In der Natur des Menschen liegt es nunmal, einmal gegebene Großzügigkeit als selbstverständlich anzunehmen. Als nicht allzu schlechter Kunde einer Firma fällt es mir zudem doppelt schwer, die "Wegnahme" dieser wenigen mir wichtigen Annehmlichkeiten toll zu finden.
Ironischer Weise wäre es doch nichtmal wirklich jemandem aufgefallen, wenn man stattdessen die Preise um 10 oder 20 Euro angehoben hätte. Dafür kann man ganz viel Wasser und Currywurst ausschenken, oder ein Handgepäckstück kutschieren. Kein mir bekannter Vielflieger hätte darüber auch nur einen Satz verloren. Verkäuferisch gesehen bringt man stattdessen den Kunden dazu, da man ihm etwas lieb gewonnenes "wegnimmt", sich mit Alternativen zu befassen. Und egal in welcher Branche, ein solcher Schuss geht nach hinten los, da er unbewusst negativ besetzt in der Erinnerung haften bleibt.
Du siehst das zu emotional. Bei AB hat sich keiner hingesetzt und sich überlegt, wie man Statuskunden vergrätzen kann. Man ist sich aber sicherlich bewusst, dass die Änderungen nicht jedem gefallen, hofft aber, dass die neue Strategie letztlich mehr positives bringt, als die (hoffentlich) paar Kunden, die ihr Geld woanders lassen. Ist doch aus unternehmerischer Sicht nachvollziehbar. Obs aufgeht? Wer weiß.
Also das mit dem 2. Handgepäck verstehe ich echt nicht - es kostet Air Berlin nichts und es bringt durch den Wegfall auch keine Mehreinnahmen - ganz im Gegenteil, wenn das Gepäckstück aufgegeben wird entstehen für AB doch sogar noch Zusatzkosten.
Auf meinen letzten vier Flügen gab es auch platztechnisch kein Problem, in den ersten vier Reihen lag die Auslastung immer unter 20%. Und wenn es doch mal einen vollen Flug gibt, dass muss Herr Platinum halt mal den Koffer unter den Vordersitz schieben.
All diese Überlegungen haben bei der Änderung keine Rolle gespielt. Es ist egal, ob es vom Platz kein Problem wäre, oder ob das sowieso selten gemacht wird etc. Es geht einzig und allein darum die Statusbenefits und Tarife der Etihad Group anzugleichen. Dadurch werden die Prozesse günstiger und letztlich auch für den Kunden über die Gruppe hinweg konsistenter. Ob es einen positiven Effekt auf den Umsatz (bzw. Gewinn) hat? Wer weiß.
Bei den Änderungen bei der Verpflegung ist es ähnlich. Hier spielt alleine eine Rolle, dass man davon ausgeht, dass viele auch der großen Airlines auf Kurz- und Mittelstrecken auf das Buy-on-Board-Konzept umsteigen werden.
Hier hab ich bzgl. BA mal was dazu gelesen. Ob es so passiert und ob es für AB taktisch so klug ist bei der Außenwahrnehmung als einer der ersten Anbieter, der (zumindest auch ein bisschen) Netzairline ist, dabei zu sein, ist sicherlich fraglich. Aber was soll man machen. Der größte Verlust ever in 2015 führt offensichtlich jetzt auch zu deutlicheren Aktionen. Bisher war ja vieles mehr in Richtung Kosmetik.