10. März 2019: Ethiopian 737 MAX crash

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bivinco

Erfahrenes Mitglied
03.08.2014
2.402
134
BSL
Boeing hat einen “Lauf”. Die Frage lautet wann die Spitze des Eisbergs erreicht wird und wer und wann bei Boeing in der Lage sein wird dem über Jahre aufgezwungenen Sparkurs ein Ende zu setzten und sich wieder auf “alte” Werte zu setzten. Der aktuelle VR und CEO sicher nicht. Aber wer dreht das abdriftende Schiff wieder auf Kurs?

More than 300 Boeing 737s to be inspected for faulty parts

https://www.seattletimes.com/busine...boeing-737s-to-be-inspected-for-faulty-parts/
 

ollifast

Erfahrenes Mitglied
04.07.2018
842
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So ein Rückruf kann passieren und der kann auch Airbus passieren.

Was leider sehr negativ auffällt, ist die schiere Anzahl in letzter Zeit bekanntgewordener Qualitätsmängel in der Entwicklung und Fertigung bei Boeing. Und diese korrelliert wiederum mit dem allgemeinen Anstieg an gefühlten Qualitätsmängeln bei US-Produkten, seien es schlampig vernähte Sitzpolster, untaugliche Windows-Updates oder Buglisten mit Länge von der Erde bis zum Mond bei integrierten Schaltungen. Unlängst hat Intel die Fertigung von Prozessoren in 10nm gewaltig zurückgefahren, weil der Ausschuss zu hoch war. Umgekehrt wird in Taiwan 7nm (kleiner ist besser, aber auch schwieriger) gefertigt und die Qualität von Produkten Made in China nimmt gefühlt zu, auch wenn da weiterhin Negativbeispiele dabei sind.

Und bei Flugzeugen, also Maschinen, denen viele Menschen zusammen ihr Leben anvertrauen, geht sowas halt garnicht.

Letztlich hat selbst die sicher Boeing erstmal wohlgesinnte FAA darauf keine Lust mehr, keiner der Beamten dort will für einen Absturz Verantwortung tragen müssen, das Vertrauen, dass es passt, wenn es Boeing ist, und man daher gefahrlos nicken kann, ist kaputt. Ergo wird jeder Stein dreimal umgedreht.

Die Amis werden sich gewaltig etwas einfallen lassen müssen, um die Qualität ihrer Produkte wieder dahin zu bringen, wo man sie zu Recht erwartet, oder ihre produzierende Industrie wird bis zur Bedeutungslosigkeit schrumpfen. Und Qualität schafft man nicht mit Handelskriegen, sondern nur durch eigene harte Arbeit. Hinzu kommt, dass eine Abhängigkeit von US Produkten nicht mehr wirklich besteht, das neue Mate 30 Handy von Huawei enthält nach Analyse von iFixit kein einziges US Bauteil mehr. Vielleicht ist es unangenehm und manchmal unbequem, auf US Produkte zu verzichten, aber nicht unmöglich.

D.h. es sind jetzt strikte Kundenorientierung und Qualitätsorientierung bei den US Unternehmen gefragt, es sollte klar werden, dass nicht der Shareholder, sondern der Kunde der wichtigste Stakeholder (die Anspruchsgruppe) eines Unternehmens ist. Also die direkten Kunden (Airlines) und deren Passagiere. Sonst werden die Shareholder bald keine Shares mehr haben, weil nach einer Pleite ist das so. Und ein Monopol will eigentlich keiner, auch kein europäisches.

Und dazu ist es zwingend notwendig, dass absolutes Vertrauen seitens der Kundschaft in die Qualität und Zuverlässigkeit der Produkte und des Unternehmens besteht. Da gehört einfach mal hart mit dem eisernen Besen :-( der "Quality Salvaltion Army" durchgekehrt.

Amen. :rolleyes:
 

Volume

Erfahrenes Mitglied
01.06.2018
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Wie viel Streuung der Materialfestigkeit haben diese Flieger denn? Wir wissen jetzt nicht, ob das getestete Flugzeug eher ein stabileres oder wackligeres Modell war.
Bei Metallen in der Primärstruktur mit redundantem Design (also z.B. mehreren Stringern) wird mit Materialwerten gerechnet, die 90% der streuenden Materialien mit 95% Konfidenz abdecken, bei einzelnen allein tragenden Strukturelementen (z.B. wichtigen Fittings) mit 99% und 95% Konfidenz. Die tatsächliche Steuung liegt definitiv in einen nur einstelligen Prozentbereich.
Sprich: Ein Stringer könnte durchaus aus einem Material gewesen sein, das maximal 10% des Streubereichs unterhalb des angenommenen Festigkeiswertes gelegen hat.
Aufgrund des großflächigen Schadens ist es schwer zu sagen, was zuerst versagt hat. Das werden nur wenige Insider wissen.

Bei Faserverbundbauteilen liegt die Streuung höher, und hier schien es sich ja den neuesten Meldungen nach um einen Versuch zu handeln, der eigentlich den Flügel testen sollte, und der ist aus Kohlefaser.

Mal so nebenbei... Wenn man Metall bis über die nominelle Last testet, nimmt man plastische, irreversible Verformung in Kauf, und nutzt sie sogar aktiv aus, denn sie baut Spannungsspitzen ab und verteilen die Last besser. Faserverbundwerkstoffe hingegen bleiben praktisch bis zum Bruch linearelastisch / reversibel verformt. Wo sich Metall und Faserverbund treffen, kann man die althergebrachten Methoden für Metall nicht mehr benutzen. Eine mehrreihige Nietverbindung von Metall kann man bis in den plastischen Bereich belasten, eine mehrreihige Nietverbindung von Metall und CFK allerdings nur bis zum Ende des elastischen Bereichs, danach verteilt sich die Last mehr und mehr auf die erste Nietreihe. Derartige Verbindungen legt man daher sinnvollerweise gleich nur einreihig aus... (Lesson learned vom verpatzten 787 Flügelversuch, Boeing nennt die Innenflügel/Aussenflügel-Verbindung, traditionell eine mehrreihige Laschenverbindung, "Side of body joint")

Ein Metall-777-Rumpf der mit einem Metall-777-Flügel hält, kann daher mit einem Kohle-777X-Flügel lokal überlastet werden, und spektakulär versagen.

Wie alle Boeing-fails der letzten Zeit: Keine hohe Wissenschaft oder bisher unbekannte Phänomene, sondern schlicht nicht-ingenieurmäßiges herangehen an routinemäßge Konstruktionsaufgaben...
 

longhaulgiant

Erfahrenes Mitglied
22.02.2015
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Wie alle Boeing-fails der letzten Zeit: Keine hohe Wissenschaft oder bisher unbekannte Phänomene, sondern schlicht nicht-ingenieurmäßiges herangehen an routinemäßge Konstruktionsaufgaben...

Materialwissenschaft und Werkstoffkunde gehört bei einem Ingenieur zum Handwerkszeug. Falls es was spezielles ist hat man evtl. noch einen echten Materialwissenschaftler mit an Bord. Aber CFK und Metall sind zwei Werkstoffe die eigentlich jeder Ingenieur in- und auswendig kennen sollte. Wenn es dabei schon hapert verheißt das nichts gutes für die Zukunft.
 
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ek046

Erfahrenes Mitglied
29.05.2013
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Wahnsinn, selbst nach den neuen Negativmeldungen zur NG und MAX bleibt die Aktie stabil und legt leicht zu. Woher dieser ungebrochene Optimismus?
 

tarantula

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02.02.2011
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Löhne
Wahnsinn, selbst nach den neuen Negativmeldungen zur NG und MAX bleibt die Aktie stabil und legt leicht zu. Woher dieser ungebrochene Optimismus?

Wahrscheinlich winken sehr lukrative Militäraufträge, Boeing wird man nicht sterben lassen.

Bei aller berechtigter Kritik zu diversen Fehlentwicklungen. Boeing ist und bleibt ein sehr starker Technologiekonzern. Wer sollte in den USA kurzfristig in die Bresche springen?
 
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ollifast

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04.07.2018
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Wahnsinn, selbst nach den neuen Negativmeldungen zur NG und MAX bleibt die Aktie stabil und legt leicht zu. Woher dieser ungebrochene Optimismus?


Unabhängig von den schon genannten Punkten kann man auch die Frage stellen, ob US-Finanzmärkte die Unternehmensrealitäten auch nur halbwegs repräsentieren ?

Ich sage nur: Enron, Lehman Brothers plus Finanzkrise, General Motors, Theranos (private) usw.
Da zählt Boeing noch zur völlig harmlosen Sorte, die murksen halt einfach nur beliebig.

In Sachen Finanzmarkt halten die Amis auch über ihre Pensionsfonds und Alumni-Unifonds zusammen wie Pech und Schwefel, "Ihre" Leute lassen die so schnell nicht fallen.
 

airwalker

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13.03.2019
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Bei aller berechtigter Kritik zu diversen Fehlentwicklungen. Boeing ist und bleibt ein sehr starker Technologiekonzern.
Ja, Boeing ist mit seinen enormen Fertigungskapazitäten im Grunde schon eine Art „too big too fail“. Unsere Welt braucht akut dringendst weitere/neue Flugzeuge, zumal binnen 20J eine Verdoppelung des weltweiten Flugverkehrs erwartet wird. Ob nun die Chinesen, Russen, Japaner (Mitsubishi Aircraft ?) mit neuen Flugzeugen Marktanteile gewinnen können, sei mal dahingestellt. Es ist reichlich Markt für alle da. Insofern sehen vermutlich eine Vielzahl der Analysten schon rein aus dem Bauch heraus das sprichwörtliche „Licht am Ende des Tunnels“ und hoffen, dass es sich nicht um einen entgegenkommenden Zug handelt. :D

Es gibt (zur aktuellen MAX-8) ja immerhin auch eine weitere Version 737-MAX-10 (in Arbeit ?), die lediglich rd 4m länger ist und evtl ohne MCAS auskommt: https://de.wikipedia.org/wiki/Boeing_737
Vielleicht wird Boeing ja auf MAX-10 umstellen und bastelt gerade an einem Plan, wie am besten zu machen, um bei ausgerufener MAX-8-Produktionspause demnächst nicht ohne jegliche Aussicht, einer Vision, einen realen Plan dastehen zu müssen.
 
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ollifast

Erfahrenes Mitglied
04.07.2018
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BOEING = Basteln Ohne Ende In Neuer Größenordnung

So wie das wohl zu verstehen ist:
Mit der analogen Zusammenfassung der beiden AoA Sensorwerte war es also nix, weil das schon etwas Rechnerei ist und die armen Flugcomputerchen da wohl ans Limit geraten.

Also meint man, etwas ganz Schlaues zu machen, und jeden Flugcomputer wie gehabt seine eigene MCAS Entscheidung treffen zu lassen, um dann nur dann einzugreifen, wenn beide zu diesem Ergebnis kommen. Andernfalls wird MCAS deaktiviert.

Klingt erstmal gut, Hacken an der Sache: Wenn die eine AoA plus Flugcomputer (FCC) Kombi gerade noch nicht eingreifen will und der andere gerade eben schon, dann liegt der "disagree" vor, MCAS droht die Abschaltung und bei echten Stall in der Region könnte MCAS dann versagen. Man kann natürlich einen dritten "vielleicht" Zustand einführen, aber auch der verlagert das Problem nur wieder. Letztlich fehlt der dritte Sensor für einen echte Mehrheitsentscheid oder zumindest eine virtualisierte Form dessen via INS-Abgleich.

Es ist, wie es ist, für eine saubere analoge Verrechnung hat es offenbar nicht genügend Kapazität.

Da die Zulassungsbehörden aber auch nicht ganz blöd sind, wird es ein weiteres Weilchen dauern ...
 

airwalker

Aktives Mitglied
13.03.2019
240
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BOEING = Basteln Ohne Ende In Neuer Größenordnung
Es ist, wie es ist......
Da die Zulassungsbehörden aber auch nicht ganz blöd sind, wird es ein weiteres Weilchen dauern ...
Es passt zur Show, nach langem Warten ist doch endlich alles fertig, könnte wieder durchstarten, aber behördliche Kleinlickeit soll/ muß mitschuldig werden. Es fehlt auch nicht an Einsatz für verhohlene Presseartikel. Das Ganze dreht/wendet sich bald frontal in dieses Sichtfenster, an deffuse talkshows..... Ein Desaster, das immerhin von allen bezahlt werden will.
 
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bivinco

Erfahrenes Mitglied
03.08.2014
2.402
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BSL
Am Mittwoch wird es spannend. BA Mitarbeiter sind vorgeladen vor dem House Transportation Committee auszusagen.
Auch ein kritischer Ex Mitarbeiter wird aussagen. Ebenfalls der Leiter der FAA.

Die Äußerungen von Pierson drehen sich allerdings eher um die Produktion und deren Qualität und gar nicht um MCAS. Aber evtl werden auch andere MA befragt die dazu etwas beitragen werden.

Nichts weniger als:”Mr. Pierson is calling on the F.A.A. to investigate Boeing’s factory in Renton to ensure the production problems have been corrected. He also wants the agency to instruct Boeing and airlines to inspect, and if necessary replace, the vanes that played a role in the accidents.” Erwartet Pierson.

https://reut.rs/2LGYaTw


Boeing 737 Max Was Plagued With Production Problems, Whistle-Blower Says

https://www.nytimes.com/2019/12/09/business/boeing-737-max-whistleblower.html

Wer das Hearing live verfolgen oder im Nachgang nochmals anschauen möchte findet hier den Link. Kommenden Mittwoch 10am Ostküste:

https://transportation.house.gov/co...ions-oversight-of-the-aircrafts-certification
 
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ollifast

Erfahrenes Mitglied
04.07.2018
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Man bekommt langsam aber sicher den Eindruck, dass Boeing ein unglaublicher Schlampladen ist, die ganzen Qualitätsprobleme wie auch die Abstürze mit MCAS kommen wohl nicht von ungefähr. "Shareholder Value" und Boni-Management in Reinkultur :eek:

Da müsste man mit Luftfahrtprüfern und Qualitätsüberwachern mindestens in mehrfacher Divisionsstärke einmarschieren, damit das wieder auf die Reihe kommt, aber so viele Examiners, wie es da braucht, neben jedem Arbeiter, Konstrukteur und Manager am Besten je einen, dürfte es in den gesamten USA nicht geben ...
 
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Volume

Erfahrenes Mitglied
01.06.2018
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Klingt erstmal gut, Hacken an der Sache: Wenn die eine AoA plus Flugcomputer (FCC) Kombi gerade noch nicht eingreifen will und der andere gerade eben schon, dann liegt der "disagree" vor, MCAS droht die Abschaltung und bei echten Stall in der Region könnte MCAS dann versagen.
Wie schon mehrfach gesagt, beim Systemdesign hast du immer einen Zielkonflikt zwischen maximaler Verfügbarkeit der Funktion (selbst wenn etwas ausfällt) und minimaler Fehlfunktion (dann, wenn etwas ausfällt).
Um es mal vereinfacht für den Brandhahn auszudrücken, schaltest du zwei in Reihe wird es extrem unwahrscheinlich, dass du im Falle eines Brandes den Treibstoff nicht absperren kannst, dafür verdoppelt sich aber die Wahrscheinlichkeit, dass wegen einem der Hähne der Spritfluss im Normalbetrieb unterbrochen wird. Schaltest du zwei parallel, wird es extrem unwahrscheinlich dass das Triebwerk im Nomalbetrieb keinen Sprit bekommt, aber doppelt so wahrscheinlich, dass du im Brandfall die Spritzufuhr nicht stoppen kannst. Wir können das ganze jetzt auch noch mit 3 Hähnen in den dann möglichen 4 Kombinationen aus Reihen-/Parallelschaltung durchdiskutieren...
Je komplexer das System, desto komplexer die Zusammenhänge, aber das Problem bleibt immer ein Zielkonflikt. Du kannst die Zuverlässigkeit eines Systems nicht ohne Nachteil durch das Hinzufügen von Komponenten erhöhen.

Das kann man nur mit einer kompletten Konstruktionsänderung entschärfen. Und da sucht Boeing wohl gerade nach einer cleveren Lösung.
Dabei wird man weder nur mit der Anzahl von AoA Sensoren, noch der Anzahl von Cutout-Schaltern weiterkommen. Das Konzept, Pilot merkt Fehlfunktion und deaktiviert dann, dürfte dabei als gescheitert anzusehen sein. Eine neue Idee unabhängig von den AoA Sensoren als unabhängiger Check bzw. unabhängiges Deaktivieren muss her.

Vielleicht muss sogar für die Zukunft ein komplett neues Konzept gefunden werden, wie grundsätzlich mit dem Phänomen Stall umzugehen ist. Wir hatten in der Geschichte der Luftfahrt schon einige, warum sollte das aktuelle (Fokus auf Stallvermeidung durch Warn- oder aktiv eingreifende Systeme) das endgültige Optimum sein? Man kann immer dazulernen.
 

ollifast

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04.07.2018
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Wie schon mehrfach gesagt, beim Systemdesign hast du immer einen Zielkonflikt zwischen maximaler Verfügbarkeit der Funktion (selbst wenn etwas ausfällt) und minimaler Fehlfunktion (dann, wenn etwas ausfällt).
Wobei man die Verfügbarkeit mit einem Vergleich der Aktionen schon dramatisch nach unten drücken kann und das so auch richtig provoziert. Der eine Rechner sagt "nein, gerade noch nicht", der andere "ja, gerade eben", und dann erkennt das System einen Mismatch und steigt aus.

Schlauer ist schon der Vergleich der analogen Werte unter Einbeziehung jeweils eines Plausibilitätstests gegen das INS.

Und es steigt auch die Zuverlässigkeit dann deutlich, wenn man eben durch eine Mehrheitsentscheidung Alternativen zur reinen Parallel- oder Reihenschaltung hat. Warum ?

Nehmen wir schlechte AoA, die mit 1% Wahrscheinlichkeit defekt sind, und davon zwei, dann würde das System nur mit p = .99 * .99 = .9801, also 98% Wahrscheinlichkeit richtig funktionieren, für die 2% kann man es dann in die eine oder andere Richtung (Parallel oder Reihe) auslegen, je nachdem, was man für den sichereren und wahrscheinlicheren Zustand im Störungsfall hält. Denn auch im Störungsfall kann ja der festgelegte Zustand auch der zufällig richtige sein.

Bei drei AoA mit Mehrheitsentscheid darf ein Sensor Schrottdaten liefern, es funktioniert trotzdem. Also liefert sowohl der Zustand null Fehler (.99 hoch 3) wie auch der Zustand ein Fehler (.99 hoch 2 mal .01 mal 3 Fälle, Binominalverteilung) gute Ergebnisse, nach den Herren Hewlett und Packard ist die Summe .9997 (!), also 99,97% Zuverlässigkeit.

Also zwei AoA mit 1% Defektwahrscheinlichkeit: 98% Zuverlässigkeit, drei AoA 99,97% Zuverlässigkeit, das ist schon mal eine ganz andere Nummer.

Redundanz lohnt sich schon, wenn man es richtig macht.

Und ganz ehrlich: Airbus hat ein solches System mit der FEP, es ist ganz klar Stand der Technik.
Boeing hat die Triebwerke verändert, daraus ergibt sich die Notwendigkeit für MCAS, das muss gemäß den Regularien ebenfalls ganz klar dem Stand der Technik entsprechen.
 

MANAL

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29.05.2010
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Dahoam
Vielleicht muss sogar für die Zukunft ein komplett neues Konzept gefunden werden, wie grundsätzlich mit dem Phänomen Stall umzugehen ist. Wir hatten in der Geschichte der Luftfahrt schon einige, warum sollte das aktuelle (Fokus auf Stallvermeidung durch Warn- oder aktiv eingreifende Systeme) das endgültige Optimum sein? Man kann immer dazulernen.

Man braucht doch eigentlich nichts neues. Man muss nur ein Flugzeug entwickeln dass ein gutmütiges Flugverhalten in allen Flugbereichen hat und sich in kritischen Situtationen diese weiter verschärft. Bis zur 737NG war das auch der Fall.
Der Fehler der MAX ist das Flugverhalten im Stall. Dieses instabile Verhalten überhaupt zu erlauben und mit einer Pfuschlösung zu korrigieren hätte nie erfolgen dürfen.
 

Luftikus

Megaposter
08.01.2010
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irdisch
Bei Fly-by-wire-Flugzeugen kann man das Flugverhalten fast beliebig manipulieren und man macht es auch. Hier ist aber noch ein klassisches Flugzeug die Basis.
 
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ek046

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29.05.2013
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Im Vordergrund bei Boeing steht, wie derzeit immer, möglichst alles von sich wegzuschieben, statt auf die Anhörungen einzugehen. Von der Sache her hat Boeing zwar möglicherweise recht, dass es nicht mit den Abstürzen zusammenhängt, aber von der praktischen Seite wäre Demut und "Ja, wir müssen hier besser werden" angebracht.

"... Ed Pierson hatte andere langjährige Boeing-Mitarbeiter 2018 vor überarbeiteten Angestellten und wiederholten Qualitätsmängeln bei der Produktion des neusten 737-Modells gewarnt ..."



Quelle: https://www.aero.de/news-33435/Ex-Boeing-Manager-erlaeutert-fruehe-737-MAX-Sorgen.html
 
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ollifast

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04.07.2018
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Bei Fly-by-wire-Flugzeugen kann man das Flugverhalten fast beliebig manipulieren und man macht es auch. Hier ist aber noch ein klassisches Flugzeug die Basis.

Dann wäre es halt schlau gewesen, sich an die Designregeln für klassische Flugzeuge zu halten:

Man braucht doch eigentlich nichts neues. Man muss nur ein Flugzeug entwickeln dass ein gutmütiges Flugverhalten in allen Flugbereichen hat und sich in kritischen Situtationen diese weiter verschärft. Bis zur 737NG war das auch der Fall.

So ist es. Entweder klassisch, dann bitte gutmütig, oder FBW, dann mit Envelope Protection und entsprechender Redundanz nach dem Stand der Technik.

Aber klassisch, nur giftig/instabil ausgelegt, und ein Pseudo-Fly-by-Wire ohne Redundanz und mit leistungsmäßig unterbelichteten Flugcomputern, das funktioniert halt nicht sauber. Egal mit welcher Software auch immer. Das ist einfach nur Murks.
 

Volume

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01.06.2018
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Man braucht doch eigentlich nichts neues. Man muss nur ein Flugzeug entwickeln dass ein gutmütiges Flugverhalten in allen Flugbereichen hat und sich in kritischen Situtationen diese weiter verschärft. Bis zur 737NG war das auch der Fall.
Der Fehler der MAX ist das Flugverhalten im Stall. Dieses instabile Verhalten überhaupt zu erlauben und mit einer Pfuschlösung zu korrigieren hätte nie erfolgen dürfen.
Exakt das. Statt den Fokus auf Stallvermeidung durch Systeme zu legen, auf Stallbeherrschung durch aerodynamisches Design setzen. Auch die NG ist im Stall schon ein Biest, daher hat sie ja auch schon STS.
Man kann ein Flugzeug halt nicht auf gnadenlose Effizienz trimmen, ohne irgendwo auch Nachteile in Kauf zu nehmen. Aktuell ist das das Stallverhalten, und zum Ausgleich versucht man halt mit Systemen zu verhindern, das dieser Nachteil je zum tragen kommt. Aber Systeme können Ausfallen (ihre Pimärfunktion nicht erfüllen) oder Fehlfunktionen haben (Ihre Primärfunktion im falschen Moment "erfüllen"), ein aerodynamisch gutes Design ist immer aerodynamisch gut.

Wobei man die Verfügbarkeit mit einem Vergleich der Aktionen schon dramatisch nach unten drücken kann und das so auch richtig provoziert. Der eine Rechner sagt "nein, gerade noch nicht", der andere "ja, gerade eben", und dann erkennt das System einen Mismatch und steigt aus. ...
Redundanz lohnt sich schon, wenn man es richtig macht.

Du verstehst den Punkt nicht.
Ja, mit Redundanz kann man jeweils eines der beiden Probleme verbessern, machst das andere aber schlimmer.
Mit Redundanz kannst du nicht gleichzeitig die Verfügbarkeit der Primärfunktion erhöhen und gleichzeitig die Wahrscheinlichkeit von Fehlfunktionen reduzieren. Wenn das System zuverlässiger seine Funktion erfüllt, macht es auch "zuverlässiger" Fehlfunktionen.
Du must um beides zu Minimieren an zwei Stellschrauben drehen, und solange man nur AoA Detection diskutiert, fehlt eben diese zweite. Es muss jemand eine neue zündende Idee haben, wie man die Fehlfunktion unabhängig von der Primärfunktion angehen kann, sonst wird der nächste Unfall ein Stallunfall, weil das MCAS (absichtlich aber fälschlicherweise) nicht gearbeitet hat als es hätte arbeiten sollen.
 
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ollifast

Erfahrenes Mitglied
04.07.2018
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Du verstehst den Punkt nicht.
Ja, mit Redundanz kann man jeweils eines der beiden Probleme verbessern, machst das andere aber schlimmer.
Mit Redundanz kannst du nicht gleichzeitig die Verfügbarkeit der Primärfunktion erhöhen und gleichzeitig die Wahrscheinlichkeit von Fehlfunktionen reduzieren. Wenn das System zuverlässiger seine Funktion erfüllt, macht es auch "zuverlässiger" Fehlfunktionen.

Sorry, aber das ist grundfalsch, ich habe Dir das vorgerechnet.

Ich biete bei 1% Sensorausfallwahrscheinlichkeit mit zwei AoA 98% und mit drei AoA 99,97% Verfügbarkeit sowohl bezüglich der Primärfunktion als auch der Unwahrscheinlichkeit einer Fehlfunktion. Punkt.

( In welche Richtung es dann bei einem Fehler geht, ist dann in der Tat eine Frage der Systemauslegeung, da kann man dann, wie Du sagst, nur das eine oder andere haben. Erstmal kommt es aber darauf an, dass kein Systemausfall auftritt. )

Und zwar deshalb, weil als "weitere Stellschraube" eine gute Auswertung möglicher Fehlerfälle hinzu kommt, in diesem Fall die Mehrheitsentscheidung.

Bei zwei AoA hast Du die Fehlermöglichkeiten, welche entweder eine Fehlfunktion oder einen Ausfall der Primärfunktion bedingen:
AoA_1 defekt, AoA_2 defekt, AoA_1 defekt UND AoA_2 defekt.
Bei drei AoA mit Mehrheitsentscheidung sind es nur:
AoA_1 UND AoA_2 defekt, AoA_2 UND AoA_3 defekt, AoA_1 UND AoA_3 defekt, AoA_1 UND AoA_2 UND AoA_3 defekt.

Alles andere liefert bei drei AoA bei Mehrheitsentscheid ein korrektes Ergebnis.
Das "UND" drückt bei drei AoA die Fehlerwahrscheinlichkeit gewaltig nach unten, eben weil nur UND dastehen, keine Einzelwahrscheinlichkeiten wie bei zwei AoA, was wiederum jedesmal ein Produkt der Wahrscheinlichkeiten bedingt, das deutlich kleiner ist als die einzelne Wahrscheinlichkeit, auch wenn man ein paar zusammenaddiert.

( Die Multiplikation mit der "AoA funktioniert" Einzelwahrscheinlichkeit im Rahmen der Binominalverteilung ist hier vernachlässigbar, da diese sehr hoch ist, ich habe es aber im o.g. Posting korrekt gemacht. )

Genau das ist der Grund für die drei AoA bei Airbus.

Wenn es so wäre, wie Du sagst, könntest Du hier keine einzige Zeile lesen, weil die ganze Fehlerkorrektur der NAND-Flash-Speicher, die tonnenweise Fehler produzieren, von denen Du als Anwender nur nichts mitbekommst, nicht funktuonieren würde.

Es ist ganz einfach das mathematische Ergebnis der Binominalverteilung, wenn man es richtig macht.

Ich weiß, Wahrscheinlichkeitsrechnung ist häufig nicht intuitiv. Aber sie behält im Mittel (Erwartungswert) immer Recht :D
 
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