Mich beschleicht, wie offenbar viele hier, das Gefühl, daß hier jemand schreibt, der selten mal aus seinem westlich-christlich geprägten Umfeld heraus kommt.
Ich erinnere mich eigentlich gerne an meine erste interkontinentale Reise zurück. Auch wenn es mir ewig vorkommt, ist es doch noch keine 6 Jahre her. Das exotischste was ich je gesehen hatte, war St. Petersburg im Nieselregen im November. Alles weitere, den Orient, Asien etc. kannte ich nur aus Erzählungen und ich träumte davon, meinen Beruf so ausüben zu können, daß es mit Reisen in die weite Welt verbunden wäre.
Nun, so wurde ich dann plötzlich nach Malaysia eingeladen. Dusselig (wie bei jedem erste mal) hatte ich falsch verhandelt und 750€ für Reisekosten zur Verfügung. Das ging nur mit Zwischenstop in DXB.
Kurz nach der Landung, kaum in diesem für mich damals unvorstellbar riesigen Flughafen, ging der Muhezzin los, es liefen komplett verhüllte Menschen herum, prachtvolle Inderinnen in bunten Saris...halt die gesamte Vielfalt Asiens. Ich war durchaus vor den Kopf gestoßen, pendelte zwischen Angst und Faszination. Die arabischen Ansagen verstärkten dieses Gefühl noch.
Viele Stunden später wurde das alles in KUL durch die Tropenhitze und den Brummschädel durch Jetlag fast brennglasartig erhöht. Fast nie mehr habe ich die Entfernung zum heimischen Dunstkreis mehr gefühlt wie damals.
Leider wurde ich routinierter Reisender, auch wenn für mich der Orient doch immer eine Spur exotischer, auf eigenwillige Art „fremder“ bleibt, als ganz Asien. Ich vermisse dieses Staunen und Schaudern meiner ersten Konfrontation mit dem Duft des Orients.
Wenige Jahre später hatte ich noch einmal dieses Gefühl, vielleicht noch stärker, bei meiner ersten Reise nach Teheran. Die Reise mit Iran Air (gleich in der Ansage der erste Satz, noch vor den Sicherheitshinweisen) im Namen von Allah, dem allmächtigen, die Taxifahrt ins nächtliche Teheran durch eine Mischung aus Gestank, Rauch und Wüstensand (das haben sie, fast möchte ich sagen leider, in den Griff bekommen) und in eine völlig überdrehte Stimmung hinein: es war der glühend heiße Sommer 2015, als die Sanktionen soeben aufgehoben wurden. Nie hatte ich mehr dieses Gefühl, einem Film beizuwohnen, dessen Abspann leider zwei Wochen später mit dem Abflug nach Frankfurt endete. Frankfurt, eine Stadt die mir danach auf einmal unendlich öde vorkam.
Ich konnte da noch nicht wissen, daß ich bald extrem oft dort sein würde.
Und wieder: dieser Effekt des überwältigt sein vom neuen, ist leider vorbei und ich trauere dem nach.
Vielleicht versteht der ein oder andere hier im Thread, was ich damit sagen will. Vielleicht hilft es auch, einige Dinge etwas mehr so zu akzeptieren wie sie sind. Und einiges verschwindet aus einer gewissen Perspektive heraus auch zu einer Nichtigkeit...