Ein Flugticket ist ein verderbliches Gut. Damit hat das viel zu tun. Wenn am 03.März um 09:00 Abflug ist, du im Plan schon ein Flugzeug mit 300 Sitzen hast, und 290 verkauft hast, dann kannst du dir überlegen, wie billig du das Ticket für morgen noch anbieten kannst, damit du mehr Gewinn machst, als wenn die weiteren Plätze leer blieben.
Wobei es bei den letzten 10 Tickets glaube ich fast nur noch um Revenuemaximierung geht, zumindest wenn es keine touristisch geprägte Strecke ist.
Ich sage nicht, Du liegst falsch, ich widerspreche Dir auch nicht. Natürlich hat man die Kosten weiterhin im Hinterkopf. Aber entscheidend ist, was ich den Passagieren abknöpfen kann.
Es gibt vielleicht noch drei, vier Leute, die sehr viel Geld zu zahlen bereit sind, morgen früh um 9 noch einen Sitz zu bekommen. Dann rufe ich für diese drei, vier Leute lieber einen richtig hohen Preis auf, um deren Zahlungsbereitschaft abzuschöpfen und fliege mit sechs oder sieben leeren Sitzen als einen niedrigeren Preis aufzurufen, der die Kiste voll macht. Ich habe kein Instrument, um am letzten Tag vor Abflug zwischen Kunden mit hoher und Kunden mit niedriger Zahlungsbereitschaft preislich zu diskrimieren.
Dieser Gedanke der Rentenabschöpfung dominiert m.E. in der sehr kurzen Frist das Deckungsbeitragskalkül.
Die Überlegungen mit den Deckungsbeiträgen sehe ich eher über längere Zeiträume gedacht als relevant an.
Wenn ich einen Flug anbiete, habe ich viele Kosten und Abgaben, die nicht proportional zur Größe der Maschine sind. Groundhandling einer Maschine mit 180 Sitzen kostet oftmals etwas weniger als doppelt so viel wie das Groundhandling einer Maschine mit 90 Sitzen. Ausgaben für Technik oder Crewtraining sind erheblich geringer, wenn ich einen 180-Sitzer fliege als wenn ich zwei 90-Sitzer fliege. Zumindest traditionell ist der Kerosinverbrauch eines 180-Sitzers ebenfalls geringer als der von zwei 90-Sitzern.
Es gibt viele weitere Größen, wo ich ohne die genauen Zahlen zu kennen vermute, dass die Stückkosten mit der Größe des Flugzeugs leicht fallen (z.B. die Gebühren der Flugsicherung).
Lange Rede, kurzer Sinn: Es ist effizienter, größere Maschinen zu betreiben. Lieber eine A320 oder B737 als zwei halb so große Regionaljets usw.
Dann wird meine Entscheidung als Fluggesellschaft aber manchmal so aussehen, dass ich die größere Maschine wegen ihrer höheren Effizienz (im Sinne der Stückkosten bei Vollauslastung) nehme, obwohl der Markt ein bisschen schwach ist für eine Maschine dieser Größe. (Für BWL-er: Unteilbarkeiten und Skaleneffekte verleiten mich dazu, die größere Maschine anzuschaffen.)
Und dann muss ich halt sehen, dass ich das Ding über den Preis vollkriege. Also lade ich z.B. 360 Tage vor Abflug ein ordentliches K-Inventory. K-Verkäufe bringen dann positive Deckungsbeiträge - immerhin. Und die Big Bucks versuche ich später zu machen.