Was hat der Vollprofi mit dem Wording der EU VO zu tun? Und warum ist eine ganze Behörde dümmer als ein einziger Anwalt und interpretiert die VO tatsächlich wörtlich?
Die EuGH Variante widerspricht jedenfalls fundamental der VO Präambel, denn sie macht es für Airlines sogar attraktiv herabzustufen, statt sie davon abzuhalten. Wenn du Kunden der niedrigen Buchungsklassen für kleines Geld herabstufen, und die Sitze wieder in einer hohen Buchungsklasse teuer verkaufen kannst, ist das eine Lizenz zum Gelddrucken. Die VO legitimiert so eine Gewinnmaximierung auf Kosten der Kunden.
Die Definition von Ticket in der EU261 ist eindeutig, und hat nichts mit Cupons oder Legs zu tun. Und die CAA UK hat es auch genau so gesehen und in Großbritannien genau so durchgesetzt. Das EuGH zitiert ja sogar wörlich, das der Flugschein EIN Dokument ist, und das DER Flugschein erworben wurde, also für die Gesamtreise.
Die EU261 verwendet den Begriff "Flug" immer im Zusammenhang mit Startpunkt und Endziel, also als Einheit. Das EuGH interpretiert Flug so wie es der normale Mensch auch verstehen würde, also als Leg. Ich verstehe aber auch nicht warum sie überhaupt "Flug" diskutieren, wenn die VO doch nur von "Preis des Flugscheins" spricht.
Dann sagen sie "Erstattung der Preis des Fluges zugrunde zu legen ist, auf dem der Fluggast herabgestuft wurde", dieser Preis hat aber überhaupt nichts mit Großkreisentfernung zu tun, ich habe oft Flüge auf denen sich Hin- und Rückflug um mehr als Faktor 2 unterscheiden, aber nur bei der Buchung, auf dem Ticket wird dann nicht mehr aufgeschlüsselt, sondern nur noch ein Gesamtpreis gegeben. Du kannst hinterher "den Preis des Fluges auf dem der Fluggast herabgestuft wurde" nicht mehr ermitteln, wenn du nicht bei der Buchung einen Screenshot gemacht hast.
Für die Airlines ist das Ticket immer unteilbar, du als Kunde darfst es nicht in seine Cupons zerlegen, die Airline aber darf es umgekehrt. Das widerspricht fundamental dem Gleichheitsgrundsatz. Und deshalb ist die VO absichtlich exakt so formuliert, wie sie nun mal formuliert ist. Aber OK, auf hoher See und vor Gericht... Das EuGH hat halt anders geurteilt.
Das ändert aber nichts an den Ausagen zur VO, ich bin immer sehr spezifisch in meinen Aussagen ob sie sich auf die VO oder ein Urteil beziehen. Die können in der Tat variieren. Mal zugunsten der Kunden (z.B. wenn eine Verspätung oder Vorverlegung um wenige Minuten mit einer Annulierung gleichgesetzt wird), in diesem Fall massiv für die Airline.
Die VO ist leider in vielen Details sehr schlecht geschrieben, und alles was der EU nach 12 Jahren Debatte einfällt, ist die Grenzen für Verspätungen hochzusetzen, statt mal all die unklaren Formulierungen zu präzisieren.
Es gibt übrigens irgendwo im Netz ein ausführliches Essay eines Schweizer Anwalts zur EU261, der sehr viele meiner Ansichten exakt teilt.