Am 2. Mai 2025 sind meine Frau und ich mit Lufthansa in der neuen Allegris First Class im Airbus A350 von Shanghai (PVG) nach München (MUC) geflogen. Es handelte sich um einen Nachtflug. Als Lufthansa-Passagiere nutzten wir die Air China First Class Lounge, die während unseres Aufenthalts fast leer war – wir waren die Hälfte der Zeit die einzigen Gäste. Die letzten 90 Minuten stießen noch zwei weitere Gäste hinzu. Zwei Servicemitarbeiterinnen betreuten die Lounge. Die Lounge ist sauber, ordentlich eingerichtet und bietet Platz für rund 30 Personen. Das Essensangebot war solide, aber nicht auf First-Class-Niveau. Duschen haben wir nicht genutzt, die Waschräume waren jedoch sehr gepflegt. Etwa 30 Minuten vor Abflug wurden wir von unserer Assistentin erneut abgeholt und direkt zum Gate gebracht.
Das neue Allegris-Design hat uns auf Anhieb sehr gut gefallen. Die Farben sind angenehm gewählt und das Material wirkt hochwertig – lediglich an der Decke war noch das typische Flugzeugplastik zu sehen. Wir saßen auf den Plätzen 1A und 1K, die angenehm breit sind und ein hohes Maß an Privatsphäre bieten.
Das Bett war hervorragend – selten haben wir in der First Class so gut geschlafen. Ein großer Pluspunkt ist der neue Schlaf-Sicherheitsgurt, der ähnlich wie im Auto nachgibt und dadurch das Umdrehen im Schlaf kaum behindert. Das ist ein klarer Vorteil gegenüber der Swiss First Class. Negativ fiel uns auf, dass die Ablagefläche zu klein bemessen ist – wenn man Amenity Kit, Pyjama, Kopfhörer, Getränk und andere Kleinigkeiten griffbereit ablegen möchte, wird es schnell eng. Ein weiteres praktisches Problem zeigte sich, wenn man nach dem Umbau zum Bett noch etwas aus der Fuß-Ottomane holen möchte – an den Öffnungsmechanismus kommt man dann nicht mehr heran. Ein weiteres "lustiges" Detail ist der ausklappbare Tisch für gemeinsames Essen: Man schiebt ihn zwischen den Sitzen hin und her, am Anfang ganz lustig, aber sollte nicht wirklich sein. Warum gibt es keine Möglichkeit den Tisch zu arretieren? Die Crew bot uns an den Tisch mit Papier oder ähnlichem zu blockieren....
Das Inflight-Entertainment war leider ein Schwachpunkt: Filme ließen sich nicht anhalten oder vor- und zurückspulen. So musste ich einen Film den ich bis zum Essen 45 Minuten gesehen hat, wieder von vorne starten. Auch zum Ändern der Sprache musste der Film komplett neu gestartet werden. Sehr nervig!
Das WLAN funktionierte nur für wenige Minuten nach dem Start – danach war keine Verbindung mehr möglich. Auch die Induktionsladefläche für das Handy schaltete sich nach drei Sekunden wieder ab und war somit unbrauchbar.
Positiv: Der bereitgestellte Bluetooth-Kopfhörer ließ sich einfach koppeln und war in der Klangqualität sehr gut.
Die Crew war äußerst freundlich, aufmerksam und bemühte sich sehr um persönlichen Service. Uns wurde erklärt, dass es für sie erst der vierte Flug mit der neuen Allegris-Kabine sei – was sich in ein paar Abläufen bemerkbar machte, aber durch die hohe Motivation wettgemacht wurde. Wir wurden während des gesamten Fluges von zwei verschiedenen Crewmitgliedern sehr gut betreut.
Das Essen war reichhaltig, geschmacklich überzeugend und schön angerichtet. Wir konnten zwei verschiedene Champagner probieren und haben zusätzlich vier Rotweine sowie einen Portwein getestet – alles auf hohem Niveau. Eine freie Wahl der Speisen war gegeben (à la carte). Der Service war aufmerksam und angenehm taktvoll.
Wie bereits erwähnt, war der Schlafkomfort ausgezeichnet. Die Kabine war extrem ruhig – selbst beim Frühstück blieb das sonst übliche Klappern in der 8 Pax Kabine aus. Das Bett wurde auf Wunsch direkt während unseres Aufenthalts im Waschraum vorbereitet.
Ein klarer Schwachpunkt zeigte sich jedoch im Waschraumdesign: Das Waschbecken ist so unter einem tief hängenden Spiegelschrank platziert, dass man den Kopf nicht dazwischen bekommt. Man lehnt also mit einer Wange am Spiegel und versucht das Becken zu treffen...Eine merkwürdige und in der Praxis unbrauchbare Konstruktion.
Die Landung war ruhig, wir konnten das Flugzeug als Erste verlassen. Einen Begleitservice am Gate in MUC gab es nicht, allerdings erfolgte die Passkontrolle für unseren Weiterflug direkt in der First-Class-Lounge.
Das Highlight des Fluges war für uns ganz klar das breite, komfortable Bett sowie die edel gestaltete Kabine. Weniger positiv war, dass wir als Paar durch die Anordnung der Einzelsuiten visuell komplett getrennt waren – ein direkter Kontakt war nur durch einen Gang durch den Küchenbereich hindurch möglich. Hier wäre eine einfache Kommunikationsmöglichkeit zwischen den Plätzen 1A und 1K wünschenswert. Die mittlere Suite mit Doppelsitz kam für uns aufgrund der Enge und des einzelnen Bildschirms nicht infrage. Kritisch sehen wir zudem die geringe Anzahl an First-Class-Plätzen in der Kabine.
Die neuen Einzelsitze stellen aber in Summe eine deutliche Verbesserung zur bisherigen Lufthansa-First-Class dar. An das Niveau der Singapore Airlines Suite Class reicht Allegris aus unserer Sicht jedoch nicht heran – weder technisch noch im Detailkomfort.