Was für eine "Kreditkultur" soll das bitte sein?
Ein Land, in dem quasi jeder unabhängig vom Einkommen hoch verschuldet ist und die Sparquote lächerlich niedrig ist, ein Land in dem die durchschnittliche Autokreditrate 600 bis 700 $ monatlich beträgt (und viele auch mittlerweile vierstellig unterwegs sind), ein Land, in dem sich private Haushalte zunehmend angewöhnen, selbst Fast-Food-Rechnungen über 20 $ per Klarna zu finanzieren, ein Land in dem private Haushalte Freiwild für eine Kreditindustrie außer Rand und Band sind, kurzum, ein Land, das sich von Dauerverschuldung zu Dauerüberschuldung weiterentwickelt... wer das als erstrebenswert ansieht, wen die cost of living crisis der kleinen Leute nicht interessiert, der läßt tief blicken in einen persönlichen moralischen Abgrund, in dem es vollkommen normal ist, seine Mitmenschen ohne mit der Wimper zu zucken gnadenlos auszubeuten. Wer braucht schon Verbraucherschutz, gell? Als gäbe es noch sowas wie den "ehrlichen Kaufmann"
Zwei Grundströmungen in der Menschheit: Der Neid schafft Revolutionäre, die Niedertracht schafft Konservative (oder, aus heutiger Sicht, Libertäre).
Jeder halbwegs vernünftige und anständige Mensch wird in diesem Spannungsfeld diametral entgegengesetzter, sich immer heftiger bekämpfender und sich immer weiter radikalisierender Echokammern zerrieben.
An der EU kann man viel kritisieren, klar. Man muss sie in ihrer heutigen Form im Grunde in Bausch und Bogen ablehnen. Ich habe auch keine Lust, mir mein Leben totregulieren zu lassen und mir meine Freiheiten nehmen zu lassen. Aber wenn der einzige Grund für diese Ablehnung der EU darin besteht, dass man sich vom Verbraucherschutz darin gehindert fühlt, uninformierte und konsumsüchtige arme Irre abzuziehen und ins Unglück zu stürzen, dann ist es am Ende nichts anderes als die typische Situation, dass irgendwelche Kanaillen der Masse der immer neidischer und damit immer sozialistischer werdenden Zukurzgekommenen perfekte Vorwände liefern, immer mehr Freiheiten einzuschränken und den Marsch in Richtung Sozialismus immer weiter zu forcieren ("Sie werden uns den Strick verkaufen...").
Die ganze Entwicklung ist schicksalhaft und nicht zu ändern, eben weil moralisch handelnde Akteure auf beiden Seiten eine verschwindend kleine Minderheit sind. Wie es am Ende ausgehen wird, ist auch klar. In einer Demokratie mit allgemeinem Wahlrecht wird die Minderheit der seelenlosen Geschäftsleute mit ihren libertären Fantasien, weil sie eben eine Minderheit sind, früher oder später massiv unterliegen und von der Masse der Zukurzgekommenen kaltgestellt.
Zukurzgekommene, die sie selbst radikalisiert haben. Deren Jobs sie mit kackdreistem Lachen nur zu gerne von der KI haben ersetzen lassen. Zukurzgekommene, denen sie nur zu gern Arbeits- und Kündigungsschutz genommen haben. Zukurzgekommene, die seelisch und körperlich zugrunde gehen und sich dann anhören müssen, dass man die Regeln für Krankschreibungen verschärfen müsse, um nur ein aktualles Beispiel zu nennen.
Arme Schweine halt, die sie nach allen Regeln der Kunst ausgenommen haben, solange diese noch was hatten.
Ja, und dann kommen die nächsten Wahlen...
Das Spielchen kann noch einige Zeit gut gehen, solange die politische Linke als ein Haufen verrückter Freaks wahrgenommen wird, aber es muss sich nur jemand auf die klassischen linken Anliegen der normalen, kleinen Leute zurückbesinnen und ihnen ein überzeugendes politisches Angebot machen, dann war's das - und das wird früher oder später passieren. Vielleicht braucht es vorher erst noch eine Phase libertärer Terrorherrschaft seelenloser Gesldschneider über die Masse der in den Staub Getretenen, kann gut sein. Aber spätestens nach ein paar Legislaturperioden geht's dann hart nach links.
Selber schuld.