus dem Zelt ist dennoch ok). Außerdem bemühe man sich uns internet verfügbar zu machen, was allerdings wegen der Registrierung mit Passdaten über einen Satellitenanbieter etwas zeitaufwendig sei. Mittagessen sei um 12:45.