09.01.21 // SJ182 CGK - PNK Vermisst

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Volume

Erfahrenes Mitglied
01.06.2018
11.571
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Das ist aber eine doofe Vermutung.

Im Levelflug ein Triebwerk im Leerlauf, das andere bei +-50% N1 braucht es Ewigkeiten bis die 737 zu langsam wird (pro 10 Knoten ca 2 bis 3 Meilen). In dem Fall Stallspeed bei ca. 160 Knoten, die waren anfangs bei 250. Da hätten sie ca 200 Meilen bis zum Stall fliegen müssen.

Im Steigflug mit Levelchange oder VNAV wird die Geschwindigkeit vom Autopiloten über die Pitch kontrolliert. Ergo gibt zu wenig Schub halt weniger Steigrate bei gleichbleibender Geschwindigkeit.
Das Problem ist wohl eher das Gier- und Rollmoment das entsteht, wenn der Autopilot nur auf einem Triebwerk Gas gibt. Das wird solange vom Autopiloten gegengehalten, bis ein Vollausschlag nicht mehr reicht das Flugzeug stabil zu halten. Dann steigt der Autopilot aus und übergibt dem Piloten ein Flugzeug, dass selbst mit Vollausschlag nicht mehr zu halten ist.
Ziemlich dämliche Situation, die nur dann vorkommen kann wenn Piloten ihren Autopilot nicht vernünftig überwachen.

Die meisten Automatiken überschiessen, bei Erreichen der voreingestellten Zielhöhe nimmt er also erstmal zu viel Leistung weg, merkt das dann nach ein paar Sekunden Flugzeugreaktion und schiebt wieder etwas nach. Für die nächste Steigstufe erhöht er dann wieder deutlich, sobald sie angewählt wird.
Geht dabei etwas an einem Schubhebel kaputt, kann der eine durchaus bei sehr niedrigen Schub (dem Wert der ersten Überreaktion) hängen bleiben, der andere für den Steigflug mächtig nach vorne geschoben werden, solange die gewünschte Steigrate nicht erreicht ist immer mehr. So kann schon eine massive Asymmetrie entstehen, die vom Autopiloten ausgeglichen wird, aber bei einem normalen Instrumentenscan sofort auffallen muss (Triebwerksleistungsanzeigen, N, EPR, FF...).
Warum die Piloten sich offenbar mit etwas anderem beschäftigt haben als mit der routinemäßigen Überwachung kann wohl nur der CVR beantworten. Deshalb gibt es wohl auch noch kein Statement, da die Daten des FDR allein nicht selbsterklärend sind.

Das wäre jedenfalls ein plausibles Szenario. Das stabile Erreichen einer Höhenstufe ist wohl unstrittig, beim dann eingeleiteten Steigflug wurde die Kontrolle verloren.
Unfälle in denen der Autopilot dem überraschten Piloten ein unfliegbares Flugzeug übergeben hat, hatten wir jedenfalls schon. Autothrottle Probleme sind auch dokumentiert. Der Rest ist Spekulation.

Mehr gibt es wohl in wenigen Tagen (30 Tage Vorbericht).
 
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feb

Guest
Ist mein Eindruck (!) richtig, dass Boeing neben den aktuellen Themen um die MAX sich jetzt auch noch mit einer nicht erklärbaren, von den Piloten eventuell unbemerkten Steuerung der beiden Triebwerke dieses ja nicht gerade neuen Flugzeugmusters B735 beschäftigen muss?
 

Tupolew

Erfahrenes Mitglied
27.09.2012
1.412
463
Ist mein Eindruck (!) richtig, dass Boeing neben den aktuellen Themen um die MAX sich jetzt auch noch mit einer nicht erklärbaren, von den Piloten eventuell unbemerkten Steuerung der beiden Triebwerke dieses ja nicht gerade neuen Flugzeugmusters B735 beschäftigen muss?

Naja, nicht erklärbar klingt so mysteriös, vielleicht erstmal weitere Untersuchungen abwarten, dann wird man die Fehlerkette schon verstehen. Aber ja, es ist normal, dass sich ein Hersteller im Falle eines Absturzes, bei denen auch technische Ursachen eine Rollen spielen, damit beschäftigen muss.
 
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Volume

Erfahrenes Mitglied
01.06.2018
11.571
9.323
Jeder Flugzeughersteller ist konstant mit seinen Mustern gefordert. Wenn die Kinderkrankheiten im Griff sind, kommen die ersten Alterserscheinungen... Es ist Teil der Sicherheitsphilosophie in der Luftfahrt ständig zu lernen und zu korrigieren.
Natürlich lernen wir erst jetzt langsam, woran alte NGs so kranken, das bindet bei Boeing weitere Kapazitäten die sie eigentlich nicht haben und sich sicher nicht leisten können. Wenn du Sch*** am Schuh hast...

Interessant am Autothrotrottle finde ich, dass es entgegen ersten Diskussionen offenbar kein Problem mit verschlissenen Rutschkupplungen ist, bei denen die Schubhebel nicht den Aktuatoren folgen, sondern das System offenbar ganz gezielt bei einem Triebwerk den Schub reduziert hat. Also kein mechanisches Verschleißproblem an einem alten Flieger, sondern offenbar irgendwo ein Logikproblem im Autopiloten. Was dann nicht erklärt, warum die Schubhebel-Hardware an das NTSB geschickt wurde.

Was mich mehr als wundert, das System hat über eine Minute und 18 Sekunden kontinuierlich den Schub auf dem linken Triebwerk reduziert, das kann so eigentlich nicht sein. So langsam läuft der Aktuator nicht. Hat sich da also die Datenlage kontinuierlich mit der Flughöhe geändert (Drucksondenproblem ?) und das System kontinuierlich bewusst leicht nachgesteuert ?

Es bleibt interessant.
 
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kingair9

Megaposter
18.03.2009
22.381
769
Unter TABUM und in BNJ
Was mich ebenso wundert ist, dass die beiden Piloten in 1:18 Minuten nicht den asymetrischen Schub bemerkt haben.

Insbesondere unterhalb von FL100 achtet man doch auf soetwas.

Genau deswegen sucht man ja weiter den CVR. Woher wollen wir denn wissen, daß die Piloten den asymmetrischen Schub nicht bemerkt haben? Vielleicht haben Sie alles mögliche versucht, aber der Schub blieb so. Siehe auch den mittleren Absatz von Volume heute um 08:35hrs.
 
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Volume

Erfahrenes Mitglied
01.06.2018
11.571
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Was mich ebenso wundert ist, dass die beiden Piloten in 1:18 Minuten nicht den asymetrischen Schub bemerkt haben.
Insbesondere unterhalb von FL100 achtet man doch auf soetwas.
Ausserdem mussten sie ja den Steigflug kurz pausieren, um auf Verkehr zu reagieren. Das haben sie gemacht und auch korrekt bestätigt. Sie müssen also am Schub manipuliert haben (vermutlich indirekt durch den Autopiloten/Autothrottle). Dabei muss das Problem sichtbar geworden sein.

So 100% schlüssig sind die Momentaufnahmen im Bericht nicht. Bin auf Kurven gespannt.

Sie hatten zwei Störungen ihrer Routine zu bewältigen, Wetter und Verkehr. Das sollte aber nicht 100% ihrer Aufmerksamkeit gebunden haben...
 

alex42

Erfahrenes Mitglied
02.04.2012
4.058
201
MUC
Interessant am Autothrotrottle finde ich, dass es entgegen ersten Diskussionen offenbar kein Problem mit verschlissenen Rutschkupplungen ist, bei denen die Schubhebel nicht den Aktuatoren folgen, sondern das System offenbar ganz gezielt bei einem Triebwerk den Schub reduziert hat. Also kein mechanisches Verschleißproblem an einem alten Flieger, sondern offenbar irgendwo ein Logikproblem im Autopiloten.

So klar erscheint mir das nicht, nach all dem, was bislang bekannt ist. Kann auch sein, dass das System den Schub für beide Triebwerke reduzieren wollte, als die Höhe gehalten werden musste, beim rechten Schubhebel aber die Kupplung durchrutschte. Interessant wäre, wie die Logik der NG in dem Fall reagiert, ob das System die Diskrepanz überhaupt bemerken kann oder ob es den Schub, nachdem sich rechts nichts tut, für beide Triebwerke stur weiter reduziert.
 
F

feb

Guest
Seit dem Absturz sind rund 6 Wochen verstrichen. Das unterseeische Trümmerfeld hat etwa die Größenordnung eines Fussballfeldes (?). Mich verwundert, dass das Speichermodul des CVR, dass nicht allzu weit entfernt von dem Hauptmodul des CVR liegen kann, noch immer nicht in der von Tauchern problemlos erreichbaren Tiefe von rd. 25m gefunden wurde.

Die ersten unterseeischen Videos zeigen gut sichtbare Trümmerteile des Flugzeuges am Meeresgrund. Wir haben es mithin dort nicht mit einer etwa meterdicken Schlamm- oder Abfallschicht zu tun.

Klar, das Forum wird das CVR- Speichermodul nicht finden - ich zeige nur das Unverständnis ob der jetzigen Situation auf.
 

Luftikus

Megaposter
08.01.2010
24.057
10.006
irdisch
Es war ja ein schneller Aufschlag. Da muss nicht alles auffindbar übrig bleiben und schon gar nicht auswertbar.
 
F

feb

Guest
Es war ja ein schneller Aufschlag. Da muss nicht alles auffindbar übrig bleiben und schon gar nicht auswertbar.

Schon richtig. Das Speichermodul ist aber das "härteste" Teil des CVR und der CVR im übrigen und der FDR waren ja nicht zerbröselt. Ich habe das Foto des hier relevanten CVR mit Beschreibungen im Web verglichen und meine, es müsste etwa die Bauart sein, die ich weiter oben verlinkt habe. Dort besteht das Speichermodul aus einem Edelstahl- oder alternativ Titanzylinder mit 8mm Wandstärke.

Man hat auch schon CVR/FDR aus 4.000m Tiefe bergen können (AF447, dort sogar das ebenfalls herausgerissene Speichermodul, gut die Suche dauerte und dauerte, was bei der Teife nicht verwundert). Hier haben wir eine Wassertiefe, die von Berufstauchern gut zu machen ist und auch von Hobbytauchern (makezoni, wo bist du, wenn man dich braucht?).

Ja, ich bin halt einfach ungeduldig; der CVR ist wohl der Schlüssel für die Erklärung dieses verstörenden Absturzes.
 

Volume

Erfahrenes Mitglied
01.06.2018
11.571
9.323
Das Speichermodul ist aber das "härteste" Teil des CVR.
Und auch das dichteste, von daher vermutlich am tiefsten in den Boden eingedrungen und am weitesten von den leichten Trümmern entfernt...

Die Frage ist halt, wie hoch der Aufklärungsdruck ist. So viel Aufwand wie bei TWA-800 oder bei der Columbia wird man wohl nicht treiben wollen, es sind jetzt keine revolutionären Erkenntnisse für die Luftfahrt zu erwarten. Am Ende wird es ziemlich klar auf Pilotenfehler nach Systemstörung rauslaufen. Den Systemen gestehen wir zu auszufallen, von den Piloten erwarten wir die Situation dann zu erfassen und zu retten. Manchmal schaffen sie es halt nicht. An dieser Philosophie wird sich auch nach Auswertung des CVR vermutlich nichts ändern. An der 737 Cockpitergonomie wohl auch nicht.

Natürlich kann man jetzt mit gigantischen "Staubsaugern" den gesamten Meeresboden großflächig abtragen und durchfiltern, aber ob das sich lohnt? Wir reden von einem Flugzeugmodell das langsam verschwindet.

Irgendwie schade, aber leider realistisch...
 

jumbolina

Erfahrenes Mitglied
04.07.2018
5.661
2.887
MUC/STR
Natürlich kann man jetzt mit gigantischen "Staubsaugern" den gesamten Meeresboden großflächig abtragen und durchfiltern, aber ob das sich lohnt? Wir reden von einem Flugzeugmodell das langsam verschwindet.
Irgendwie schade, aber leider realistisch...

Auch wenn es für Böing nicht oberste Priorität haben sollte, reden wir aber auch von der "Schuldfrage" und damit bestimmt über Millionen an Versicherungssummen ... Wird schon genug Interesse an einer Aufklärung vorhanden sein.
 
F

feb

Guest
(...)

Natürlich kann man jetzt mit gigantischen "Staubsaugern" den gesamten Meeresboden großflächig abtragen und durchfiltern, aber ob das sich lohnt? Wir reden von einem Flugzeugmodell das langsam verschwindet.

Irgendwie schade, aber leider realistisch...

Oh, von der 735 und den Nachfolgern 738 und MAX (Boeing betonte ja immer die prizipelle Systemgleichheit) sind wohl noch Tausende vorhanden!
 

Volume

Erfahrenes Mitglied
01.06.2018
11.571
9.323
Auch wenn es für Böing nicht oberste Priorität haben sollte, reden wir aber auch von der "Schuldfrage".
Machen wir das? Die Flugunfalluntersuchung redet ausdrücklich nicht von der Schuldfrage, der CVR ist ausdrücklich nicht installiert um Schuld festzustellen (sonst wäre er längst wegprozessiert worden....).
Im Prinzip (Ich weiss, das vergisst jeder immer nach dem Unfall) hat man sich mit dem Kauf des Tickets auf die international vereinbarten Haftungsgrenzen eingelassen (Stichwort: Montrealer Abkommen). Wer Millionen will, muss Auto fahren oder by Mc Donalds essen. Oder explizit Schuld nachweisen, und das gelingt selten. Oft gelingen allerdings Vergleiche, weil alle beteiligten Ruhe haben wollen und sich das was kosten lassen... Die gelingen allerdings auch ohne Schuldnachweis.

Oh, von der 735 und den Nachfolgern 738 und MAX (Boeing betonte ja immer die prizipelle Systemgleichheit) sind wohl noch Tausende vorhanden!
Bei denen werden aber früher oder später die Autothrottle SBs eingerüstet sein, und das Problem damit gelöst. Falls es überhaupt das Problem war. Und die "Classics" werden bald ganz weg sein (und die die noch fliegen, werden das unter Umständen machen, in denen das Flugzeug selbst nicht der entscheidende Sicherheitsfaktor ist).

Ich sehe niemanden der ein prinzipielles 737 Problem hinter dem Unfall sieht.
Wenn das jetzt ein A350 gewesen wäre, hätte man sicher längst jeden Stein umgedreht.
Ist leider so, auch in der Unfalluntersuchung wird eine Kosten-Nutzen-Analyse gemacht.
 

jumbolina

Erfahrenes Mitglied
04.07.2018
5.661
2.887
MUC/STR
Machen wir das? Die Flugunfalluntersuchung redet ausdrücklich nicht von der Schuldfrage, der CVR ist ausdrücklich nicht installiert um Schuld festzustellen (sonst wäre er längst wegprozessiert worden....).
Im Prinzip (Ich weiss, das vergisst jeder immer nach dem Unfall) hat man sich mit dem Kauf des Tickets auf die international vereinbarten Haftungsgrenzen eingelassen (Stichwort: Montrealer Abkommen).

Nicht deswegen installiert, nein, aber dann müsste es schon eine Regel geben, dass die Ergebnisse der Auswertung nicht in folgenden Klageverfahren verwertbar sein dürften. Davon weiss ich nix, lasse mich aber natürlich gern eines besseren belehren. Neben der Haftung für Passagiere stehen bestimmt noch weitere (Millionen)Kosten im Raum, für Bergung, Reinigung, Verschmutzung und sonstige Schäden.
 

Volume

Erfahrenes Mitglied
01.06.2018
11.571
9.323
Wenn du mit "Ergebnisse der Auswertung" den offiziellen Unfallbericht meinst, in dessen Präambel steht immer irgendeine Formulierung dass er ausschließlich der Erhöhung der Flugsicherheit dient.
z.B. SUST
Das einzige Ziel der Sicherheitsuntersuchung ist die Verhütung künftiger Unfälle oder Störungen, ohne eine Schuld oder Haftung festzustellen.
Ich denke nicht, dass die Aufzeichnungen als offizielles Beweismittel vor Gericht zugelassen sind, sie dürften ähnlich behandelt werden wie Dashcam-Aufnahmen. Das kann aber in verschiedenen Ländern anders gehandhabt werden. Ich weiss nicht, ob mit Richterlicher Anordnung auf FDR/CVR Aufnahmen zugegriffen werden kann, wenn ja dann nur mit den selben rechtlichen Hürden wie z.B. eine Hausdurchsuchung. Die bei privatrechtlichen Verfahren genehmigt zu bekommen ist extrem unwahrscheinlich. Bei strafrechtlichen sieht es anders aus.
Deshalb wird übrigens auch bewusst zwischen Flugunfall und z.B. Anschlägen unterschieden, in letzterem Fall ist nämlich die Flununtersuchungsbehörde aussen vor, deshalb gibt es z.B. von 911 keine Untersuchungsberichte.
 
F

feb

Guest
Nicht deswegen installiert, nein, aber dann müsste es schon eine Regel geben, dass die Ergebnisse der Auswertung nicht in folgenden Klageverfahren verwertbar sein dürften. Davon weiss ich nix, lasse mich aber natürlich gern eines besseren belehren. Neben der Haftung für Passagiere stehen bestimmt noch weitere (Millionen)Kosten im Raum, für Bergung, Reinigung, Verschmutzung und sonstige Schäden.

Wenn du mit "Ergebnisse der Auswertung" den offiziellen Unfallbericht meinst, in dessen Präambel steht immer irgendeine Formulierung dass er ausschließlich der Erhöhung der Flugsicherheit dient.
z.B. SUST

Ich denke nicht, dass die Aufzeichnungen als offizielles Beweismittel vor Gericht zugelassen sind, sie dürften ähnlich behandelt werden wie Dashcam-Aufnahmen. Das kann aber in verschiedenen Ländern anders gehandhabt werden. Ich weiss nicht, ob mit Richterlicher Anordnung auf FDR/CVR Aufnahmen zugegriffen werden kann, wenn ja dann nur mit den selben rechtlichen Hürden wie z.B. eine Hausdurchsuchung. Die bei privatrechtlichen Verfahren genehmigt zu bekommen ist extrem unwahrscheinlich. Bei strafrechtlichen sieht es anders aus.
Deshalb wird übrigens auch bewusst zwischen Flugunfall und z.B. Anschlägen unterschieden, in letzterem Fall ist nämlich die Flununtersuchungsbehörde aussen vor, deshalb gibt es z.B. von 911 keine Untersuchungsberichte.

Ich sehe es wie jumbolina: Mir ist keine prozessuale Vorschrift und kein obergerichtliches Urteil bekannt, dass die Verwendung eines Unfallberichts (genauer: der dortigen Tatsachenfeststellungen) verhindert. Nebenbei zur Dashcam: Nach dem richtungsweisenen Urteil des BGH (VI ZR 233/17) hat die zulässige Verwendung von Unfallvideos im Zivilprozess deutlich zugenommen und im Straf-/Ordnungswidrigkeitenrecht wurden sie seit jeher verwendet.
 

Volume

Erfahrenes Mitglied
01.06.2018
11.571
9.323
Ich sehe es wie jumbolina: Mir ist keine prozessuale Vorschrift und kein obergerichtliches Urteil bekannt, dass die Verwendung eines Unfallberichts (genauer: der dortigen Tatsachenfeststellungen) verhindert.
Die Österreicher (in Bürokratiefragen oft die besseren Deutschen...) sagen z.B.:
Die Ermittlung der Ursachen impliziert nicht die Feststellung einer Schuld oder einer administrativen, zivilrechtlichen oder strafrechtlichen Haftung. Verordnung (EU)Nr.996/2010 Art. 2
Und der Umkehrschluss der Tatsache, dass es keine Rechtsgrundlage dafür gibt die die Verwendung verhindert bedeutet eben nicht, dass der Bericht automatisch als Beweismittel zugelassen ist.
Wenn dem so wäre, hätten die Flugzeughersteller, Piloten und Airlines sich längst gegen den Einbau von Blackboxes rechtlich gewehrt. Niemand baut freiwillig etwas ein, das am Ende gegen ihn verwendet wird.
Und dank DSGV hätten sie sogar ganz gute Chancen, die Recoreder aus ihren Flugzeugen wegzuklagen...

Natürlich ist es schwierig (gerade in "America first" Zeiten, die es in nahezu jederm Land inzwischen gibt...) International etwas rechtlich zu regeln, aber die Basis der ganzen Einführung der Blackboxes und der Flugunfalluntersuchung war immer das Gentlemens-Agreement, dass sie ausschließlich zur Erhöhung der Flugsicherheit und nicht für Staf- oder Zivilrechtliche Zwecke verwendet werden.
Sonst müssten sich ja auch die Flugunfalluntersuchungsstellen extrem hoch versichern, weil ihnen Schadensersatzklagen drohen wenn sie etwas feststellen, das dann zivilrechtlich benutzt wird um Milliardenzahlungen zu rechtfertigen.
 
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feb

Guest
(...)
Und der Umkehrschluss der Tatsache, dass es keine Rechtsgrundlage dafür gibt die die Verwendung verhindert bedeutet eben nicht, dass der Bericht automatisch als Beweismittel zugelassen ist. Wenn dem so wäre, hätten die Flugzeughersteller, Piloten und Airlines sich längst gegen den Einbau von Blackboxes rechtlich gewehrt. Niemand baut freiwillig etwas ein, das am Ende gegen ihn verwendet wird. Und dank DSGV hätten sie sogar ganz gute Chancen, die Recoreder aus ihren Flugzeugen wegzuklagen...

Flugdatenschreiber und Stimmenrekorder sind längst durch EU-VO vorgeschrieben, in deutsches Recht etwa umgesetzt durch §§ 17 und 18 3.DV LuftBO. Da ist nix mit Freiwilligkeit und nix mit wegklagen - es ist geltendes Recht!

Auszug:
§ 17 Tonaufzeichnungsanlage für das Cockpit
(zu § 22 LuftBO)
(1) Flugzeuge mit einer höchstzulässigen Startmasse von mehr als 27 000 Kilogramm, die seit dem 1. Januar 1987 erstmals zum Verkehr zugelassen worden sind, sind mit einer Tonaufzeichnungsanlage für das Cockpit auszurüsten.
(2) Die Tonaufzeichnungsanlage dient der Speicherung des Funkverkehrs, der Gespräche und der Geräusche innerhalb des Cockpits.
(3) Die Tonaufzeichnungsanlage für das Cockpit muss mindestens die Daten speichern können, die während der letzten 30 Betriebsminuten der Anlage aufgezeichnet wurden.
(4) Die Aufzeichnungszeit für Tonaufzeichnungsanlagen in Flugzeugen mit einer höchstzulässigen Startmasse von mehr als 5 700 Kilogramm, die nach dem 1. Oktober 2009 erstmals zum Verkehr zugelassen werden, muss mindestens zwei Stunden betragen.
Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis
§ 18 Flugdatenschreiberanlage
(zu § 22 LuftBO)
(1) Flugzeuge mit einer höchstzulässigen Startmasse von mehr als 27 000 Kilogramm, die am oder nach dem 1. Januar 1989 erstmals zum Verkehr zugelassen worden sind, sind mit einem Flugdatenschreiber des Typs I auszurüsten.
(2) Flugzeuge mit einer höchstzulässigen Startmasse von mehr als 5 700 Kilogramm, die nach dem 1. Januar 2005 erstmals zum Verkehr zugelassen worden sind, sind mit einem Flugdatenschreiber des Typs IA auszurüsten.
(3) Der Flugdatenschreiber muss mindestens die Daten speichern können, die während der letzten 25 Betriebsstunden der Anlage aufgezeichnet wurden.
(4) Der Flugdatenschreiber darf während des Fluges nicht abgeschaltet werden.
(5) Im Falle der Nutzung digitaler Datenverbindungen mit einer bodengestützten Gegenstelle müssen Flugzeuge, für die eine Tonaufzeichnungsanlage für das Cockpit nach § 17 vorgeschrieben ist und die nach dem 1. Oktober 2009 erstmals zum Verkehr zugelassen werden, mit einem Flugdatenschreiber ausgerüstet sein, der die per Datenverbindung ausgetauschten Daten aufzeichnet.
(6) Im Falle der Nutzung digitaler Datenverbindungen mit einer bodengestützten Gegenstelle müssen ab dem 1. Januar 2013 alle Flugzeuge, für die eine Tonaufzeichnungsanlage für das Cockpit nach § 17 vorgeschrieben ist, mit einem Flugdatenschreiber ausgerüstet sein, der die per Datenverbindung ausgetauschten Daten aufzeichnet.


Natürlich ist es schwierig (gerade in "America first" Zeiten, die es in nahezu jederm Land inzwischen gibt...) International etwas rechtlich zu regeln, aber die Basis der ganzen Einführung der Blackboxes und der Flugunfalluntersuchung war immer das Gentlemens-Agreement, dass sie ausschließlich zur Erhöhung der Flugsicherheit und nicht für Staf- oder Zivilrechtliche Zwecke verwendet werden. Sonst müssten sich ja auch die Flugunfalluntersuchungsstellen extrem hoch versichern, weil ihnen Schadensersatzklagen drohen wenn sie etwas feststellen, das dann zivilrechtlich benutzt wird um Milliardenzahlungen zu rechtfertigen.

Das mag historisch richtig sein. Fakt ist, dass CVR/FDR für Verkehrsflugzeuge ab einer gewissen Größe die Teile seit Jahren und Jahrzehnten Pflicht sind, sonst startet der Flieger nicht.

Bitte nicht vergessen: Ich spreche immer davon, dass die in einem Bericht enthaltenen Tatsachenfeststellungen (also zB ein verschmutzter Treibstoff getankt war, ein Turbinenblatt einen Ermüdungsbruch erlitten hat...) verwendbar vor Gericht sind. Es wird nicht die Feststellung einer Veranwortlichkeit oder einer Schuld vom Gericht übernommen - eben weil solche Feststellungen in einem Untersuchungsbericht von dessen Zielsetzung her nicht enthalten sind.
 
Moderiert:
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Volume

Erfahrenes Mitglied
01.06.2018
11.571
9.323
Nun ja, Homosexualität war auch mal verboten, das war geltendes Recht. Und trozdem ist §175 weggeklagt worden.

Nochmal ein Auszug aus einem Östereichischen Untersuchungsbericht:
Auszug Gutachten des von der Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes beauftragtenLuftfahrtsachverständigen: „Wie in meinem Gutachten bereits ausgeführt, handelt es
sich aus fachlicher Sicht um einen gewerblichen Flug. Dies stellt jedoch keine rechtliche
Bewertung dar, da rechtliche Bewertungen von mir nicht vorgenommen werden können
und dürfen. Das Luftfahrtunternehmen war zum Unfallzeitpunkt Inhaberin einer
Genehmigung gem. JAR-OPS 3 allerdings ausschließlich zur Durchführung von
Rundflügen. Aus fachlicher Sicht wäre für die gewerbliche Beförderung von Personen
von A nach B eine entsprechende Genehmigung gem. JAR-OPS 3 erforderlich gewesen. Es
ist daher eine Rechtsfrage, ob trotz Fehlen dieser Genehmigung die entsprechenden
rechtlichen Forderungen, die sich aus JAR-OPS 3 ergeben, einzuhalten gewesen wären.
Aus fachlicher Sicht dürfte dies zu bejahen sein.
Frag mich nicht nach dem Paragraphen weshalb man es in Österreich nicht darf, aber es ist offenbar explizit verboten.

Nur weil etwas luftrechtlich nicht in Ordnung ist (z.B. eine für das Triebwerk "versehentlich" nicht zugelassene Spritsorte, z.B. weil das Flugzeug zu einer Zeit zugelassen wurde als es noch keinen bleifreien Ottokraftstoff mit 95 Oktan gab, Explizites Beispiel der Rotax 912A ist für verbleites Normalbenzin zugelassen, die jüngere Dimona in der er eingebaut ist aber nicht, weil es das da schon nicht mehr gab.), und daher im Untersuchungsbericht durchaus als klarer Faktor aufgeführt wird, müsste man zivilrechtlich nachweisen dass dies tatsächlich Ursächlich für den Unfall war, und nicht nur formal. Die Kriterien wie Fakten bewertet werden sind bei Unfalluntersuchungen und Gerichtsprozessen völlig unterschiedlich. Längst nicht jede formale luftrechtliche Tatsache muss in einem Prozess auch als Beweismittel zugelassen sein. Längst nicht jeder klare luftrechtliche Verstoß muss auch Zivilrechtlich als unrechtmäßig bewertet werden.
Umgekehrt kann es übrigens auch passieren, dass man zivilrechtlich für etwas belangt wird, das luftrechtlich völlig in Ordnung oder sogar vorgeschrieben war (rein luftrechtlich musst du dich auch an die Fehler in den Handbüchern halten, selbst wenn du dir bewusst bist, dass sie falsch sind).

Und genauso wie du nicht verpflichtet bist, dich selbst zu belasten, kann dich niemand zwingen einen Flugschreiber einzubauen der dich später vor Gericht belastet. Deshalb war es immer international vereinbart dass Flugschreiberdaten nicht für Gerichtsprozesse verwendet werden, als beschlossen wurde sie verbindlich zu machen. Sonst wäre es damals nicht beschlossen worden.

Nun ändern sich natürlich mit der Zeit Rechtsauffassungen, was dann schon mal zu Klagen und Urteilen führt, die die Rechtslage ändern. Wie z.B. beim §175.
Wenn ein Pilot aufgrund von Flugchreiberdaten verurteilt würde, kannst du davon ausgehen dass eine Klage der Pilotengewerkschaft binnen Tagen vor den höchsten Gerichtshöfen eingereicht wird. Das Luftrecht darf nicht in deine allgemeinen Rechte eingreifen, du darfst nicht durch die Hintertür gezwungen werden, ein Gerät mitzunehmen das dich später belastet. Es widerspricht auch völlig der "just culture".
Ein kluger Richter würde nie CVR/FDR Daten als Beweismittel zulassen, wohlwissend welche Lawine er sonst lostreten würde.