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Justizministerin Lambrecht nennt das Verhalten von Adidas, Deichmann, H&M die Mietzahlungen für Verkaufsflächen einzustellen unanständig.
Ich muss sagen dass ich dem Gedankengang "Verkaufsfläche" gemietet - nicht nutzbar zu diesem Zweck - Miete "zu diskutieren" etwas nachvollziehen kann.
Das führt mich gedanklich in diesen Thread. Wenn Frau Lambrecht ein Verhalten "unter Kaufleuten" derart undiplomatisch und offen bewertet -
wie muss dann nur ihr Statement zum fortgesetzten Rechtsbruch und "Steck den Sand in den Kopf" Taktik der Deutschen Lufthansa AG in Sachen
Vorenthaltung der Erstattungen aussehen...
Man muß hier wirtschaftliche und rechtliche Erwägungen unterscheiden:
Wirtschaftlich ist es dieser Politikerin herzlich egal, ob ein "Immobilienhai" pleite geht. Das Geschäft mit Immobilien wird vom Mainstream mittlerweile als "leistungsloses Einkommen" betrachtet. Das sind internationale Konzerne, ein paar Mittelständler und der eine oder andere kleine Familiefonds, der sich eine Gewerbeimmobilie in einer deutschen Mittelstadt angelacht und an Adidas vermietet hat.
Wenn die pleite gehen, führt das nicht zum Verlust von Arbeitsplätzen. Die Immobilien übernimmt der nächste "Bösewicht" und die Haustechniker etc. werden weiter beschäftigt.
Anders ist es bei LH:
Ein großer deutscher Arbeitgeber. Wenn der Insolvenz anmelden muß, wird der InsoVerw als erstes eine sehr, sehr lange Massenentlassungsanzeige schreiben. Vielleicht findet sich dann eine ausländische Fluggellschaft, die Teile übernimmt. Aber ganz sicher nicht mit den Tarifverträgen des LH-Konzerns. Dann eher gar nicht.
Die oben geäußerte Überlegung, LH könnte zur Befriedigung der Erstattungsansprüche ja Assets veräußern, ist derzeit wohl eher theoretischer Natur. Jdf. nach meinen Informationen ist die Nachfrage nach Flugzeugen und Slots derzeit eher so mittel ;-)
Rechtlich hingegen ist es so, daß das Risiko, eine Gewerbemietfläche aufgrund nachträglicher öffentlicher Beschränkungen nicht für das konkrete Gewerbe nutzen zu können, beim Gewerbetreibenden und nicht beim Vermieter liegt. Die Rspr. hierzu ist eindeutig - und richtig.
So hat der BGH bspw. entschieden, daß ein Einzelhänder, der aufgrund von Straßenbaumaßnahmen vom größten Teil seiner Kunden abgeschnitten wird, eben Pech gehabt hat - und nicht etwa sein Vermieter.
Der BGH zieht die Grenze zwischen den beiden Sphären: Ist die Aufhebung der Nutzbarkeit objektbezogen (bspw. durch eine Verschärfung baulicher Sicherheitsbestimmungen) trägt das Risiko der Vermieter. Ist sie hingegen nutzungsbezogen (es sollen nicht viele Menschen in einem Raum zusammen kommen) bezieht sich dies auf das konkrete Gewerbe und fällt damit in den Bereich des Mieters.
Also:
Die Privilegierung der LH ist rechtlich hoch problematisch - aber volkswirtschaftlich genau der richtige Weg, um möglichst viele Arbeitsplätze und ein so wichtiges Unternehmen zu erhalten.
Die Privilegierung der Einzelhandelsketten ist rechtlich falsch, volkswirtschaftlich zwar weitgehend unschädlich, allerdings auch nicht notwendig, da - wie ich aus Erfahrung weiß - in diesem Bereich ganz andere Möglichkeiten der Verständigung zwischen Mietvertragsparteien bestehen als im Massengeschäft zwischen LH und ihren Paxen.